Pushpak Bhagavata Purana Buch 10Zurück WeiterNews

10.33. Der Rasa-Tanz

Der ehrenwerte Suka sprach:
Als die Hirtenfrauen diese bezaubernden Worte des Höchsten Herrn gehört hatten, gaben sie ihre Klage darüber auf, daß sie verlassen wurden, und mit der Berührung seines Körpers erfüllten sich alle ihre Wünsche. Dazu begann Govinda an jenem Ort mit den Frauen zu tanzen, die wie treue Juwelen waren, so daß sie durch ihre Arme alle miteinander verbunden waren und glücklich und zufrieden wurden. Das Fest des Tanzes begann damit, daß sich die Hirtenfrauen im Kreis aufstellten, und Krishna, der Meister der mystischen Vereinigung, hielt sich immer zwischen zwei von ihnen auf und hatte seine Arme um die Schultern der Frauen an seiner Seite gelegt. Zu jener Zeit war der Himmel von hunderten himmlischen Wagen angefüllt, in denen die Himmlischen mit ihren Frauen saßen, deren Geist von Neugier erregt war. Dazu erklangen die himmlischen Pauken, und himmlische Blüten regneten herab, während die himmlischen Gandharvas mit ihren Frauen in reiner Herrlichkeit sangen. Im Kreis des Tanzes erhob sich ein großer Einklang, als die Armreifen und Glöckchen an den Hüften und Knöcheln der Frauen zusammen mit denen ihres Geliebten erklangen. Und der Höchste Herr, der Sohn von Devaki, erschien unter ihnen so prächtig wie ein leuchtendblauer Saphir zwischen goldenen Ornamenten. Durch das Setzen ihrer Füße, die Gesten ihrer Hände, ihr Lächeln, das Spiel ihrer Augen, den Schwung ihrer Hüften sowie die Bewegung ihrer Brüste unter den Kleidern, das Schwingen der Ohrringe, die schwitzenden Gesichter und geflochtenen Zöpfe und durch ihre eng gebundenen Gürtel erschienen sie in der Rolle von Krishnas Gemahlinnen, die ihren Geliebten besangen, wie leuchtende Blitze in einer dunklen Wolke tanzen. Ihr Gesang in unterschiedlichen Tonhöhen durchdrang das ganze Universum, und so tanzten sie in großer Glückseligkeit und freuten sich in ihrer Hingabe, von Krishna berührt zu werden. Dabei lobte er besonders die Frauen, deren Stimmen mit seiner eigenen in vollkommener Harmonie erklangen.

Eine Hirtenfrau, deren Armbänder verrutscht und deren Blüten aus dem Haar gefallen waren, stand vom Tanzen erschöpft an der Seite von Krishna und legte ihren Arm auf seine Schulter. Eine andere legte den Arm von Krishna auf ihre Schulter, der wie ein blauer Lotus duftete und mit Sandelholzpaste eingerieben war, und küßte ihn, wobei ihr die Härchen zu Berge standen. Eine andere, deren glitzernde Ohrringe im Takt hüpften, legte ihre schöne Wange an die seine und erhielt von ihm die Betelnuß, die er gekaut hatte. Eine andere, die mit klingenden Knöchel- und Hüftglöckchen mit Krishna tanzte und sang, fühlte sich erschöpft und müde, und legte seine glücksverheißende Lotushand auf ihre Brust. So hatten die Hirtenfrauen den vollkommenen Herrn und Gatten der Göttin des Wohlstandes als ihren Geliebten erlangt und genossen es, mit seinem Arm auf ihren Schultern über ihn und mit ihm zu singen. Mit Lotusblüten hinter den Ohren und Kränzen in ihren Haaren, die nach und nach zu Boden fielen, mit dunklen Locken, die ihre schönen Wangen schmückten, mit glühenden Gesichtern, mit Armreifen und Glöckchen, die harmonisch im Takt klingelten, und mit Blütengirlanden, die von Bienen umsummt wurden, tanzten sie mit dem Höchsten Herrn im mystischen Kreis. Und der Herr der Göttin des Wohlstandes genoß die liebevollen Umarmungen, Berührungen und verspielt lächelnden Blicke der jungen Frauen des Hirtendorfes, wie ein Junge mit seinem eigenen Spiegelbild spielt.

Die Sinne der Damen waren von diesem Körperkontakt ganz überwältigt, und so war es für sie nicht leicht, ihre Haare, Kleider, Tücher, Girlanden und ihren Schmuck einigermaßen ordentlich zu halten. Bei diesem Anblick, wie Krishna mit den Frauen spielte, wurden sogar die Göttinnen im Himmel vom Verlangen nach Liebe ergriffen, und der Mond mit seinem Gefolge der Sterne war höchst erstaunt. Denn Krishna vervielfältigte sich so oft, wie es Hirtenfrauen gab, und genoß das weltliche Spiel mit ihnen, obwohl er innerlich der Höchste Herr des ganzen Universums war. Liebevoll berührte er mit seiner vollkommen sanften Hand die Gesichter der Frauen, wenn sie sich von der Aufregung der Romanze müde fühlten. Und sie waren überaus glücklich über die Berührung seiner Hände und besangen die Heldentaten ihres Helden und ehrten ihn mit liebevollen Blicken und der Schönheit ihrer Gesichter, die vom Glanz ihrer Haare und goldenen Ohrringe noch erhöht wurde.

