Pushpak Vishnu PuranaZurück WeiterNews

4.6. Die Geschichte von König Pururava

Maitreya sprach:
Du hast mir, oh ehrwürdiger Lehrer, die Könige der Sonnendynastie beschrieben, die von Surya abstammen. So sprich nun auch über die Könige der Monddynastie, die von Soma abstammen, und deren Geschlechter noch heute für ihre ruhmvollen Taten gefeiert werden. Oh Brahmane, gewähre mir diese Gunst, denn du bist wirklich fähig dazu.

Und Parasara sprach:
Du sollst von mir, oh Maitreya, die Geschichte der berühmten Monddynastie hören, die viele gefeierte Herrscher der Erde hervorgebracht hat. Dieser Stamm ist durch die königlichen Qualitäten wie Kraft, Tapferkeit, Herrlichkeit, Umsicht und Tätigkeit gesegnet. Dazu gehören die Monarchen Nahusha, Yayati, Kartavirjarjuna und andere berühmte. Höre mir achtsam zu, wie ich diesen Stamm beschreibe. Atri war der Sohn von Brahma, dem Schöpfer des Weltalls, der aus der Lotusblume vom Bauchnabel Narayanas entstand. Der Sohn von Atri war Soma (der Mondgott), den Brahma zum König der Pflanzen, Brahmanen und Sterne bestimmte. Soma vollbrachte das Rajasuya-Opfer, doch mit dem erworbenen Verdienst und der umfassenden Herrschaft, die ihm damit gegeben war, wurde er stolz und ausschweifend, und entführte Tara, die Ehefrau von Vrihaspati, dem Lehrer der Götter. Vergebens bemühte sich Vrihaspati, seine Gattin wiederzuerlangen. Vergebens gebot Brahma Einhalt, und vergebens rügten ihn die heiligen Weisen. Soma weigerte sich, die Dame zurückzugeben. Usanas, der Lehrer der Dämonen, ergriff aus Feindseligkeit gegen Vrihaspati Partei für Soma. Dagegen war Rudra als Schüler von Angiras, dem Vater von Vrihaspati, seinem Lehrer behilflich. Jambha, Kujambha und alle anderen Dämonen und Götterfeinde folgten dagegen ihrem Lehrer Usanas und standen auf der Seite von Soma. Während Indra und alle anderen Götter die Verbündeten ihres Lehrers Vrihaspati waren. Darauf folgte ein wilder Streit um Tara, der Tarakamaya genannt wurde. Die Götter schleuderten unter der Führung von Rudra ihre Waffen gegen die Dämonen, und die Dämonen griffen mit gleicher Kraft die Götter an. Die Erde wurde durch diesen Kampf zwischen so mächtigen Feinden bis ins Innerste erschüttert und suchte Schutz und Zuflucht bei Brahma, der daraufhin Usanas mit den Dämonen und Rudra mit den Göttern befahl, den Streit zu beenden, und Soma zwang, Tara ihrem Ehemann wiederzugeben.

Doch Vrihaspati fand, daß sie schwanger war, und verlangte von ihr, diese Last nicht länger zu tragen. Sie folgte seinem Gebot, stieß das Kind aus ihrem Mutterleib und legte es auf ein Bündel aus langem Munja Gras. Doch das Kind war von Geburt an mit einer strahlenden Herrlichkeit begabt, die den Glanz jeder anderen Gottheit verdunkelte. Und so kam es, daß sowohl Vrihaspati als auch Soma von seiner Schönheit fasziniert waren und ihren Anspruch auf das Kind erhoben. Um neuen Streit zu vermeiden, appellierten die Götter an Tara, den wahren Vater zu verkünden, aber sie schämte sich und gab keine Antwort. Als sie auch nach wiederholter Aufforderung stumm blieb, wurde das Kind zornig und drohte, sie zu verfluchen. Es sprach:
Wenn du, oh treuloses Weib, nicht sofort meinen Vater nennst, werde ich dich zu einem Schicksal verdammen, daß keine Frau in Zukunft mehr zögern wird, die Wahrheit zu sprechen.

Darauf mischte sich Brahma ein, beruhigte das Kind und sprach zu Tara:
Sage mir, oh Tochter, ist das Kind von Vrihaspati oder von Soma.

Und Tara errötete und sprach:
Von Soma.

