Pushpak Bhagavata Purana Buch 3Zurück WeiterNews

3.26. Die natürlichen Grundprinzipien des Sankhya

Der Höchste Herr sprach:
Ich werde dir jetzt die verschiedenen natürlichen Prinzipien (Tattwas) mit ihren Merkmalen nacheinander beschreiben, deren Erkenntnis den Geist von den natürlichen Qualitäten (den Gunas) der Natur befreien kann. Ich werde dir das heilsame Wissen erklären, das zur Selbsterkenntnis führt, um die Bindungen des Herzens zu lösen. Die Höchste Seele und der Höchste Geist (Atman und Purusha) sind anfangslos, ohne Eigenschaften und jenseits der wahrnehmbaren gestalteten Natur, in der sie selbst erscheinen und die ganze Schöpfung erhalten. Dieses Höchste von allem hat aus freiem Willen im kosmischen Spiel die geistigen, fein- und grobstofflichen Prinzipien angenommen, die von den drei natürlichen Qualitäten (der Güte, Leidenschaft und Trägheit) beherrscht werden. Durch diese natürlichen Qualitäten erschuf die Natur die Vielfalt der Formen. Und die Lebewesen, die diese erblickten (bzw. wahrnahmen), wurden sogleich von ihrer Illusion ergriffen, wodurch das gegenständliche Wissen in dieser Welt erschien. Soweit sich nun ein Lebewesen mit dem Wirken in der Natur identifiziert, betrachtet es die Wirkungen der natürlichen Qualitäten als persönliche Taten. So wird der unabhängige und nichthandelnde Zeuge (das reine Bewußtsein bzw. der reine Geist), der in seinem Wesen voller Freude ist, an ein bedingtes Leben gebunden und abhängig. Die Gelehrten aber wissen, daß Körper- und Sinnesfunktionen durch die Natur und die Glück- und Leiderfahrungen durch den Geist entstehen, der über der Natur ist.

Da bat Devahuti:
Oh Höchster Geist, sei so gütig und erkläre mir das Wesen von Geist und Natur (Prakriti und Purusha) und wie aus ihnen das Sein und Nichtsein (Sat und Asat) der Schöpfung entsteht.

Und der Höchste Herr sprach:
Das ununterscheidbar Ewige, das sich durch die drei natürlichen Qualitäten (der Güte, Leidenschaft und Trägheit) zum Sein und Nichtsein der Schöpfung gestaltet, wird auch als ungestaltetes Meer der Ursachen (Pradhana) der Natur bezeichnet. Und man sagt, aus diesem Meer der Ursachen entstehen die fünf grobstofflichen Elemente, die fünf feinstofflichen Elemente, die fünf Sinnesorgane, die fünf Handlungsorgane und die vier geistigen Prinzipien, die sich zu vierundzwanzig natürlichen Prinzipien summieren. Die fünf grobstofflichen Elemente bestehen aus Erde, Wasser, Feuer, Wind und Raum, und entsprechend gibt es die fünf feinstofflichen Elemente mit den Eigenschaften von Geruch, Geschmack, Sichtbarkeit, Gefühl und Klang, wodurch man die Elemente erkennen kann. Zu den fünf Sinnesorganen gehören die Organe für Geruch, Geschmack, Sichtbarkeit, Gefühl und Klang. Zu den fünf Handlungsorganen gehören Mund, Hände, Beine, Zeugungs- und Ausscheidungsorgan. Und zu den vier geistigen Prinzipien gehören Bewußtsein, Vernunft, Ichbewußtsein und Denken (Chitta, Buddhi, Ahankara und Manas), womit man wahrnehmen und verschiedene Formen unterscheiden kann.

Mit dieser Aufzählung („Sankhya“) kann man die natürlichen Prinzipien der gestalteten Natur zusammenfassen und als fünfundzwanzigstes Prinzip noch die vergängliche Zeit dazurechnen. Manche betrachten die vergängliche Zeit auch als eine Macht (bzw. Illusionskraft) des Höchsten Geistes, die von der individuellen Seele gefürchtet wird, die durch ihre Verbindung mit der Natur vom Ichbewußtsein getäuscht wurde. Oh Mutter, manche bezeichnen auch die Veränderung der Natur als Zeit, wenn das ununterscheidbare Gleichgewicht der natürlichen Qualitäten durch den Höchsten Herrn bewegt wird. So herrscht der Höchste Herr durch seine Illusions- und Schöpferkraft in Form von Geist innerlich und in Form von Zeit äußerlich über alle Geschöpfe.

