Pushpak Vishnu PuranaZurück WeiterNews

1.7. Die Geburt weiterer Wesen

Parasara sprach:
So entstanden aus der Konzentration von Brahma seine geistgeborenen Nachkommen mit Formen und Eigenschaften aus seiner Natur. Man nennt sie verkörperte Wesen, die aus dem Wesen der allwissenden Gottheit geboren wurden. So erschienen all die Geschöpfe, von den Himmlischen bis zu den unbelebten Dingen, wie zuvor erklärt, durch die Wirkung der drei natürlichen Qualitäten. Damit sie sich auf rechte Weise entwickeln, schuf Brahma weitere geistgeborene Söhne, die ihm selbst gleich waren, nämlich Bhrigu, Pulastya, Pulaha, Kratu, Angiras, Marichi, Daksha, Atri und Vasishta. Diese neun Rishis werden in den Puranas als die Söhne Brahmas gelobt. Zuvor wurden bereits Sananda und die anderen heiligen Rishis als Söhne von Brahma geboren, aber aufgrund höchster Erkenntnis waren sie ohne Begierde und Zorn. Und so verstrickten sie sich weder in die Welt noch strebten nach Nachkommenschaft. Angesichts dieser Gleichgültigkeit bezüglich der Schöpfung erhob sich in Brahma ein Zorn, der fähig war, die ganze dreifache Welt zu verbrennen. Als diese Flammen aus seinem Zorn Himmel, Erde und Hölle erleuchteten, erschien Rudra aus seiner gerunzelten Stirn, so lodernd wie die Mittagssonne und mit einem furchterregend riesigen Körper, der halb männlich und halb weiblich war. Und Brahma sprach zu ihm: „Teile dich!“, und verschwand vor ihm. Daraufhin trennte das Wesen seine weibliche Natur von der männlichen, und teilte den männlichen Teil in weitere elf Teile (die elf Rudras). Und den weiblichen Teil trennte er in das Schöne und Häßliche, das Milde und Wilde sowie das Helle und Dunkle. Dann erschuf Brahma den aus seinem Geist geborenen Manu (Swayambhuva), um die Geschöpfe zu beschützen und zu regieren. Dieser Manu nahm Satarupa (die Vielgestaltige) zur Gattin, welche durch Entsagung von aller Sünde gereinigt war.

Aus dieser Verbindung wurden zwei Söhne geboren, die Könige Priyavrata und Uttanapada, sowie zwei Töchter namens Prasuti (Fruchtbarkeit) und Akuti (Absicht), die mit Lieblichkeit und Verdienst gesegnet waren. Prasuti gab der Vater in die Ehe mit dem Stammvater Daksha und Akuti (Absicht) in die Ehe mit dem Stammvater Ruchi (Geschmack). Aus der ersten Verbindung entstanden die Zwillinge Yajna (Opfer) und Dakshina (Opfergabe), die später heirateten und zwölf Söhne bekamen. Diese waren die Götter namens Yamas in der Epoche (Manwantara) dieses selbstgeborenen Manus. Daksha zeugte dann mit Prasuti (Fruchtbarkeit) weitere vierundzwanzig Töchter. Ihre Namen waren Glaube, Wohlstand, Beständigkeit, Genügsamkeit, Nahrung, Handlung, Intelligenz, Vernunft, Bescheidenheit, Körperlichkeit, Frieden, Vollkommenheit und Würde. Diese dreizehn Töchter von Daksha und Prasuti wurden mit Dharma verheiratet, während die verbleibenden jüngeren elf Töchter, nämlich Berühmtheit, Wahrheit, Fähigkeit, Gedächtnis, Zuneigung, Geduld, Demut, Wohltätigkeit, Energie, Swaha (Verehrung der Götter) und Swadha (Verehrung der Ahnen) in die Ehe mit den Munis Bhrigu, Bhava, Marichi, Angiras, Pulastya, Pulaha, Kratu, Atri, Vasishta, Agni und den Pitris gegeben wurden. Die Nachkommenschaft von Dharma mit den Töchtern von Daksha war wie folgt: Glaube gebar Liebe, Wohlstand gebar Stolz, Beständigkeit gebar Beherrschung, Genügsamkeit gebar Zufriedenheit, Nahrung gebar Hunger, Intelligenz gebar Erkenntnis, Handlung gebar Bestrafung, Justiz sowie Anstand, Vernunft gebar Weisheit, Bescheidenheit gebar Tugend, Körperlichkeit gebar Arbeit, Frieden gebar Glück, Vollkommenheit gebar Seligkeit, und Würde gebar Ruhm. Diese waren alles Kinder von Dharma. Und später gebar die Freude mit der Liebe das Enkelkind Vergnügen.