Mit diesen Worten erstrahlte der Sternenkönig mit hellem Gesicht, breitete sich voller Entzücken aus, umarmte seinen Sohn und sprach:
Wohlgetan, mein Junge! Wahrlich, du bist weise!

Damit erhielt er den Namen Budha. Und wie ich bereits beschrieben habe, zeugte Budha zusammen mit Ila den Sohn Pururava. Dieser König wurde für seine Großzügigkeit, Hingabe, Herrlichkeit und Wahrhaftigkeit weithin berühmt. Zu seiner Zeit geschah es, daß die Apsara Urvasi durch einen Fluch von Mitra und Varuna ihre Wohnstätte in der Welt der Sterblichen nehmen mußte und Pururava erblickte. Ein Blick genügte, und sie vergaß jegliche Zurückhaltung und die Freuden des Himmels, und verliebte sich zutiefst in den König. Und auch Pururava erkannte, daß Urvasi an Grazie, Anmut, Eleganz, Feinheit und Schönheit alle anderen Frauen weit übertraf und war ebenso fasziniert. So hatten beide ähnliche Gefühle und fanden, daß sie füreinander bestimmt waren, ohne noch an andere zu denken. Pururava vertraute auf seine Verdienste und sprach zur Apsara:
Oh Schönste, ich liebe dich! Sei mir gnädig und erwidere meine Zuneigung.

Und Urvasi neigte bescheiden ihren Kopf und antwortete:
Ich bin bereit, wenn du meine Bedingungen beachten willst.

Und auf die Frage des Königs nach den Bedingungen erklärte sie:
Ich habe zwei Widder, die ich wie Kinder liebe. Sie müssen stets in der Nähe meiner Schlafstätte sein und dürfen nie entfernt werden. Darüber hinaus mußt du dafür sorgen, daß ich dich nie unbekleidet sehe, und geklärte Butter allein soll meine Speise sein.

Der König gab sogleich seine Zustimmung. Danach wohnten Pururava und Urvasi zusammen in Alaka und vergnügten sich in den Gärten und Lotusteichen von Chaitraratha (dem Garten Kuveras) sowie in den angrenzenden Wäldern über einundsechzigtausend Jahre. Die Liebe von Pururava für seine Frau wuchs jeden Tag, und die Zuneigung von Urvasi vermehrte sich ebenso in ihrer Glut. So sehnte sie sich nie nach der Wohnstätte der Unsterblichen zurück. Wohingegen die Himmlischen am Hof von Indra sowie die Apsaras, Gandharvas und Yakshas oft an Urvasi dachten und den Himmel aller Schönheit beraubt fanden. Und in Kenntnis der Abmachung zwischen Urvasi und dem König wurde Viswavasu von den Gandharvas beauftragt, eine Verletzung des Vertrags zu provozieren. Er erschien eines Nachts in ihrem Schlafraum und trug einen der Widder fort. Urvasi erwachte durch sein Blöken und rief:
Weh mir! Wer hat eines meiner Kinder gestohlen? Hätte ich einen fähigen Ehemann, wäre dies nicht geschehen! Wen soll ich nun um Hilfe bitten?

Der König hörte ihre Wehklagen, aber bedachte, daß er unbekleidet war und Urvasi ihn in diesem Zustand nicht sehen dürfte. So verließ er sein Bett nicht. Danach kamen die Gandharvas und stahlen auch den anderen Widder. Als Urvasi wieder sein Blöken hörte, klagte sie erneut, daß sie als Frau keinen Beschützer hätte und die Gattin eines feigen Königs sei, der so ein Verbrechen zuläßt. Dies erzürnte Pururava bis ins Tiefste und in der Hoffnung, daß ihn die Apsara in der Dunkelheit nicht sehen würde, erhob er sich, ergriff sein Schwert und begann, die Räuber zu jagen. Doch in diesem Moment ließen die Gandharvas helle Blitze im Schlafgemach aufleuchten, und Urvasi erblickte den nackten König. Damit war der Vertrag doppelt gebrochen, und augenblicklich verschwand die Apsara. Die Gandharvas gaben die Widder auf und kehrten in das Reich der Götter heim. Als der König die Tiere wiedererlangt hatte, kam er voller Freude ins Schlafgemach zurück, aber konnte Urvasi nirgends finden und begann, wie ein Wahnsinniger nackt durch die Welt zu irren. Nach einer Weile kam er nach Kurukshetra, und dort erblickte er Urvasi, die sich mit vier anderen himmlischen Apsaras in einem See voller Lotusblüten vergnügte. Sogleich lief er zu ihr und rief:
Oh geliebte Ehefrau, kehre zu mir zurück!

