Pushpak Bhagavata Purana Buch 10Zurück WeiterNews

Buch 10 - Die Geschichte von Krishna

10.1. Vasudeva und Devaki

König Parikshit sprach:
Oh Weiser, du hast sowohl die Dynastie des Sonnengottes als auch des Mondgottes mit den wunderbaren Taten der darin geborenen Menschen ausführlich beschrieben. Bitte sprich jetzt auch ausführlich von den Heldentaten Vishnus der sich (zusammen mit Balarama) in zwei unterschiedlichen Aspekten im Stamm der höchst tugendhaften und gerechten Yadus verkörpert hat. Oh Bester der Munis, sei so freundlich und berichte uns alles von den Taten des Höchsten Herrn, der Seele des Universums, dem Urgrund jeder Verkörperung, als er damals im Stamm der Yadus geboren wurde. Das Hören der heiligen Verse zum Lob des Herrn ist die beste Medizin, um den Geist von der Krankheit der materiellen Begierde zu befreien. Nur ein Mörder oder Selbstmörder könnte keine befreiende Freude daran finden, von den Taten des Höchsten Herrn zu hören. Als die Pandavas, meine Großväter, damals auf dem Schlachtfeld von Kurukshetra mit unbesiegbaren Kriegern wie Bhishma und anderen Helden kämpften, überquerten sie diesen schwer zu überquerenden Ozean der Kauravas mit dem Boot von Ihm, wie man mit Leichtigkeit über den Hufabdruck eines Kalbes springt. Sogar mein Körper, der einzige Samen, der von den Kurus und Pandavas übriggeblieben ist, sollte von der Waffe Aswatthamans verbrannt werden, als ich noch im Mutterleib war. Aber er wurde von Krishna beschützt, dem Träger des Diskus, weil meine Mutter seinen Schutz suchte.

Oh Weiser, bitte beschreibe die Herrlichkeit des Herrn, der durch seine eigene Illusions- und Schöpferkraft wie ein gewöhnlicher Mensch erschien, der den Tod und auch das ewige Leben gibt, wenn man ihn verehrt, und der sich in einem sterblichen Körper verkörpert, obwohl er der Höchste Geist ist, der innerhalb und außerhalb aller verkörperten Wesen gegenwärtig ist. Bitte erkläre uns auch, warum Balarama, der auch Sankarshana genannt wird, mit dem Mutterleib von Devaki verbunden ist, obwohl du auch sagtest, daß er der Sohn von Rohini war. Und warum verließ Mukunda, der Höchste Herr, sein Vaterhaus und lebte im Hirtendorf Vraja im Haus von Nanda? Und wo lebte er dort mit seinen Verwandten? Was tat er, als er im Hirtendorf lebte? Und was tat er in der Hauptstadt Mathura? Warum hat er, der Vernichter von Dämonen, seinen Onkel Kansa, den Bruder seiner Mutter, getötet? Steht das nicht völlig im Widerspruch zu den heiligen Schriften? Wie viele Jahre lebte er in diesem menschlichen Körper bei den Vrishnis, und wie lange in Dwaraka, der Stadt der Yadus? Wie viele Frauen hatte der Herr? Oh Heiliger, du weißt doch alles und kannst uns von den Taten Krishnas berichten. Bitte erzähle mir alles ausführlich, denn ich bin voller Vertrauen und Hingabe. Wenn ich diesen Nektar der Geschichten des Herrn von deinem Lotusmund trinke, fällt es mir leicht, mein Fasten und den Durst zu ertragen.

Und der Suta (im Naimisha-Wald) fuhr fort:
Oh Saunaka, Sohn des Bhrigu, als Suka, der mächtige Sohn von Vyasa und reinste aller Verehrer des Herrn, diese tugendhaften Fragen gehört hatte, verneigte er sich innerlich vor Vishnu, brachte seine Ehrerbietung dar und begann, die Geschichte von Krishna zu erzählen, welche die Dunkelheit des Kali-Yugas vertreiben kann.

Und der ehrenwerte Suka sprach:
Oh Bester der weisen Könige, durch deine beständige Liebe zu den Geschichten von Vasudeva hat deine Intelligenz eine feste Entschlossenheit entwickelt. Wie die heilige Ganga, die von seinen Füßen fließt, die Welt reinigt, so werden drei Personen durch das Fragen nach den Geschichten über Vasudeva gereinigt, nämlich der Fragende, der Sprecher und die stillen Zuhörer. So höre nun: Als Mutter Erde von der übermächtigen Last unzähliger dämonischer Krieger und Herrscher geplagt wurde, begab sie sich eines Tages zu Brahma, um Schutz zu suchen. Sie nahm die Gestalt einer Kuh an, erschien vor dem Allmächtigen und brachte ihre Beschwerde vor. Daraufhin verstand er ihre Notlage und begab sich mit ihr, den Göttern und dem Dreiäugigen (Shiva) zur Küste des Milchozeans (wo Vishnu wohnt). Dort verehrten sie mit der Purusha-Shukta-Hymne den Höchsten Geist (Purusha), den Gott der Götter und Meister des Universums, der alles erhält. Daraufhin hörte Brahma, der Herr der Veden, in seiner meditativen Vertiefung einen Strom von himmlischen Worten und sprach zu den Göttern, den Dienern der drei Welten:
Oh ihr Unsterblichen, hört von mir die Gebote des Höchsten Geistes und führt diese Anweisungen ordnungsgemäß und ohne zu zögern aus. Bevor wir hierher kamen, kannte er bereits die Not von Mutter Erde. Zusammen mit eurem guten Wesen möchte er sich auf der Erde verkörpern, indem er im Stamm der Yadus geboren wird. Er möchte, daß ihr alle ihm zur Seite steht, solange der Höchste Herr durch seine Kraft der Zeit (bzw. Vergänglichkeit) über die Erde wandert, um deren Last zu erleichtern. Der Höchste Herr und Höchste Geist wird im Haus von Vasudeva erscheinen, und er möchte auch, daß alle Frauen der Götter auf Erden geboren werden, um ihm zu gefallen. Bevor Vasudeva (Krishna) erscheint, wird sich zuerst das Wesen vom Höchsten Herrn verkörpern, das als der selbstseiende Ananta mit den tausend Köpfen bekannt ist (die Urschlange Sesha in Gestalt von Sankarshana bzw. Balarama), um Ihm zu gefallen. So gebietet die göttliche Yoga-Maya, die Illusions- und Schöpferkraft von Vishnu, die Verkörperung verschiedenster Wesen, um das Problem der Erde zu lösen.

Nachdem er mit diesen freundlichen Worten Mutter Erde beruhigt und die Götter informiert hatte, kehrte der Große Vater in sein oberstes Reich zurück. Vor jener Zeit lebte Sura, der König der Yadus, in der Stadt Mathura, von wo aus er die verschiedenen Länder regierte. Mathura, die Stadt, die eng mit dem Höchsten Herrn verbunden war (weil von Shatrughna gegründet), wurde danach zur Hauptstadt der Yadu-Könige. Dort bestieg eines Tages der göttergleiche Vasudeva, nachdem er Devaki geheiratet hatte, zusammen mit seiner Braut einen herrlich goldenen Hochzeitswagen, um nach Hause zurückzukehren. Kansa, der Sohn von König Ugrasena, wollte seiner Cousine gefallen und hielt die Zügel der Pferde an der Spitze dieser langen Prozession mit vielen anderen goldenen Wagen. Denn als Devaki ihr Vaterhaus verließ, übergab ihr König Devaka, der seine Tochter sehr liebte, eine Mitgift von 400 Elefanten mit goldenen Girlanden, 10.000 Pferden zusammen mit 800 Wagen und 100 jungen und schönen Dienstmädchen mit Juwelenschmuck. Oh guter König, als sie abreisten, ertönten die Muschelhörner, Trompeten, Trommeln und Pauken, um Braut und Bräutigam alles Gute zu wünschen. Doch auf dem Weg sprach plötzlich eine unsichtbare Stimme zu Kansa, der die Zügel des Hochzeitswagens hielt:
Oh du Narr, das achte Kind dieser Frau, deren Wagen du führst, wird deinem Leben ein Ende bereiten!

