Sanjaya sprach:
Als Aswatthaman diese Worte von Kripa hörte, die gerecht und voller Tugend und Gewinn waren, wurde er von Sorge und Kummer überwältigt, oh Monarch. Im Leiden brennend, wie in einem Feuer, das von seinem übelgesinnten Entschluß genährt wurde, sprach er zu beiden:
Die verstandesmäßigen Ansichten sind nun einmal unterschiedlich in den verschiedenen Menschen. Jeder Mensch billigt seinen eigenen Verstand und betrachtet sich klüger als andere. Jeder achtet seine eigenen Ansichten und lobt sie. Jeder stützt sich auf seine eigene Weisheit und verehrt sie. Jeder spricht abwertend von der Weisheit der anderen und in jeder Hinsicht wohlwollend von der eigenen. Menschen, deren Entschlüsse irgendeinem gemeinsamen Ziel gelten, selbst wenn es darüber verschiedenste Ansichten gäbe, sind damit zufrieden und loben einander. Dieselben Menschen wiederum beginnen sich zu streiten, wenn sich ihre Ansichten im Laufe der Zeit ändern. Durch den ungleichen menschlichen Verstand unterscheiden sich die Ansichten notwendigerweise, vor allem, wenn sich die Vernunft trübt. Wie ein geschickter Arzt, der eine Krankheit richtig diagnostiziert hat und mithilfe seiner Erfahrung eine Medizin zur Heilung verschreibt, so nutzen die Menschen zum Vollbringen ihrer Taten ihren Verstand und ihre Weisheit, auch wenn es andere mißbilligen. Ein junger Mensch hat bestimmte Ansichten, die als Erwachsener ganz anders sind und sich während der Zeit des Alters erneut ändern. Ob man in schrecklicher Qual versinkt oder im großen Wohlstand gedeiht, man wird sehen, oh Führer der Bhojas, daß sich die Ansichten schnell verändern. In der gleichen Person wandelt sich der Verstand aufgrund von neuen Erfahrungen zu verschiedenen Zeiten. Die Ansicht, die heute annehmbar ist, kann morgen schon verkehrt erscheinen. Wer sich jedoch gemäß seiner Weisheit entschlossen hat, sollte sich auch bemühen diesen besonderen Entschluß zu vollbringen. Seine Entschlossenheit sollte ihm die Kraft zur Anstrengung geben. Alle Menschen, oh Führer der Bhojas, beginnen freudig zu handeln, sogar in Unternehmungen, die tödlich enden können, wenn sie Vertrauen haben, daß ihr Unternehmen realisierbar ist. Alle Menschen, die sich auf ihr eigenes Urteil und ihre Weisheit verlassen, sind bestrebt, die verschiedenen Ziele zu erreichen, die sie als vorteilhaft erkennen. Diesen Entschluß, den mein Geist heute aufgrund dieser großen Katastrophe gefaßt hat, möchte ich euch beiden jetzt als einen Weg erklären, der meinen ganzen Kummer zerstreuen könnte.
Als der Schöpfer die Geschöpfe formte, hat er auch jedem einen Beruf zugeteilt und bezüglich der verschiedenen Kasten gab er jedem einen Teil Vorzüglichkeit. Den Brahmanen gab er das Beste unter allen Geschöpfe, die Veden. Dem Kshatriya gab er größte Kraft, dem Vaisya gab er Geschicklichkeit und dem Shudra die Demut, den drei anderen Kasten zu dienen. Deshalb ist ein Brahmane ohne Selbstzügelung tadelnswert, wie auch ein Kshatriya ohne Kraft, ein Vaisya ohne Geschick und ein Shudra ohne Demut. Ich wurde in einer verehrenswerten und hohen Familie von Brahmanen geboren. Unglücklicherweise bin ich nun aber den Kshatriya Pflichten fest verbunden. Wenn ich jetzt in Kenntnis meiner Kshatriya Pflichten wieder den Weg eines Brahmanen gehen und die höchste Tugend der Vergebung üben würde, wäre dieser Weg nicht im Einklang mit meiner gerechten Gesinnung. Ich trage einen ausgezeichneten Bogen und die besten Waffen im Kampf. Wenn ich den Mord an meinem Vater nicht räche, wie könnte ich jemals wieder meinen Mund unter Menschen öffnen? Die Kshatriya Aufgaben beachtend, sollte ich heute, ohne weiter zu zögern, in die Fußspuren meines hochbeseelten Vaters und des Königs treten. Die Panchalas werden vom Sieg berauscht heute nacht vertrauensvoll schlafen, mit abgelegten Rüstungen und voller Freude in Anbetracht des Erfolges und ihrer großen Anstrengung. Und während sie voller Bequemlichkeit des Nachts in ihrem Lager schlafen, werde ich einen großen und schrecklichen Angriff auf sie unternehmen. Wie Maghavat die Danavas schlug, so werde ich sie angreifen, während sie gefühllos und wie tot im Schlaf liegen, und sie alle töten, indem ich meine ganze Kraft zeige. Wie ein loderndes Feuer einen Heuhaufen verbrennt, so werde ich sie alle schlagen, die mit ihrem Führer Dhrishtadyumna an einem Ort versammelt sind. Erst wenn ich die Panchalas vernichtet habe, werde ich wieder Frieden in mir finden, oh ihr Besten der Männer. Zerstörend werde ich in ihre Mitte stürmen, wie Rudra selbst, der Träger des Pinaka, im Zorn unter den Wesen wütet. Und wenn ich all die Panchalas getötet habe, dann werde ich voller Freude auch die Söhne des Pandu im Kampf bedrängen. Indem ich ihre Leben nacheinander nehme und die Erde mit den toten Körpern aller Panchalas bedecke, will ich die Schuld abzahlen, die ich meinem Vater schulde. Ich werde heute die Panchalas auf jenen, schwer zu gehenden Weg schicken, wie ihn Duryodhana, Karna, Bhishma und der Herrscher der Sindhus betreten haben. Meine Heldenkraft entfaltend, werde ich heute nacht den Kopf von Dhrishtadyumna, dem König der Panchalas, wie den eines Tieres zerschlagen. Ich werde heute nacht, oh Sohn des Gautama, mit meinem scharfen Schwert im Kampf die schlafenden Söhne der Panchalas und Pandavas töten. Wenn ich die schlafende Panchala Armee heute nacht ausgerottet habe, dann werde ich, oh ihr Klugen, glücklich sein und meine Aufgabe als erfüllt betrachten!