Pushpak Bhagavata Purana Buch 10Zurück WeiterNews

10.89. Über Nara und Narayana und die Rettung der Brahmanen-Kinder

Der ehrenwerte Suka sprach:
Oh König, unter den Weisen, die am Ufer der Sarasvati ein Opfer darbrachten, entstand einst eine Diskussion darüber, wer von den drei Göttern, die von Anfang an da sind, der Größte sei. Mit dem Wunsch, dies zu erfahren, entsandten sie Bhrigu, den Sohn Brahmas, um dies herauszufinden. So ging er zuerst an den Hof von Brahma. Und um seine Güte zu prüfen, verneigte er sich weder vor ihm noch sprach er ein Gebet. Das entzündete die Leidenschaft des großen Herrn, so daß er wütend wurde. Doch trotz der Wut auf seinen Sohn, die in seinem Herzen aufstieg, gelang es dem Selbstgeborenen, sich zu beherrschen, so wie das Feuer durch sein eigenes Produkt (des Wassers) gelöscht wird. Als nächstes ging er zum Berg Kailash, wo sich Shiva freute, ihn zu sehen, und aufstand, um seinen Bruder zu umarmen. Aber als Bhrigu dies leugnete und sprach „Du bist ein Übertreter des Pfades!“, wurde er zornig und erhob mit feurigen Augen seinen Dreizack, um ihn zu töten. Doch die Göttin Parvati fiel ihm zu Füßen und beruhigte ihn. Danach ging Bhrigu nach Vaikuntha, wo Lord Janardana residiert. Dort lag der Höchste Herr, der das Ziel der Gläubigen ist, mit seinem Kopf im Schoß der Göttin Shri. Da trat er ihm gegen die Brust, woraufhin Er zusammen mit Lakshmi aufstand, vom Bett herunterkam, seinen Kopf vor dem Weisen senkte und sprach:
Sei willkommen, oh Brahmane, nimm diesen Platz ein, und bitte vergib uns, oh Meister, denn wir haben für einen Moment deine Ankunft nicht bemerkt! Bitte reinige mich, meine Welt und die Herrscher aller mir ergebenen Welten mit dem Wasser, das von den Füßen deiner heiligen Seele abgewaschen wird und die Heiligkeit der Pilgerstätten erschafft. Heute, oh Herr, bin ich der wahre Zufluchtsort der Göttin des Wohlstandes geworden, denn mit deinem Fuß, der meine Brust von aller Sünde befreit hat, wird sie einwilligen, dort zu wohnen.

Bhrigu freute sich über diese feierlichen Worte, die der Herr von Vaikuntha sprach, und verstummte mit Tränen in den Augen, die von Hingabe überwältigt waren. Oh König, daraufhin kehrte Bhrigu zum Opfer der Weisen zurück, die die Veden bewahrten, und erzählte alles, was er erlebt hatte. Als sie dies hörten, waren die Weisen überaus erstaunt, wurden von ihren Zweifeln befreit und glaubten an Vishnu als den Größten, der Frieden und Furchtlosigkeit brachte. Wahrlich, dieser Beweis von seinem Dharma, seiner geistigen Erkenntnis, Loslösung und Verwirklichung, seiner acht mystischen Kräfte (Siddhis) und seines Ruhmes vertreibt die Unreinheiten des Geistes. Er wird das Höchste Ziel für alle selbstlosen Seelen und heiligen Weisen genannt, die mit ausgeglichenem und friedvollem Geist die Gewalt (die Herrschaft der Leidenschaft) aufgegeben haben. Seine bevorzugte Verkörperung ist die Art der Güte, und die Brahmanen sind seine anbetungswürdigen Götter, friedliche Personen mit ganzheitlicher Vernunft, die ihn aufrichtig verehren. Entsprechend den drei Gunas der natürlichen Grundqualitäten (von Sattwa, Rajas und Tamas) gibt es drei Arten von bedingten Wesen, die ihre Existenz durch seine Illusions- und Schöpferkraft finden: die Göttlichen, die Leidenschaftlichen und die Verblendeten. Unter diesen drei Wesen sind es jene von der Qualität der Güte (Sattwa), die den rechten Weg weisen. Dazu versammelten sich die Weisen an der Sarasvati, um die Zweifel der Menschen zu zerstreuen, und dienten damit den Lotusfüßen des Höchsten Geistes (Purusha) und seinem Ziel.

Und der Suta (im Naimisha Wald) fuhr fort:
So floß dieser Nektar mit dem Lotusduft aus dem Mund von Suka, dem Sohn des Weisen Vyasa. Dieser Nektar, der sich mit dem Höchsten Herrn beschäftigt, zerstreut die Angst der weltlichen Existenz und läßt den Reisenden auf dem Weg durch diese Welt die heiligen Verse mit seinen Ohren empfangen und die Müdigkeit seiner Wanderung vergessen.