Als das Gleichgewicht der natürlichen Qualitäten durch das schicksalhafte Karma der Wesen bewegt wurde, befruchtete der Höchste Herr mit seinem Samen die Natur, die daraufhin die universale Intelligenz (das Mahat-Tattwa) zur Welt brachte, welche man auch Hiranmaya (das Gold bzw. die Tugend der Welt) nennt. Damit entstand aus der unvergänglichen Wurzel aller Gestaltungen (dem Meer der Ursachen) das gestalte Universum, und das selbststrahlende Licht der Intelligenz verschlang die dichte Dunkelheit, die zuvor alles verhüllte. Die reine und freundliche Qualität der Güte (Sattwa-Guna) aus dem Verständnis des Höchsten Herrn, der auch Vasudeva genannt wird, ist das Bewußtsein (Chitta), das die universale Intelligenz (Mahat) hervorbringt. Damit gleicht dieses Bewußtsein dem natürlich-reinen Zustand des Wassers und wird durch Klarheit, Beständigkeit und Gelassenheit charakterisiert.

Aus der universalen Intelligenz (Mahat) entsteht durch die Umwandlung unter dem Einfluß der (Illusions- und Schöpfer-) Kraft des Höchsten Herrn das Ichbewußtsein (Ahankara) in drei Arten, nämlich als gütiges, leidenschaftliches und träges. Mit dem Ichbewußtsein entsteht das Denken (Manas), und daraus entstehen auch die fünf Sinne, um die fünf grobstofflichen Elemente wahrzunehmen. In diesem Ichbewußtsein manifestiert sich die tausendköpfige Urschlange Ananta (vermutlich die Karma-Energie aus dem Meer der Ursachen), die von den Gelehrten auch Sankarshana genannt wird, als geistige Basis für das Denken, die fünf Sinne und die fünf Elemente. Damit kann man das Ichbewußtsein als das Handelnde, Tätige und Wirkende bezeichnen, das entsprechend (den drei natürlichen Qualitäten) gütig, leidenschaftlich oder träge erscheint.

Aus der leidenschaftlichen Art des Ichbewußtseins entsteht das natürliche Prinzip des Denkens, das die Gedanken und Überlegungen hervorbringt, die wiederum zu sinnlichen Wünschen (Kama) führen. Dieses Prinzip des Denkens wird Aniruddha genannt und gilt als Herrscher der Sinne. Es ist so bläulich wie ein Lotus im Herbst und wird allmählich von den Yogis beruhigt.

Aus der gütigen Art des Ichbewußtseins entsteht das natürliche Prinzip der Vernunft (Buddhi), welche über die wahrgenommen Sinnesobjekte herrscht (wie ein König). Zu den Funktionen der Vernunft gehört das Entscheiden über Zweifel, über richtiges und falsches Verständnis, über Erinnerung und Träumerei. Die gütige Art des Ichbewußtseins (auch Pradyumna genannt) sollte über die Sinnes- und Handlungsorgane entscheiden, um zu erkennen und zu lernen. Denn die Lebensenergie (Prana) hat die Kraft zum Handeln, und die Vernunft hat die Kraft des Erkennens und Lernens.

Aus der trägen Art des Ichbewußtseins entsteht durch die (Illusions- und Schöpfer-) Kraft des Höchsten Herrn das feinstoffliche Element des Klangs, woraus sich der Raum und der Gehörsinn bilden, um den Klang wahrzunehmen. Gelehrte definieren den Klang als das, was die Bedeutung von etwas verkündet und auf die Anwesenheit eines Hörers und eines Raumes schließen läßt. Bezüglich seiner Merkmale und Funktionen wird der Raum als das Element beschrieben, das den Wesen innerlich und äußerlich ihren Spielraum zum Leben, Handeln, Erkennen und Lernen gibt.

Aus dem Raum, der aus dem feinstofflichen Element des Klangs hervorging, entsteht im Laufe der Zeit das feinstoffliche Element des Gefühls, woraus sich der Wind und der Gefühlssinn bilden, um das Element wahrzunehmen. Zu den Merkmalen des feinstofflichen Wind-Elements gehören zum Beispiel die Gefühle von weich und hart oder auch kalt und heiß. Die Hauptfunktionen des Windes sind das Bewegen, Mischen, Verbinden, Tragen von Teilchen und der Klang sowie das Erregen der Sinne.

