Als die bestimmte Zeit verflossen, nahte jener Tag wo Satjawân sterben mußte.
Es zählte Sâwitrî die schwindenden Tage, Tag für Tag; jene Rede, die Nâradas gesprochen, lag ihr im Herzen beständig.
„Am vierten Tage muß er sterben!” so dachte die vortreffliche, und dreinächtliche Buße beschließend stand sie bei Tag und bei Nacht.
Hörend von dieser Zähmung, härmte sich der Fürst der Männer (Djumatsênas), und außtehend, sprach erschmeichelnd zu Sâwitrî die Rede:
Überaus streng ist das Beginnen das du begonnen, o Fürstentochter! Drei Nächte zu stehen ist sehr schwer zu vollbringen.
Sâwitrî:
Nicht mußt du dich betrüben, ich werde ausführen die Buße; denn beschlossen ist es, und Beschließung ist die Ursache.
Djumatsênas:
„Brich das Gelübde!” vermag ich keineswegs dir zu sagen; „führe es aus!” so sprechen Meinesgleichen geziemende Rede. —
Als dies gesprochen, schwieg Djumatsênas der großgeistige; Sâwitrî aber die stehende war einem Pfahle gleich zu sehen.
Es kam der Vorabend des Todes des Gatten, und in Kummer verfloß die Nacht der stehenden Sâwitrî.
„Heute ist jener Tag!” dachte sie jetzo, und opferte schnell dem Feuer, nachdem sie mit Sonnenaufgang die Morgenbräuche verrichtet.
Vor den alten Brahmanen sämtlich, vor Schwäherin und Schwäher beugte sich, der Reihe nach, die bezähmte, und mit gefalteten Händen stand sie da.
Untrügliche Segensprüche, ersprießliche, heilsame sprachen für Sâwitrî die Büßer alle, die den Büßungswald bewohnten.
„Also sei es!” so nahm auf mit dem Geiste Sâwitrî, in Gedanken versunken, jene Reden der Andächtigen.
Jener Zeit, jener Stunde sah entgegen die Fürstentochter, der Rede gedenkend, wie sie Nâradas gesprochen, sehr bekümmert.
Dann sprachen Schwäher und Schwäherin zur Fürstentochter, der einsam dastehenden, mit Freude, o Trefflichster der Bharatiden:
Das Gelübde, wie du es gelobt hast, ist pünktlich erfüllt von dir; die Zeit des Essens ist gekommen, tue demgemäß.
Sâwitrî:
Wann untergegangen ist die Sonne, werde ich essen erfüllten Wunsches; diese Entschließung und Bedingung habe ich im Herzen festgesetzt.
Indem so sprach Sâwitrî vom Genusse der Nahrung, nahm Satjawân auf die Schulter das Beil, um in den Wald zu gehen.
Sâwitrî aber sprach zum Gatten: Allein mußt du nicht gehen! Mitgehen werde ich; denn dich verlassen kann ich nicht.
Satjawân:
Niemals gingst du in den Wald vordem; der Weg wird für dich schmerzhaft sein. Von Qual und Fasten erschöpft, wie willst du zu Fuße gehen?
Sâwitrî:
Vom Fasten bin ich nicht erschöpft, und Ermüdung fühle ich nicht; da ich zu gehen Kraft habe, mußt du mich nicht zurückweisen.
Satjawân:
Wenn du zu gehen Kraft hast, will ich dir diese Liebe tun; von meinen Eltern jedoch nimm Abschied, daß mich nicht treffe diese Schuld. —
Sie beugte sich und sprach zur Schwäherin und zum Schwäher, die fromme: Es geht mein Gatte, um Früchte, zu holen, in den großen Wald.
Ich selber wünsche, beurlaubt von der Schwäherin und vom Schwäher, mit ihm hinauszugehen, denn ich ertrage nicht die Trennung.
Um des Meisters heiligen Feuers willen geht dein Sohn, der nicht abzuhaltende; abzuhalten wäre er, ginge er aus anderem Grunde in den Wald.
Etwas weniger als ein Jahr bin ich nicht ausgegangen von der Einsiedelei; den blumigen Wald zu sehen ist vorzügliche Wonne für mich.
Djumatsênas:
Seit Sâwitrî vom Vater mir als Schnur gegeben, erinnere ich mich keines Verlangens, das sie ausgesprochen.
Darum erlange die Frau den Wunsch, den sie heget; verirre dich aber nicht, Tochter, mit Satjawân auf dem Wege.
Von beiden beurlaubt ging sie, die berühmte, mit dem Gatten lächelnd, aber mit bebendem Herzen.
Mannigfaltige und reizende Wälder, von Pfauen durchtönte, sah sie die großäugige.
Und klarflutige Flüsse und blühende sehr herrliche Bäume. Sieh!” sprach Satjawân mit süßer Rede zu Sâwitrî.
Sie aber sah auf den Gatten beständig, die tadellose, denn tot glaubte sie ihn zur Zeit, des Sehers Rede gedenkend.
Folgend dem Gatten ging sie die sanft gehende, wie zweifachen Herzens und gedenkend jener Zeit.