Mit der Zeit wurde auch die Hinterlist zur Gattin der Ungerechtigkeit (Adharma), und sie brachten den Sohn Betrug und die Tochter Bosheit zur Welt. Diese heirateten untereinander und hatten wiederum zwei Söhne, Angst und Hölle, sowie zwei Töchter, Illusion (Maya) und Qual. Auch diese heirateten untereinander. Das Kind von Angst und Illusion war der Tod (Mirtyu), und das Kind von Hölle und Qual war das Leiden (Dukha). Die Kinder des Todes waren wiederum Krankheit, Verfall, Sorgen, Begierde und Haß. Diese gelten als Verursacher des Elends und als Nachkommen der Ungerechtigkeit und Untugend (Adharma). Doch sie alle waren unfruchtbar und blieben ohne Nachkommenschaft. Man betrachtet sie als die schrecklichen Formen von Vishnu, und sie wirken als beständige Ursachen des Untergangs dieser Welt. Dagegen wirken Daksha, Marichi, Bhrigu und die anderen Rishis und Stammväter der Menschheit beständig zur Erneuerung der Schöpfung, während Manu und seine königlichen Söhne voll herrschaftlicher Macht den Pfad der Tugend und Gerechtigkeit gehen und alles zur Bewahrung der Schöpfung tun.

Maitreya fragte:
Oh Brahmane, was ist die wesentliche Natur dieser beständigen Schöpfung, Erhaltung und Zerstörung?

Parasara sprach:
Der Eine und Unergründliche, der die Vielfalt der Formen annimmt, bewirkt auch die beständige Schöpfung, Erhaltung und Zerstörung im Universum. Die Zerstörung bzw. Auflösung der Geschöpfe ist von vierfacher Art: zyklisch, elementar, vollkommen und kontinuierlich. Die erste Art, die auch Brahma Auflösung genannt wird, erscheint am Abend der Schöpfung, wenn der Vater der Welt müde wird und im Schlaf versinkt. Und wenn sich (am Lebensende von Brahma) das goldene Ei der Welt zuerst in die fünf Elemente und dann in die unentfaltete Natur zurückzieht, spricht man von der elementaren Auflösung. Die vollkommene Auflösung der Welt ist die Verschmelzung der Yogis mit der Höchsten Seele durch Selbsterkenntnis, was auch Befreiung (Moksha) genannt wird. Die kontinuierliche Auflösung ist die vergängliche Zeit, das alltägliche Vergehen von allem, was geboren wurde.

Entsprechend bezeichnen die Kenner der Puranas das Erwachen von Brahma als die zyklische Schöpfung, die Entstehung der Elemente aus der unentfalteten Natur als die elementare Schöpfung und das alltägliche Entstehen von Geschöpfen als die kontinuierliche Schöpfung. (Die vollkommene Schöpfung wäre dann Vishnu selbst). Auf diese Weise lebt der mächtige Vishnu in allen Wesen und erscheint als Schöpfung, Erhaltung und Zerstörung. Oh Maitreya, die Fähigkeit von Vishnu zum Schaffen, Bewahren und Auflösen wirkt beständig in allen körperlichen Wesen im Laufe der Zeit. Wer sich von diesem Einfluß befreit, der von den drei natürlichen Qualitäten (der Leidenschaft, Güte und Trägheit) beherrscht wird, erreicht das Höchste Dasein von Vishnu, von wo kein Wesen mehr zurückkehren muß.


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