Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 19 - Yudhishthira über das schwer Erklärbare

Yudhishthira sprach:
Ich kenne sowohl die Veden, als auch die Schriften über das Erreichen von Brahman. In den Veden findet man beide Tugendregeln, den Pfad der Handlung und den Verzicht auf Handlung. Die Schriften sind diesbezüglich verwirrend, denn ihre Schlüsse beruhen auf Begründungen. Die tiefere Wahrheit aber, die in diesen Sprüchen verborgen liegt, ist mir bekannt. Du bist vor allem in den Waffen erfahren und siehst den Weg der Helden. Damit kannst du die Wahrheit der Schriften kaum verstehen. Wenn du die Pflichten wahrhaft kennen würdest, dann hättest du verstanden, daß solche Worte wie diese nicht zu mir gesprochen werden müßten, nicht einmal von einem, der klarste Einsicht in die Bedeutung der Schriften hat und mit den Wahrheiten der Religion vertraut ist. Das jedoch, was du aus brüderlicher Zuneigung zu mir gesagt hast, war richtig und passend, oh Sohn der Kunti. Daher bin ich zufrieden mit dir, oh Arjuna! Es gibt in den drei Welten keinen ebenbürtigen in allen Aufgaben bezüglich des Kampfes und der Erfahrung in den verschiedensten Tätigkeiten. So mögest du auch über die Feinheiten diesbezüglich sprechen, die für andere undurchschaubar sind. Aber du solltest nicht, oh Arjuna, meine Intelligenz bezweifeln. Du bist mit der Wissenschaft des Kampfes vertraut, aber du hast nie den altehrwürdigen Weisen gedient. Du weißt nicht um die tiefgründigen Einsichten, die von jenen erreicht werden, die das Wesen dieser Welt im Allgemeinen und im Speziellen erkannt haben. Gerade das ist die Erfahrung der Weisen, die ihren Verstand der Erlösung widmen, daß unter der asketischen Buße, der Entsagung und der Erkenntnis des Brahman, das zweite höher als das erste ist, und das dritte höher als das zweite. Das jedoch, was du denkst, nämlich daß es nichts Höheres gibt als Reichtum, ist ein Fehler. Ich werde dich belehren, damit dir der Reichtum nicht mehr in diesem Licht erscheinen möge.

Wie man sieht, sind alle rechtschaffen Menschen der Entsagung und dem Studium der Veden (bzw. der Suche nach der Wahrheit) gewidmet. Auch die großen Rishis, die viele ewige Bereiche gewonnen haben, besitzen das Verdienst der Entsagung. In der Stille der Seele haben sie keine Feinde mehr, wohnen in den Wäldern und sind durch Buße und vedisches Studium zum Himmel aufgestiegen. Fromme Menschen gehen nordwärts (im zunehmenden Licht) zu den Bereichen der Entsagenden, indem sie das Begehren nach weltlichem Besitz zügeln und jene Dunkelheit abwerfen, die aus der Unwissenheit geboren wird. Der südliche Pfad (im abnehmenden Licht) führt zu den Bereichen des Mondes für Menschen, die dem Handeln verbunden, und damit der Geburt und dem Tod unterworfen sind. Jene Bereiche aber, welche die nach Erlösung Suchenden vor Augen haben, sind unbeschreiblich. Yoga ist das beste Mittel, sie zu erreichen. Doch dies ist nicht einfach zu erklären. De Lernenden denken über die Schriften mit dem Wunsch nach, etwas zu finden, was noch nicht da ist. So werden sie häufig hierhin oder dorthin geführt, im Glauben, daß der Gegenstand ihrer Suche in diesem oder jenem besteht. Selbst wenn sie die Veden, die Aranyakas und andere Schriften gelesen haben, verpassen sie das Wahre, wie Menschen daran scheitern, festes Bauholz in einem abgeschlagenen Bananenbaum zu finden (der keinen festen Kern hat). Sie mißtrauen der Einheit und betrachten ihre Seele, wie sie in dieser körperlichen Hülle wohnt, welche aus den fünf Elementen besteht und die Eigenschaften der Begierde und Abneigung hat. So dreht sich die Seele, unsichtbar durch das körperliche Auge, äußerst fein und unaussprechlich durch Worte, weiter im Rad (der Wiedergeburten) unter den Geschöpfen der Erde und stellt sich stets das vor, was die Wurzel der Handlungen ist. Wenn die Seele aber sich selbst (bzw. dem Selbst) näher kommt, was die Quelle aller Glückseligkeit ist, alle Begierde des Geistes zügelt und alle Arten der Handlung überwindet, kann man vollkommen unabhängig und selig sein. Wenn es einen solchen Weg gibt, der durch die Rechtschaffenen beschritten wird und durch Erkenntnis erreichbar ist, warum, oh Arjuna, lobst du den Reichtum, der jede Art des Leidens enthält?

Die Menschen in alten Zeiten, die jene heiligen Schriften verstanden, die stets der Hingabe, dem Opfer und der Handlung gewidmet waren, haben dies erkannt, oh Bharata! Es gibt viele Unwissende, die in der Wissenschaft der Beweisführung vollendet sind und kraft ihrer Überzeugungen aus vorherigen Leben die Existenz der Seele bestreiten. Es ist sehr schwierig, ihnen die Wahrheit von der höchsten Befreiung näher zu bringen. Denn diese übelgesinnten Menschen, die mit umfangreichem Wissen begabt sind, reisen überall durch die Welt und sprechen auf Versammlungen, um ihre oberflächlichen Ansichten zu manifestieren. Oh Arjuna, wer könnte verstehen, was niemand mit Gedanken begreifen kann? Wahrlich (wie jene Menschen nicht die wahre Bedeutung der Schriften verstehen), so können sie auch die Weisen und Frommen nicht verstehen, die wahrlich groß sind und eine tiefe Erfahrung durch die Schriften gewonnen haben. Oh Sohn der Kunti, der wahrhafte Mensch erreicht das Brahman durch Askese und Intelligenz, und große Seligkeit durch Entsagung.


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