Pushpak Bhagavata Purana Buch 11Zurück WeiterNews

11.7. Krishnas Belehrung für Uddhava

Der Höchste Herr sprach:
Was du zu mir gesagt hast, oh glücklicher Uddhava, ist tatsächlich mein Plan (den Stamm zurückzuziehen). Brahma, Shiva und die Führer der Welten freuen sich darauf, mich wieder in meiner Wohnstätte zu sehen. Ich habe meine Aufgabe hier zum Wohle der Götter erfüllt, denn dazu bin ich auf Bitten von Brahma zusammen mit anderen Verkörperungen (wie Balarama) herabgestiegen. Wegen des Fluchs (der Brahmanen) wird dieser Stamm sicherlich sein Ende finden. Er wird in einem gegenseitigen Streit zerstört werden, und nach sieben Tagen wird dann der Ozean diese Stadt Dwaraka verschlingen. Oh Tugendhafter, wenn ich diese Welt (in dieser Form) verlassen habe, wird sie bald Kali zum Opfer fallen und alle Tugend und Gerechtigkeit verlieren. Nachdem ich gegangen bin, solltest du sicherlich nicht hierbleiben, oh gute Seele, denn im Kali-Zeitalter werden die Menschen auf Erden viel Freude an unheilsamen Taten haben. Wenn dein Geist vollständig auf Mich gerichtet ist, solltest du praktisch alle emotionalen Bindungen zu deiner Familie und deinen Freunden aufgeben und allen gleichgesinnt sein, die in dieser Welt herumwandern. Diese Welt, an die du denkst, über die du sprichst, die du ansiehst, die du hörst und dergleichen, solltest du als eine vorübergehende Erscheinung der Dinge betrachten, als ein Schattenspiel, das deine Vorstellungskraft anregt. Wer nicht mit allem verbunden ist, ist verwirrt über die vielen Werte und nimmt an, daß die Dinge entweder wahr oder falsch sind. So unterscheidet er in Anbetracht von Gut und Böse zwischen richtigem Handeln, Nichthandeln und falschem Handeln. Erkenne daher mit gezügelten Sinnen und Gedanken durch ein ganzheitliches Bewußtsein diese Welt innerhalb des Höchsten Selbst, das sich überall ausdehnt, und dieses Selbst in Mir, dem Höchsten Herrn. Mit vollkommener Weisheit und selbstzufrieden durch die Selbsterkenntnis, daß alle Geschöpfe Mitgefühl verdienen, wird man nie durch Hindernisse entmutigt. Nachdem man sich über die Gegensätze von Gut und Böse erhoben hat, haßt man weder das vermeintlich Böse, noch begehrt man das vermeintlich Gute, wie ein kleines Kind noch nichts beurteilt. Wer in der Weisheit beständig das ganze Weltall von Mir durchdrungen sieht und allen Lebewesen gegenüber friedlich als Wohltäter handelt, wird nie wieder ins Unglück fallen.

Oh König, nachdem der erhabene und glückliche Uddhava, der wünschte, etwas über das höchste Prinzip zu erfahren, vom Höchsten Herrn so belehrt worden war, verneigte er sich vor dem Unfehlbaren, um seine Ehrerbietung darzubringen, und sprach:
Oh Herr des Yoga, oh Einheit, die uns zusammenhält, oh Essenz der Vereinigung im Bewußtsein und Quelle mystischer Kraft, du hast zu meinem Wohlergehen über die Entsagung gesprochen, wie es unter den Entsagenden (Sannyasins) bekannt ist. Doch ich denke, diese Entsagung ist schwer durchzuführen, mein Herr, wenn man noch der Begierde und Sinnesbefriedigung geneigt ist und sich dir nicht vollkommen hingeben kann. Da mein Bewußtsein mit dem Körper und seinen Beziehungen noch verbunden ist, wie es von deiner Illusions- und Schöpferkraft (Maya) erschaffen wurde, bin ich noch so töricht in der Vorstellung von „Ich“ und „Mein“ gefangen. Daher belehre mich bitte, damit dein Diener leicht den Weg gehen kann, den du lehrst. Welchen Lehrer gibt es außer Dir, der du die Wahrheit selbst bist und dich mir persönlich offenbarst? Wer außer meinem Herrn, der Höchsten Seele, qualifiziert sich wirklich dafür? Nicht einmal unter den Göttern finde ich einen solchen Lehrer. Jedes weltliche Wesen bis zu Brahma ist in seinem Bewußtsein eine verkörperte Seele, die von deiner Illusions- und Schöpferkraft (Maya) verwirrt wird, sobald sie die äußere Welt für substantiell hält. Deshalb nähere ich mich Dir mit meinem Geist, der bezüglich der Entsagung von vielen Zweifeln gequält wird, um Zuflucht zu suchen, oh Narayana, du Freund der Menschen und vollkommener, grenzenloser und allwissender Herr, der unabhängig in Vaikuntha wohnt.

