Pushpak Shiva-Purana Buch 5Zurück WeiterNews

Kapitel 44 - Mena wird gut zugeredet

Brahma fuhr fort:
Als die schöne Dame des Königs der Berge wieder zu sich gekommen war, klagte sie laut und aufgeregt, tadelte alles und jeden, auch ihre Söhne, und dann schimpfte sie mit ihrer Tochter.

Mena jammerte:
Oh Narada, du hast mir mal erzählt, daß Parvati Shiva heiraten würde. Dann hast du Himavat den Gott verehren lassen, doch nun ist die Frucht sichtbar geworden. Doch was für eine Frucht? Sinn- und bedeutungslos ist sie! Da bin ich mir sicher. Oh du bist so ein Hinterhältiger, denn du hast mich unschuldige Frau gräßlich hinters Licht geführt. Und die schwere Buße von Parvati, die sogar Weise kaum aushalten können, die ist jetzt für jeden von uns schmerzvoll geworden. Was soll ich tun? Wohin gehen? Wer wird mich trösten können? Meine Familie ist ruiniert und mein Leben verdammt. Wer sind diese sogenannten Weisen? Ich werde ihre Bärte ausreißen. Und wer ist diese gemeine Frau, die behauptete, eine fromme Ehefrau zu sein? Wessen Schuld hat mich in den Staub getreten?

Dann wandte sie sich an ihre Tochter und schalt laut mit ihr:
Oh du nichtsnutzige Tochter, was hast du getan? Mir nur große Schmerzen zugefügt! Dir wurde Gold gegeben, doch du bringst ein Stück Glas nach Hause, du schändliches Mädchen. Du hast die Sandelpaste weggeworfen und dich mit Schlamm eingerieben. Den Schwan hast du fortgejagt und streichelst eine Krähe. Das heilige Wasser hast du ausgeschüttet und trinkst aus einer Pfütze. Die Sonne hast du verloren, denn du hängst allen Ernstes an einem Glühwürmchen. Den gekochten Reis hast du weggeschüttet und dafür die Schalen gekaut. Und das Rizinusöl ziehst du geklärter Butter vor. Den Löwen beachtest du nicht, doch den Schakal willst du an deiner Seite. Und die heiligen Lehren des Brahman achtest du nicht, sondern hörst nur auf billige Geschichten. Ach Tochter, die heilige Opferasche deines Heims hast du abgewaschen und wolltest lieber den Dreck vom Leichenplatz. Die großen Herrn wie Vishnu hast du mißachtet und Buße für Shiva geübt. Dein Verstand ist nicht normal. Schande über dich. Schande über deine Vernunft. Schande über deine Schönheit und dein Betragen. Schande auch über deine Berater und deine Gefährtinnen. Und Schande über uns, denn wir brachten dich in diese Welt. Schande über dich, Narada, und Schande über die sieben Weisen, die so schlechten Rat brachten. Schande über die ganze Familie und die Wirksamkeit heiliger Riten. Schande über alles, was du getan hast. Du hast dieses Haus in Flammen gesetzt, das wird mir den Todesstoß geben. Ich will den König der Berge nicht mehr sehen. Und die sieben Weisen sollen ja fern bleiben. Wurde denn irgendetwas hier gewonnen? Im Gegenteil, unser Geschlecht ist nun am Boden, denn alle stecken unter einer Decke. Ach, warum bin ich nicht unfruchtbar? Und warum ist keine Fehlgeburt während meiner Schwangerschaft mit dieser Tochter passiert? Warum bin ich nicht gestorben? Und warum ist dieses Mädchen noch am Leben und wurde nicht längst von Dämonen verschlungen? Ich werde dir den Kopf abschlagen, doch was soll ich dann mit dem Leichnam machen? Und wenn ich mich von dir lossage, wohin soll ich dann gehen? Weh, mein Leben ist verwirkt.

Nach diesen Klagen überkam sie erneut die Ohnmacht, und sie lag am Boden, ohne jemanden in ihrer Nähe ertragen zu können. Das gab ein Weinen und Jammern, so daß die Götter herzukamen. Auch ich näherte mich, und als du, oh Narada, mich sahst, da sprachst du zu Menaka:
Du kennst nur nicht die angenehme und schöne Gestalt Shivas. Er nimmt immer alle Arten von Körpern an, um mit der Welt zu spielen. Das sind alles nicht seine wahren Formen. Oh fromme Dame, laß deinen Zorn und die Verstocktheit fahren. Tue, was getan werden muß. Gib Parvati dem Shiva.

Doch Mena erwiderte ärgerlich:
Oh du Gemeiner, geh fort und laß dich hier nie mehr sehen. Du bist so hinterhältig.

Da ergriffen die Götter das Wort:
Oh Mena, du gute Tochter der Ahnen, höre uns in Liebe an. Shiva ist der Höchste Herr und Verleiher der größten Freuden. Er ist immer wohlwollend zu seinen Verehrern. Als er die Buße deiner Tochter sah, kam er zu ihr und gewährte ihr ihren Wunsch.

