Pushpak HarivamshaZurück WeiterNews

1.9. Die Nachkommen des Sonnengottes

Vaisampayana sprach:
Oh Feindebezwinger, Kasyapa zeugte mit Aditi, der Tochter von Daksha, den Sonnengott Vivasvat. Vivasvat heiratete die Göttin Sajna, die Tochter vom himmlischen Architekten Twashtri. Diese schöne Dame wurde in den drei Welten auch unter dem Namen Saranyu berühmt. Die Ehefrau dieses hochbeseelten Sonnengottes war mit vorzüglichster Schönheit und Jugend begabt, aber konnte die intensive Ausstrahlung ihres Mannes nicht ertragen. Er war voll asketischer Kraft, und seine feurigen Strahlen verbrannten ihr schönes Gesicht. So litt sie sehr unter dem Sonnengott, der auch Martanda („zerbrochenes Ei“) genannt wurde, weil Kasyapa einst voller Zuneigung zu Aditi sagte, daß sie ihre Leibesfrucht nicht töten soll (siehe auch Markandeya 105). Oh mein Sohn, damals waren die Strahlen der Sonne immer voller Kraft, und der Sohn von Kasyapa quälte damit die drei Welten. Dieser Erste aller Strahlenden, der auch Aditya genannt wurde, zeugte mit Sajna drei Kinder, eine Tochter und zwei Söhne, die zu Stammvätern wurden. Zuerst wurde Manu Vaivaswata und danach der Gott der Ahnenopfer Yama geboren, wobei Yama zusammen mit der Tochter Yamuna als Zwilling zur Welt kam. Danach konnte Sajna das heiß strahlende Angesicht von Vivasvat nicht mehr ertragen und schuf Savarna als ihren Schatten. Dieses Schattenwesen war ihr zum Verwechseln ähnlich, erhob sich sogleich und sprach demütig mit gefalteten Händen:
Oh süß Lächelnde, sage mir, was ich tun soll. Befiehl mir, oh Schöne, ich bin dir zu Diensten.

Und Sajna sprach:
Möge dir Gutes geschehen! Ich möchte zum Haus meines Vaters zurückkehren. So lebe du in diesem Haus hier ohne jede Furcht und kümmere dich um diese beiden Jungen und die Tochter von mir. Doch verrate dieses Geheimnis niemals dem Sonnengott!

Darauf antwortete das Schattenwesen:
Ich werde dein Geheimnis so lange hüten, so lange mich die Sonne nicht an den Haaren festhält oder mich mit einem Fluch bedroht. So geh, wohin es dir beliebt, oh Göttin.

Die zur Askese geneigte Sajna sprach „So sei es!“, und ging etwas beschämt zur ihrem Vater Twashtri. Nachdem sie dort eine Weile gelebt hatte, bat sie ihr Vater wiederholt, zu ihrem Ehemann zurückzukehren. Daraufhin verbarg die makellose Dame ihre Schönheit, nahm die Gestalt einer Stute an, und begab sich nach Uttarakuru, um dort einsam umherzustreifen. Mittlerweile zeugte der Sonnengott mit der Schatten-Sajna, die er für seine wahre Gattin hielt, einen Sohn, der ihm selbst glich. Dieser Mächtige war dem erstgeborenen Manu ähnlich, und man nannte ihn Savarna. Später wurde er zum Manu Savarna. Ihr zweiter Sohn hieß Sani (Saturn). Doch die Schatten-Sajna zeigte nicht die gleiche Zuneigung zu den erstgeborenen Kindern wie zu ihren eigenen Söhnen. Manu verzieh ihr das, aber Yama konnte es nicht. Eines Tages geschah es aus Kinderei, Zorn oder Schicksal, daß Yama, der Sohn von Vivasvat, seine vermeintliche Mutter mit einem Fußtritt bedrohte. Oh König, daraufhin wurde Savarnas Mutter außerordentlich zornig, verfluchte ihn und sprach: „Dein Fuß soll abfallen!“ Schwer getroffen von diesen Worten seiner vermeintlichen Mutter und voller Angst wegen des Fluchs eilte er zu seinem Vater, berichtete ihm alles und sprach mit gefalteten Händen:
Bitte sorge dafür, daß dieser Fluch nicht wahr wird. Ist es nicht die Aufgabe einer Mutter, alle ihre Söhne gleich zu lieben? Doch sie mißachtet uns und liebt immer nur die beiden jüngeren. So erhob ich meinen Fuß gegen sie, aber berührte ihren Körper nicht. Oh Vater, ich tat dies aus Dummheit und Kinderei. Bitte vergib mir, denn sie hat mir nicht vergeben, sondern sprach: „Oh Sohn, ich bin deine Mutter und du solltest mich respektieren! Weil du mich beleidigt hast, soll dein Fuß abfallen!“ Wenn ein Sohn auch seine Mutter mißachtet, wie kann eine Mutter ihren eigenen Sohn verfluchen? Oh Erster aller Strahlenden, oh Herr der Welt, ich bin von meiner Mutter verflucht worden. Gewähre mir deine Gnade und laß meinen Fuß nicht abfallen.

Da sprach Vivasvat:
Oh mein Sohn, zweifellos muß es einen mächtigen Grund dafür geben, daß du als Wahrhafter und Gerechter solcherart vom Zorn erfaßt wurdest. Doch weil ich nicht imstande bin, die Worte deiner Mutter ungeschehen zu machen, so mögen einige Würmer mit dem Fleisch von deinem Fuß auf die Erde fallen. Wenn es so geschieht, kannst du gerettet werden, ohne die Worte deiner Mutter zu verfälschen. So wirst du von der Wirkung des Fluchs befreit.

