Der ehrenwerte Suka sprach:
Oh Nachkomme von Bharata, man sagt, Vishvarupa hatte drei Köpfe, mit einem trank er Soma-Saft, mit einem Wein und mit einem aß er Nahrung. Er brachte den Göttern, die als seine Väter erschienen, ihren Opferanteil dar, indem er öffentlich mit den Mantras die Opfer dem Feuer übergab. Doch obwohl er öffentlich den Göttern opferte, brachte er aus Zuneigung für seine Mutter (die von den Dämonen abstammte) heimlich auch den Dämonen Opfer dar. Als der Götterkönig Indra sah, wie durch diesen Verrat an den Göttern das Dharma verletzt wurde, fürchtete er, daß die Dämonen wieder an Stärke gewinnen könnten, und schlug ihm im Zorn die drei Köpfe ab. Der Kopf für den Soma-Saft wurde zum Huhn (Kapinjala), der Kopf für den Wein zum Spatzen (Kalavinka), und der Kopf für die Nahrung zum Rebhuhn (Tittiri, die Übersetzung der Vögel ist unklar und bezieht sich vielleicht auf die Eigenschaften der drei natürlichen Qualitäten von Güte, Leidenschaft und Trägheit). Trotz seiner Macht als Götterkönig mußte sich Indra den Konsequenzen dieses Brahmanen-Mordes stellen und verbrachte ein Jahr Buße mit gefalteten Händen. Danach verteilte er den Rest der Sündenlast in vier Portionen auf die Erde, das Wasser, die Bäume und die Frauen. Mit dem Segen (von Indra), daß sich ihre Mulden mit Wasser füllen können, akzeptierte die Erde ein Viertel der Sünde des Brahmanen-Mordes in Form der Wüsten, die seitdem auf ihrem Angesicht erscheinen. Mit dem Segen, daß ihre Zweige nach dem Beschneiden nachwachsen können, akzeptierten die Bäume ein Viertel der Sünde des Brahmanen-Mordes in Form das Saftes, der wie Blut aus ihren Wunden fließt. Mit dem Segen der sexuellen Lust akzeptierten die Frauen ein Viertel der Sünde in Form ihrer monatlichen Periode. Und mit dem Segen, verschiedene Dinge aufzuweichen, akzeptierte das Wasser ein Viertel der Sünde in Form der Schaumblasen, die auf dem Wasser erscheinen. Solches Wasser sollte man deshalb vermeiden.
Nachdem Twashtri (der vedische Gott und Sohn von Aditi) auf diese Weise seinen Sohn Vishvarupa verloren hatte, brachte er ein Opfer dar, um einen Feind für Indra zu erschaffen, und sprach: „Oh Feind von Indra, wachse, damit du deinen Gegner bald töten kannst!“ Darauf entstand aus dem Anvaharya-Feuer (dem Feuer des Tötens bzw. der Sünde) ein äußerst schreckliches Wesen, das wie der Zerstörer am Ende der Welt erschien. Tag für Tag wuchs er auf die Größe, die ein Pfeil fliegen kann, und glich bald einem brennenden Berg oder den feuerroten Abendwolken. Neben seinen Haaren und dem Bart, die so rot wie geschmolzenes Kupfer waren, leuchteten seine Augen wie die Mittagssonne. Er brüllte und tanzte wild, so daß überall Staub aufwirbelte. Er drehte sich wie das Firmament und schien es mit seinem Dreizack zu bewegen. Mit seinem Mund, der so tief wie eine Höhle war, schien er die drei Welten zu verschlucken, trank den Himmel aus und leckte die Sterne auf. Immer wieder gähnte er mit seinen schrecklichen Zähnen, und die Menschen erblickten ihn voller Angst in allen zehn Richtungen. Diese höchst fürchterliche Verkörperung der Sünde war in Wahrheit niemand anderes als der Sohn von Twashtri selbst, der diese Form angenommen hatte. Mit der Kraft seiner früheren Askese bedrängte er nun alle Welten und wurde daher Vritra (der Bedränger) genannt. Die Götter griffen ihn sofort mit ihren Soldaten und himmlischen Waffen an, aber Vritra verschluckte einfach ihre Waffen. Angesichts dieser Tatsache waren sie alle verwundert, versammelten sich entmutigt und beteten zum ursprünglichen Höchsten Geist (dem Adi-Purusha).