Doch Menaka schrie auf:
Nein, meine Tochter gebe ich nicht dem häßlichen Shiva! Warum habt ihr euch alle verschworen, ihre Schönheit unfruchtbar zu machen?

Als nächstes kamen die sieben Weisen und versuchten, sich bei ihr Gehör zu verschaffen:
Oh Geliebte des Berges, wir kamen, um Bedeutendes zu vollbringen. Wie kannst du denken, wir sind gegen dich? Schon die Sicht auf Shiva ist größter Gewinn. Und er kam zu deinem Haus und bittet um eine Gabe.

Doch Mena blieb unbeeindruckt von ihren Worten. Ihr Ärger war übermächtig und ihre Weisheit schwach, als sie zu den Weisen sprach:
Bevor ich sie Shiva übergebe, bringe ich sie lieber um. Geht alle weg. Ich will euch nicht sehen.

Dann schrie sie auf in ihrer Qual, und viele stimmten in ihr Weinen ein. Bei dem Tumult versuchte nun Himavat sein Glück. Mit zärtlichen Worten sprach er zu seiner Gattin und erklärte ihr liebevoll die Realität der jetzigen Lage:
Geliebte Mena, höre meine Worte. Wie kam es, daß du so außer dir bist? So viele bedeutende Wesen kamen in unseren Palast. Und du beleidigst sie. Du kennst Shiva nicht, hast ihn nicht erkannt. Shiva hat viele Namen und viele Formen. Und nur, weil du eine seiner häßlichen Gestalten gesehen hast, bist du nun aufgeregt. Ich habe ihn wahrlich geschaut. Er ist unser aller Beschützer. Er ist der höchsten Verehrung würdig, denn er segnet und straft. Sei nicht trotzig, du makellose Liebe. Und versenke dich nicht im Kummer. Erhebe dich, eile und komm deinen Pflichten nach, meine Tugendhafte. Laß mich dich an einen früheren Vorfall erinnern, als Shiva in gräßlicher Gestalt zu unserem Palast kam und sein Wirken entfaltete. Doch dann erkannten wir seine wahre Größe und entschieden, ihm unsere Tochter zu geben. Meine Liebe, halte nun dieses gegebene Versprechen.

Als er schwieg, sprach Mena zu ihm:
Oh Herr, höre auch meine Worte. Und dann kannst du sie ausführen. Nimm unsere Tochter, binde sie und wirf sie in einen bodenlosen Abgrund. Oder ertränke sie im tiefen Meer und sei dann froh. Ich werde sie nicht Shiva geben. Doch wenn du sie diesem Fratzenhaften gibst, dann lege ich sofort diese sterbliche Hülle ab.

Nun erhob Parvati ihre süße Stimme:
Oh Mutter, dein edler Verstand ist ganz verdreht. Warum verachtest du plötzlich die Tugend, wo du doch allein von Tugend abhängst? Es gibt niemand Größeren als Shiva. Er ist der Ursprung allen Lebens. Er ist schön, spendet Freude, und die Veden loben ihn. Er gibt allen Segen und ist der Herr der Götter. Er ist der Herrscher über das Selbst. Oh Mutter, natürlich hat er viele Körper und Namen. Und ihm dienen alle Götter, auch Vishnu und Brahma. Er ist der Schöpfer, Erhalter und Vernichter. Er kennt keine Verwirrung, ist unzerstörbar, ewig und der Herr der drei Götter. Nur wegen ihm kamen die Götter zu uns. Sie stehen als ehrenwerte Gäste in feierlicher Stimmung an deiner Schwelle. Welches Glück begehrst du darüber hinaus? So steh auf und eile, dein Leben verdienstvoll zu machen. Übergib mich Shiva, damit auch mein Mühen Früchte trägt. Oh Mutter, gib mich dem Shiva, dem großen Herrn. Ich flehe dich demütig an, so erfülle meine Bitte. Wenn du mich Shiva verweigerst, werde ich keinen anderen Mann je ansehen. Wie könnte der durchtriebene Schakal es wagen, den Anteil des Löwen zu rauben? Ach Mutter, es ist Shiva, den ich in Worten, Gedanken und Taten zu gewinnen suche. Handle nun, wie du denkst.

Erneut klagte Mena über die Worte ihrer Tochter, wurde dann wütend, packte ihre Tochter und schlug zähneknirschend auf sie ein. Die Weisen trennten die Rasende von Parvati und brachten die Maid in Sicherheit. Das lenkte Menas Zorn nun auf die Weisen, die sie wieder und wieder mit groben Worten laut beschimpfte:
Ihr werdet schon sehen, was ich mit der übelgesinnten Parvati mache. Ich werde ihr tödliches Gift geben oder sie in einen tiefen Brunnen stoßen. Oder ich hacke sie in viele Stücke und versenke sie im wilden Meer. Oh, was für einen gräßlichen Bräutigam hat sie sich nur ausgesucht? Das hat mich und den Herrn der Berge, ach, die ganze Familie zum Gespött gemacht. Er hat weder Mutter noch Vater, keinen Bruder noch anderen Verwandten. Er hat ja noch nicht einmal einen Stamm. Ich sehe keine Schönheit, kein Geschick, nicht mal ein eigenes Haus. Seine Kleider sind furchtbar, er trägt keine Ornamente und hat keine Edelleute um sich. Sein Reittier ist unedel, er ist weder wohlhabend noch jung oder anziehend. Und dann diese Unsauberkeit und der abstoßende Körper - er kann nicht klug sein. Was hat er denn, was mich dazu bringen würde, ihm meine Tochter zu geben?