Danach sprach Vivasvat zu Sajna:
Man sollte gleiche Zuneigung zu all seinen Kindern zeigen. Warum bist du immer so parteiisch?

Doch sie schwieg und gab keine Antwort. Daraufhin konzentrierte er sich mittels seiner Yoga-Kraft und erkannte die Wahrheit. Oh Nachkomme des Kuru, sogleich ergriff er sie an ihren Haaren und wollte sie verfluchen. Damit war sie von ihrem Gelübde befreit und erzählte dem Sonnengott, was geschehen war. Als Vivasvat alles gehört hatte, wurde er zornig und näherte sich Twashtri (dem Vater von Sajna). Doch als dieser erkannte, daß er ihn verbrennen wollte, sang er das Lob der Sonne und beruhigte den Zorn des Gottes.

Und danach sprach Twashtri:
Deine heiß strahlende Form ist kein angenehmer Anblick. Sajna konnte deine feurigen Strahlen nicht mehr ertragen und wandert nun einsam durch die Wälder. Noch heute wirst du deine Gattin mit reinem Verhalten sehen, die täglich strenge Entsagung in Gestalt einer Stute übt. Nur von Blättern lebend und das Leben einer Einsiedlerin führend, ist sie ganz abgezehrt und schwach. Ihre Haare sind verfilzt, und sie leidet wie eine Lotusblüte unter dem Tritt von Elefanten. Oh Herr der Strahlen, wenn du mir vertraust, dann werde ich für diese lobenswerte Dame, die zum Yoga Zuflucht genommen hat und so schwere Entsagung übt, deine äußere Form in eine erträglichere umgestalten.

Oh Feindevernichter, früher waren die Strahlen der Sonne ungemindert heiß und breiteten sich überallhin aus. In dieser Form hatte der Sonnengott keine freundliche Erscheinung. So vertraute er den Worten von Twashtri und beauftragte diesen himmlischen Architekten, seine Form angenehmer zu gestalten. Daraufhin näherte sich Twashtri der strahlenden Sonne und begann, mit einem Schleifstein den übermäßigen Glanz zu vermindern. Und sobald die intensive Strahlung geschwächt war, erschien die Sonne so herrlich und schön wie nie zuvor. Damit wurde das Angesicht vom Herrn der Strahlen angenehm, und seit dieser Zeit erscheint der Gott auch in rötlicher Farbe. Der durch den Schleifstein abgetrennte Glanz vom Sonnengott ging in die zwölf Adityas ein, die daraufhin als Götter hell erstrahlten. Zu ihnen gehören Dhata, Aryaman, Mitra, Varuna, Ansa, Bhaga, Indra, Vivasvat, Pushan, Parjanya, Twashtri und als zwölfter Vishnu. Als er sah, wie diese Götter durch ihn selbst so strahlend erschienen, war der Sonnengott höchst erfreut. Dann verehrte ihn Twashtri mit Düften, Blumen, Ornamenten und einer hervorragenden Krone, und sprach zu ihm:
Oh Sonnengott, geh nun zu deiner Ehefrau nach Uttarakuru, die dort in Gestalt einer Stute durch die Wälder und grünen Wiesen streift.

Daraufhin nahm er durch seine Yoga-Kraft eine gleichartige Gestalt an und fand seine Gattin wieder. Oh König, als Stute wanderte sie dort furchtlos umher, und niemand konnte sie aufgrund ihrer asketischen Energie und frommen Gelübde bedrängen. Da näherte sich der Sonnengott in Gestalt eines starken Rosses und berührte sie mit seiner Nase. Doch sie erkannte ihn nicht, verweigerte die Vereinigung, und stieß seinen Lebenssamen durch ihre Nüstern aus. Daraufhin wurden aus ihrer Nase die Aswin-Zwillinge geboren, die Ersten aller Ärzte. Sie hießen Nasatya und Dasra und waren somit die Söhne des achten Patriarchen Martanda, der sie mit Sajna in Gestalt einer Stute zeugte. Oh Janamejaya, danach zeigte sich der Sonnengott seiner Ehefrau in seiner angenehmen Form. Und als sie ihren Mann erblickte, war sie höchst erfreut. Yama, der sich wegen seiner Verfehlung große Sorgen machte, behandelte seit dem alle Wesen besonders gerecht und fromm, und wird deshalb Dharma-König genannt. Aufgrund seiner Gerechtigkeit wurde er zum König der Ahnen und Richter der Toten. Der asketische Savarna Manu wurde ein mächtiger Stammvater, und im kommenden Savarna Manwantara wird er der nächste Manu sein. Bis dahin übt er beständige Entsagungen auf dem Gipfel des Berges Meru. Sein Bruder Sani erreichte den hohen Status eines Planeten (namens Saturn). Die Aswin-Zwillinge wurden die Ärzte des Himmels, und so können sie jeden heilen, von dem sie verehrt werden. Von dem abgetrennten Glanz der Sonne erschuf Twashtri auch den Diskus von Vishnu. Er wurde geschaffen, um die Dämonen zu töten, und ist im Kampf unschlagbar. Yamuna, die berühmte Zwillingsschwester von Yama, wurde zur Ersten der Flüsse gleichen Namens und hat die Kraft zur Reinigung in dieser Welt. Und ihr älterer Bruder Vaivaswata wurde zum Manu des gegenwärtigen Manwantara.

Wer diese Geschichte von der Entstehung himmlischer Wesen hört und darüber meditiert, wird vor allen Katastrophen bewahrt und erreicht großen Ruhm.


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