Die Götter sprachen:
Wir alle mit Brahma an der Spitze und den drei Welten, die aus Raum, Wind, Feuer, Wasser und Erde bestehen, werden vom Tod bedroht und zittern vor Angst. Deshalb suchen wir Zuflucht beim Höchsten Herrn, den sogar der Tod fürchtet. Wer bei einem anderen als dem Höchsten Herrn Zuflucht sucht, der allwissend, allmächtig und vollkommen zufrieden ist, gleicht einem Dummkopf, der sich am Schwanz eines schwimmenden Hundes festhalten will, um den Ozean zu überqueren. Wie Manu, der sein Boot zum Überleben der Welt an das Horn von Matsya gebunden hatte, der Fisch-Verkörperung des Höchsten Herrn, so suchen wir unsere Zuflucht bei Dir, um uns von der abgrundtiefen Angst vor dem Sohn von Twashtri zu befreien. Wie du aus Gnade einst den selbstgeborenen Brahma von großer Angst erlöst hast, als er allein auf dem Weltenlotus saß und fürchtete, ins Wassermeer mit den gewaltigen Wellen zu fallen, die der tosende Wind aufgewühlt hatte, so befreie auch uns. Der Höchste Herr, der uns alle durch seine Illusions- und Schöpferkraft (Maya) erschaffen hat und durch dessen Gnade wir in der Welt schöpferisch sein können, kann von uns, die sich als eigenständig Handelnde betrachten, nicht erkannt werden, obwohl er überall als Wirkender vor uns steht. Wenn wir von unseren dämonischen Feinden schwer gequält werden, erscheint der Ewige mit seiner Illusions- und Schöpferkraft in verschiedenen Verkörperungen je nach Zeitalter unter den Weisen, Menschen und Tieren zu unserer Rettung, um das Wohlergehen aller Wesen zu sichern. Er ist die Gottheit und das wahre Selbst von uns und allen Wesen, der Höchste Geist (Purusha) und das Meer der Ursachen (Pradhana) in Einem, aus dem das ganze Universum in seiner Vielfalt entsteht. Er ist die Höchste Zuflucht, der wir uns alle hingeben können. Er ist die Höchste Seele, die alle Verehrer mit höchstem Glück segnet.
Oh König, mit diesem Gebet der Götter wurde Er mit Muschelhorn, Diskus und Keule sichtbar, sobald sie ihren Blick nach innen richteten. Mit Augen wie Lotusblüten im Herbst war Er von sechzehn Dienern umgeben (den natürlichen Prinzipien?), die Ihm vollständig glichen mit Ausnahme des Kaustubha-Juwels und Srivatsa-Zeichens. Als die Bittenden Ihn erblickten, wurden sie durch diese direkte Sicht von höchstem Glück erfüllt und warfen sich zu seinen Füßen nieder. Danach standen die Götter langsam wieder auf und beteten:
Verehrung sei dir, oh Herr, der die Früchte der Opfer verleiht. Du verwendest den Diskus (der Vergänglichkeit) als Waffe und bestimmst die Grenzen. Höchste Verehrung sei dir, der unter so vielen heiligen Namen bekannt ist. All die Wesen, die nach bzw. aus dir geboren wurden, dem Herrscher über die drei Zeiten, können dein höchstes Wesen nicht verstehen. Verehrung sei dir, oh Höchster Herr, als Narayana, Vasudeva, ursprünglicher und Höchster Geist (Adi- und Maha-Purusha), höchster Reichtum, höchste Glückseligkeit, höchster Segen, höchste Barmherzigkeit, unveränderlicher Grund des Universums, höchster Herrscher und Ehemann von Lakshmi, der Göttin des Wohlstandes. Die Besten der Heiligen, die durch ihre liebende Hingabe (Bhakti-Yoga) vollkommen gereinigt wurden und ohne Anhaftung durch die ganze Welt wandern, öffnen durch ihren schwanengleichen Geist die Tür der