Pushpak Bhagavata Purana Buch 6Zurück WeiterNews

6.17. Die große Mutter verflucht Chitraketu

Der ehrenwerte Suka sprach:
Nachdem Chitraketu, der König der Vidyadharas, sich in die Richtung verneigt hatte, in die Lord Ananta verschwunden war, begann er durch die Lüfte zu reisen. Auf seinem Weg besuchte er, ohne daß seine Macht und Sinnesbeherrschung nachließen, hunderttausende Menschen an tausenden Orten und wurde von Weisen, Hochbeseelten und Mönchen als großer Yogi gelobt. Er erfreute sich in den Tälern des Berges Meru, wo man sich für höhere Welten übt, und war besonders beglückt, weil er auch die Frauen der Vidyadharas davon überzeugen konnte, den Höchsten Herrn zu verehren. Eines Tages erblickte er in seinem strahlenden himmlischen Wagen, den er von Vishnu erhalten hatte, auch Gott Shiva im Kreise der Hochbeseelten und himmlischen Sänger. Er hatte die Göttin umarmt, die auf seinem Schoß saß, und Chitraketu konnte sich in Gegenwart der Weisen das Lachen nicht verkneifen, und sprach zur großen Mutter, die ihn hörte:
Ach, der geistige Lehrer der ganzen Welt, der das Dharma aller verkörperten Seelen repräsentiert, sitzt hier vor einer Versammlung und umarmt seine Frau! Mit wildverfilzten Locken folgt er den Veden als Führer dieser Versammlung, aber sitzt unverschämt da und umarmt seine Gattin wie ein gewöhnlicher Weltling. Sogar die Hochbeseelten umarmen ihre Frauen im Verborgenen, doch dieser Meister der Gelübde und Entsagung genießt seine Gattin vor aller Augen.

Oh König, als der Höchste Herr der unergründlichen Intelligenz diese Worte hörte, lächelte er nur und schwieg, und alle in der Versammlung folgten seinem Beispiel. Doch die Göttin wurde zornig und tadelte den, der sich offenbar trotz aller Selbstbeherrschung und Selbsterkenntnis der Macht von Shiva nicht bewußt war.

Und Parvati sprach:
Was nun? Ist dieser Mann plötzlich zum obersten Richter geworden und darf Wesen wie uns als ungerecht und schamlos verurteilen? Als ob Brahma, der im Welten-Lotus geboren wurde, das Dharma nicht kennen würde? Und seine geistigen Söhne wie Bhrigu und Narada, die vier Kumaras, Kapila oder Manu keine Ahnung davon hätten, sonst würden sie ja Shiva davon abhalten, das Dharma zu verletzen! Schaut euch diesen niederen Kshatriya an! Er erhebt sich über alle Götter und verurteilt den einzigartigen Lehrer der ganzen Welt, den Segensreichsten, über dessen Lotusfüße man meditiert. Dieser Mann verdient es, bestraft zu werden. Der Übelgesinnte ist nicht würdig, sich dem Schutz der Lotusfüße des Herrn von Vaikuntha zu nähern, die von allen Heiligen verehrt werden. Darum sollst du, oh Größter aller Sünder und Narren, diesen Ort verlassen und unter Dämonen wiedergeboren werden, damit diese hohe Welt wieder den Hochbeseelten gehört und du, oh mein Sohn, hier keinen Schaden anrichten kannst.

Als Chitraketu diesen Fluch der großen Mutter hörte, stieg er schnell von seinem himmlischen Wagen herab und verneigte sich demütig vor Parvati, um die Göttin zu besänftigen. Und der König sprach:
Oh große Mutter, ich falte meine Hände vor dir und akzeptiere deinen Fluch. Was die Götter den Sterblichen bestimmen, geschieht durch die angesammelten Taten aus der Vergangenheit. Durch Unwissenheit getäuscht wandert ein Lebewesen im Kreislauf der weltlichen Leben zwischen Geburt und Tod wie in einem Teufelskreis, wo es beständig von Glück und Leid beherrscht wird. Doch weder die Seele noch die Götter bewirken Glück und Leid. Das geschieht durch die Person, die sich aus Mangel an reinem Bewußtsein als persönlich Handelnder betrachtet. Was ist in diesem Strudel des sich ständig wandelnden Stromes der natürlichen Eigenschaften tatsächlich ein Fluch oder Segen? Was ist der Aufstieg in den Himmel oder der Fall in die Hölle? Was ist Glück oder Leid? Der Höchste Herr formt die Lebewesen durch seine Illusions- und Schöpferkraft mit der Bindung an Glück und Leid sowie der Befreiung davon. Er selbst ist jenseits von allem und betrachtet niemanden als seinen besonderen Freund oder Feind, Verwandten oder Fremden, Diesen oder Jenen. Er ist allen gleich, allgegenwärtig und von der Welt vollkommen unabhängig. Warum sollte er zornig sein? Es ist seine weibliche Energie (die Shakti bzw. Prakriti), die durch Karma den Kreislauf der Schöpfung für die verkörperte Seele hervorbringt, mit Geburt und Tod, Glück und Leid, Gewinn und Verlust, Bindung und Befreiung. Deshalb bitte ich dich nicht um die Gnade, von deinem Fluch befreit zu werden, oh Zornvolle. Ich bitte dich nur, mir alles Gesagte zu vergeben, das aus deiner Sicht unpassend war, oh reine Mutter.