Aus dem Wind, der aus dem feinstofflichen Element des Gefühls hervorging, entsteht durch das Schicksal das feinstoffliche Element der Sichtbarkeit, woraus sich das Feuer mit dem Sehsinn bildet, um die sichtbaren Formen wahrzunehmen. Oh gute Mutter, zu den Merkmalen des Elements der sichtbaren Formen gehören Größe, Farbe und Gestalt sowie das Licht des Feuers. Zu den Funktionen des Feuers gehören das Erleuchten, Kochen, Verbrennen, Verdauen von Essen und Trinken, Wärmen und Verdunsten sowie Hunger und Durst.

Aus dem Feuer, das aus dem feinstofflichen Element der sichtbaren Formen hervorging, entsteht durch göttliche Bestimmung das feinstoffliche Element des Geschmacks, woraus sich das Wasser und der Geschmacksinn bilden, um den Geschmack wahrzunehmen. Zu den Merkmalen des Geschmacks gehören je nach Substanz adstringierend, süß, bitter, scharf und sauer. Zu den Funktionen des Wassers gehören das Befeuchten, Gerinnen, Durstlöschen, Erfrischen, Kühlen, Reinigen, Auflösen und Fließen sowie die Lebenserhaltung.

Aus dem Wasser, das aus dem feinstofflichen Element des Geschmacks hervorging, entsteht durch göttliche Fügung das feinstoffliche Element des Geruchs, woraus sich die Erde und der Geruchssinn bilden, um den Geruch wahrzunehmen. Zu den Merkmalen des Geruchs gehören je nach Substanz wohl oder übel, mild oder stark, süßlich oder säuerlich. Zu den Funktionen der Erde gehört die Schöpfung von Brahma (das Welten-Ei) mit all den irdischen Geschöpfen, die getrennt im Raum entstehen, bestimmte Eigenschaften besitzen und sich örtlich verkörpern.

Die Gelehrten sagen, zur Wahrnehmung der Eigenschaft des Raumelements dient der Gehörsinn, zur Wahrnehmung der Eigenschaft des Windelements dient der Gefühlssinn, zur Wahrnehmung der Eigenschaft des Feuerelements dient der Sehsinn, zur Wahrnehmung der Eigenschaft des Wasserelements dient der Geschmackssinn, und zur Wahrnehmung der Eigenschaft des Erdelements dient der Geruchssinn. Doch weil sich die Eigenschaften der Ursache auch in der Wirkung fortpflanzen, kann man die Eigenschaften aller fünf Elemente im Erdelement wahrnehmen. (Das heißt, alle nachfolgend entstandenen Prinzipien und Elemente erben automatisch die Eigenschaften der vorhergehenden.) Wenn die sieben natürlichen Grundprinzipien mit der universalen Intelligenz an der Spitze (Intelligenz, Ichbewußtsein und die fünf Elemente) nicht auf diese Weise mit der Zeit, dem Karma (dem Meer der Ursachen) und den drei natürlichen Qualitäten (Gunas) verbunden wären, könnte auch der Höchste Herr nicht darin sein. Durch ihn werden die sieben Prinzipien zu einem unbewußten Welten-Ei vereint und zur Aktivität (bzw. körperlichem Leben) veranlaßt, so daß in diesem Welten-Ei der berühmte Höchste Geist (Purusha) erwacht. Dieses Welten-Ei wird Vishesha (die grobstoffliche Welt) genannt, beinhaltet alle vierzehn Welten und gilt als eine verkörperte Form des Höchsten Herrn. Es wird vom (feinstofflichen) Wasserelement und den anderen natürlichen Prinzipien bis zum äußeren Meer der Ursachen (Pradhana) umhüllt, wobei jedes höhere Prinzip jeweils zehnmal größer ist. So entstand dieses goldene Welten-Ei aus dem Wasser, worin es zuvor aufgelöst war, und darin verkörperte sich die Gottheit auf vielfältige Weise.

Die Gestaltung des Bewußtseins durch Vasudeva, Pradyumna, Sankarshana, Aniruddha und die fünf Elemente aus dem Ungestalteten

(Die Verkörperung der fünf Sinnes- und fünf Handlungsorgane:)
Zuerst verkörperte sich der Mund, womit das Sprachorgan und der Feuergott Vahni erscheinen. Dann verkörperten sich die Nasenlöcher, womit der Geruchssinn, der Lebensatem (Prana) und der Windgott Vayu erscheinen. Dann verkörperten sich die Augen, womit der Sehsinn und der Sonnengott (Surya) erscheinen. Dann verkörperten sich die Ohren, womit der Gehörsinn und die Götter der Himmelsrichtungen (Dikpalas) erscheinen. Dann verkörperte sich die Haut in ihrer allgemeinen Form mit Härchen, womit der Gefühlssinn und die Götter der Heilpflanzen erscheinen. Dann verkörperte sich das Zeugungsorgan, womit der Samen für die Fortpflanzung und der Wassergott erscheinen. Dann verkörperte sich das Ausscheidungsorgan, womit die Ausscheidung und der weltgefürchtete Todesgott Mrityu erscheinen. Dann verkörperten sich die Hände, womit das Handeln und der Götterkönig Indra erscheinen. Dann verkörperten sich die Beine, womit die Fortbewegung und der Götterherr Vishnu erscheinen. Dann verkörperten sich die Adern in allgemeiner Form, womit das Blut und die Flußgötter erscheinen. Und schließlich verkörperte sich der Magen, womit Hunger und Durst sowie der Meeresgott erscheinen.

(Die Verkörperung der vier geistigen Prinzipien:)
In gleicher Weise verkörperte sich auch das Herz in allgemeiner Form, womit das Denken (Manas) und der Mondgott (Chandra) erscheinen. Damit entstanden auch die Vernunft (Buddhi) aus der Intelligenz mit dem Gott der Sprache (Brahma), das Ichbewußtsein (Ahankara) mit Rudra (dem Gott des Zornes) und das Bewußtsein (Chitta) mit seinem Gott (dem Feldkenner, Kshetrajna).

Alle diese Götter, die sich auf diese Weise verkörperten, versuchten, den universalen Geist (Virat-Purusha) zu erwecken (damit das körperliche und geistige Leben im Welten-Ei erwacht). Dafür kehrten sie nacheinander zur Quelle zurück, aus der sie entstanden sind, um ihn dort zu erwecken. Der Feuergott kehrte durch das Sprechorgan in den Mund zurück, aber konnte ihn dort nicht erwecken. Der Windgott kehrte durch den Geruchssinn in die Nasenlöcher zurück, aber konnte ihn dort nicht erwecken. Der Sonnengott kehrte durch den Sehsinn in die Augen zurück, die Götter der Himmelsrichtungen kehrten durch den Gehörsinn in die Ohren zurück und die Götter der Heilpflanzen kehrten mit dem Gefühlssinn in die Härchen der Haut zurück, aber sie konnten ihn dort nicht erwecken. Der Wassergott kehrte mit dem Samen in das Zeugungsorgan zurück, der Todesgott kehrte mit der Ausscheidung in das Ausscheidungsorgan zurück, der Götterkönig Indra kehrte mit dem Handeln in die Hände zurück, und Vishnu kehrte mit der Fortbewegung in die Beine zurück, aber sie konnten ihn dort nicht erwecken. Die Flußgötter kehrten mit dem Blut in die Adern zurück, der Meeresgott kehrte mit Hunger und Durst in den Magen zurück, der Mondgott kehrte mit dem Denken in das Herz zurück, Brahma kehrte mit der Vernunft in das Herz zurück, und auch Rudra kehrte mit dem Ichbewußtsein in das Herz zurück, aber sie konnten ihn dort nicht erwecken. Doch als der Feldkenner (Kshetrajna), der Gott des Bewußtseins, mit dem Bewußtsein in das Herz zurückkehrte, da erwachte dort der universale Geist und erhob sich aus dem Urwasser (dem Meer der Ursachen). So gleicht das Welten-Ei einem schlafenden Menschen, in dem Lebensatem, Sinne, Gedanken und Intelligenz zwar wirken, aber ihn nicht erwecken können, bis er von selbst (bzw. durch das Selbst) erwacht. Wer also Yoga übt, sollte mit ganzer Hingabe, Entsagung und Erkenntnis über das Höchste Selbst (bzw. die Höchste Seele, Atman) im Körper meditieren (um zu erwachen).


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