Pushpak Bhagavata Purana Buch 7Zurück WeiterNews

7.7. Wie Prahlada im Mutterleib belehrt wurde

Der heilige Narada sprach:
Oh Yudhishthira, so wurde Prahlada, dieser große Verehrer des Herrn, von den anderen Kindern der Dämonen freundlich angesprochen, nachdem er berichtet hatte, was ich ihn einst lehrte.

Und Prahlada antwortete ihnen:
Als unser Vater zu den Mandara-Bergen ging, um härteste Askese zu üben, versuchten sich die Götter gegen die Bestrebungen der Dämonen zu wehren. Und die Götter sprachen mit Indra an der Spitze: „Was für ein Glück, daß dieser Sünder, der die ganze Welt so tyrannisierte, von seinen eigenen Sünden verbrannt und wie eine Schlange von den Ameisen gefressen wurde.“ Als die Dämonenführer bemerkten, wie sie durch die große Kraft der Götter nacheinander besiegt wurden, flohen sie panisch in alle Richtungen davon. Und keiner achtete mehr in seiner Angst um das eigene Leben auf Frau, Kinder oder Reichtum, auf Häuser, Verwandte, Haustiere oder Hausrat. So eroberten die Götter auch den Palast des Dämonenkönigs, und Indra selbst nahm meine Mutter gefangen. Doch der heilige Narada, der zufällig an diesem Ort erschien, sah die Königin, die aus dem Palast auf die Straße geführt wurde, vor Angst zitterte und wie ein Fischadlerweibchen schrie. Da sprach Narada: „Oh König der Götter, du solltest diese Frau nicht wegführen, denn sie ist unschuldig. Laß sie sofort frei, oh Gesegneter, sie ist die treue Frau eines anderen.“ Doch Indra erwiderte: „Sie trägt den Samen dieses übermächtigen Feindes der Götter in ihrem Mutterleib. Laß sie in unserer Obhut sein, bis sie entbindet. Dann werden wir sie wieder freigeben.“ Aber Narada sprach: „Dieses Kind ist offensichtlich ohne Sünde. Es wird ein höchst heiliger Verehrer sein, ein hingebungsvoller Diener des ewigen Herrn. Deshalb wirst du ihn sowieso nicht töten können.“

Nach diesen Worten befreite Indra diese Frau aus Respekt vor dem heiligen Narada und mir, als ihrem Kind, das den ewigen Herrn verehrt. Dann umrundete er verehrungsvoll meine Mutter und mich und kehrte zum Himmel zurück. Der Heilige Narada brachte meine Mutter in seine Einsiedelei und beruhigte sie: „Hier kannst du bleiben, mein Kind, bis dein Ehemann zurückkehrt.“ So lebte sie zusammen mit dem Heiligen und hatte von keiner Seite etwas zu befürchten, bis die Askese des Dämonen-Königs vollbracht war. Und zum Wohle des Kindes, das sie erwartete, diente sie an jenem Ort, wo das Kind geboren werden sollte, mit großer Hingabe dem Heiligen. Und der Heilige belehrte sie und damit auch mich voller Gnade in den Prinzipien des Dharmas bezüglich des Höchsten Herrn und der reinen Erkenntnis. Durch ihr weibliches Wesen hat sie mit der Zeit all dieses Wissen wieder vergessen, doch ich konnte mich durch den Segen des Heiligen daran erinnern. Und diese Erinnerung hat mich bis heute nicht verlassen. Und wenn ihr meinen Worten vertraut, dann kommt dieses Wissen auch in eure Reichweite (des Bewußtseins).