Oh Bester der Feindevernichter, nachdem Chitraketu diese hohen Wesen besänftigt hatte, kehrte er in seinen himmlischen Wagen zurück, während die beiden ihn lächelnd beobachteten. Und in Anwesenheit von Narada, den Daityas, Siddhas und seinem ganzen Gefolge wandte sich der Höchste Herr an seine Frau.

Und Shiva sprach:
Hast du gesehen, meine Schöne, wie großmütig die Diener der Diener sind, die Hochbeseelten, die ihre Sinnesbefriedigung zugunsten des Höchsten Herrn aufgegeben haben und deren Handlungen übernatürlich wurden? Keiner der reinen Verehrer von Narayana hat jemals Angst. Himmel, Hölle und Befreiung macht für sie keinen Unterschied mehr. Durch das Spiel, das der Höchste Herr spielt, sind die verkörperten Seelen an die Gegensätze von Glück und Leid gebunden, werden sterben und wiedergeboren, verflucht oder gesegnet, weil sie sich mit ihren Körpern persönlich identifizieren. Wie man im Dunklen eine Blumengirlande mit einer Giftschlange verwechselt, so spricht man über die Eigenschaften und Fehler des Selbstbildes und beurteilt auch andere Personen mit mangelnder Einsicht. Wer sich jedoch mit liebevoller Hingabe zu Vasudeva erhebt, erreicht die Stärke wahrhaft geistiger Erkenntnis, überwindet die körperliche Anhaftung und sucht keinen anderen Schutz, als den Höchsten Herrn. Weder ich, noch Brahma, seine geistigen Söhne, die Kumaras und Narada, oder alle anderen Götter kennen das wahre Wesen von Ihm, von dem wir alle nur Teilaspekte sind, auch wenn wir uns gern als unabhängige Herrscher betrachten. Niemand wird von ihm besonders geliebt oder nicht geliebt. Er nennt niemanden sein eigen und grenzt niemanden aus. Er ist die Höchste Seele, die allen Wesen lieb ist. Dieser höchst glückliche König Chitraketu ist sein gehorsamer Diener, der zum Wohle aller Wesen handelt. Er ist zufrieden und gleichmütig und wird vom Unvergänglichen genauso geliebt, wie ich selbst. Wundere dich nicht, auch unter Menschen solche Verehrer des Höchsten Geistes zu finden, die als hochbeseelte Wesen Frieden und Einsicht bringen.

Oh König, so sprach Lord Shiva, und als Parvati diese Worte gehört hatte, wurde sie von ihrem Ärger befreit und gewann ihre Zufriedenheit zurück. Und Chitraketu, der als großer Verehrer fähig war, den Fluch auf die Göttin zurückzusenden, akzeptierte gelassen ihre Verurteilung, womit er sich als wahrhaft Heiliger offenbarte. Und durch diesen Fluch geschah es, daß er im Opfer von Twashtri mit all seinem Wissen und seiner geistigen Macht als Dämon unter dem Namen Vritra geboren wurde. Oh König, damit habe ich dir bezüglich deiner Fragen alles zum Dämon Vritra erklärt und warum er mit so großer geistiger Kraft in der Welt erschien. Wer diese Geschichte über den hochbeseelten Chitraketu achtsam hört, welche die Größe der Vishnu-Verehrer verdeutlicht, kann von jeder Knechtschaft befreit werden. Wahrlich, wer sich an den Höchsten Herrn erinnert, früh am Morgen aufsteht und sich voller Vertrauen auf die Rezitation dieser Geschichte konzentriert, wird das Höchste erreichen.


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