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2.46. Balarama besucht das Hirtendorf

Vaisampayana sprach:
Nachdem einige Tage auf diese Weise vergangen waren, erinnerte sich Balarama an seine Freundschaft mit den Hirten und wanderte mit dem Einverständnis von Krishna allein zum Hirtendorf. Auf dem Weg erblickte er den weiten, schönen und lieblichen Wald mit den herrlichen Seen und den Kuhweiden, wo er früher so gern gelebt hatte. Dann schmückte sich der ältere Bruder von Krishna, dieser mächtige Feindevernichter, mit wilden Waldblüten und betrat das Hirtendorf. Hier erfreute er die Hirten mit seinem freundlichen Wesen und begrüßte sie ihrem Alter und Rang gemäß. Mit gleicher Liebe sprach und scherzte er mit den Jungen und Mädchen der Hirten und machte sie alle glücklich. Daraufhin sprachen die älteren Kuhhirten mit lieben Worten zu Balarama, der wie aus einer anderen Welt zu ihnen kam und sie erfreute:
Willkommen, oh Starkarmiger aus dem Yadu Stamm! Wir sind sehr glücklich, dich heute hier zu sehen. Oh Held, du bist berühmt in den drei Welten und der Schrecken deiner Feinde. Oh Nachkomme des Yadu, wir freuen uns sehr, daß du unser Dorf besuchst, und bitten um deinen Schutz, den alle Geschöpfe benötigen, die an ihre Heimat gebunden sind. Oh Strahlender, heute werden wir zweifellos von den Göttern geehrt, weil du hier erschienen bist, nachdem wir lange auf dich gewartet haben. Ein gutes Schicksal war es, daß durch deine Kraft die dämonischen Ringer zusammen mit Kansa geschlagen wurden und Ugrasena jetzt unser König ist. Wir hörten auch von deinem Kampf im Ozean mit dem dämonischen Wal, vom Sieg über Panchajana und der Schlacht mit Jarasandha und den anderen Königen am Berg Gomanta. So hörten wir auch vom Tod des Königs Darada, Jarasandhas Niederlage und die Herabkunft der himmlischen Waffen im Kampf. Oh Siegreicher, wir hörten auch, daß König Shrigala in der schönen Stadt Karavira geschlagen wurde, sein Sohn zum König ernannt und die Untertanen beruhigt wurden. Deine glorreiche Rückkehr nach Mathura ist würdig, sogar von den Göttern gepriesen zu werden. Damit ist unser Land gesichert und vor feindlichen Königen beschützt. Und nun werden auch wir durch deine Ankunft hier mit unseren Familien höchst erfreut und geehrt.

Daraufhin antwortete Balarama allen versammelten Hirten:
Unter allen Yadavas seid ihr unsere nahesten Verwandten. Denn wir sind unter euch aufgewachsen und haben unsere Kindheit hier glücklich verbracht. Warum sollten wir keine Freunde sein? Wir haben in euren Häusern gegessen und eure Kühe gehütet. Ihr alle seid uns gute Freunde und Verwandte.

Als der Träger des Pfluges diese Worte inmitten der Hirten sprach, sah man besonders auf den Gesichtern der Jungfrauen eine große Freude. Danach begab sich Balarama, dieser jugendliche Krieger, in den Wald, um sich zu vergnügen. Und die Jungfrauen der Hirten, die um den rechten Ort und die rechte Zeit wußten, folgten ihm zusammen mit den Jünglingen. Sie brachten dem mondgleichen Balarama den geliebten Varuni Wein, den er dort im Wald umgeben von seinen Freunden trank. Sie brachten ihm auch verschiedene Früchte des Waldes, Blumen, Honig, Nektar, Düfte und wunderschöne Lilien und Lotusblüten. Mit seinen Locken, dem Diadem auf dem Kopf, dem glänzenden Ohrring und seiner mächtigen Brust, die mit Sandelholzpaste und einer Girlande aus Wildblüten geschmückt war, erschien er so herrlich wie der Kailash in den Mandara Bergen. Mit seinem hellen Gesicht und seiner dunkelblauen Kleidung erstrahlte er wie der Mond, der durch dunkle Wolken bricht. So erfreute sich hier Balarama, dieser Erste der Starken, mit dem Pflug über seiner Schulter, wie die Haube einer Schlange, der mächtigen Keule in der Hand und trunkenen Augen wie der Vollmond in einer Herbstnacht. Und in seinem Rausch sprach er zur Yamuna:
Oh herrlicher Fluß, der zum Ozean strebt! Ich wünsche ein Bad in dir zu nehmen. Oh Liebliche, komm in deiner verkörperten Form zu mir!

