Pushpak Bhagavata Purana Buch 4Zurück WeiterNews

4.6. Brahma versöhnt Shiva

Maitreya sprach:
Nachdem auch die Götterwesen (im Opfer von Daksha) von den Dienern Rudras mit Dreizacks, Speeren, Schwertern, Keulen und Knüppeln besiegt worden waren, begaben sie sich mit den Opferpriestern und allen anderen Teilnehmern schwer verwundet und voller Angst zu Brahma, verneigten sich, ehrten den Schöpfer und berichteten ausführlich über die Ereignisse. Der lotusgeborene Brahma und Narayana, die Höchste Seele, wußten bereits alles im Voraus und hatten das Opfer von Daksha nicht besucht. Und auf die Worte der Götter antwortete Brahma:
Wer einen Mächtigen beleidigt, tut sich im allgemeinen nichts Gutes, wenn er sich Glück und Frieden im Leben wünscht. Ihr habt Shiva zutiefst mißachtet und wolltet ihn im Opfer nicht anerkennen. Nun sucht seine Gnade zu gewinnen, verehrt ihn mit reinem Herzen und sucht Zuflucht zu seinen Lotusfüßen. Glaubt nicht, daß ihr das Opfer fortführen könnt, ohne unverzüglich den Gott und Lehrer der Welten um Vergebung zu bitten, den ihr erzürnt, seiner Frau beraubt und mit übelgesinnten Worten attackiert habt. Weder ich, noch Indra oder all die verkörperten Weisen kennen das wahre Ausmaß der Kraft und Macht von dem, der sich allein auf die Höchste Seele stützt. Wie kamt ihr nur auf die Idee, ihn so zu mißachten?

Nachdem Brahma die göttlichen Wesen belehrt hatte, erhob er sich von seinem Platz und begab sich mit den Göttern, Ahnen und Stammvätern zum Kailash, dem Besten der Berge, wo Shiva gern verweilt und sich die Kinnaras, Gandharvas und Apsaras erfreuen, wie auch die Siddhas, die durch Geburt, Kräuter, Askese, Mantras und Yoga erfolgreich waren. Der Berg ist reich an Edelsteinen und Mineralien aller Arten und mit vielen Rehen, Bäumen, Kräutern und anderen Pflanzen und Tieren belebt. Vom Gipfel strömen kristallklare Wasserfälle herab, und in den Höhlen vergnügen sich die Frauen der Siddhas mit ihren Geliebten. Überall ertönen die verliebten Rufe der Pfauen, das Summen der Bienen im Nektarrausch, das anhaltende Lied der Kuckucke und das Zwitschern anderer Vögel. Durch die umherwandernden Elefanten schien sich der ganze Berg zu bewegen, durch die rauschenden Wasserfälle zu erklingen und durch die wunscherfüllenden Bäume seine Arme auszustrecken und alle Vögel aus der Luft einzuladen. Er wird von Mandara, Parijata, Sarala, Sala, Tamala, Arjuna, Kadamba, Asoka und vielen anderen Baumarten geschmückt (deren lange Liste wir uns hier ersparen). Die Teiche erstrahlen von Lotusblüten, und in den Wäldern hört und sieht man überall die wilden Vögel, Hirsche, Affen, Schweine, Katzen, Bären, Kühe, Esel, Tiger, Wölfe, Büffel und vielen anderen Bewohner der Wälder, die sich auch gern an den sandigen Ufern der wunderschönen Flüsse und Lotusseen erfreuen. Hier erblickten die Göttlichen auch den See mit dem süßen Wasser, wo Sati gern badete, und bewunderten den ganzen Berg, der dem Herrn der Geister gehört. Dann sahen sie die schöne Stadt Alaka (von Kuvera) mit dem Lotusgarten Saugandhika und nahebei die beiden Flüsse Nanda und Alakananda, die durch den Staub von Shivas Lotusfüßen besonders heilig wurden. Oh Vidura, in diese beiden Flüsse steigen die himmlischen Damen herab, wenn sie vom Liebesspiel ermüdet sind, um sich im Wasser zu erfreuen und zu erfrischen. Die Elefanten, die dort baden, werden vom Kurkuma-Puder ganz gelb, das von den Körpern der himmlischen Damen abgewaschen wurde, und trinken gern dieses Wasser, auch wenn sie nicht durstig sind. Sie sahen auch die Häuser, wo die Yakshas (Diener Kuveras) mit ihren Frauen wohnten, die mit prächtigen Juwelen, Perlen, Silber und Gold geschmückt waren und wie Wolken am Himmel erschienen, in denen die Blitze tanzten. Dann durchquerten sie den Garten Saugandhika, der so wunderschön mit all den Bäumen, Blüten und Früchten war, die alle Wünsche erfüllen konnten. So herrlich ist das Reich vom Herrn der Yakshas (Kuvera, der Gott des Reichtums). Die berauschten Bienen summten, rotkehlige Vögel sangen ihre Lieder, die Seen waren voller Lotusblüten und mit schönen Schwänen geschmückt. Der liebliche Duft der Sandelbäume, an denen sich die wilden Elefanten rieben, berauschte den Geist der Yaksha-Frauen. Die Treppen zu den Badeplätzen in den Lotusseen, die von den Kimpurushas gern benutzt wurden, waren aus kostbaren Vaidurya-Steinen (Beryll).