Und der Höchste Herr sprach:
Menschen, die diese Welt durchschauen, befreien sich im allgemeinen mit Hilfe ihrer höheren Intelligenz (der ganzheitlichen Vernunft) von jeder verwirrenden Vorstellung. Jede Person stellt gewissermaßen ihren eigenen Guru dar, weil sie mit Hilfe ihrer Argumentation (der Gedanken) und der direkten Wahrnehmung ihren wahren Nutzen finden kann. Wer die Weisheit und Erfahrung durch Sankhya und Yoga (Theorie und Praxis) findet, kann Mich in seiner menschlichen Existenz klar erkennen, in meiner vollkommenen Herrlichkeit manifestiert und mit all meinen natürlichen Kräften (Shaktis). Es haben sich viele Arten von Körpern mit einem, zwei, drei, vier oder vielen Beinen oder auch ganz ohne Beine entwickelt. Doch die menschliche Form mit zwei Beinen ist mir am liebsten. In dieser Welt, die sich in meinem Körper befindet, kann man nach Mir suchen, dem Höchsten Herrn, indem man mit Hilfe seiner Wahrnehmung (durch Sinne, Denken und Intelligenz) direkten Zeichen folgt (durch Hören und Meditieren in liebender Bhakti-Hingabe). Aber durch bloßes logisches Denken, das indirekten Annahmen folgt, kann Ich nicht wahrgenommen werden. Diesbezüglich erzählt man die folgende alte Geschichte einer Unterhaltung zwischen dem mächtigen König Yadu und einem heiligen Avadhuta:

Yadu, der sich im Dharma gut auskannte, sah einmal einen jungen brahmanischen Bettelmönch, der furchtlos umherwanderte, und nutzte die Gelegenheit, um ihm einige Fragen zu stellen. Und Yadu sprach:
Oh Brahmane, wie hast du diese außergewöhnliche Intelligenz erlangt? Wie kannst du mit dem Selbstvertrauen eines Kindes durch die Welt wandern, völlig bewußt im Nichthandeln? Religiöse Menschen, die für ein Einkommen arbeiten, ihre Sinne befriedigen und nach Wissen streben, suchen normalerweise nach Reichtum, einem guten Ruf und einem langen Leben. Du bist zwar kräftig, gelehrt, erfahren, schön und redegewandt, aber gehst keiner Arbeit nach und begehrst nichts, wie ein betäubtes, unsinniges, gespenstisches Geschöpf. Jeder brennt im Feuer der Lust und Begierde, aber du stehst, um vom Feuer befreit zu sein, wie ein Elefant in der Ganga und wirst nicht verbrannt. Wir bitten dich, oh Brahmane, erkläre uns die Ursache für das innere Glück, das du ganz alleinlebend ohne jegliche Form von materiellem Genuß erfährst.

So wurde der glückselige und höchst intelligente Brahmane von König Yadu befragt und geehrt, indem er respektvoll und demütig sein Haupt vor ihm verneigte. Und der ehrenwerte Brahmane antwortete:
Es gibt viele spirituelle Meister, bei denen ich mittels Intelligenz Zuflucht gesucht habe, oh König. Durch sie habe ich erkennen gelernt, und wandere nun befreit in dieser Welt umher. Bitte höre, wie ich sie dir aufzähle: Erde, Wind, Raum, Wasser, Feuer, Mond und Sonne, Taube, Pythonschlange, Meer, Motte, Honigbiene und Elefant, Honigsammler, Hirsch, Fisch, Prostituierte, Fischadler und Kinder, Mädchen, Pfeilmacher, Schlange, Spinne und Wespe. Das sind meine vierundzwanzig spirituellen Meister, oh König. Durch das Studium ihrer Handlungen habe ich in diesem Leben alles über das Selbst gelernt. Höre gut zu, oh Sohn von Yayati und Tiger unter den Menschen, ich werde dir erzählen, was ich von jedem einzelnen gelernt habe:

Von der Erde habe ich das Gebot der Geduld gelernt, daß ein weiser Mensch nicht vom Weg abweichen und standhaft bleiben soll, so sehr er auch von anderen Wesen bedrängt wird, die einfach dem folgen, was das Schicksal verordnet. Von den Bergen (der Erde) kann man lernen, immer für andere da zu sein, so daß man sein ganzes Handeln dem Wohl anderer widmen muß. Für einen frommen Menschen, der wie ein Baum anderen gewidmet ist, sollte dies der einzige Grund für seine Existenz sein. Vom Wind habe ich gelernt, daß ein Weiser mit der bloßen Bewegung seines Lebensatems glücklich sein kann und seine Befriedigung nicht in Sinnesfreuden suchen sollte. Denn so geht sein spirituelles Wissen nicht verloren, und sein Denken und Sprechen wird nicht abgelenkt. Ein Yogi, der frei von Selbstsucht ist, sollte sich ebenso wie der Wind niemals darin verstricken, sich auf die Objekte der Sinne und all ihre verschiedenen guten und schlechten Eigenschaften zu beziehen. Wenn so eine selbstverwirklichte Seele in dieser Welt in einem bestimmten Körper aus den Elementen lebt, der bestimmte Eigenschaften besitzt, wird sie sich durch ihre Selbsterkenntnis nicht mit diesen Eigenschaften verbinden, so wie sich der Wind nicht mit den Gerüchen verbindet, die er trägt. Vom Raum habe ich gelernt, daß ein Weiser über die Höchste Seele meditieren sollte, die alle Wesen durchdringt und mit allem verbunden ist, und sich selbst als reinen Geist betrachten sollte, der wie der Raum alles durchdringt. So wie der Raum nicht vom Wind berührt wird, der die Wolken bewegt, wird ein selbstverwirklichter Mensch nicht von seinem Körper beeinflußt, der aus Feuer, Wasser und Erde besteht, die von der Zeit nach den natürlichen Grundqualitäten bewegt werden. Vom Wasser habe ich gelernt, daß ein Weiser, der in seinem Wesen ein reiner, weichherziger, süßer und sanfter Wallfahrtsort für Menschen ist, so segensreich wie Wasser ist und alle Seelen reinigt, die sich um ihn versammeln, ihn sehen, berühren und ehren. Vom Feuer habe ich gelernt, daß man nur so viel essen sollte, wie nötig ist, um kraftvoll zu erstrahlen, und unabhängig davon, was es verzehrt, verliert es seine Reinheit nicht. Manchmal ist es auch unter Asche verborgen und zeigt sich nur für jene Verehrer, die den wahren Nutzen wünschen, indem es ihre Opfergaben annimmt und verbrennt, wie auch ihr Karma der Vergangenheit und Zukunft. Und wie das Feuer im Holz wohnt, so nimmt der Allmächtige die Identität von jedem an, nachdem Er in die verschiedenen Arten von Körpern der höheren und niederen Lebensformen eingetreten ist, die Er durch seine Kraft geschaffen hat.

Vom Mond habe ich gelernt, daß sich der Zustand des Körpers, den man von der Geburt bis zum Tod durchläuft, im Laufe der Zeit ändert, die selbst unsichtbar ist. Doch es ist nur der Körper, der sich verändert, nicht die wahre Seele, so wie sich die Mondphasen verändern, aber nicht der Mond selbst. Wie die Flammen des Feuers erscheinen und verschwinden, aber das Feuer selbst nicht, so erscheinen auch die individuellen Seelen in den Körpern, sterben im Strom der Zeit und werden wiedergeboren, ohne daß die Höchste Seele vergeht, auch wenn sie nicht gesehen werden kann. Von der Sonne habe ich gelernt, daß ein Yogi mit seinen Sinnen die Objekte erkennt und wieder loslassen kann, ohne daran anzuhaften, wie die Sonne mit ihren Strahlen das Wasser in die Atmosphäre zieht und wieder loslassen kann, ohne davon beherrscht zu werden. Und wie sich die Sonne in vielen Dingen spiegelt, aber doch nur eine Sonne ist, so gibt es auch nur eine Seele, die sich in vielen Körpern spiegelt.