Unwissenheit und gehen mit freiem Bewußtsein in eine geistige Welt der Reinheit. Wer auf diese Weise die Ganzheitlichkeit deiner Herrschaft erfährt, findet das wahre Glück. Es ist wahrlich schwer zu verstehen, wie du im ganzheitlichen Spiel des Bewußtseins, ohne irgendwelche Zuflucht, ohne materiellen Körper, ohne unserer Hilfe zu bedürfen und ohne sich selbst durch die natürlichen Qualitäten zu verwandeln, jenseits von allem die Schöpfung, Erhaltung und Auflösung bewirken kannst. Daher können wir nicht sagen, ob du als Höchster Herrscher wie ein gewöhnlicher Mensch bist, der an das Handeln in der Welt gebunden wird, der unter der Herrschaft der natürlichen Eigenschaften von Zeit, Raum und Karma abhängig ist und gezwungen wird, die guten und schlechten Früchte seiner Taten zu erfahren, oder ob du völlig selbstzufrieden und selbstbeherrscht bist, in deiner geistigen Allmacht fehlerfrei und immer nur ein neutraler Zeuge. Beide Ansichten bilden sicherlich keinen Widerspruch in dir, dem Glückseligen. Denn was wäre dir unmöglich, dem Höchsten Herrn mit unergründlicher Herrlichkeit, dessen Fähigkeiten grenzenlos sind? Gedanken, Meinungen, Argumente und Ansichten werden dich immer anzweifeln können, denn sie beurteilen dich durch die Brille der Illusion mit gedanklicher Logik von persönlichen Standpunkten aus. Doch du bist jenseits der Reichweite aller gegensätzlichen Gedanken eigensinniger Theoretiker. Du bist jenseits aller Namen und Formen, die durch deine unvergleichliche und unergründliche Illusions- und Schöpferkraft entstehen. Du bist jenseits aller natürlichen Gegensätze die Einheit in der Vielfalt. Wie man in einem Stück Seil eine gefährliche Schlange sehen kann, so erscheinen die Namen und Formen durch gedankliche Schlußfolgerung. Bei tieferer Betrachtung bis du das Wesen der Wahrheit, der Herrscher über alles Geistige und Körperliche. Damit bis du die Ursache aller Ursachen des gesamten Universums und mit allen möglichen Eigenschaften überall gegenwärtig bis ins kleinste Teilchen. Du bist in allen Manifestationen der Einzige, der ist. Aus diesem Grund vergessen deine Verehrer, die nur einmal einen Tropfen des Nektars deiner unsterblichen Glückseligkeit trinken konnten, die Gedanken an die unbeständigen und begrenzten Erfahrungen des weltlichen Glücks und vertrauen allein dir, dem Höchsten Herrn und alleinigen Freund aller Lebewesen. Oh Vernichter des Madhu-Dämons, wie könnten die Verehrer, deren Geist in liebender Hingabe zu dir als ihren besten Freund beständig auf dich gerichtet ist, jemals aufhören, deinen Lotusfüßen zu dienen, die den Weg ohne Rückkehr aus dem Ozean des weltlichen Leidens weisen? Oh Höchste Seele und allmächtiger Herr und Beschützer der drei Welten, du hast durch deine Illusions- und Schöpferkraft (Maya) die drei Welten verkörpert, die Schönheit der drei Welten, die Götter, Dämonen, Menschen, Tiere und alle anderen Geschöpfe, die Gebote des Dharmas und die passenden Strafen. Du hast dich als Eber (Varaha) verkörpert, um die drei Welten zu schöpfen, als Zwerg (Vamana), um die drei Welten zu gewinnen, als Fisch (Matsya), um die drei Welten zu erhalten, und als Mensch-Löwe (Narasimha), um die Dämonen der drei Welten zu bestrafen. Mögest du auch diesen schrecklichen Sohn von Twashtri besiegen!