Als er diese Worte vernommen hatte, ergriff Kansa, der bereits seine Familie der Bhojas bösartig und sündhaft erniedrigt hatte, sein Schwert und packte seine Cousine an den Haaren, um sie auf der Stelle zu töten. Da sprach der hochbeseelte Vasudeva, um den Zornvollen zu beruhigen, der zu einem solchen Verbrechen bereit war:
Wie kann ein Mann, der sich unter den Bhojas als strahlender Held mit lobenswerten Eigenschaften rühmt, eine Frau töten, und sogar seine eigene Cousine am Tag ihrer Hochzeit? Warum willst du das tun? Der Tod gehört zu jedem Körper, der geboren wurde. Ob man heute oder in hundert Jahren stirbt, am Ende muß jedes Lebewesen sterben. Wenn sich dann der Körper wieder in die fünf Elemente aufgelöst hat, wird der Bewohner gemäß seinem angesammelten Karma automatisch einen neuen Körper ergreifen, nachdem er den alten verlassen hat. Wie Menschen beim Gehen von einem Fuß auf den anderen wechseln oder eine Raupe von einem Blatt zum anderen kriecht, so muß ein Lebewesen die Wirkungen seines Karmas in immer neuen Körpern erfahren. Wie jemand in einem Traum mit den Eigenschaften eines materiellen Körpers verbunden ist und all dem unterworfen wird, was der Geist denkt und die Sinne wahrnehmen, und sein Bewußtsein völlig davon ergriffen ist, so vergißt man in diesem Körper sein wahres Wesen. Deshalb bewegt sich der Geist angetrieben vom karmischen Schicksal und dem Spiel der Gedanken von einem Traum zum nächsten, so daß die verkörperte Seele nach dem Absterben ihrer körperlichen Hülle eine neue Geburt erhält und durch die Illusions- und Schöpferkraft (Maya) wieder einen ähnlichen Körper erlangt. Wie die Reflektion des Mondes in den Wellen eines Teiches, die vom Wind bewegt werden, seine Form verändert, so nimmt auch das Lebewesen durch die Illusionskraft und Anhaftung an natürliche Eigenschaften unterschiedliche Formen an. Deshalb sollte man im Interesse seines Wohlergehens niemandem Schaden zufügen, denn dann muß der Übeltäter selbst in Angst vor anderen leben. Diese unschuldige Frau, deine jüngere Cousine, sollte wie eine Tochter für dich sein. Hab Mitgefühl mit der Hilflosen. Töte sie nicht, deren Hochzeit du gerade gesegnet hast.

Oh Sohn der Kurus, so sprach Vasudeva. Doch Kansa, der kein Mitgefühl kannte, konnte durch diesen Versuch guter Ratschläge nicht aufgehalten werden, denn er folgte dem Wesen der Dämonen. Und als Vasudeva seine Entschlossenheit erkannte, dachte er darüber nach, wie man diese unmittelbare Bedrohung durch den Tod abwenden konnte, und überlegte sich:
Ein intelligenter Mensch sollte, solange er die Kontrolle über seine geistigen und körperlichen Fähigkeiten hat, den Tod abwehren, solange er abwehrbar ist. Wenn ich verspreche, meine Söhne mit Devaki diesem bedrohlichen Mann zu übergeben, könnte ich meine unschuldige Devaki befreien. Vielleicht bekommen wir auch gar keine Söhne, oder sie sterben vor der Geburt. Dies oder das könnte passieren. Wer weiß schon, was das Schicksal für uns bereithält? Das ist schwer zu sagen. Auch wenn die Bedrohung weiterhin bestehenbleibt, könnte ich zumindest für den Moment ihren Tod abwehren. Wenn ein Baum wie zufällig dem Waldbrand entkommt, geschieht dies durch das Schicksal und nicht anders. Trotzdem kann man niemals genau sagen, warum und wann ein Lebewesen einen bestimmten Körper annimmt oder verläßt.