Von der Taube habe ich gelernt, daß man sich niemals in zu viel Zuneigung oder zu engem Umgang mit jemandem verlieren sollte. Denn wer sich so hingibt, wird großen Kummer erleiden, wie eine törichte Taube. Denn ein Tauben-Männchen baute einmal im Wald sein Nest in einem Baum und lebte dort manche Jahre mit seiner Frau voller Liebe im Herzen ein Haushälterleben, wobei ihre Blicke, Körper und Gedanken wie mit Seilen aneinandergebunden waren. Indem sie einander vertrauten und sich liebten, lebten sie gemeinsam in den Bäumen des Waldes, ruhten, saßen, flogen, standen, sprachen, spielten, aßen und so weiter. Was auch immer sie wollte, oh König, war das, was er tat, um ihr zu gefallen. Er erfüllte liebevoll alle ihre Wünsche, auch wenn es schwierig war und er keine Kontrolle über seine Sinne hatte. Dann wurde das treue Tauben-Weibchen zum ersten Mal schwanger und legte nach einiger Zeit in Anwesenheit ihres Mannes mehrere Eier ins Nest. Und aus ihnen schlüpften zur rechten Zeit die Kleinen mit den zarten Gliedern und Federn, die durch die unvorstellbaren Kräfte des Herrn geschaffen wurden. Das Ehepaar ernährte dann überaus glücklich seine Nachkommen, indem sie mitfühlend auf das verlangende Rufen ihrer Kinder lauschten. Und der Anblick, wie die Kleinen mit ihren flauschigen Flügeln, ihrem liebenswerten Gezwitscher und ihren Flugversuchen glücklich waren, erfüllte die Eltern mit großer Freude. So ernährten sie mit von Zuneigung gebundenen Herzen, ohne weiter darüber nachzudenken, völlig verwirrt von der illusorischen Kraft Vishnus, ihre Kinder als ihre Nachkommen. Eines Tages machten sich die beiden Eltern wieder auf den Weg, um Essen für die Kinder zu besorgen, und flogen weit weg und suchten ängstlich überall im Wald. Da erblickte ein Jäger, der zufällig durch den Wald ging, die jungen Vögel, die sich in der Nähe ihres Nestes bewegten, und fing sie mit einem Netz, das er ausgelegt hatte. Bald darauf kehrten die Tauben, die immer eifrig damit beschäftigt waren, sich um ihre Kinder zu kümmern, zu ihrem Nest zurück, um Futter zu bringen. Als aber das Tauben-Weibchen sah, daß ihre Kinder im Netz gefangen waren, flog sie in äußerster Not zu ihnen und wollte die weinenden Kinder trösten. Ständig an ihre Liebe gebunden, hatte sie sich um ihre Kinder gekümmert, ohne an sich selbst zu denken, und so vergaß sie von der Maya des Ungeborenen überwältigt sich selbst und wurde ebenfalls im Netz gefangen. Und das unglückliche Tauben-Männchen beklagte sich höchst jämmerlich darüber, daß seine Kinder und seine Frau, die ihm so lieb waren, gefangen worden waren, denn sie waren ihm lieber als sein Leben, und er rief:
Ach, sieh nur, wie ich, so unvernünftig und mit geringem Verdienst, meinen Untergang finde. Unerfüllt habe ich meinen Lebenszweck verfehlt und mein Familienleben verloren, um die drei großen Lebensziele (von Tugend, Verdient und Liebe) zu erreichen! Sie, die mich angemessen und treu als ihren Ehemann und Gott angenommen hat, geht mit unseren unschuldigen Kindern in den Himmel und will mich in einem leeren Haus zurücklassen. Was wäre noch der Sinn meines Lebens, wenn meine Frau und meine Kinder tot sind? Was gibt es für mich, außer ein elendes Leben in einem leeren Nest?

Als er sie so im Netz gefangen und im Griff des Todes sah, wurde er von seinem Elend ganz überwältigt und flog verzweifelt ebenfalls in das Netz. Der erbarmungslose Jäger, der sein Ziel erreicht hatte, ergriff den Hausvater, seine Kinder und seine Frau und machte sich auf den Weg zu seinem Haus. So wird ein Familienvater, der nicht in der Höchsten Seele zufrieden ist und sich an materiellen Gegensätzen erfreut, mit seinen Verwandten leiden müssen, genau wie dieser Vogel, der daran verzweifelte, seine Familie zu erhalten. Wahrlich, wer diese menschliche Verkörperung erreicht hat, in welcher das Tor zur Befreiung weit offensteht, aber sich an Familiensorgen wie dieser Vogel bindet, sollte als gefallen betrachtet werden, egal, wie hoch er damit aufsteigen konnte.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter