Pushpak HarivamshaZurück WeiterNews

1.5. Die Geschichte von Vena und Prithu

Vaisampayana sprach:
Früher war der Stammvater Anga, der in der Familie von Atri geboren und ebenso allmächtig war, ein Beschützer der Tugend und Gerechtigkeit (des Dharma). Doch ihm wurde von Sunitha, der Tochter von Mrityu (dem Tod), ein höchst untugendhafter Sohn namens Vena geboren. (Das Padma Purana berichtet, daß Sunitha diesbezüglich verflucht wurde, weil sie einen Asketen geärgert hatte.) Vena besaß viele Makel, mißachtete seine Aufgaben, war der Begierde geneigt und folgte einem zügellosen Verhalten. Als König erließ er Gesetze, die den vedischen Geboten widersprachen, und ging sündhafte Wege. Während seiner Herrschaft wurden das Studium der Veden und die Ausführung der vedischen Opfer verhindert. Die Götter empfingen keine Opfergaben mehr, und niemand ernährte sie mit Soma-Saft. Indem er so schreckliche Gesetze erließ, daß niemand in seinem Reich ein Feuer- oder Götteropfer durchführen konnte, schuf er sich seinen eigenen Untergang. Oh Erster der Kurus, er verkündete als König:
Ich allein bin würdig, verehrt zu werden! Ich bin der Ausführende aller Opfer und das Opfer selbst. Alle Opfergaben sollen allein mir gehören.

Als die großen Rishis mit Marichi an der Spitze sahen, wie er die vedische Ordnung zerstörte und ungerechterweise nach den Opfergaben griff, sprachen sie zu ihm:
Wir wollen ein Opfer über viele Jahre beginnen. Deshalb, oh Vena, handle nicht gegen die ewigen Gebote der Veden. Zweifellos bist du im Stamm von Atri als Stammhalter geboren, und so hast du die Aufgabe, die Untertanen gerecht zu regieren.

Doch auf diese wohlgemeinten Worte hin, lachte der übelgesinnte Vena nur und antwortete den großen Rishis mit gemeiner Rede:
Wer, außer mir, bestimmt, was Tugend und Gerechtigkeit ist? Auf wen muß ich hören? Wer ist hier auf Erden höher als ich an Wissen, Kraft, Macht, Askese und Wahrheit? Ich bin hier die Stütze aller Wesen und besonders aller Formen der Religion. Ihr seid unwissend und habt keine wahre Sicht, sonst würdet ihr mich anerkennen. Wenn ich will, kann ich diese ganze Erde verbrennen oder sie mit Wasser überfluten. Ich regiere Himmel und Erde. Daran gibt es keinen Zweifel!

Als die edlen Rishis Vena nicht zur Bescheidenheit bewegen konnten, wurden sie wegen seines überheblichen Egoismus zornig. Sie überwältigten diesen höchst mächtigen König und begannen, seinen linken Schenkel zu reiben. Daraus entstand eine zwergenhafte dunkle Person. Oh Janamejaya, der Zwerg stand mit gefalteten Händen vor ihnen und zitterte voller Angst. Und angesichts seiner Furcht sprach Atri zu ihm: „Laß dich nieder!“ („Nishida!") Oh Erster der Redner, er wurde damit zum Stammvater der Nishadas (nichtvedische oder auch barbarische Völker) und gründete den Stamm der Fischer (Dhivaras). Sie alle entstanden aus den Sünden von Vena. So wurden auch die Tusharas, Tunduras und andere Stämme geboren, die Freude an der Gottlosigkeit (dem Adharma) fanden und in den Vindhya Bergen leben. Danach begannen die erzürnten, hochbeseelten Rishis die rechte Hand von Vena zu reiben, wie man ein Stück Holz reibt, um Feuer zu entzünden. Aus dieser Hand entstand Prithu, einer Flamme gleich und strahlend wie das Feuer selbst. Der weitberühmte Prithu wurde mit dem vorzüglichen Bogen Ajagava, himmlischen Pfeilen und einer glänzenden Rüstung geboren. Bei seiner Geburt wurden alle Wesen von Freude erfüllt, während Vena zum Himmel aufstieg. Denn als ein guter Sohn, oh Nachkomme von Kuru, rettete der große Prithu seinen Vater Vena vor der Hölle namens Put (die Hölle jener, die ohne einen würdigen Sohn sterben). Zu seiner Krönung erschienen die Flüsse und der Ozean persönlich mit heiligem Wasser und vielen Juwelen. Es kamen auch Brahma mit den Göttern, die Nachkommen von Angiras und alle anderen Wesen, und krönten den strahlenden König, den Sohn von Vena, zum Herrscher eines allumfassenden Königreichs. So wurde der höchst energetische und mächtige Sohn von Vena als erster König von den führenden Rishis geweiht, die mit den Veden und anderen heiligen Schriften wohlbekannt waren. Er erfreute die Untertanen, die mit seinem Vater so unzufrieden gewesen waren. Und weil er zum Gegenstand ihrer Liebe wurde, nannte man ihn Raja („König“). Wenn er über den Ozean reiste, wurde das Wasser so fest wie Land, auf der Erde machten ihm die Berge den Weg frei, und die Bäume behinderten mit ihren Ästen niemals sein Banner. Die Erde ließ ihre Schätze mühelos gedeihen und gab Nahrung, sobald man daran dachte. Die Kühe gaben Milch, wann auch immer sie gemolken wurden, und jede Blüte gab Honig. Für ihn wurden im heiligen Opfer des Brahma die beiden vorzüglichen Weisen Suta und Magadha geboren. Sie wurden von den himmlischen Rishis eingeladen, den Ruhm von Prithu zu besingen. Die Rishis sprachen:
Besingt den Ruhm dieses Königs! Dies ist das Werk, das euch ziemt, und dieser König ist ein würdiger Gegenstand eures Lobes.