Und als sie alle müde waren, die Girlanden zerdrückt und Krishna vom Kumkum ihrer Brüste beschmiert war, gingen sie ins Wasser der Yamuna, um ihre Müdigkeit zu vertreiben, wie ein Elefantenbulle mit seinen Frauen baden geht. Im Wasser wurde er von allen Seiten von den Mädchen bespritzt, die ihn voller Liebe und Glückseligkeit ansahen, während die Götter himmlische Blüten herabstreuten. So vergnügte sich der Höchste Herr, der innerlich immer zufrieden ist, im Spiel dieser Welt wie ein König der Elefanten. Danach ging er wie ein brünstiger Elefant mit seinen Damen durch einen Hain am Ufer der Yamuna, der vom Duft der Blüten im Wasser und zu Land sowie dem Summen der berauschten Bienen erfüllt war. So verbrachte Krishna, der die Wahrheit aller Wünsche verkörpert, mit seinen vielen hingebungsvollen Freundinnen die Nacht, die das Mondlicht so hell erleuchtete. Und in jeder Weise beherrschte er die romantischen Gefühle aller Frauen, die er in jenen Herbstnächten ehren wollte, die so sehr zum Lobpreis spiritueller Stimmung inspirierten.

Da fragte König Parikshit:
Oh Brahmane, der Höchste Herr und Beherrscher des ganzen Universums stieg doch mit dem Anteil seiner weltlichen Kraft (in Form von Balarama) herab, um das Dharma der Tugend und Gerechtigkeit aufzurichten und die feindlichen Wesen zu zügeln. Wie konnte er, der ursprüngliche Verkünder, Vollstrecker und Beschützer der Dharma-Gebote sich ganz anders verhalten und die Ehefrauen anderer Männer berühren? Was hatte er, der innerlich zufrieden ist, mit diesem offenbar verwerflichen Verhalten im Sinn, oh Gelübdetreuer? Bitte löse mir diesen Zweifel.

Und Shri Suka antwortete:
Wenn mächtige Weise die Gebote des Dharmas übertreten und unverständlich handeln, bedeutet das noch nicht, daß sie sündhaft sind, denn sie sind wie ein allesverzehrendes Feuer, das vom Brennstoff nicht verunreinigt wird. Doch ohne vollkommene Selbstbeherrschung sollte man niemals daran denken, so etwas zu tun. Eine solche Torheit kann nur zum Untergang führen, denn man ist noch kein Rudra, der das Gift des weltlichen Ozeans trinken kann. Die Worte und Taten der mächtigen Weisen sind immer wahrhaftig, aber man kann sie nicht immer verstehen. Deshalb sollte ein vernünftiger Mensch nur so handeln, soweit es die eigene Vernunft erlaubt. Und wie jene, die ohne Ichbewußtsein handeln, von den guten Taten keine Früchte erwarten, so werden sie auch nichts verlieren, wenn sie anderes handeln. Wie könnte man also das Handeln des Höchsten Herrn als gut oder schlecht beurteilen, der alle erschaffenen Wesen, Tiere, Menschen und Himmelsbewohner beherrscht? Sogar die Weisen, die alle karmischen Abhängigkeiten aufgegeben haben, indem sie dem Staub seiner Lotusfüße dienen, sind durch die Yoga-Kraft zufrieden und handeln frei, ohne sich im Handeln zu verstricken. Deshalb sollte man niemals von einem Zustand der Bindung bei Ihm sprechen, der einen so wunderbaren Körper angenommen hat (um die Menschen von ihrer Anhaftung zu befreien). Denn es ist der Höchste Herr selbst, der auch als Zeuge in den Hirten und ihren Frauen lebt, und in seinem weltlichen Spiel diese Form in der Welt annimmt. So nimmt er diesen menschlichen Körper an, um seinen Verehrern seine Barmherzigkeit zu zeigen, und betreibt dieses Spiel der Welt, damit die Menschen wahre Hingabe üben können. So waren auch die Kuhhirten des Dorfes nicht eifersüchtig, denn durch die Macht seiner Illusions- und Schöpferkraft (Maya) glaubten sie, daß ihre Frauen treu an ihrer Seite geblieben waren. Und obwohl es die Hirtenfrauen nicht wollten, gingen sie auf Krishnas Rat nach dieser Brahma-Nacht wieder nach Hause zu ihren Familien. Und jeder, der voller Vertrauen von diesem weltlichen Spiel Vishnus hört oder liest, wird die transzendentale Hingabe zum Höchsten Herrn erreichen, denn er findet das reine Bewußtsein und vertreibt alle Krankheiten der Begierde aus dem Herzen.


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