Pushpak Bhagavata Purana Buch 10Zurück WeiterNews

10.54. Rukmis Niederlage und Krishnas Hochzeit mit Rukmini

Der ehrenwerte Suka sprach:
Und so bestiegen sie alle höchst zornig und in voller Rüstung ihre Wagen und jagten mit erhobenen Bögen im Kreis ihrer Armeen dem Entführer hinterher. Als die Yadava-Armee bemerkte, daß sie so vehement verfolgt wurden, kehrten sich die Helden um, blickten den Feinden ins Angesicht und spannten ihre Bögen. Doch von den Rücken der Pferde, den Schultern der Elefanten und den Sitzen der Streitwagen ließen die feindlichen Meister im Kampf einen Pfeilregen auf sie los, wie die Wolken ihr Wasser über die Berge schütten. Als die schlanke Dame sah, wie die Armee ihres Herrn von diesem heftigen Pfeilregen bedeckt wurde, blickte sie ihm verlegen mit angsterfüllten Augen ins Gesicht. Doch der Höchste Herr lächelte und sprach:
Fürchte dich nicht, oh Schönäugige, unsere Truppen werden diese feindliche Streitmacht sogleich zerstören.

Da erhoben sich die Helden Gada (Krishnas jüngerer Halbbruder), Sankarshana und viele andere und schlugen die feindlichen Krieger auf ihren Pferden, Elefanten und Streitwagen mit eisernen Pfeilen nieder. Ihre Köpfe fielen mit Ohrringen, Helmen und Turbanen zu Tausenden zu Boden. Und wie die Köpfe der Menschen, so fielen auch die Köpfe von Pferden, Eseln, Maultieren, Elefanten und Kamelen sowie Hände mit Schwertern, Keulen und Bögen, Finger, Schenkel und Beine. Als die Könige, die von Jarasandha angeführt wurden und auf den Sieg begierig waren, sahen, daß ihre Armeen von den Vrishnis vernichtet wurden, verloren sie ihren Mut und flohen. Sie näherten sich Sisupala, der durch die Entführung der Frau seiner Wahl entmutigt und beunruhigt war, so daß sein Gesicht jede Spannung und Farbe verloren hatte, und Jarasandha sprach zu ihm:
Oh Herr und Tiger unter den Menschen, bitte gib deine Dunkelheit auf, denn für die verkörperten Wesen gibt es keine Beständigkeit, weder von gewünschten noch von unerwünschten Dingen. So wie eine Frau aus Holz nach dem Wunsch eines Puppenspielers tanzt, wird diese Welt, die von Freude und Leid geprägt ist, vom Höchsten Herrn beherrscht. Ich selbst habe mit 23 Armeen 17 Schlachten gegen Krishna verloren. Nur eine habe ich gewonnen. Trotzdem beklage oder freue ich mich nie, denn ich weiß, daß diese Welt von Zeit und Schicksal beherrscht wird. Auch jetzt wurden wir alle, die Besten der Helden und Anführer, von einer kleinen Armee der Yadus besiegt, die aber von Krishna beschützt wurde. So konnten heute unsere Feinde durch die Gunst der Zeit gewinnen, doch wenn unsere Zeit kommt, dann werden auch wir wieder gewinnen.

So wurde Sisupala von seinen Freunden beruhigt und kehrte mit seinem Gefolge in seine Stadt zurück. Und so kehrten auch alle anderen überlebenden Könige in ihre Wohnstätten zurück. Nur der mächtige Rukmi, der Krishna haßte und die Tatsache nicht ertragen konnte, daß seine Schwester im Rakshasa-Stil heiratete, verfolgte Krishna weiterhin mit einer großen Armee. Denn der mächtig Rukmi, der mit Bogen und Rüstung bewaffnet war, schwor aufs Äußerste voller Zorn vor allen Königen, die ihn hörten:
Ich will euch folgendes sagen: Ich werde niemals nach Kundina zurückkehren, ohne Krishna im Kampf getötet und Rukmin zurückgeholt zu haben!

Nachdem er dies geschworen hatte, kletterte er auf seinen Kampfwagen und sprach zu seinem Wagenlenker:
Fahre schnell die Pferde zu jenem Ort, wo Krishna ist! Es muß einen Kampf zwischen ihm und mir geben. Noch heute werde ich mit meinen scharfen Pfeilen den Stolz dieses bösartigen Kuhhirten brechen, der meine Schwester gewaltsam entführt hat!

So töricht überschätzte er sich und konnte nicht erkennen, wozu der Höchste Herr fähig war. Daraufhin fuhr er mit einem einzigen Wagen nach vorn und rief Krishna zu: „Halte an! Warte!“ Dann spannte er seinen Bogen mit aller Kraft, traf Krishna mit drei Pfeilen und sprach:
Warte nur eine Minute, du Schande der Yadu-Dynastie! Wo gedenkst du hinzugehen, nachdem du meine Schwester geraubt hast, wie eine Krähe die Opferbutter stiehlt? Heute werde ich deinem falschen Stolz ein Ende setzen, du dummer Betrüger und hinterhältiger Krieger! Wenn du nicht willst, daß meine Pfeile dich töten, dann ergib dich und laß die junge Braut frei.

Aber Krishna lächelte nur und schlug Rukmi mit sechs Pfeilen, die seinen Bogen zerbrachen. Dann schoß Krishna acht Pfeile auf seine vier Pferde, zwei auf seinen Wagenlenker und drei auf seinen Fahnenmast. Da nahm Rukmi einen neuen Bogen und traf Krishna mit fünf Pfeilen. Doch obwohl er von diesen Pfeilen getroffen wurde, zerbrach Krishna Rukmis Bogen erneut, wie auch die Stachelkeule, den Dreizack, die Lanze, den Schild und das Schwert, den Speer und jede andere Waffe, die Rukmi ergriff, alle wurden von ihm, dem Höchsten Herrn, zerbrochen. Schließlich sprang Rukmi von seinem Streitwagen und rannte mit dem Schwert in der Hand und wütend wie ein Vogel im Wind voran, um Krishna zu töten. Doch Krishna zerbrach mit seinen Pfeilen auch dieses Schwert und den Schild seines Angreifers und ergriff als nächstes sein eigenes scharfes Schwert, um Rukmi zu töten. Aber als die heilige Rukmini sah, daß Krishna ihren Bruder töten wollte, fiel sie voller Angst ihrem Mann zu Füßen und sprach mitleiderregend:
Oh Herr des Yoga, oh unergründliche Seele, oh Gott der Götter, oh Meister des Universums, oh Glücksverheißender, oh Starkarmiger, bitte töte meinen Bruder nicht!

Als Rukmini mit ängstlich zitternden Gliedern, vor Kummer trockenem Mund, erstickter Kehle und vor Aufregung zerzausten Haaren seine Füße ergriff, hielt er aus Mitgefühl sein Schwert zurück. Dafür fesselte er Rukmi mit einem Stück Stoff und rasierte ihm den Kopf, wobei er nur noch wenige Haare und den Schnurrbart übrigließ. Währenddessen zerschmetterte die kleine Armee der Yadu-Helden ihre Gegner auf erstaunliche Weise, wie Elefanten eine Lotusblume zerquetschen. Und als sich die Yadu-Soldaten Krishna näherten, fanden sie Rukmi in einem erbärmlichen Zustand, so gut wie tot. Der allmächtige Herr Sankarshana erlöste ihn daraufhin voller Mitgefühl von seinen Fesseln und sprach zu Krishna und Rukmini:
Oh Krishna, was für eine schrecklich schlechte Rasur hast du mit seinem Bart und seinen Haaren angerichtet! Ein Familienmitglied zu entstellen, ist gleichbedeutend mit dem Tod! Oh heilige Dame, bitte sei uns in deiner Fürsorge nicht böse, weil wir deinen Bruder so entstellt haben. Für sein Glück und Leid kann niemand anderes verantwortlich gemacht werden. Jeder Mensch muß die Konsequenzen seines eigenen Handelns tragen. Doch wenn es ein Verwandter wegen seines Fehlverhaltens wirklich verdient, getötet zu werden, dann sollte er nicht von einem Verwandten getötet, sondern aus der Familie verbannt werden. Denn warum sollte jemand, der wegen seiner bösen Taten sein eigenes Leben zerstört, ein zweites Mal getötet werden? Doch der Verhaltenskodex für Krieger, wie er vom großen Vater Brahma aufgestellt wurde, lautet, daß im Kampf nicht einmal ein Bruder zögern sollte, seinen eigenen Bruder zu töten. Und das ist in der Tat etwas ganz Entsetzliches. Doch so wie Rukmi sind viele Menschen durch ihre Verliebtheit in den Reichtum blind geworden und begehen aus überheblichem Stolz auf Königreich, Land, Reichtum, Frauen, Ehre, Macht oder anderes unverzeihliche Straftaten. In dieser Haltung wünscht man den Feinden immer Böses und den Freunden Gutes, und wird aus Unwissenheit immer mehr parteiisch. Denn wegen der Illusions- und Schöpferkraft (Maya) des Herrn sind die Menschen über ihr wahres Selbst verwirrt, halten den Körper für ihr Selbst und glauben damit, daß sie mit Freunden, Feinden oder Neutralen zusammenleben. Wenn man so verwirrt ist, nimmt man die eine und einzige Höchste Seele aller Wesen als vielfältig getrennte Seelen wahr, genauso wie man verschiedene Lichter oder abgetrennte Räume sieht. Der physische Körper, der entsteht und vergeht, besteht aus den physischen Elementen, den Sinnen und den Grundqualitäten der Natur. Durch Unwissenheit verbindet sich die Seele damit und fällt in den Kreislauf von Geburt und Tod. Oh keusche Dame, für die Höchste Seele gibt es in Wahrheit weder Verbindung noch Trennung von irgendetwas in dieser körperlichen Welt, weil die Körperlichkeit von der Seele verursacht und gestaltet wird. Es ist wie die Trennung zwischen der Wahrnehmung der Sonne und der Sonne selbst. Geburt, Alter und Tod sind nur Transformationen des Körpers und nicht der Seele, ähnlich dem Zunehmen und Abnehmen des Mondes, was nicht bedeutet, daß der Mond an einem Neumondtag für immer gestorben ist. So erlebt ein unwissender Mensch sein körperliches Dasein wie ein Träumender im Traum die Gegenstände seiner Sinne und Ergebnisse seiner Handlungen. Oh du mit dem makellosen Lächeln, deshalb sei bitte wieder du selbst (als Göttin des Wohlstandes) und vertreibe mit dem Wissen um das Wesentliche deine Traurigkeit, die aus Unwissenheit geboren wurde und dich verwirrt hat.