Darauf sprachen Suta und Magadha zu den Rishis:
Wir sind fähig, die Götter und Rishis zu loben, oh ihr Zweifachgeborenen. Aber die vorzüglichen Taten und Eigenschaften dieses energievollen Königs kennen wir nicht. Wie sollen wir seinen Ruhm besingen?

Doch die Rishis beruhigten sie und sprachen:
Besingt seinen Ruhm mit den Taten, welche dieser höchst mächtige Prithu im vorherigen Kalpa vollbrachte (und auch in Zukunft wieder vollbringen wird).

Suta und Magadha handelten entsprechend, und was sie lobten, das erfüllte König Prithu:
Dieser König spricht die Wahrheit, hat einen guten Charakter, hält seine Versprechen, ist bescheiden, wohlwollend zu allen, versöhnlich und stark. Er zügelt die Übelgesinnten, beachtet seine Aufgaben, ist dankbar, barmherzig, freundlich und respektiert alle, die Respekt verdienen. Er führt Opfer durch, ist den Brahmanen gewidmet, pflegt einen ruhigen Geist und bewahrt die vedischen Gebote in der Gesellschaft.

Oh Janamejaya, seit dieser Zeit singen die Sutas und Magadhas (allg. für „Lobsänger“) zum Segen dieser Welt. König Prithu war zufrieden mit ihrem Lob und übergab dem Suta das Land von Anupa und dem Magadha das Land von Magadha. Daraufhin sprachen die großen Rishis erfreut zu den Untertanen:
Wahrlich, dieser König wird euch ausreichenden Lebensunterhalt sichern.

Auf das Wort der großen Heiligen hin näherten sich die Untertanen dem Sohn von Vena und baten um ihren Lebensunterhalt. Daraufhin nahm der mächtige König seinen Bogen und bedrohte die Erde, um seinen Untertanen zu helfen. Doch die Erde nahm die Gestalt einer Kuh an und floh furchtvoll vor dem Sohn von Vena davon. Aber Prithu gab nicht auf und verfolgte sie mit dem Bogen in der Hand. Sie durchquerte aus Furcht vor dem Sohn von Vena alle Bereiche bis zu Brahma, doch überall sah sie ihn mit dem Bogen in der Hand. Er erschien mit seinen scharfen Pfeilen wie das ewigbrennende Feuer, und sogar die Unsterblichen konnten diesen Hochbeseelten nicht aufhalten. Selbst in der Region von Brahma war sie nicht sicher. Darauf sprach die Erde, die überall in den drei Welten verehrt wird, mit gefalteten Händen zum Sohn von Vena:
Du solltest nicht die Sünde der Tötung einer Frau begehen! Wie willst du, oh König, ohne mich fähig sein, deine Untertanen zu beschützen? Oh König, alle Welten stützen sich auf mich, und dieses Weltall wird von mir getragen. Erkenne doch, daß mit meinem Untergang auch alle Geschöpfe untergehen. Wenn du wirklich das Wohlergehen deiner Untertanen suchst, dann solltest du mich nicht töten. Höre auf meine Worte. Werden die Werke mit den rechten Mitteln ausgeführt, werden sie mit Erfolg gekrönt. Oh König, so finde die rechten Mittel, um deine Untertanen zu beschützen! Wenn du mich tötest, wirst du niemals imstande sein, deine Untertanen zu ernähren. Oh du Strahlender, halte deinen Zorn zurück, und ich werde deinen Geboten folgen. Sogar niedriggeborene Frauen sollten nicht getötet werden. Oh König, bewahre Tugend und Gerechtigkeit (das Dharma).

Als der hochbeseelte und fromme König diese Worte der Göttin Erde hörte, zügelte er seinen Zorn und antwortete ihr.


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