Pushpak Bhagavata Purana Buch 11Zurück WeiterNews

11.9. Die Befreiung von weltlicher Anhaftung

Der ehrenwerte Brahmane fuhr fort:
Wenn man danach strebt, all die Dinge zu besitzen, die einem Menschen lieb und teuer sind (wie Ehepartner, Kinder, Haus, Tiere, Güter usw.), wird das eine Quelle des Unglücks werden. Wer das weiß und sich davon fernhält, erlangt grenzenloses Glück. Das habe ich vom Fischadler gelernt. Denn als dieser eine Beute gefangen hatte, wurde er von anderen angegriffen, die sehr stark und hungrig waren. Doch im gleichen Moment, als er sein Verlangen nach der Beute aufgab, erlangte er sein Glück. So werde ich weder von Ehre noch von Unehre ergriffen und kenne nicht die Angst von Menschen mit Haus und Familie. Und von den Kindern habe ich gelernt, nur mit der Seele spielend und genießend durch diese Welt zu wandern. Denn es gibt nur zwei Arten von Menschen, die frei von Angst sind: Die ganz Dummen, die unwissend wie ein Kind sind und von großem Glück überwältigt werden, und die ganz Weisen, die das Vollkommene jenseits der natürlichen Erscheinungsformen erreicht haben.

Von einem jugendlichen Mädchen habe ich folgendes gelernt: Eines Tages kamen einige Männer zur Brautschau in das Haus dieses Mädchens. Weil aber alle ihre Verwandten an diesem Tag nicht zu Hause waren, empfing sie diese selbst mit großer Gastfreundschaft. Sie ging in die Küche und bereitete den Reis vor, um ihre Gäste zu bewirten. Dabei machten ihre Muschelarmbänder viel Lärm. Und weil sie mit ihrer Arbeit nicht angeben wollte, entfernte sie schüchtern nacheinander die Armbänder, bis nur noch zwei am Handgelenk zurückblieben. Von diesen beiden gab es natürlich immer noch genug Lärm, als sie den Reis schälte, aber nachdem sie noch eines entfernt hatte, blieb nur ein einziges übrig, und kein Lärm war mehr zu hören. Oh Feindebezwinger, ich wanderte in allen Regionen umher und suchte nach der Wahrheit über diese Welt und war persönlich Zeuge der Lektion, die dieses Mädchen lehrte. Wenn viele Menschen an einem Ort leben, wird bald Lärm und Streit entstehen, sogar zwischen zwei Menschen kann dies geschehen. Deshalb sollte man allein leben, genau wie das Armband des Mädchens. Dann kann der Geist durch Loslösung und gezügelte Yoga-Praxis beständig werden, indem man sich niedersetzt, seine Atmung reguliert und sich achtsam auf einen Punkt konzentriert. Wenn der Geist dieses Alleinsein erreicht hat und Schritt für Schritt von seiner Karma-Verunreinigung befreit wird, nimmt die natürliche Qualität der Güte zu, während Leidenschaft und Unwissenheit zurückgehen. Und frei von diesem Treibstoff (des angeeigneten Karmas) erlangt man dann die reine Seligkeit des Nirvanas.

Vom einem Pfeilmacher habe ich gelernt, daß man so in der Höchsten Seele vertieft sein sollte, daß man nicht mehr weiß, was außen oder innen ist, genauso wie dieser Pfeilmacher, der so sehr auf seinen Pfeil konzentriert war, daß er den König nicht bemerkte, der an seiner Seite stand. Von einer Schlange lernte ich, daß ein Weiser ohne festen Wohnsitz allein leben, voller Achtsamkeit Zurückhaltung üben und mit seinen Handlungen nicht prahlen sollte. Denn ohne Begleiter spricht er nur wenig. Und der Bau eines Zuhauses für das eigene vorübergehende Selbst ist ein vergebliches und mühsames Unterfangen. Denn eine Schlange lebt auch glücklich in den Löchern, die von anderen gegraben wurden.

Von der Spinne habe ich folgendes gelernt: Das eine Höchste Selbst, der eine Höchste Herr ohne einen zweiten, der die Grundlage und das Reservoir von Allem wurde, ist Narayana, die Gottheit, die durch seine Macht das Universum am Anfang erschuf und es durch seine Macht der Zeit am Ende des Schöpfungstages (Kalpa) in sich selbst zurückzieht. Wenn die natürlichen Kräfte von Güte, Leidenschaft und Trägheit (Sattwa, Rajas und Tamas) durch die Macht der Zeit wieder ausgeglichen werden, wozu die Höchste Seele (Atman) fähig ist, bleibt der ursprüngliche Höchste Geist (Purusha) als Höchster Herr über das geistige Meer der Ursachen (Pradhana) bestehen. Er ist das Verehrungswürdigste aller gebundenen und befreiten Wesen und wird in der reinsten Erfahrung erkannt, die man als reine Glückseligkeit bezeichnet, eine vollkommene Wahrnehmung jenseits aller natürlichen Eigenschaften. Mittels seiner reinen Illusions- und Schöpferkraft (Maya), die sich der drei natürlichen Grundqualitäten bedient, manifestiert Er zu Beginn der Schöpfung die universale Intelligenz (Mahat), die wie ein Faden alles verbindet. Man sagt, an diesem Faden, der sich als Ursache der drei natürlichen Grundqualitäten manifestierte, ist das ganze Universum mit allen Wesen aufgefädelt, verstrickt und gebunden. Und daraus entstehen alle anderen Prinzipien der weltlichen Manifestation. So wie eine Spinne ihren Faden aus sich selbst hervorbringt, mit diesem Faden ihr Netz baut und sich ernährt, und diesen Faden schließlich wieder selbst verzehrt, so wirkt auch der Höchste Herr.