Als die schlanke Rukmini so vom Höchsten Herrn Balarama angesprochen und erleuchtet wurde, gab sie ihre Resignation auf und gewann mit Intelligenz ihre Fassung zurück. Und ihr Bruder Rukmi zog sich mit seinem nackten Leben zurück, vertrieben von seinen Feinden und all seiner Kraft und seines Glanzes beraubt, und mußte ständig daran denken, wie er verunstaltet wurde. Von seinen persönlichen Wünschen enttäuscht baute er sich eine neue Wohnstätte, eine Stadt namens Bhojakata („das Gelübde erfahren“). Denn weil er geschworen hatte „Ich werde nicht nach Kundina zurückkehren, ohne den böswilligen Krishna getötet und meine Schwester zurückgebracht zu haben!“, residierte er in seiner Wut genau an der Stelle, wo er gedemütigt worden war. Und der Höchste Herr, der so die irdischen Herrscher besiegte, brachte die Tochter von Bhishmaka in seine Hauptstadt und heiratete sie gemäß den Geboten, oh Beschützer der Kurus. Da herrschte große Freude unter den Bürgern in jedem Haus der Yadu-Stadt, wo Krishna als Anführer der Yadus überall geliebt wurde. Oh König, die Männer und Frauen schmückten sich mit strahlenden Juwelen und Ohrringen und überreichten dem gefeierten Paar, das festlich gekleidet war, voller Freude und Respekt viele Hochzeitsgeschenke. Die ganze Stadt der Vrishnis erschien wunderschön mit den geschmückten Säulen, der Vielfalt der Blumengirlanden, Banner, Edelsteine und Triumphbögen, und an jeder Tür sah man glücksverheißende Dinge wie Töpfe voll geheiligtem Wasser, Weihrauch und Lichter. Die Straßen wurden besprenkelt und die Eingänge mit Heilkräutern und Betelnüssen verschönert. Dazu sah man die königlichen Elefanten, die zu den eingeladenen Persönlichkeiten der Völker gehörten, und die Mitglieder der Familien von Kuru, Srinjaya, Kaikeya, Vidarbha, Yadu und Kunti genossen die Gelegenheit, inmitten der freudig erregten Menschen zusammen zu sein. Denn als sie von der Entführung von Rukmini hörten, was überall besungen wurde, waren die Könige und ihre Töchter überaus beeindruckt. Oh König, so waren alle Bürger von Dwaraka überglücklich als sie sahen, wie Krishna, der Meister aller Herrlichkeit, mit Rukmini, der Göttin des Wohlstandes, verheiratet wurde.


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