In ihrer Nähe erblickten sie einen riesigen Banyan-Baum, der hundert Yojanas in den Himmel ragte und seine Zweige über drei Viertel des Berges ausbreitete. Er gewährte seinen kühlen Schatten und war so hoch, daß nicht einmal die Vögel darin brüteten. Und unter diesem Baum erblickten die Götter Shiva im Kreise der großen Yogis als Zuflucht für alle, die nach Befreiung suchen. Er hatte jeglichen Zorn aufgegeben und saß so gelassen wie die ewige Zeit. Er war umringt von den heiligen Kumaras und Siddhas und wurde gepriesen von Kuvera, dem Gott des Reichtums, und den Guhyakas und Rakshasas (den Dienern Kuveras). Sie sahen ihn als Meister der Sinne, des Wissens, der Entsagung und des Yoga-Weges sowie als Freund des Universums, der voller Liebe jedes Wesen segnet. Sie sahen ihn in der Form, die sich Asketen wünschen, mit Asche, Asketenstab, verfilzten Haaren, Hirschfell und der Mondsichel auf dem Kopf, wie eine Wolke im Abendlicht. Er saß auf einem Asketensitz aus Kusha-Gras und unterhielt sich im Kreise der Weisen mit Narada über das ewige Brahman. Er hatte seinen linken Fuß über den rechten Oberschenkenkel gelegt, seine rechte Hand ruhte auf dem Knie, um sein Handgelenk war eine Rudraksha-Kette gewickelt, und er zeigte das Tarka-Mudra (vermutlich die Geste des Lehrens). In der Freiheit des Brahman gegründet saß er im Yoga-Sitz und wurde von den Weisen und Herrschern der Welt mit gefalteten Händen als Erster der Weisen verehrt.

Doch als Shiva sah, daß der selbstgeborene Brahma erschienen war, erhob sich der Gott, dessen Füße von den Besten der Götter und Dämonen verehrt werden, und verneigte sich vor Brahma, wie sich einst Vishnu in Zwerggestalt vor (seinem Vater) Kasyapa verneigt hatte. Ihm folgten alle großen Weisen und Siddhas, die dort versammelt waren, und brachten Brahma ebenfalls ihre Verehrung dar. Und der Selbstgeborene akzeptierte ihre Begrüßung und sprach freundlich zum Gott, der mit der Mondsichel gekrönt war:
Ich kenne dich als Herrn des Universums. Du bist Shiva-Shakti, der väterliche Samen und der Mutterleib. Du bist das höchste, unvergängliche und alldurchdringende Brahman. Wie eine Spinne ihr Netz spinnt, gebraucht und wieder verzehrt, so erschaffst, erhältst und zerstörst du, oh Höchster Herr, dieses ganze Universum durch die Shiva-Shakti-Macht deines eigenen Wesens. Für den Nutzen von Tugend und Reichtum (Dharma und Artha) hast du Daksha ermächtigt, das Opfersystem mit all den Riten und Gelübden in der Welt aufzurichten, denen die Brahmanen mit Verehrung folgen. Oh höchst Segensreicher, heilsame Taten führen zum Himmel, in höhere Welten und zum Höchsten, während unheilsame Taten hinab in die dunklen und schrecklichen Höllen führen. Anders sollte es nicht sein. Unter den Verehrern, die sich ganz zu deinen Füßen hingeben und dich als Höchste Seele vollkommen und unterschiedslos in allen Wesen erkennen, findet man weder tierischen Haß noch Zorn. Doch es gibt auch jene, die Unterschiede machen, nach den Früchten ihrer Taten greifen, Sünde und Neid im Herzen hegen und andere mit harten Worten verletzen. Du solltest sie nicht töten, denn sie werden vom Schicksal bereits geschlagen (und sollten ihre Sünde büßen). Die Wesen, die von der unüberwindlichen Illusions- und Schöpferkraft des Höchsten Herrn verwirrt werden, sehen überall Unterschiede und verdienen das Mitgefühl der Weisen und nicht ihren Zorn, denn alles wird durch das Schicksal (bzw. das Gesetz von Ursache und Wirkung) geregelt. Oh Herr, deine Intelligenz wird niemals von der mächtigen Illusionskraft des Höchsten Geistes beeinflußt. So kannst du alles durchschauen und solltest Mitgefühl für die Wesen haben, die durch Illusion im Herzen verwirrt werden und nach den Früchten ihrer Taten greifen.

Oh Shiva, laß das Opfer des Stammvaters Daksha, das du zerstört hast, nicht völlig untergehen, auch wenn dir die Unwissenden deinen Anteil vorenthielten und dich mißachteten, der doch im Grunde jeden Lohn der Opfer gewährt. Möge dieses Opfer fruchtbar sein! Möge Bhaga seine Augen zurückbekommen, Pushan seine Zähne, Bhrigu seinen Schnurrbart und der Opferherr Daksha sein Leben. Oh Herr, mögen alle Priester, Himmlischen und sonstigen Teilnehmer des Opfers, deren Körper im Hagel der Waffen und Steine verletzt wurden, durch deine Gnade geheilt werden. Oh Rudra, möge alles, was vom Opfer übriggeblieben ist, dein Anteil sein, und möge das zerstörte Opfer damit vollendet werden.


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