Pushpak Bhagavata Purana Buch 8Zurück WeiterNews

8.16. Der Ritus der Göttermutter Aditi

Der ehrenwerte Suka sprach:
Als ihre Söhne den Dämonen nachgegeben hatten, begann die Mutter der Götter, über den Verlust des himmlischen Königreichs zu klagen. Und als ihr Ehemann, der mächtige Weise Kasyapa nach langer Zeit der Yoga-Vertiefung aus dem Samadhi erwachte und in ihr Haus kam, fand er sie traurig und unglücklich. Nachdem er von Aditi gebührend begrüßt worden war und seinen Sitzplatz eingenommen hatte, sprach er angesichts ihrer Traurigkeit zu ihr:
Oh Liebste, ist den Brahmanen etwas Unglückliches geschehen? Oder gibt es Probleme mit dem Dharma in der gegenwärtigen Welt, oder mit den Menschen, die den Launen der Vergänglichkeit ausgesetzt sind? Oh liebste Göttin, gibt es schwerwiegende Hindernisse bezüglich Tugend, Reichtum und Liebe im Hausleben für jene, die nicht den Weg der Yoga-Entsagung gehen? Oder warst du zu sehr mit deinen Familienmitgliedern beschäftigt, so daß du unerwartete Gäste nicht gebührend empfangen konntest, die sich dann enttäuscht abgewendet haben? Denn wer unerwartete Gäste nicht einmal mit einem Glas Wasser begrüßt, dessen Haus ist weniger wert als eine Schakal-Höhle. Oder hast du während meiner Abwesenheit aus Trauer vergessen, das Opferfeuer mit geklärter Butter zu füttern? Wer im Hausleben der Verehrung verbunden bleibt und Opfer darbringt, wird alle seine Wünsche erfüllen und den Himmel erreichen. Denn die Brahmanen und das Feuer sind der Mund von Vishnu, der das Herz und die Seele aller wahrhaften Wesen ist. Ich sehe, daß du dir große Sorgen machst. Geht es vielleicht deinen Söhnen nicht gut?

Und die gesegnete Aditi antwortete:
Oh Brahmane, es ist kein Problem der Zweifachgeborenen, der Kühe, des Dharmas oder der Menschen. Auch mein Haushalt ist in Ordnung, um die drei großen Lebensziele zu erreichen (von Tugend, Reichtum und Liebe). Oh geliebter Ehemann, das Feuer, die Gäste, Diener und Bettler wurden alle gebührend versorgt. Indem ich beständig an dich dachte, oh Bester der Brahmanen, habe ich nichts versäumt. Oh mein Herr, welchen Wunsch könnte ich mir nicht erfüllen, solange ich dich als gute Seele und Stammvater in meinem Herzen trage, der mich stets an das Dharma der Tugend und Gerechtigkeit erinnert? Oh Sohn von Marichi, ich weiß, daß du alle deine Söhne, die von deinem Samen gezeugt wurden, gleich liebst und behandelst, auch wenn sie durch Güte, Leidenschaft und Trägheit unterschiedlich geprägt wurden. Doch selbst der Höchste Herr bevorzugt seine Verehrer. Deshalb bitte ich dich, mein Wohlergehen zu fördern, denn ich verehre dich als meinen Herrn. Oh Herr, meine Söhne wurden durch ihre dämonischen Brüder ihrer himmlischen Herrlichkeit und Wohnstätte beraubt. Bitte beschütze uns, oh Brahmane! Auch ich wurde von diesen mächtigen Feinden verbannt, die uns allen Wohlstand und alle Ehre genommen haben, und so ertrank ich in einem Ozean voller Sorgen. Oh Heiliger und Gewährer des Wohlergehens, bitte sei so freundlich und denke über unser Glück nach, damit meine Söhne alles wiederlangen können, was sie verloren haben.

So sprach Aditi, und Kasyapa antwortete mit einem Lächeln:
Oh, wie mächtig ist diese Illusions- und Schöpferkraft (Maya) von Vishnu, so daß die ganze Welt der Sinne und Gedanken von ihr beherrscht wird. Was ist dieser materielle, aus den Elementen gemachte Körper? Er ist nicht die Seele. Und was ist die Höchste Seele im Vergleich zu dieser materiellen Welt? Woher kommt diese verwirrende Anhaftung an Ehepartner und Kinder? Verehre Vasudeva, den Höchsten Geist der ganzen Welt, den Höchsten Herrn Janardana, der im Inneren aller Herzen wohnt und alle Feinde besiegen kann. Er ist der Herr, der den Bedürftigen gnädig ist und deine Wünsche erfüllen kann. Ich denke, mit der hingebungsvollen Verehrung des Höchsten Herrn ist nichts vergleichbar, denn er scheitert nie.

Darauf fragte Aditi:
Oh Brahmane, welche Gelübde muß ich befolgen, damit der Herr der Welten mit mir zufrieden ist und durch seine Gnade meine Wünsche in Erfüllung gehen? Oh mein geliebter Ehemann und Bester der Brahmanen, lehre mich das Opfer, das ich dem Herrn der Opfer darbringen muß, damit die Gottheit mir armen Mutter gnädig ist, die sich um ihre Söhne so große Sorgen macht.

Und Kasyapa sprach:
Ich werde dir die Übung erklären, die den Höchsten Herrn befriedigt. Ich erhielt dieses Wissen vom Allmächtigen (Brahma), der im Lotus geboren wurde, als ich ihn diesbezüglich wegen unserer Nachkommenschaft befragte. So höre: Während der hellen Monatshälfte von Phalguna (Februar / März) sollte man zwölf Tage das „Milchtrinken-Gelübde“ beachten und mit höchster Hingabe erfüllt sein, um den Lotusäugigen zu verehren. Zu Neumond beginnt man, sich möglichst mit dem Schlamm einzureiben, der von einem Eber aufgewühlt wurde. Dann reinigt man sich unter einem Wasserstrahl und rezitiert folgendes Mantra:
Oh göttliche Mutter Erde, du wurdest auf einem Hauer der Eber-Verkörperung des Höchsten Herrn aus dem Wasser gehoben und wirst von ihm gehalten. Verehrung sei dir, mögest du alle meine Sünden bereinigen.

Nach Erfüllung der täglichen Aufgaben sollte man dann im häuslichen Schrein mit ganzer Achtsamkeit die Gottheit der Ahnen, der Sonne, des Wassers und des geistigen Lehrers wie folgt verehren:
Meine ganze Verehrung dem Höchsten Herrn und Höchsten Geist, dem Besten von Allem, der im Herzen aller Wesen wohnt, oh Vasudeva, du allgegenwärtiger Zeuge. Verehrung dem Unsichtbaren und Ungestalteten jenseits der Quelle aller Wirklichkeit, dem Feldkenner der vierundzwanzig natürlichen Prinzipien und Ursprung der Yoga-Meditation. Verehrung dem Genießer der drei Yoga Wege von Karma, Jnana und Bhakti (der uneigennützigen Taten, weisheitsvollen Erkenntnis und liebevollen Hingabe) mit deinen zwei Köpfen (Anfang und Ende der Opfer), drei Beinen (drei tägliche Opfer), vier hervorstehenden Hörnern (die vier Veden) und sieben Händen (Mantras oder die sieben natürlichen Prinzipien). Verehrung der Verkörperung allen Wissens. Verehrung sei dir als Shiva und Rudra, als Meer der Ursachen und aller Informationen. Verehrung dem höchsten Lehrer aller Lebewesen. Verehrung sei dir als Verkörperung des goldenen Welten-Eies (Hiranyagarbha bzw. Brahma), dem Träger aller Lebewesen und der Höchsten Seele des Universums. Verehrung sei dir als Verkörperung der Kraft und als Ursache der Bewußtseins-Einung im Yoga. Verehrung der ursprünglichen Gottheit, dem inneren Zeugen von Allem. Verehrung dem Höchsten Herrn, der sich in Gestalt von Nara und Narayana als Mensch verkörpert hat. Verehrung dem Dunklen, dem Herrn von Lakshmi, der Göttin des Wohlstandes, und Vernichter des Dämons Kesin, der sich in gelbe Kleider hüllt. Verehrung dem Gewährer aller Segen für alle Wesen, dem Verehrungswürdigsten und Besten aller Segenspender, denn den Staub deiner Lotusfüße verehren die Weisen als Quelle allen Glücks. Verehrung dem Höchsten Herrn, dem alle Götter und die Göttin des Wohlstandes dienen, um den Duft seiner Lotusfüße zu genießen. Möge der Höchste Herr mit mir zufrieden sein.

Mit diesem Gebet sollte man mit Vertrauen und liebevoller Hingabe den Herrn der Sinne, Hrishikesha, anrufen, einladen und in jeder Hinsicht verehren. Dazu sollte man ein entsprechendes Bildnis mit Weihrauch und Blumen ehren, in Milch baden, in schöne Kleider hüllen und mit heiliger Schnur und Ornamenten schmücken. Nachdem man das Wasser zum Waschen seiner Lotusfüße dargebracht hat, sollte man ihn wieder mit Duft und Räucherwerk sowie dem zwölfsilbigen Mantra (Om Namo Bhagavate Vasudevaya) verehren. Und nachdem man dann der Gottheit je nach Möglichkeit feinen Reis gekocht und mit Milch, geklärter Butter und Zucker angeboten hat, sollte man die Opfergaben dem Feuer darbringen und dasselbe Mantra rezitieren. Nachdem die Gottheit auf diese Weise verehrt und auch Betelnüsse und Gewürze angeboten wurden, sollte die Opferspeise für sich selbst und die anwesenden Verehrer zusammen mit dem Wasser zum Waschen der Hände und des Mundes gewidmet werden. Dazu rezitiert man das Mantra 108 mal, fügt noch Gebete für den Allmächtigen hinzu, umrundet ihn voller Verehrung und wirft sich mit Freude nieder. Dann führt man die Opferspeise zur Stirn, stellt sie an einem geheiligten Ort nieder und bewirtet mit dem süßen Reis mindestens zwei gelehrte Brahmanen. Und nachdem sie auf rechte Weise verehrt wurden, kann man auch selbst zusammen mit Freunden und Verwandten die Reste der Opferspeise verzehren. Vom ersten Tag an sollte man natürlich während des Gelübdes das Zölibat beachten und jeden frühen Morgen wie beschrieben das Bildnis mit Milch baden. So sollte man das Milchtrink-Gelübde über die gesamten zwölf Tage fortsetzen, mit Vertrauen und Hingabe Vishnu verehren, dem Feuer opfern und nach den Geboten die Brahmanen versorgen. Wahrlich, bis zum dreizehnten Tag der hellen Monatshälfte sollte man das Zölibat einhalten, auf dem Boden schlafen, dreimal täglich baden, Vasudeva als höchste Zuflucht verehren, auf überflüssigen Genuß verzichten, unwichtige Gespräche vermeiden und jeglicher Gewalt gegen andere Lebewesen entsagen.

Danach sollte am dreizehnten Tag das Bildnis des Allmächtigen gemäß den Geboten der heiligen Schriften mit den fünf Genußmitteln (Milch, Joghurt, geklärte Butter, Zucker und Honig) gebadet werden. Unter der Rezitation vieler Hymnen für Vishnu gibt man durch diese Opfergaben jeglichen Geiz auf und bringt mit liebevoller Hingabe die sorgfältig zubereitete Opferspeise dem ursprünglichen Höchsten Geist dar, um seine Zufriedenheit zu gewinnen. Versuche auch tiefgründig zu verstehen, warum zur Verehrung von Vishnu als Höchsten Herrn und geistigen Lehrer auch die Brahmanen mit Kleidung, Ornamenten oder Kühen befriedigt werden sollten. Oh fromme Dame, die Brahmanen und alle anderen Anwesenden sollten so viel wie möglich von der gewidmeten Opferspeise erhalten, die sorgsam mit Milch und geklärter Butter zubereitet wurde. Alle Lehrer und Priester sollten reich beschenkt und die Bedürftigen zumindest mit Essen belohnt werden. Und erst nachdem man die Armen, Blinden und Bettler versorgt hat, sollte man mit einem solchen Geist, der Vishnu gefällt, zusammen mit seinen Freunden und Verwandten selbst von der Opferspeise essen. So sollte man vom ersten bis zum letzten Tag den Höchsten Herrn von ganzem Herzen mit Tanz, Musik, Mantras, Hymnen, Geschichten und Gebeten verehren.

Diese Gebote, die ich dir ausführlich über das hohe Gelübde zu Ehren des Höchsten Geistes (Purusha) erklärt habe, wurden mir von meinem Großvater (Brahma) gegeben. Oh glückselige Dame, verehre nun mit Selbstbeherrschung und reinem Geist den unerschöpflichen Herrn Kesava und folge diesen Geboten. Dieser hervorragende Ritus wird Sarva-Yajna (allumfassendes Opfer) genannt. Wer voller Mitgefühl dem Herrn auf diese Weise gefällt, verwirklicht mit diesem Opfer die Essenz aller Askeseübungen. Unter allen Gelübden ist dieses der direkteste und beste Weg, die Sinne wirksam zu beherrschen, denn der Herr der Sinne, der jenseits aller Sinne und Gedanken ist, wird mit dieser Entsagung, den Gelübden und dem Opfer zufrieden sein. Und wenn der Höchste Herr durch deine treuherzige Hingabe zufrieden ist, wird er dir bald jeden gewünschten Segen gewähren.


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