Pushpak Bhagavata Purana Buch 1Zurück WeiterNews

1.15. Die Rückkehr der Pandavas zum Himmel

Der Suta sprach:
So hegte König Yudhishthira viele Befürchtungen um seinen Bruder Arjuna, der durch die Trennung von Krishna völlig niedergeschlagen war. Sein Lotusgesicht war von Sorgen gezeichnet, sein Herz war schmerzlich bedrückt, und er hatte allen Glanz verloren. Er dachte immer nur an Krishna und konnte lange Zeit nicht antworten. Dann beherrschte er seinen Kummer mit viel Mühe und wischte sich die Tränen aus den Augen, doch als er Krishna nicht vor sich sehen konnte, wurde er wieder vom Leid der Zuneigung überwältigt. Er erinnerte sich an die vielen brüderlichen und freundschaftlichen Dienste, die ihm Krishna als Wagenlenker und Freund gewährt hatte, und sprach mit stockender Stimme zu seinem älteren Bruder:
Oh großer König, ich habe meinen Freund Krishna verloren und damit meine ganze Herrlichkeit und Kraft, über die sogar die Himmlischen staunten. Wenn Er nur einen Moment verloren ist, wird die ganze Welt schrecklich dunkel wie ein Körper ohne Leben. Nur durch seine Gunst konnte ich all die versammelten Könige zur Gattenwahl im Palast von Drupada besiegen, den Bogen spannen und den Fisch treffen (um die Hand von Draupadi zu gewinnen, siehe Mahabharata ab 1.186). Nur durch seine Gunst konnte ich Indra und die anderen Götter besiegen, damit der Feuergott den Khandava-Wald verzehren konnte. Nur durch seine Gunst konnten wir (den Dämon) Maya gewinnen, der durch seine Illusionskraft eine wunderschöne Versammlungshalle errichtete, wo die Könige zu unserem großen Rajasuya-Opfer ihren Tribut zahlten. Nur durch seine Gunst konnte dein jüngerer und mein älterer Bruder Bhima, der die Kraft von tausend Elefanten besitzt, für das große Rajasuya den mächtigen König Jarasandha besiegen, der seinen Fuß auf viele andere Könige gesetzt hatte, und anschließend alle Könige befreien, die er für sein Shiva-Opfer gefangen hatte, so daß sie dir im Rajasuya Tribut zahlten. Nur durch seine Gunst, wurden all die Frauen zu Witwen mit aufgelöstem Haar, deren Ehemänner im hinterlistigen Würfelspiel dafür sorgten, daß Draupadi an den Haaren vor die Versammlung gezerrt wurde und mit Tränen in den Augen Krishna zu Füßen fiel. Nur durch seine Gunst konnten wir im Waldexil vor dem Fluch des Heiligen Durvasa gerettet werden, als er mit tausend Schülern zum Essen erschien, Krishna die winzigen Reste aus unserem Topf verspeiste und damit all die Heiligen sättigte, die sich nach ihrem Bad so satt fühlten, als hätten sie die drei Welten verschlungen (siehe Mahabharata 2.262). Nur durch seine Gunst konnte ich den großen Shiva mit seiner Gattin Parvati im Kampf beeindrucken und erhielt von ihm die große (Pasupata-) Waffe, wie mir auch die anderen Götter ihre himmlischen Waffen liehen. Nur durch seine Gunst konnte ich sogar in diesem Körper den Palast meines Vaters Indra erreichen, der seinen himmlischen Thron mit mir teilte. Nur durch seine Gunst konnten meine Arme den himmlischen Bogen Gandiva halten, so daß die Götter mit Indra an der Spitze bei mir Zuflucht suchten, um ihre dämonischen Feinde zu besiegen.

Oh Nachkomme von Ajamida, nun habe ich diesen Höchsten Geist (den Purusha) verloren, der wohl sein Spiel mit mir spielt. Durch seine Freundschaft konnte ich in einem einzigen Wagen den großen Ozean der Kuru-Armee durchqueren, der voll unschlagbarer Helden war, den gestohlenen Reichtum wiedergewinnen (vermutlich die Kühe vom König der Matsyas) und von ihren Köpfen die höchst strahlenden und juwelenverzierten Turbane (als Trophäen) einsammeln. Er war mein Wagenlenker gegen die gewaltige Armee aus Kampfwagen mit zahlreichen Helden wie Bhishma, Karna, Drona und Shalya und schwächte allein durch seinen Anblick sowohl ihren Mut als auch ihre Kraft und kürzte ihre Lebenslänge. Nur durch seine Macht konnten mich die gewaltigen und schrecklichen Waffen von Drona, Bhishma, Karna, Aswatthaman, Susharman, Shalya, Jayadratha und Valhika im großen Kampf nicht überwältigen, wie die Waffen der Dämonen auch Prahlada (als großer Verehrer von Vishnu) nicht verletzen konnten. Unwissend wie ich war, habe ich meinen Freund zu meinem Wagenlenker gemacht, den Höchsten Herrn, über dessen Lotusfüße die Weisen meditieren, um Erlösung aus dem Rad der Geburten zu erreichen. Nur durch seine Macht beschützt, konnten mich die Feinde nicht überwältigen, als im Kampf die Pferde müde wurden, und wir vom Wagen abgestiegen waren (auf dem Weg zu Jayadratha, siehe Mahabharata 7.99).

Oh König, wann immer ich an die freundlichen Worte von Krishna denke, als er mich gütig und lächelnd mit „Oh Arjuna, oh Freund, oh Nachkomme der Kurus“ ansprach, will mein Herz zerbrechen. Wann immer wir zusammen ruhten, wanderten, saßen, sprachen oder aßen, verspottete ich ihn oft und sprach: „Ach, oh Freund, deine Worte sind wohl immer wahr!?“ Doch er vergab mir stets durch seine Güte, wie ein Freund seinem lieben Freund oder ein Vater seinem Sohn. Oh Bester der Könige, dieser Höchste Geist war mein bester Freund. Von ihm getrennt verlor ich mein innerstes Wesen und wurde unterwegs sogar von einer Schar ungebildeter Kuhhirten besiegt, als ich die 16.000 Ehefrauen von Krishna beschützen wollte. Ich benutzte den gleichen Bogen und die gleichen Pfeile, stand auf dem gleichen Wagen und war der gleiche Wagenkrieger, der die Armeen der vielen Könige besiegte, doch alles hatte durch die Abwesenheit meines Herrn seine Kraft verloren, als würde man geklärte Butter in kalte Asche gießen, Reichtum einem Unwürdigen geben oder Samen auf unfruchtbaren Boden werfen.

Oh König, von den Freunden, über die du mich befragt hast, leben nur noch vier oder fünf in Dwaraka. Sie wurden alle vom Fluch eines Brahmanen überwältigt, schlugen sich gegenseitig mit geballten Fäusten, tranken Reiswein, wurden von Leidenschaft ergriffen und erkannten sich nicht mehr (siehe Mahabharata Buch 16). Es geschieht alles nach dem Willen des Höchsten Herrn, daß sich die Geschöpfe einerseits gegenseitig beschützen und andererseits gegenseitig zerstören. Oh König, wie im Meer die großen und starken Tiere die kleineren und schwächeren verschlingen, so haben auch die mächtigen Yadus die Schwächeren (die Könige der Erde) geschlagen, um die Erde von ihrer großen Last zu befreien. Und nachdem sie ihre Aufgabe erfüllt hatten, haben sie sich gegenseitig selbst vernichtet. So erinnere ich mich nun an die belehrenden Worte von Krishna, die alle geistigen Sorgen zerstreuen können, und erkenne ihre Bedeutung bezüglich Ort und Zeit.

Auf diese Weise meditierte Arjuna über die Lotusfüße von Krishna mit tiefster Zuneigung, und sein Geist wurde ruhig, weit und klar. Als er durch diese vertiefte Hingabe alle seine Leidenschaften beherrschen konnte, gewann Arjuna das Wissen zurück, das ihn der Herr zu Beginn des großen Krieges gelehrt hatte und das lange durch die Geschehnisse in Raum und Zeit überdeckt war. Damit konnte er das Leiden überwinden, durch die Erkenntnis des Brahman alle Zweifel bezüglich der Dualität von Gott und Welt auflösen und sich vom groben und subtilen Körper, der Unwissenheit und seinem Karma lösen. Und als der selbstbeherrschte Yudhishthira gehört hatte, wie der Yadu-Stamm verschwunden und welchen Weg der Herr (Bhagavan) gegangen war (wird im Buch 11 noch ausführlich erklärt), richtete auch er seinen Geist darauf, zum Himmel zurückzukehren. Auch Kunti, die von Arjuna vom Untergang der Yadavas und dem Weg Krishnas hörte, beherrschte ihren Geist durch vollkommene Hingabe zu Ihm und zog sich aus der Welt zurück.

Krishna entsagte diesem Körper, mit dem er die Last der Erde erleichtert hatte, wie man einen Dorn mit Hilfe eines anderen Dorns herauszieht und beide wegwirft. Denn wie ein Schauspieler auf der Bühne verschiedene Gestalten annimmt und wieder ablegt, so verkörpert auch Er sich in verschiedenen Formen wie zum Beispiel als Fisch (Eber, Zwerg, Krishna usw.) und legte auch diesen Körper, mit dem er der Erde geholfen hatte, wieder ab. Und als Krishna, dessen Geschichten höchst verdienstvoll sind, diesen irdischen Körper abgelegt hatte, begann am gleichen Tag das dunkle Kali-Zeitalter, das für alle Unwissenden so viel Leiden bringt.

Als der weise Yudhishthira das nahe Kali-Zeitalter in seinem Königreich, seiner Stadt, seinem Haus und in sich selbst bemerkte und den Teufelskreis von Habsucht, Lüge, Heuchelei, Neid und anderer Sünden sah, wußte er, daß es nun Zeit war, zum Himmel aufzusteigen. Der selbstbeherrschte König ließ in Hastinapura seinen Enkelsohn Parikshit, der mittlerweile alle Fähigkeiten erlangt hatte, zum neuen Herrscher über das vom Ozean umkränzte Königreich krönen. Vajra, den Sohn von Aniruddha und Enkel von Krishna, bestimmte er in Mathura zum König, um das Land von Surasena zu regieren. Danach brachte er dem Großen Vater (Brahma) das große (Yoga-) Opfer dar und entfachte das große Feuer in sich selbst. In diesem Feuer der Askese verbrannte er alle seine schönen Kleider, Armreifen und anderen Ornamente. Von Anhaftung und Stolz befreit löste er alle weltlichen Bindungen, löste seine Sprache (und alle Sinnesorgane) im Denken auf, das Denken im Lebensatem (Prana), den Lebensatem in die Ausatmung (Apana), und die Ausatmung zusammen mit dem Körper der fünf Elemente in den Tod (Mrityu). Dann löste sich der Körper mit den fünf Elementen in die drei natürlichen Qualitäten (von Güte, Leidenschaft und Trägheit) auf, die drei Qualitäten in das Nichtwissen (Avidya), das Nichtwissen in die Höchste Seele (Atman), und die Höchste Seele in den Höchsten Geist des ungestalteten Brahman. Er trug nun Bastkleider, fastete, schwieg, ließ seine Haare verfilzen und erschien wie ein einfältiger, dummer und tauber Mann, der sich nicht einmal mehr um seine Brüder sorgte und nichts mehr hören wollte. Er meditierte über das Brahman und den Höchsten Geist in sich selbst und ging den altbewährten Weg der Hochbeseelten nach Norden, der keine Rückkehr kennt.

Auch seine jüngeren Brüder erkannten, daß nun alle Menschen des Königreichs vom unheilvollen Einfluß des Kali-Zeitalters ergriffen wurden, und entschlossen sich, ihrem älteren Bruder zu folgen. Sie hatten alle ihre Aufgaben in der Welt erfüllt, nahmen mit ganzer Seele Zuflucht zu den Füßen von Vishnu und meditierten über ihn. Durch die Meditation wuchs ihr Vertrauen in die Gottheit, ihr Geist wurde klar und war allein auf die Hingabe zu den Füßen Narayanas gerichtet, der die Zuflucht für alle ist, die ihre Seele von Sünde und Illusion befreien. So erreichten sie jene Region, die man mit weltlicher Anhaftung nicht erreichen kann, wurden von irdischer Sünde befreit und kehrten in ihre himmlischen Wohnstätten zurück (zu den Göttern Dharma, Indra, Vayu und den Aswins, aus denen sie verkörpert worden waren). Auch der weise Vidura konzentrierte seinen Geist durch Meditation auf Krishna, entsagte am heiligen Pilgerort Prabhasa seinem irdischen Körper und kehrte in das Reich der Toten zurück, um dort wieder sein Amt (als Totengott Yama) zu übernehmen. Schließlich erkannte auch Draupadi als sich ihre Ehemänner zurückgezogen hatten, daß ihre Aufgabe in der Welt erfüllt war, widmete sich ganz der Meditation über Krishna und kehrte zu Vishnu zurück (denn Draupadi galt als Verkörperung der Göttin Shri).

Wer mit ganzem Vertrauen diese höchst heilige und heilsame Geschichte von der himmlischen Rückkehr der Pandavas hört, den geliebten Freunden von Krishna, wird mit Hingabe zur Gottheit gesegnet und kann die Befreiung aus dem Kreislauf der Geburten erreichen.


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