Wichtig ist das Vertrauen, dann kann die universale Intelligenz in Frauen und Kindern genausogut wirken wie in mir. Dann kann man die sechs Zustände des Körpers beginnend mit der Geburt erkennen, die wie Früchte am Baum der Schöpfung wachsen (sie entstehen, existieren, wachsen, verwandeln sich, altern und lösen sich auf). Doch diese Veränderungen gelten nicht für die Höchste Seele. Denn die Seele ist ewig, unwandelbar, rein und ohne Individualität. Sie ist der Feldkenner (das reine Bewußtsein) und der ursprüngliche Urgrund, unveränderlich, selbsterleuchtet und das Ursächliche, das alles durchdringt, unabhängig und unvergänglich. Durch die tiefe Betrachtung dieser zwölf transzendentalen Symptome der Seele wird eine bewußte Person gezwungen, die falsche Vorstellung von „Ich“ und „Mein“ aufzugeben, die durch die Illusion entsteht, die mit allem Verkörperten verbunden ist. Wie ein Goldschmied das Gold durch verschiedene Mittel von Verunreinigungen befreien kann, so kann der Weise durch Meditation als Kenner der Seele die verkörperte Seele reinigen und das reine Brahman erreichen. Die Lehrer der Philosophie sprechen von acht natürlichen Prinzipien (ungestaltete Natur, universale Intelligenz, Ichbewußtsein und fünf Elemente), drei natürlichen Grundqualitäten (Güte, Leidenschaft und Trägheit) und sechzehn Gestaltungen (fünf Elemente, Sinnes- und Handlungsorgane plus Gedanken), aber die Seele ist das Eine, das alles miteinander verbindet. Aus diesen Gestaltungen entstehen die Körper aller mehr oder weniger belebten Geschöpfe. In diesem Körper sollte man sich als Höchsten Geist (Purusha) erkennen und durch Meditation von „Ich bin weder dies noch das (neti, neti)!“ die körperliche Anhaftung aufgeben. Durch die Reinigung der geistigen Sicht und entsprechende Nichtanhaftung kann man die Beziehung von Geist und Körper in dieser Welt der Schöpfung, Erhaltung und Auflösung durchschauen und die Höchste Seele erkennen. Der Höchste Geist (Purusha) bezeugt die Bewegungen der Intelligenz (Buddhi) in den drei Bewußtseinszuständen des traumhaften Wachens, traumhaften Schlafens und traumlosen Tiefschlafs. Den ursprünglichen Bewußtseinszustand der Seele (das traumlose Wachen) sollte man jenseits der gedanklichen Gegensätze erkennen, die durch die gegensätzlichen Wirkungen der drei natürlichen Grundqualitäten entstehen, wie man die Luft durch die Existenz verschiedener Gerüche erkennen kann. Dies ist der Ausgang aus diesem Ozean der körperlichen Welt, in dem man ohne Einsicht in das Wirken der natürlichen Eigenschaften und Gestaltungen wie in einem Traum gefangen bleibt.

Deshalb nutzt euer Leben und verbrennt im Yoga der Selbstverwirklichung die karmischen Samen, die durch die natürlichen Eigenschaften bedingt sind. Von all den vielen möglichen Wegen ist dieser Weg, den der Höchste Herr selbst offenbart hat, besonders effektiv, um die ganzheitliche Liebe zum Höchsten Herrn und der Gottheit zu entwickeln. Dazu gehören die liebevolle Hingabe zum geistigen Lehrer, das Aufgeben jeder Anhaftung, die respektvolle Verehrung aller Götter, die Gemeinschaft mit Heiligen und Verehrern des Herrn, die uneigennützige Hingabe zum Höchsten Herrn, umfassendes Vertrauen sowie Mantras, Geschichten und Meditation über sein höchstes Wesen und seine Lotusfüße. Wer erkennt, daß Hari, der Höchste Herr, in allen Geschöpfen wohnt, kann alle Geschöpfe und ihre Bedürfnisse achten und zutiefst respektieren. Wem es gelingt, die sechs Hüllen aufzulösen (die fünf Elemente mit ihren Eigenschaften und das gegensätzliche Denken), kann die ganzheitliche Vernunft und Liebe von Vasudeva finden und dem Höchsten Herrn mit wahrer Hingabe dienen. Wenn der Verehrer von den übernatürlichen Taten und der großen Macht des Höchsten Herrn hört, mit denen Er spielerisch in der Welt wirkt, wird er höchst erstaunt sein, Freudentränen weinen, mit stockender Stimme singen und beten, jubilieren und tanzen, denn mit Ihm ist die größte Freude verbunden. Wie von einem Geist besessen neigt er spontan zum Lachen, Singen, Meditieren, Verehren aller Wesen, und tief aus dem Inneren ruft er: „Oh Höchster Herr und Meister der Welt, Narayana!“ Wenn die gegensätzlichen Gedanken im wahren Selbst verschwinden, verschwindet auch jede persönliche Scham. Wer in die ganzheitliche Vernunft der Liebe zu Ihm versunken ist, wird von allen Hindernissen auf dem Weg befreit und erreicht die Harmonie von Geist und Körper. Dies geschieht, weil der so mächtige Samen des Begehrens durch die Übung der liebevollen Hingabe (Bhakti-Yoga) verbrannt wurde. Damit erreicht man Adhokshaja, den Herrn jenseits der Sinne und Gedanken. Wer beständig mit Adhokshaja vereint ist, überwindet den verunreinigten Geist der Verkörperung in dieser Welt und beendet den Kreislauf der körperlichen Existenzen. Dies kennen die Weisen als den geistigen Himmel der Glückseligkeit.