Und Suka erzählte weiter:
Einst geschah es in Dwaraka, daß ein Kind von der Frau eines Brahmanen geboren wurde und sogleich starb. Der Brahmane brachte den Leichnam zum Palasttor von König Ugrasena und sprach in seinem Elend klagend mit aufgeregtem Geist:
Weil dieser unwissende und habgierige Kshatriya, der offenbar nach Sinnesbefriedigung süchtig ist und mit trügerischem Geist die Brahmanen mißachtet, seine Pflichten nicht erfüllte, mußte mein Sohn sterben. Die Bürger im Dienst eines bösartigen Herrschers der Menschen, der seine eigenen Sinne nicht beherrscht und sich an Gewalt erfreut, werden immer Armut erleiden und unglücklich sein.

Und so geschah es ein zweites und ein drittes Mal, daß der weise Brahmane auf dieselbe Weise ein totes Kind am Tor zurückließ und dasselbe Lied der Klage sang. Arjuna, der eines Tages wegen Krishna in der Nähe war, hörte zufällig davon, als der Brahmane wieder ein Kind verlor, und sprach:
Oh Brahmane, gibt es hier draußen niemanden, der bei dir zu Hause den Bogen schwingen kann? Wahrlich, solche Kshatriyas benehmen sich wie Brahmanen, die einem Opfer beiwohnen. Aber dort, wo Brahmanen den Verlust von Ehefrauen, Kindern und Vermögen beklagen müssen, sind die anwesenden Kshatriyas nur wie verkleidete Schauspieler, die für ihre eigenen weltlichen Interessen leben. Oh großer Herr, ich werde die Nachkommen von euch beiden beschützen, denen es in dieser Angelegenheit so schlecht geht. Und wenn ich mein Versprechen nicht erfülle, werde ich ins Feuer gehen, um meinen Sünden ein Ende zu setzen.

Darauf antwortete der Brahmane:
Weder Sankarshana, Krishna, Pradyumna, der größte Bogenschütze, noch Aniruddha, der unvergleichliche Streitwagenkämpfer, konnten meine Söhne retten. Warum bist du so naiv und versuchst das zu erreichen, was die Herren des Universums nicht erreichen konnten? Wir können es daher nicht glauben.

Doch Arjuna sprach:
Oh Brahmane, ich bin weder Sankarshana, noch Krishna oder einer seiner Nachkommen. Ich bin Arjuna mit dem Bogen Gandiva! Schmälere nicht meine Tapferkeit, die den Dreiäugigen Shiva zufriedenstellte, oh Brahmane. Ich werde den Tod im Kampf besiegen und deine Kinder zurückbringen, oh Meister!

Damit ließ sich der Brahmane von Arjuna überzeugen und ging nach Hause, zufrieden mit dem, was er über die Tapferkeit des Sohns der Pritha gehört hatte. Und als seine Frau wieder gebären wollte, sprach der erhabene Brahmane verzweifelt zu Arjuna: „Nun rette! Bitte rette mein Kind vor dem Tod!“ Arjuna berührte reines Wasser, brachte dem mächtigen Herrn Shiva seine Ehrerbietung dar, erinnerte sich an die Mantras für seine Waffen und spannte die Bogensehne seines Gandiva. Dann erschuf er aufwärts, abwärts und seitwärts mit seinen Pfeilen, die mit Mantras beladen waren, einen Schutzkäfig um den Entbindungsraum. Doch das Kind, das von der Frau des Brahmanen geboren wurde, weinte nur kurz und verschwand sogleich mit seinem Körper in den Himmel, so daß es niemand mehr sehen konnte. Daraufhin verspottete der Brahmane in Krishnas Gegenwart Arjuna, indem er sagte:
Seht nur, was für ein Narr ich bin, weil ich der Prahlerei eines Eunuchen vertraut habe! Wenn weder Aniruddha, Pradyumna, Balarama noch Krishna meine Kinder retten konnten, wer sonst wäre in der Lage, in einer solchen Situation Schutz zu gewähren? Verdammt sei dieser Arjuna mit seinen falschen Worten, verdammt der Bogen dieses Angebers, der so dumm und wahnhaft dachte, er könne die vom Schicksal Gefallenen zurückholen!

Während der weise Brahmane ihn so verfluchte, griff Arjuna zu einer mystischen Beschwörung und begab sich direkt in die himmlische Stadt Samyamani, wo Yama lebt, der große König der Toten. Und als er das Kind des Brahmanen dort nicht finden konnte, ging er mit erhobenen Waffen weiter zu den Städten von Indra, Agni, Nirriti, Soma, Vayu und Varuna. Als nächstes durchsuchte er alle anderen Regionen, von der Unterwelt bis zum höchsten Himmel. Und als er es nicht schaffte, den Sohn des Brahmanen zurückzubekommen, war er bereit, wie versprochen ins Feuer zu gehen, wurde jedoch von Krishna zurückgehalten, der sprach:
Ich werde dir die Söhne des Brahmanen zeigen, bitte verachte dich nicht! Männer wie diese Brahmanen werden uns beiden makellosen Ruhm bringen.

