Pushpak Bhagavata Purana Buch 1Zurück WeiterNews

1.4. Die Zweifel von Vyasa

Darauf sprach Saunaka, der Kenner des Rig-Veda und Älteste unter den Heiligen, die sich zu dem langen Opfer versammelt hatten, mit anerkennenden Worten:
Oh gesegneter Suta und Bester der Redner, erzähle uns diese heilige Geschichte über das Höchste, was der mächtige Suka verkündet hat. Wann und wo offenbarte er dies? Und von wem wurde der heilige Vyasa inspiriert, diesen Text zu verfassen? Sein Sohn war höchst kontemplativ, sah alles mit dem Auge der Einsicht, machte keine Unterschiede mehr, konzentrierte seine ganze Kraft auf die Gottheit, war immer hellwach gegenüber den überwältigenden Illusionen, bewegte sich demütig und benahm sich äußerlich wie ein einfältiger Mann. Als Vyasa seinem Sohn hinterherlief, bedeckten die Apsaras (die himmlischen Nymphen) schamvoll ihre Körper, während sie vom Blick seines Sohnes völlig unberührt blieben (siehe auch MHB 12.334). Und als der erstaunte Heilige die Apsaras über die Ursache ihres unterschiedlichen Verhaltens befragte, antworteten sie: „Im Gegensatz zu deinem Sohn mit gereinigter Sicht, lebst du noch in der Unterscheidung der Geschlechter.“ Wie konnten die Leute Suka erkennen, als er wie ein einfältiger Wandermönch schicksalhaft durch die Länder von Kuru und Jangala wanderte und in die Stadt Hastinapura kam? Und wie kam es zu dem Gespräch zwischen dem Heiligen und dem königlichen Nachkommen der Pandavas, aus dem dieses Purana der Hingabe floß? Er pflegte doch sonst am Wohnsitz eines Hausvaters nur solange zu verweilen und ihn mit seiner heiligen Gegenwart zu segnen, solange es dauerte, eine Kuh zu melken. Oh Suta, Parikshit, der Sohn von Abhimanyu (und Enkel von Arjuna) galt als ein König, der das Wesen der Gottheit erkannt hatte. Bitte beschreibe uns seine Geburt und Taten, die höchst wundersam waren. Warum entsagte dieser große König und Erhalter des Pandu-Stammes seiner königlichen Herrlichkeit und setzte sich an die Ufer der Ganga mit dem großen Fastengelübde? Warum beschloß dieser jugendliche Held, zu dessen Füßen sich sogar die Feinde mit reichen Geschenken verneigten, in der Blüte seines Lebens die Freuden des Wohlstands aufzugeben, die so schwer aufzugeben sind? Solche Menschen, die der Gottheit gewidmet sind, deren Herrlichkeit die geistige Dunkelheit zerstreut, leben doch nicht für sich selbst, sondern für das Glück, das Wohlergehen und den Reichtum der ganzen Welt. Warum versuchte er als Beschützer der Wesen seine sterbliche Hülle abzulegen, als wäre sie ihm eine Last? Bitte erkläre uns das alles ausführlich, denn ich betrachte dich als tiefgründigen Kenner aller Bereiche, nicht nur der Veden.

Und der Suta sprach:
Als das Dwapara-Yuga zu Ende ging und damit die dritte Drehung vom Rad der Zeit (im Zyklus der vier Yugas bzw. Zeitalter), wurde der Heilige Vyasa von Parasara gezeugt und von Vasavi (Satyavati, der Tochter von Vasu) als Teilverkörperung von Hari geboren. Eines Tages saß er gereinigt von den Waschungen im Wasser der Sarasvati (auch Göttin des Lernens) an einem einsamen Ort, als gerade die Sonne aufging. Da erkannte der Heilige mit der Sicht für Vergangenheit und Zukunft die drohende Verwirrung in den Pflichten der drei höheren Kasten, die durch den unbeschreiblich starken Strom der Zeit im Wandel der Zeitalter (Yugas) verursacht wird, und sah mit seiner himmlischen Sicht auch den daraus folgenden körperlichen Niedergang, die Zweifel, Schwächen, Trägheiten, Krankheiten und all das Unglück der Menschen. Und mit wahrhafter Sicht überlegte er nun, was zum Wohlergehen aller Kasten und Lebensweisen förderlich wäre. So betrachtete er die reinigende Kraft der vedischen Riten, die von den verschiedenen Priesterarten durchgeführt wurden, und teilte den Veda, der ursprünglich ein Ganzes war, in vier Teile, um die Kontinuität der Riten (auch im Zeitalter schwindender Geisteskraft) zu bewahren. Entsprechend entstanden die vier Veden des Rig, Yajur, Saman und Atharvan sowie die Epen und Puranas als fünfter Veda. Unter diesen Veden erhielt Paila die Meisterschaft über den Rig, der heilige Jaimini die Meisterschaft über die Saman-Lieder, Vaisampayana die Meisterschaft über den Yajur, der Heilige Sumantu aus dem Stamm der Angirasas die Meisterschaft über den Atharvan, und mein Vater Lomaharshana wurde zum Meister über die Epen und Puranas. Danach teilten diese Heiligen ihre jeweiligen Veden in weitere Teile auf, um sie ihren Schülern und deren Schülern weiterzugeben. Auf diese Weise unterteilte Vyasa aus Mitgefühl mit den Menschen im Kali-Yuga die Veden so, daß sie auch mit weniger Intelligenz bewahrt werden konnten. Und für die Frauen, Shudras (Diener) und kaum gebildeten Zweifachgeborenen, die keinen Zugang zu den heiligen Wahrheiten der Veden hatten, schuf er aus Mitgefühl das große Epos „Mahabharata“, damit auch sie das große Ziel im Leben erreichen können.

Oh Brahmanen, so war er dem Wohlergehen aller Wesen gewidmet, doch in seinem eigenen Herzen konnte der tugendhafte Heilige keine Zufriedenheit finden. Und als er in dieser unzufriedenen Stimmung an den heiligen Ufern der Sarasvati saß, sprach er zu sich:
Ich habe streng meine Gelübde eingehalten, tadellose Hingabe zu den heiligen Veden, Feuern und Lehrern geübt und deren Gebote befolgt. Ich habe die Bedeutung und Essenz der Veden im Mahabharata Epos zusammengefaßt und erklärt, worin selbst Frauen und Shudras ein Abbild der heiligen Gebote und Riten finden können. Und doch erscheint meine Seele, wie sie in diesem Körper eingeschlossen ist, trotz all dem spirituellen Licht sehr arm und unvollkommen. Liegt es daran, daß ich die Wahrheit des Höchsten Herrn, die den frommen Einsiedlern und der unveränderlichen Gottheit selbst am Herzen liegt, noch nicht gründlich erkannt habe?

Während Vyasa in unglücklicher und an sich selbst zweifelnder Stimmung solcherart nachdachte, erschien der Heilige Narada in seiner Einsiedelei. Und sogleich erhob sich Vyasa von seinem Sitz und begrüßte verehrungsvoll den Heiligen, den sogar die Götter verehren.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter