Pushpak Bhagavata Purana Buch 8Zurück WeiterNews

8.9. Die schöne Dame verteilt den Nektar der Unsterblichkeit

Der ehrenwerte Suka sprach:
Während die Dämonen den Nektar ergriffen und sich darum stritten, verhielten sie sich wie Diebe und wurden sehr feindlich. Doch dann sahen sie plötzlich die verführerische Dame auf sich zukommen und dachten: „Was für eine Figur! Was für eine Schönheit und begnadete Jugend!“ So eilten sie ihr entgegen und versuchten mit leidenschaftlichen Herzen, ihre Aufmerksamkeit und Gunst zu gewinnen. Sie sprachen:
Wer bist du, mit den schönen Lotusaugen? Woher kommst du, und warum bist du hier erschienen? Wem gehörst du, oh liebliche Dame, die mit verführerischen Schenkeln unseren Geist erregt? Bitte sprich zu uns! Keiner von den Dämonen, Göttern, Siddhas, Gandharvas oder Charanas hat dich je zuvor gesehen oder berührt, ganz zu schweigen von gewöhnlichen Menschen. Möge das Schicksal dafür gelobt sein, das dich zu uns gesandt hat, oh Schönäugige! Ist es nicht eine Gnade des Schicksals, das zu geben, was Sinne und Verstand aller erfreut, die aus Fleisch und Blut sind?! Oh unwiderstehliche Dame, bis du zu unserem Glück erschienen, um den Streit zwischen uns beizulegen, weil wir uns wegen des Nektars so feindlich gesinnt wurden? Oh Liebliche, so mögest du dafür sorgen, daß der Nektar gerecht und unparteiisch unter uns mächtigen Brüdern (den Dämonen und Göttern) aufgeteilt wird, weil wir alle Nachkommen von Kasyapa sind.

So sprachen die Dämonen zu dieser Illusion weiblicher Schönheit, die der Höchste Herr selbst verkörpert hatte, und sie antwortete lächelnd und mit bezaubernden Blicken.

Der Höchste Herr sprach:
Wie kann es sein, daß ihr alle als Nachkommen von Kasyapa die Hoffnung habt, eine Frau wie mich zu gewinnen (und mir zu vertrauen), die den Männern nachläuft? Eine solche Vernarrtheit in das weibliche Geschlecht findet man nie bei Männern mit Weisheit! Oh ihr Feinde der Götter, die Weisen sind sich einig, daß eine Beziehung zu unkeuschen Frauen, die immer wieder nach frischen Männern suchen, so gefährlich ist, als würde man eine Wölfin lieben.

So trieb der Herr sein Spiel mit den Dämonen, die von der schönen Dame verzaubert waren und ihr mit ernstem Gesicht den Nektar der Unsterblichkeit überreichten. Und nachdem der Herr den Krug voller Amrit ergriffen hatte, sprach er mit süßem Lächeln: „Wenn ihr versprecht, meine Entscheidung zu akzeptieren, ob sie euch gerecht erscheint oder nicht, dann werde ich diesen Nektar verteilen.“ Und die führenden Dämonen stimmten zu und antworteten: „So sei es!“ Daraufhin reinigten sie sich (um die Unsterblichkeit zu empfangen) durch Fasten, Baden und Opferfeuer mit viel geklärter Butter, verehrten die Kühe, Brahmanen und viele andere glücksverheißende Wesen, führten brahmanische Riten durch, hüllten sich in neue und reine Kleider, legten all ihren Schmuck an und setzten sich gemeinsam auf heiliges Kusha-Gras, das nach Osten ausgerichtet war. Und als auch die Götter mit Blumengirlanden geschmückt und nach Osten blickend ihre Plätze eingenommen hatten, betrat die schöne Dame mit dem Krug die Versammlungsstätte, die von Lichtern erleuchtet und Weihrauch umnebelt war.

Mit verführerisch schweifenden Blicken, prallen Brüsten und prachtvollem Kleid um ihre runden Hüften und Schenkeln, die Elefantenrüsseln glichen, schritt sie langsam heran vom Klang ihrer Knöchelglöckchen begleitet. Wahrlich, vom Anblick des Höchsten Herrn, der mit goldenen Ohrringen, freundlichem Gesicht, lieblichem Lächeln und allen verführerischen weiblichen Reizen erschien, waren alle zutiefst bezaubert. Doch der Unfehlbare hatte es längst entschieden, daß die Dämonen, die so gefährlich wie Schlangen sind, den Nektar der Unsterblichkeit nicht empfangen können. Entsprechend stellte sich der Meister des Universums so zwischen die beiden Parteien, daß die bezaubernde Dame mit süßen Worten die Dämonen ablenkte und die Götter auf seiner anderen Seite den Nektar trinken konnten, der sie von Alter, Krankheit und Tod befreite. Und die Dämonen wehrten sich nicht einmal, denn einerseits wollten sie nicht gegen eine Frau kämpfen, und anderseits fühlten sie sich an ihr Versprechen gebunden und schwiegen. Aus Angst, die Gunst der schönen Dame zu verlieren, waren sie alle voller Zuneigung und übten nicht die kleinste Kritik. Nur der dunkle Rahu hatte sich als Gott verkleidet und saß auf Seiten der Götter, um den Nektar zu trinken. Aber die Götter von Sonne und Mond hatten ihn bald erkannt, und noch während er vom Nektar trank, wurde sein Kopf vom messerscharfen Diskus des Herrn abgetrennt. Der enthauptete Körper, den der Nektar nicht durchdrungen hatte, fiel tot zu Boden. Der Kopf jedoch erlangte die Unsterblichkeit und wurde von Brahma zu einem dunklen Planeten erhoben. So entstand daraus jener dunkle Planet Rahu, der von Zeit zu Zeit die Sonne und den Mond feindlich angreift und ihr göttliches Licht (zur Sonnen- und Mondfinsternis) verschlingt.

Als die Götter den letzten Schluck Nektar ausgetrunken hatten, offenbarte sich der Höchste Herr und Wohltäter aller Welten in seiner männlichen Form auch vor der Schar der Dämonen und ihren Führern. Obwohl die Götter und Dämonen alle am selben Ort zur selben Zeit dasselbe Ziel mit demselben Ehrgeiz verfolgten, erreichten sie nicht dasselbe Ergebnis. Dagegen erlangten die Götter leicht den Nektar der Unsterblichkeit, weil der Segen des Safranstaubes von den Lotusfüßen des Herrn mit ihnen war. Denn was auch immer man eigennützig für sein Leben und Wohl tut, seien es Taten, Worte oder Gedanken bezüglich des eigenen Körpers oder der Familie, wird alles vergänglich sein (Asat, unwahr), und daraus entsteht die Trennung (des Ichbewußtseins). Doch sobald es nicht mehr getrennt, sondern ganzheitlich geschieht, wird es beständig (Sat, wahrhaftig) und führt zu dem, was man das „Bewässern der Wurzel“ nennt, dem heilsamen Handeln zum Wohle aller Wesen.


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