Nach diesen Worten bestieg der Höchste Herr und Meister seinen Wagen zusammen mit Arjuna und fuhr in westlicher Richtung davon. Er überquerte die sieben Kontinente mit ihren sieben Meeren und sieben Gebirgszügen, überquerte das Grenzgebirge Lokaloka, und trat in die weite Dunkelheit ein. Doch dort verirrten sich die Pferde Saivya, Sugriva, Meghapushpa und Valahaka in der dichten Dunkelheit, oh Bester der Bharatas. Als der Höchste Herr, der Große Meister aller Yoga-Meister, ihre Not sah, sandte er dem Wagen seinen Diskus voraus, der wie tausend Sonnen erstrahlte. Der Sudarsana-Diskus, der mit seiner extrem intensiven Ausstrahlung so schnell wie der Verstand voranraste, schnitt sich durch die immens dichte und furchterregende Dunkelheit wie ein Pfeil von Lord Ramachandra. Arjuna folgte dem Pfad des Diskus jenseits dieser Dunkelheit und erblickte das allesdurchdringende, sich endlos ausdehnende, transzendentale Licht (das Brahma-Jyoti), das seine Augen so blendete, daß er sie schließen mußte. Von dort gelangten sie in ein subtiles Wasser, das von einem mächtigen Wind mit riesigen strahlenden Wellen bewegt wurde. Und im Wasser befand sich ein wundersamer Ort, der wie gigantische Säulen erstrahlte, die von Tausenden eingelegten Edelsteinen hell schimmerten. Dort (wo das Welten-Ei im subtilen Wasserelement gestützt wird) wohnt die riesige Urschlange Ananta, die auf wundervolle Weise mit ihren tausenden Köpfen, auf denen Edelsteine leuchteten, und doppelt so vielen furchterregenden Augen, sowie mit ihren dunkelblauen Hälsen und Zungen dem weißen Berg Kailash glich. Auf dieser Schlange sah er den allmächtigen und alldurchdringenden Höchsten Geist (Purusha) bequem sitzend, wie eine dunkle Regenwolke mit schönen gelben Gewändern, einem freundlichen Gesicht und großen Lotusaugen. Seine tausenden Locken tauchten in den Glanz seiner Ohrringe und der großen Juwelen seiner Krone. Er hatte acht schöne mächtige Arme und trug eine Girlande aus Waldblumen, das Kaustubha-Juwel und das Srivatsa-Zeichen als Oberhaupt aller Herrscher des Universums. Und ihm dienten seine persönlichen Gefährten, angeführt von Nanda und Sunanda, sowie sein Diskus und alle anderen Waffen, die ihre persönlichen Formen manifestierten, nämlich seine Energien für Schönheit, Wohlstand, Ruhm und materielle Schöpfung (Pushthi, Shri, Kirti und Aja) und die Gesamtheit seiner mystischen Kräfte (Siddhis). Krishna huldigte sich selbst in seiner grenzenlosen Form, ebenso wie Arjuna, der von diesem Anblick höchst erstaunt war. Dann wandte sich dieser allmächtige Herr und Meister aller Herrscher des Universums mit einem Lächeln und belebender Stimme an die beiden, die ihre Hände gefaltet hatten, und sprach:
Ich habe die Söhne des Brahmanen mit dem Wunsch hierhergebracht, euch beide als meine Verkörperungen zu sehen, die ihr hinabgestiegen seid, um das Dharma zu beschützen. Bitte kehrt bald in meine Gegenwart zurück, nachdem ihr die Dämonen getötet habt, welche die Erde so belasten. Oh ihr Besten von Allen, ihr seid die berühmten Weisen Nara und Narayana, die mit der Erfüllung aller Wünsche gesegnet wurden, aber sich trotzdem unermüdlich bemühen, das Dharma der Tugend und Gerechtigkeit zum Wohle aller Wesen aufrechtzuerhalten.

So wurden die beiden Krishnas vom Höchsten Herrn der Höchsten Wohnstätte unterwiesen, sprachen „OM“ und verneigten sich vor dem Allmächtigen. Dann nahmen sie die Söhne des Brahmanen mit und kehrten erregt nach Dwaraka zurück, von wo sie gekommen waren. Dort übergaben sie die Söhne mit dem jeweiligen Körper und Alter entsprechend ihrer Geburt dem Brahmanen. Nachdem Arjuna den Wohnsitz von Vishnu gesehen hatte, war er höchst überrascht, und kam zu dem Schluß, daß alle Kräfte der Menschen Manifestationen von Krishnas Barmherzigkeit sind. So vollbrachte Krishna viele heroische Taten in der Welt, genoß die sinnlichen Freuden und brachte die wichtigsten Opfer zur Verehrung dar. So wie Indra zur richtigen Zeit seinen Regen ausgießt, so vollbrachte der Höchste Herr zur rechten Zeit alle gewünschten Taten zum Wohlergehen seiner Untertanen und vor allem für seine Brahmanen. Indem er mit Arjuna und anderen alle Könige tötete, die sich dem Dharma widersetzten, ebnete er Yudhishthira, dem Sohn des Dharma, den Weg, um das Dharma der Tugend und Gerechtigkeit in dieser Welt auszuüben.


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