Doch die Apsara antwortete:
Oh mächtiger Monarch, trenne dich von diesem unerfüllbaren Gedanken. Doch wisse, ich bin schwanger. Geh nun fort und komm in einem Jahr hierher zurück. Dann werde ich dir deinen Sohn übergeben und eine Nacht mit dir verbringen.

Das tröstete Pururava, und so kehrte er in seine Hauptstadt zurück. Und Urvasi sprach zu ihren Begleiterinnen:
Dieser König ist ein ausgezeichneter Sterblicher. Ich lebte mit ihm lange zusammen, und wir waren voller Liebe verbunden.

Darauf antworteten sie:
Das war wohlgetan von dir. Er ist wahrlich voller Herrlichkeit und Schönheit. Mit einem solchen Mann würden auch wir für immer glücklich leben wollen.

Als das Jahr abgelaufen war, trafen sich Urvasi und der König erneut auf Kurukshetra, und sie übergab ihm seinen erstgeborenen Sohn Ayu, und diese jährlichen Treffen wiederholten sich, bis sie ihm fünf Söhne geboren hatte. Dann sprach sie zu Pururava:
Oh König, aus Verehrung für mich haben alle Gandharvas ihre gemeinsame Absicht verkündet, dir einen Segen zu gewähren. So bitte um deinen Herzenswunsch.

Und der König antwortete:
Ich habe alle meine Feinde besiegt. Meine Fähigkeiten sind vollkommen, und ich bin mit Freunden, Verwanden, Armeen und Schätzen gesegnet. Es gibt nur eines, was ich mir nicht erfüllen kann. Und das ist ein Leben im Reich meiner geliebten Urvasi. Deshalb ist es mein einziger Wunsch, mit ihr zusammen zu leben.

Als er so gesprochen hatte, brachten ihm die Gandharvas einen Behälter mit Feuer und sprachen zu Pururava:
Nimm dieses Feuer und teile es gemäß den Geboten der Veden in drei Feuer. Dann konzentriere deinen Geist auf den Wunsch, mit Urvasi zu leben, und bringe Opfergaben dar. So wird sich dein Wunsch sicherlich erfüllen.

Der König nahm den Behälter und ging fort. Doch als er in einen Wald kam, begann er nachzudenken, welche große Dummheit es war, den Feuertopf anstatt seiner Ehefrau wegzutragen. So ließ er den Behälter im Wald zurück und ging niedergeschlagen zu seinem Palast. Gegen Mitternacht erwachte er und erkannte, daß die Gandharvas ihm den Feuertopf gegeben hatten, damit er das Glück eines Lebens mit Urvasi erreichen könne, und daß es dumm von ihm war, ihn zurückzulassen. So entschloß er sich, ihn wiederzuholen, erhob sich und ging zu jenem Ort, wo er den Behälter abgesetzt hatte. Aber er war weg. An seiner Stelle sah er einen jungen Aswattha Baum aus einem Sami Baum wachsen, und er sprach zu sich selbst:
Ich ließ an diesem Ort einen Topf mit Feuer zurück und sehe jetzt einen jungen Aswattha Baum aus einem Sami wachsen. Wahrlich, ich werde dieses Holz, in dem das Feuer verborgen liegt, in meine Hauptstadt bringen, durch Reibung Feuer erzeugen und es verehren.

Entschlossen brachte er das Bäumchen in seine Stadt und machte daraus Feuerhölzer, die so viele Zoll lang waren, wie es Silben im Gayatri-Mantra gibt (nämlich 24). Er rezitierte dieses heilige Mantra und rieb die Stöcke aneinander. Nachdem er das Feuer entzündet hatte, teilte er es gemäß den Geboten der Veden dreifach, brachte damit Opfergaben dar und konzentrierte sich auf seinen Wunsch der Wiedervereinigung mit Urvasi. Auf diese Weise vollbrachte Pururava viele Opfer, wie man sie mithilfe des Feuers darbringen sollte, und erreichte die Region der Gandharvas, wo er von seiner Geliebten nicht mehr getrennt war. Und so wurde auch das Feuer, das zuerst ein Ganzes war, im gegenwärtigen Manwantara vom Sohn der Ila dreifach gemacht (Dakshina, Garhapatya und Ahavaniya).


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