Mit ganzer Hingabe verlassen wir uns ganz auf dich, oh höchster Vater und Herr, denn unser Geist ist im Yoga der liebenden Hingabe deinen Lotusfüßen gewidmet. So erscheinst du voller Mitgefühl mit freundlichem Lächeln, rein und beruhigend, und die Nektartropfen deiner süßen Worte vernichten all die Sorgen deiner Verehrer. Oh Vollkommener, du allein kannst uns tiefgründig vom Leiden befreien. Darum, oh Höchster Herr, was können wir dir als kleine Funken des ursprünglichen Feuers sagen, der wie im Spiel durch seine Illusionskraft die Schöpfung, Erhalten und Auflösung bewirkt, der als Höchste Seele (Atman) und Höchster Geist (Purusha) des vollkommenen Brahman im Herzen aller Wesen wohnt und äußerlich durch Zeit, Raum und Gestaltung allgegenwärtig ist, der das Bewußtsein verursacht, als Zeuge von allem wirkt, der Zeuge selbst ist und die Erinnerung das ganzen Universums verkörpert? Weil du der Höchste Herr und Meister über allem bist, gewähre uns im Schatten der tausendblättrigen Lotusblüte die Zuflucht zu deinen Lotusfüßen, damit wir von allem Kummer befreit werden, der sich aus den Gefahren und Wünschen weltlicher Existenz ergibt und uns zu dir geführt hat. Oh Höchster Herr und Krishna (der „Dunkle“) ewiger Glückseligkeit, besiege diesen Sohn von Twashtri, der die drei Welten und all unsere Kraft nebst unseren Waffen verschlingt. Oh schwanengleicher Herr, der in jedem Herzen wohnt, wo du das Wirken der individuellen Seele überwachst, oh Verkörperung von Krishna mit dem strahlenden Ruf als Erlöser, der du keinen Anfang und kein Ende kennst und nur von reinen Verehrern erkannt wirst, du bist der Weg in dieser Welt, der ewige Freund, die höchste Zuflucht und das große Ziel aller Opfer. Wir verehren dich!
Oh König, nachdem die Diener der drei Welten auf diese Weise mit gebührendem Respekt den Höchsten Herrn angebetet hatten, war er mit ihnen zufrieden und antwortete:
Ihr guten Götter, ich freu mich über euch. Durch euer Gebet in menschlicher Sprache können sich die Menschen an mich erinnern und die liebende Hingabe zu mir als ursprüngliche Seele aller Reichtümer entwickeln. Wenn ich zufrieden bin, kann man alles erreichen, auch was schwer erreichbar ist. Oh ihr Besten der Intelligenten, wer die Wahrheit kennt und mich allein verehrt, wünscht nichts anderes als mich. Ein Unwissender kennt das höchste Ziel der Seele nicht und sucht die weltlichen Eigenschaften der Dinge. Und wer ihm das Gewünschte gibt, ist nicht wesentlich besser. Wer das höchste Ziel des Lebens kennt, wird einem Unwissenden nicht sagen, daß er Karma ansammeln soll, wie ein erfahrener Arzt einem Patienten kein falsches Essen gibt, auch wenn er danach begehrt. Oh ihr Besten der Götter, möge euch Gutes geschehen! Geht unverzüglich zum Heiligen Dadhyan (Dadhichi) und bittet ihn um seinen Körper, der aufgrund seiner Erkenntnis, Gelübde und Entsagung unzerstörbar wurde. Er hat die reine Brahman-Erkenntnis durch Ashvashira (den Pferdeköpfigen) verinnerlicht und gab diese Erkenntnis an die Aswins weiter, die daraufhin ihre Unsterblichkeit empfingen. Dadhyan, der Sohn des Atharva, gab die unbesiegbare Narayana-Rüstung an Twashtri, der sie seinem Sohn Vishvarupa verlieh, und von ihm habt ihr diese Rüstung empfangen. Der Heilige ist das Dharma selbst, und wenn die Aswins um seine Knochen bitten, wird er sie euch geben. Damit kann Visvakarma (der himmlische Baumeister) die mächtigste aller Waffen erschaffen (den Donnerkeil), die den Kopf des Dämons Vritra abschlagen kann, weil darin meine Kraft wirkt. Wenn er besiegt wird, werdet ihr euren Reichtum, eure Macht und eure Waffen zurückgewinnen. Seid gesegnet! Denn niemand kann untergehen, der mir hingegeben ist.