Pushpak Bhagavata Purana Buch 6Zurück WeiterNews

6.7. Indra mißachtet den Lehrer Vrihaspati

Da fragte König Parikshit:
Oh Bester, bitte erzähle mir, warum die Götter von Vrihaspati verlassen wurden. Wie haben die Schüler ihren Lehrer mißachtet?

Und Suka, der Sohn von Vyasa, sprach:
Oh König, der Götterkönig Indra wurde vom Stolz über den Reichtum der drei Welten erfaßt, den er genießen konnte, und ging damit vom Weg der Wahrheit ab. Er wurde von den Maruts, Vasus, Rudras, Adityas, Ribhus, Viswadevas, Sadhyas, Kumaras, Aswins, Siddhas, Charanas, Gandharvas, Munis, Brahmavadis, Vidyadharas, Apsaras, Kinnaras, Nagas und den mystischen Vögeln überall mit heiligen Hymnen verherrlicht, und alle dienten ihm. So saß er eines Tages in seiner Versammlungshalle auf dem Thron und genoß die königlichen Zeichen, wie den weißen Schirm, der so schön wie die Mondscheibe war, und verschiedene Insignien und Annehmlichkeiten, wie die Yakschweife, mit denen ihm Luft zugefächelt wurde. Er strahlte mit seiner Frau Sachi, die neben ihm auf dem Thron saß, und glaubte irgendwann, er sei der Höchste. Da geschah es, daß Vrihaspati, der geistige Lehrer der Götter, die Versammlung betrat, und Indra begrüßte ihn nicht. Er erhob sich vor dem Priester der Götter weder von seinem Thron, noch bot er dem Besten der Weisen einen würdigen Platz an, der von allen Wesen respektiert wurde. Obwohl Indra ihn eintreten sah, brachte er ihm keinen Respekt dar. Vrihaspati, der gelehrte Weise und Lehrer, erkannte den Wahn, der durch Stolz entstanden war, verließ den Raum und kehrte schweigend nach Hause zurück. Da wurde Indra bewußt, daß er seinen geistigen Lehrer mißachtet hatte, tadelte sich öffentlich und sprach:
Ach, wie respektlos war ich? Was habe ich getan? Ich muß wahnsinnig sein. In meinem Stolz auf Macht und Reichtum habe ich unseren geistigen Lehrer in dieser Versammlung nicht gewürdigt. Welcher Weise würde an Macht und Reichtum anhaften?! Obwohl ich der König der Götter bin, wurde ich von dämonischer Anhaftung überwältigt. Wer meint, auf dem königlichen Thron zu sitzen, um auf andere herabzuschauen, kennt die höhere Bedeutung des Dharmas nicht. Wer andere auf Abwege führt, wird selbst in der Dunkelheit landen, und wer solchen Verführern vertraut, wird wie in einem Boot aus Stein im Meer versinken. Darum möchte ich unseren geistigen Führer, den makellosen Brahmanen mit dem unergründlichen Wissen, wieder besänftigen und aus aufrichtiger Demut seine Lotusfüße mit meinem Kopf berühren.

Während Indra solcherart nachdachte, nutze Vrihaspati seine geistige Kraft, verließ seine Wohnstätte und verschwand. Der mächtige Indra suchte voller Reue mit seinem Gefolge überall, aber konnte den Lehrer nirgends mehr finden und wurde ganz niedergeschlagen. Als die Dämonen, die ihrem Lehrer Sukra folgten, davon erfuhren, ergriffen sie ihre materiellen Waffen und begannen den Krieg gegen die Götter. Schnell wurden die Körper und Gliedmaßen der Götter von den scharfen Pfeilen der Dämonen durchbohrt, so daß sie mit Indra an der Spitze ihre Zuflucht bei Brahma suchten und sich demütig vor ihm verneigten. Und als der höchste und selbstgeborene Schöpfergott in seiner uneigennützigen und unendlichen Barmherzigkeit sah, wie die Götter von Kummer belastet waren, sprach er zu ihnen, um sie zu trösten:
Oh ihr Hochbeseelten, was für eine unangenehme Überraschung! Aus Stolz über eure Macht und euren Reichtum habt ihr die Gastfreundschaft mißachtet und eine unheilsame Tat gegen einen Diener der Wahrheit begangen, einen selbstbeherrschten Brahmanen. Wegen eurer Anhaftung an der genußvollen Illusion konnten eure Feinde, die bisher zu schwach dazu waren, den Sieg über euch gewinnen. Oh Indra, du Ehre des Reichtums, sieh nur, wie deine dämonischen Feinde, die früher so schwach waren, durch die hingebungsvolle Verehrung ihres Lehrers Sukra, dem Sohn von Bhrigu, solch große Macht gewinnen konnten. Sie folgen geschlossen den Geboten ihres Lehrers und fürchten sich nicht mehr vor der Macht der Götter. Wer sich für den Schutz der Brahmanen, Kühe und dem Beschützer der Kühe (Krishna) einsetzt, muß auf seinem Weg nichts Unheilvolles befürchten. Deshalb verehrt nun Vishvarupa (der „Allgestaltige“), den Sohn von Twashtri. Er ist ein selbstbeherrschter und unbestechlicher Mann der Entsagung und Buße. Respektiert und verehrt ihn, auch wenn er von einer Dämonin geboren wurde, dann wird er euch helfen.