Und so klagte und jammerte sie in einem fort und konnte sich nicht beruhigen. Also trat ich als Schöpfergott vor sie ihn und erklärte ihr alles Wichtige über Shiva, was ihre verdrehte Wahrnehmung heilen sollte:
Oh Mena, höre mit Liebe und Achtung meine guten Worte, damit sich deine üblen Absichten auflösen. Shiva ist der Schöpfer, Erhalter und Vernichter des Universums. Erkenne doch seine wahre Essenz! Warum suchst du Zuflucht in Sorgen? Der Herr hat viele Namen und nimmt allerlei Gestalten an. Sein himmlisches Wirken ist vielfältig. Er ist der Meister von uns allen und immer unabhängig. Er selbst ist frei von zweifelhaften Gegensätzen, doch er ist auch der Meister aller Trugbilder. Erkenne dies, oh Mena, und gib deine Tochter dem großen Herrn. Gib deine unangebrachte Sturheit auf. Deine bösen Absichten verhindern jegliche gute Tat.

Mena jedoch schrie und jammerte weiter. Nach und nach verlor sie alle Scham und sprach zu mir:
Oh Brahma, warum vernichtest du nicht gleich ihre außerordentliche Schönheit? Warum tötest du sie nicht selbst? Erzählt mir nicht immer wieder, daß sie zu Shiva gehört. Sie ist mir lieber als mein Leben, und ich gebe sie nicht diesem Häßlichen.

Jetzt kamen die himmlischen Siddhas und versuchten liebevoll, Mena zu besänftigen. Sie sprachen:
Shiva ist das höchste Wesen und verleiht daher auch höchste Glückseligkeit. Aus reiner Liebe gewährte er deiner Tochter seine Vision.

Doch schluchzend gab Mena zurück:
Meinen Schatz gebe ich nicht dem gräßlichen Shiva. Warum versucht auch ihr Himmlischen die Schönheit meiner Tochter zu vernichten?

Jetzt schwiegen wir alle und standen wie gelähmt. Es war der Augenblick, daß Vishnu, dieser Liebling Shivas, erschien und wie folgt sprach:
Du bist die geliebte, geistige Tochter der Ahnen, und du verfügst über alle guten Eigenschaften. Du bist die Gemahlin des Königs der Berge. Dein ist das vorzügliche Geschlecht des Brahma, und die Welt ist voller Wesen, die dir Gutes wünschen. Du bist wahrlich gesegnet. Ja, wozu viele Worte? Du bist die Förderin der Tugend an sich. Doch warum verweigerst du dich jetzt der Tugend? Überdenke dies in deinem Innern. Könnten die Götter, Weisen, Brahma oder ich irgendetwas gegen dich sagen? Du kennst Shiva nicht. Er hat Eigenschaften, und er hat keine. Er ist häßlich und schön. Er ist immer würdig, verehrt zu werden. Er ist das einzige Ziel aller Guten. Die unentfaltete Natur wurde von ihm allein geschaffen. Und mit ihr schuf er das urerste Wesen. Erst danach schuf er Brahma und mich. Und innerhalb der drei natürlichen Qualitäten inkarnierte er selbst zum Wohle der Welten. Die Veden kommen aus ihm, die Götter stammen von ihm ab, und alles, was hier kreucht und fleucht ist nur aus ihm entsprungen. Wer könnte seine Form beschreiben? Wer könnte ihn ganz und gar erkennen? Selbst Brahma und ich konnten ihn nicht erfassen. Was immer du in diesem Universum siehst, vom kleinsten Grashalm bis zu Brahma, ist mit Shiva identisch. Erkenne dies und zweifle nicht länger. Nur um himmlisches Wirken möglich zu machen, inkarnierte er in göttlicher Gestalt, und in solcher hat ihn Parvatis Buße gefesselt, so daß er nun an deiner Schwelle steht. Oh Gattin des Himavat, verbanne deine Bedenken. Ehre Shiva, und du wirst große Freude erfahren. Aller Schmerz wird vergehen.

Ein wenig beruhigte sich Menakas Geist nach diesen lieben Worten Vishnus. Doch trotzig hielt sie an ihrer Absicht fest, Parvati niemals Shiva zu geben, denn Shivas Verblendung ist mächtig. Mit etwas Licht in ihren Gedanken sprach sie dann zu Vishnu:
Nur, wenn er eine liebliche Gestalt annimmt, gebe ich meine Tochter frei, sonst könnt ihr tausendmal bitten. Das ist mein fester Entschluß.

Dann schwieg Mena verstockt, von Shivas Magie ganz und gar eingenommen, denn Shivas Wille ist allmächtig.


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