Doch durch ihr weibliches Wesen, das von Illusion geprägt war, ignorierte die Yamuna diese im Rausch gesprochenen Worte und kam nicht zu ihm. Daraufhin ergriff der mächtige Balarama voller Zorn und vom Rausch verwirrt seinen Pflug und neigte sich nach vorn, um sie heranzuziehen. Dabei fiel seine Blumengirlande zu Boden, die Blüten lösten sich und das Wasser färbte sich rot vom Blütenpollen. Dann hakte er die Spitze von seinen Pflug ein und begann, das Ufer des großen Flusses heranzuziehen, wie eine Frau von Leidenschaft ergriffen wird. Ihr Flußbett wurde völlig aufgewühlt, und ihr tiefes Wasser trat hervor und begann ängstlich, dem Pfad zu folgen, den der Pflug zog. Auf diesem Pfad strömte die sich kraftvoll schlängelnde Yamuna aus Furcht vor Sankarshana wie eine eingeschüchterte Frau. Die geschwungenen Ufer waren ihre Hüfte, die Lotusblüten ihre Lippen und der Schaum ihr Gürtel. So strebte sie mit großer Leidenschaft zum Ozean. Die Wellen waren ihr Diadem, die Paare der Chakravakas ihre Brüste, das verzweigte Flußbett ihre Glieder und die Fische und Wasservögel ihr Schmuck. Die Schwäne waren ihre Anmut, die Kasa Blumen ihr silbernes Gewand, die Bäume am Ufer ihre schönen Haare und die Strudel ihr reizender Gang. Und sehr verärgert, weil der Pflug ihre Glieder ergriffen hatte, strebte der Fluß immer weiter zum Ozean wie eine eigensinnige, vom Stolz berauschte Dame auf einer Promenade dahinwandelt. Und obwohl sie gewöhnlich nur in ihrer Senke floß, mußte sie jetzt auf und ab durch den Wald von Vrindavana. So wurde die Yamuna durch den Wald gezogen und schien mit all den lärmenden Wasservögeln laut zu schreien. Und als sie zu Balarama kam, nahm sie die Gestalt einer schönen Dame an und sprach zu ihm:
Oh Herr, sei mir gnädig! Ich werde schwer gequält durch deine ungewöhnliche Tat. Wie der Strom des Wassers, so kehrt sich mein ganzes Wesen um. Oh Starkarmiger, du reißt mich aus meinem Bett und machst mich zu einer Untugendhaften unter all den Flüssen. Oh Sohn der Rohini, wenn ich meinen Gatten, den Ozean erreiche, werden mich alle anderen, treuen Flußdamen mit ihrem Schaum verspotten und der Untugend bezichtigen. Sei mir gnädig, oh Held! Ich bitte dich, oh älterer Bruder von Krishna! Sei mir nicht böse, oh Erster der Himmlischen! Du hast mich mit deinem Pflug hierhergezogen. Beruhige deinen Zorn! Oh Kraftvoller, ich verneige mich vor deinen Füßen. Oh Träger des Pflugs, gebiete mir, wohin ich fließen soll.

Als Balarama sah, wie Yamuna, die Gattin des Ozeans, zu seinen Füßen darnieder fiel, sprach er vom Wein berauscht:
Oh schöne Yamuna mit den lieblichen Augen, oh vorzügliche Dame, die sich mit dem Ozean vereinen möchte, ich gebiete dir, dem Weg zu folgen, den dieser Pflug weist und dieses Land zu bewässern. Oh Liebliche, sei damit zufrieden und danach geh nach Belieben wieder deiner Wege. Denn solange diese Welt existiert, wird mein Ruhm ungeschlagen sein.

Als die Bewohner des Dorfes sahen, wie Balarama die Yamuna herangezogen hatte, riefen sie „Wohl getan! Wohl getan!“ und verneigten sich vor ihm. Daraufhin ließ dieser Erste der jugendlichen Krieger die edle Yamuna wieder frei und entschloß sich, die Bewohner des Hirtendorfes zu verlassen und in die herrliche Stadt Mathura zurückzukehren. In der Stadt angekommen, erblickte er Krishna, den Vernichter von Madhu und die ewige Essenz des Universums, in seinem Haus. Und noch in seiner wilden Kleidung mit der Girlande aus Waldblüten umarmte er ihn. Und angesichts seines älteren Bruders mit dem Pflug erhob sich Govinda sogleich und bot ihm einen Sitz an. Als Balarama bequem saß, befragte ihn Krishna mit freundlichen Worten über das Wohlergehen seiner Hirtenfreunde und der Kühe. Und dieser antwortete mit ebenso freundlichen Worten seinem jüngeren Bruder: „Oh Krishna, all jenen, nach deren Wohlergehen du fragst, geht es gut.“ Danach sprachen Balarama und Krishna noch über viele, uralte Gebote und heilsame Dinge in der Anwesenheit von Vasudeva.


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