Nachdem der gottesfürchtige Mann diesen Weg nach besten Kräften erwogen hatte, brachte er dem Sünder seine Ehrerbietung dar und unterbreitete den Vorschlag mit achtsamen Worten. Mit einem Lächeln in seinem Lotusgesicht, aber Furcht und Trauer im Herzen, sprach er dann zum grausamen Mann, der kein Mitgefühl kannte:
Auch wenn die Stimme vom Himmel so gesprochen hat, hast du tatsächlich von Devaki nichts zu befürchten. Die Bedrohung kommt von ihren Söhnen, und diese werde ich dir alle übergeben.

Das verstand Kansa und hielt sich vorerst zurück, seine Cousine zu töten. Und Vasudeva freute sich, mit ihr lebendig nach Hause zu kommen. Danach gebar Devaki, die Mutter aller Himmlischen, tatsächlich jedes Jahr ein Kind, bis es acht Söhne und eine Tochter waren. Aus Furcht, sein Versprechen zu brechen, übergab Vasudeva mit schwerem Herzen sein erstgeborenes Kind, Kirtiman, an Kansa. Doch was wäre für einen Heiligen zu schmerzhaft? Woran würde ein Weiser anhaften? Was könnte ein Weiser tun, was für sündige Menschen verboten wäre? Und welches Opfer wäre zu groß für einen Kenner der Höchsten Seele? Oh König, als Kansa sah, daß Vasudeva wahrhaftig und vertrauenswürdig war, sprach er mit einem Grinsen im Gesicht:
Du kannst dieses Kind zurückhaben. Vor diesem fürchte ich mich nicht. Mein Tod wurde durch das achte Kind vorausgesagt, das du mit Devaki hast.

Darauf sprach Vasudeva „So sei es!“, nahm den Sohn zurück und ging, ohne den Worten des trügerischen Kansa, dem es an Selbstbeherrschung mangelte, allzuviel Vertrauen zu schenken. Oh Nachkomme des Bharata, angefangen mit Nanda (Krishnas Pflegevater) waren alle Bewohner von Vraja, alle Kuhhirten und ihre Frauen, wie auch alle Vrishnis, die von Vasudeva und Devaki abstammen, sowie die Yadu-Frauen in Wahrheit Götter und Göttinnen aus dem Himmel. Und die Verwandten, Freunde und Gefolgsleute von Kansa waren verkörperte Dämonen. Dies alles erfuhr nun Kansa vom allmächtigen Narada, der ihm einen Besuch abstattete, um ihm mitzuteilen, daß alle Dämonen, welche die Erde so übermäßig belasten, getötet werden würden. Als der Rishi gegangen war, betrachtete Kansa alle Yadus als verkörperte Götter und sah in jedem Sohn, der von Devaki geboren wurde, eine Verkörperung von Vishnu. Nun hatte er wieder große Angst vor seinem Tod und ließ Vasudeva und Devaki verhaften, sperrte sie in seinem Haus ein und tötete nacheinander jeden der neugeborenen Söhne, weil er in ihnen eine Verkörperung von Vishnu sah. Denn Könige wie er, die auf Erden von tierischen Freuden und Begierden getrieben werden, können sogar ihre Mütter, Väter, Brüder oder Freunde töten. Auch hatte er von Narada erfahren, daß er in einem früheren Leben der große Dämon Kalanemi gewesen war, der von Vishnu geschlagen wurde. So wurde er in dieser Welt als Feind des Yadu-Stammes wiedergeboren und wollte wieder ein allmächtiger Herrscher sein. Deshalb überwältigte er auch seinen eigenen Vater Ugrasena, den König der Yadus, Bhojas und Andhakas, und sperrte ihn ein, damit er die Herrschaft über die Länder von Sura ganz allein genießen konnte.


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