Deshalb dient mit ganzer Hingabe dem Höchsten Herrn in eurem Herzen! Oh ihr Söhne der Dämonen, welcher besondere Aufwand wäre nötig, um den Höchsten Herrn im Raum des Herzens anzubeten, der unsere Seele und unser bester Freund ist? Warum sollten wir uns noch um besondere sinnliche Genüsse bemühen? Der weltliche Reichtum an Frauen, Kindern, Tieren, Häusern, Land, Elefanten, Schatzkammern, Luxus, Geld und Sinnesfreuden sind für eine Person, die nur einige Zeit lebt und unweigerlich sterben muß, in nur einem Augenblick verloren. Welche wahre Freude könnte man durch vergänglichen Besitz erreichen? Sogar die Himmel, die man durch große Opfer erreichen kann, sind alle vergänglich. So bequem sie auch sein mögen, sie sind nicht vollkommen rein. Deshalb ist allein der Höchste Herr, dem man keine Unreinheit vorwerfen kann, der einzige Verehrungswürdige auf dem Weg der Selbstverwirklichung durch liebende Hingabe (Bhakti), von der wir gesprochen haben.

Durch das gedankliche Wissen als Grundlage des weltlichen Handelns könnte sich der Mensch als hochentwickelt betrachten, aber immer wieder wird er von den unausweichlichen Gegensätzen überwältigt, die zwangsläufig mit gedanklichem Wissen verbunden sind. Das Verlangen einer karmisch handelnden Person, in der Welt glücklich und frei von Leiden zu sein, ist eine Leidenschaft, die immer mehr Leiden schafft, weil dieses ichhafte Verlangen die höhere Vernunft verdunkelt. Um die Objekte der Begierde zu erlangen, die man sich mit dieser Neigung wünscht, muß man als Lebewesen in einer materiellen Welt verkörpert werden. Dann umschließt der vergängliche Körper die Seele und führt zu ganz anderen Erfahrungen, als man sich gewünscht hat. Was soll man dazu sagen? Praktisch wird man immer wieder von dem getrennt, auf das man sein Selbstwertgefühl baut, wie Ehepartner, Kinder, Haus, Reichtum, Diener oder Verwandte. Welchen Wert hat das alles für die Höchste Seele? Diese trivialen Dinge, die den vergänglichen Körper betreffen, scheinen uns so wichtig zu sein, aber sind völlig nutzlos, um den nektargleichen Ozean ewiger Glückseligkeit zu erreichen.

Oh ihr Dämonensöhne, fragte euch doch selbst, welcher Nutzen darin liegt, wenn jemand in dieser Welt verkörpert wird und ab dem Zeitpunkt seiner Zeugung in allen Lebensphasen unter den Folgen seines angesammelten Karmas leiden muß. Und wer so verkörpert wurde, der greift mit dem Körper nach den Früchten seiner Taten und sammelt damit immer neues Karma für weitere körperliche Geburten an, solange er in Unwissenheit handelt. Deshalb verehrt mit uneigennütziger Hingabe den Höchsten Herrn und die Höchste Seele, die frei von Verlangen ist. Allein dieser Befreiung sollten die drei großen Lebensziele von Dharma, Artha und Kama (Tugend, Reichtum und Liebe) gewidmet sein. Der Höchste Herr ist die Höchste Seele und wahre Liebe aller Geschöpfe, der den verkörperten Seelen ihren natürlichen Reichtum der fünf Elemente gibt und durch das Dharma seiner universalen Intelligenz verkörpert. Ob Gott, Dämon, Mensch, Yaksha oder Gandharva, wer den Füßen von Mukunda dient, dem Herrn der Befreiung, wird die Erfüllung finden, die wir gefunden haben. Weder die Verkörperung als Brahmane, Gott oder Heiliger, noch umfangreiches Lernen, gutes Benehmen, Askese, Opfer, Sauberkeit oder Gelübde werden ausreichen, um Mukunda zu befriedigen. Der Höchste Herr ist nur mit uneigennützig liebender Hingabe zufrieden, alles andere sind Äußerlichkeiten. Oh ihr Dämonensöhne, dient allein dem allmächtigen Höchsten Herrn, der die Seele aller Wesen ist, alles andere erkennt als eigennützige Interessen. Oh Dämonen, sogar Yakshas, Rakshasas, Frauen, Diener, Kuhhirten, Sünder, Vögel und andere Tiere können auf diesem Weg zum Unsterblichen gelangen. Das ist das Höchste Ziel, das man in dieser Welt erreichen kann, die ungeteilte Hingabe an Govinda und den Höchsten Herrn in allen Wesen zu erkennen.


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