Oh König, so wurden die Götter von Brahma beraten, gingen erleichtert zu Vishvarupa, umarmten ihn und sprachen:
Oh Sohn, wir kommen als Gäste in dein Haus, wünschen dir alles Gute und bitten dich als Eltern, uns einige Dinge zu erklären. Die höchste Pflicht der Söhne ist es, ihren Eltern so gut wie möglich zu dienen, selbst wenn sie bereits eigene Kinder haben. Und das gilt um so mehr für kinderlose Schüler. Der Lehrer verkörpert als Vorbild die vedische Weisheit, der Vater verkörpert den ursprünglichen Vater, der ältere Bruder verkörpert den Götterkönig, und die Mutter verkörpert die Erde. Die Schwester verkörpert die Barmherzigkeit, der Gast das wahre Wesen des Dharmas, der Eingeladene den Gott des Opferfeuers, und alle Wesen verkörpern die Höchste Seele. Deshalb, oh lieber Sohn, erleichtere uns, deine besorgten Eltern, durch die Kraft deiner Entsagung von den Sorgen über die Feinde, die uns überwältigt haben. Wir wissen, daß du dazu fähig bist. Deshalb haben wir dich, oh Brahmane, als unseren geistigen Lehrer für das Höchste Brahman erwählt, damit wir durch deine Belehrung unsere dämonischen Feinde mit Leichtigkeit besiegen können. Es ist nicht verboten, die Verehrung zu den Füßen eines Jüngeren darzubringen. Wichtiger als das Alter ist die Weisheit.

So wurde der askesereiche Vishvarupa von den Göttern gebeten, die Priesterschaft anzunehmen, und sprach erfreut über diese aufrichtigen Worte:
Auch wenn die Priesterschaft von den Dharma-Gelehrten als gefährlich für die geistige Macht der Brahmanen beschrieben wird, wie könnte ich die Bitte von so hohen Göttern wie euch abschlagen und nur an mein eigenes Interesse denken? Wer sich für den Rückzug aus der Welt entschieden hat, kann von dem Reichtum an Getreidekörnern leben, die auf dem Feld oder Marktplatz zurückgelassen wurden. So konnte ich als heiliger Asket (Sadhu) ohne Anhaftung in der Welt handeln. Doch nun soll ich die Priesterpflicht für euch, oh Herrscher der Welt, übernehmen, in der nur unwissende Menschen ihr Glück suchen. Doch ich kann diese kleine Bitte von euch als meine Eltern nicht ablehnen. Ich werde euren Wunsch erfüllen und euch mein ganzes Leben und Wohlergehen widmen.

So versprach Vishvarupa, der Meister der Entsagung, den Göttern als Priester zu dienen, und erfüllte seine Pflicht mit größter Achtsamkeit. Und obwohl der eroberte Reichtum der Götterfeinde durch das Wissen von ihrem Lehrer Shukra beschützt wurde, gelang es dem mächtigen Weisen durch ein Gebet namens Narayana-Kavacha (Vishnus Schutzrüstung), diesen Reichtum an Indra zurückzugeben. Der wohlgesinnte Vishvarupa sprach dieses Gebet zum großen Indra, beschützte damit den Gott mit den tausend Augen und besiegte die gewaltsame Macht der Dämonen, die zu einer großen Bedrohung geworden war.


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