Und von der Wespe habe ich gelernt: Auf welchen Zustand der Form sich auch immer die individuelle Seele mit ihrer Intelligenz geistig ausrichtet, sei es reine Liebe oder Haß und Angst, das wird sie erreichen. Wie auch eine Wespenlarve auf den Geist einer ausgewachsenen Wespe gerichtet ist, von der sie geboren wurde, ihren Larvenkörper verpuppt, ohne ihn zu verlassen, und dann in eine fliegende Wespe verwandelt. (Wir würden vielleicht heute von einem Schmetterling sprechen, der sich mit seiner geistigen Ausrichtung aus einer gefräßigen Raupe durch Metamorphose, die sicherlich nicht schmerzlos ist, in einen leicht fliegenden Schmetterling verwandelt, der sich dann nur noch von Nektar ernährt, sozusagen von der Essenz der Blüten.)

Oh König, das ist es, was ich von all diesen (natürlichen) Lehrern gelernt und erkannt habe. Nun höre auch, wie ich davon spreche, was ich von meinem eigenen Körper lernen konnte. Durch den Körper muß man immer unter der unvermeidlichen Last seiner Erhaltung und der Angst vor drohender Zerstörung leiden. Über diese Wirklichkeit der Welt meditierte ich, und daher wurde der materielle Körper, obwohl er im Dienst anderer steht, für mich ein geistiger Lehrer der Entsagung und Erkenntnis, um frei von Anhaftung durch diese Welt zu wandern. Denn wer diesem Körper Vergnügen bereiten will, muß seine Sorge auf verschiedene Ziele aufteilen, wie auf Ehepartner, Kinder, Tiere, Dienerschaft, Haus oder Verwandte. Doch wie in der Natur ein Baum seine Früchte fallenläßt und irgendwann stirbt, so muß auch der Körper zum Zeitpunkt des Todes den Reichtum aufgeben, den er mit großem Kampf angesammelt hat. Manchmal lenkt die Zunge den geliebten Körper ab, manchmal der Durst, die Ohren, die Genitalien oder das Gefühl, wie auch der Bauch seine Aufmerksamkeit fordert, der Geruch von der Nase angezogen wird oder die unbeständigen Augen in die Irre führen. So werden die wirkenden Kräfte des Körpers in viele Richtungen gezogen, ähnlich wie ein Hausherr von mehreren Ehefrauen.

Oh König, nachdem der Höchste Herr durch seine Macht die vielen verschiedenen Körperformen der Kriechtiere, Säugetiere, Vögel, Schlangen usw. erschaffen hatte, schuf er in seinem Herzen, das damit noch nicht zufrieden war, die menschliche Lebensform, die er mit seiner universalen Intelligenz als Vernunft ausstattete, die geeignet war, die vollkommene ganzheitliche Wahrheit zu erkennen, und damit war er zufrieden. Nachdem man also über viele Generationen diese menschliche Form erreichen konnte, die so schwer zu erreichen ist und trotz ihrer Vergänglichkeit einen großen Wert hat, sollte sich jemand mit Selbstbeherrschung angesichts des stets nahenden Todes unverzüglich bemühen, die höchste Befreiung zu erreichen, denn wahre Sinnesbefriedigung konnte man in all den vielen Lebensformen nicht finden. Deshalb schaue ich ohne weltliche Bindungen mit erwachtem Bewußtsein und Weisheit als Höchste Seele auf diese Welt und wandere frei von Anhaftung und Ichbewußtsein über die Erde. Das von einem einzelnen Lehrer erworbene Wissen kann nicht sehr verläßlich und vollständig sein. Denn die vollkommene ganzheitliche Wahrheit ohne ein Zweites (frei von Dualität) wird von den Weisen in vielfältiger Hinsicht besungen.

Der Höchste Herr fuhr fort:
Nachdem der so überaus intelligente Brahmane auf diese Weise mit König Yadu gesprochen hatte und vom König angemessen geehrt wurde, verabschiedete er sich und ging genauso zufrieden, wie er gekommen war. Und König Yadu, der Vorfahre unserer Vorfahren, wurde durch diese Belehrung des Avadhuta von seiner weltlichen Anhaftung befreit und erreichte das ganzheitliche Bewußtsein, das allem gegenüber ausgeglichen ist.


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