Pushpak Shiva-Purana Buch 7Zurück WeiterNews

Kapitel 13 - Indra und Vrihaspati bei Shiva

Vyasa fragte:
Oh heiliger Sohn des Brahma, ich habe schon einmal davon gehört, daß Shiva den großen Dämonen Jalandhara schlug. Bitte erzähl mir die Geschichte in allen Einzelheiten, du Kluger. Denn wer könnte je von den herrlichen Geschichten des mondbekränzten Gottes gesättigt sein?

Ruhig und gelassen gab da Sanatkumar zur Antwort:
Nun Weiser, es geschah einmal, daß Indra und Vrihaspati hingebungsvoll zum Kailash gingen, um Lord Shiva zu sehen. Doch dieser wollte sie prüfen, und stellte sich ihnen als nackter Asket mit leuchtendem Gesicht und verfilztem Haar entgegen. Und als Indra und Vrihaspati freudig wanderten, sahen sie plötzlich diesen hochgewachsenen, nackten und seltsamen Mann. Er war still, gesammelt, mit schönem, strahlendem Antlitz, langen Armen und breiter Brust. Und doch war er auch schrecklich anzusehen.

Ohne in ihm Shiva zu erkennen, sprach Indra stolz auf seine Stellung und den Reichtum der drei Welten zu dem Asketen, der ihnen den Weg versperrte:
Oh, wer bist du? Woher kommst du? Sag mir aufrichtig, wie lautet dein Name? Ist Lord Shiva zu Hause oder ist er ausgegangen?

Doch der nackte Asket sprach kein Wort. Indra fragte noch mehrere Male, wieder nur Schweigen. Da wurde Indra zornig und tadelte den Asketen mit dem verfilzten Haar:
Oh du Hinterhältiger, ich frage dich, doch du antwortest nicht. Ich werde dich mit meinem Donnerblitz strafen, wenn niemand kommt, dich zu retten.

Aufgebracht starrte Indra den Asketen an, erhob seinen Donnerblitz, doch Shiva lähmte erst seine Hand und wurde dann selbst zornig. Seine Augen blitzten fürchterlich, und er loderte in einem unerträglichen Glanze. Auch Indra brannte im Innern wegen des gelähmten Arms wie eine Schlange, die mit Magie gezügelt wurde.

Doch als Vrihaspati das Strahlen des Asketen sah, erkannte er Shiva in ihm und verbeugte sich sofort. Er faltete seine Hände in Ehrfurcht, warf sich auf den Boden und sprach demütig:
Verehrung dem Shiva, dem Anführer der Götter, der höchsten Seele, dem dreiäugigen Herrn mit den verfilzten Locken. Verehrung dem helfenden Herrn der Geplagten, dem Sieger über den Dämonen Andhaka und Tripura, der identisch ist mit Brahma und dem höchsten Guru. Verehrung dem Gott mit dem starren Blick, der verschiedenste Gestalten und Gesichter annehmen kann, und der jenseits aller Formen ist. Verehrung dem Vernichter von Dakshas Opfer, dem Verleiher der Früchte jedes Opfers, der identisch ist mit dem Opfer und die Ursache aller heilsamen Riten. Verehrung dem Shiva, dem von Zeit Unabhängigen, der schwarze Schlangen trägt, allgegenwärtig ist und der große Herr. Verehrung dem, der Brahmas Kopf abtrennte und den Brahma und der Mond lobpreisen. Verehrung dir, der du Brahmanen gnädig bist und die große Seele. Du bist Feuer, Wind, Raum, Wasser, Erde, Sonne, Mond, Sterne und Planeten. Du bist Vishnu und Brahma und wirst gleichzeitig von ihnen verehrt. Du bist Narada und Sanaka und die himmlischen Weisen. Du bist alles und sein Herr. Du allein bist der Herrscher über die Welten, die Seele des Universums. In dir kommt alles zusammen, du fließt in alles aus und bist doch jenseits von allem. Du allein bist größer als die ganze Natur. Mit der Qualität der Leidenschaft erschaffst du die Welten und nennst dich Brahma. In der Qualität der liebenden Güte bist du Vishnu und beschützt das Universum. Und mit der Qualität der Trägheit nimmst du die Gestalt von Rudra an und verschlingst die Welten, welche aus den fünf Elementen zusammengesetzt sind, oh großer Herr. Die Sonne lodert mit der Kraft, die sie aus der Meditation über dich erhält, der Mond verströmt seinen Nektar, und der Wind bläst. Oh Shiva, Schöpfer des Universums, die Wolken spenden Regen, Indra und seine Söhne beschützen die Welten und ja, alle führen ihre Aufgaben aus, weil sie über dich meditieren. Sie ehren dich, sie fürchten dich, sie lieben dich. Und wenn die Menschen auch nicht die Götter ehrten - indem sie deinen Lotusfüßen dienen, erfreuen sie sich doch am Wohlstand der Welt. Wer dir dient, gelangt zum Höchsten, was nicht einmal Yogis erlangen können.

Diese Lobeshymne ließ auch Indra zu Füßen Shivas niedersinken. Und Vrihaspati fuhr mit geneigtem Haupt demütig bittend fort:
Oh Shiva, du hast immer Mitgefühl mit den Kummervollen, bitte hebe Indra wieder auf, der dir nun zu Füßen liegt. Und besänftige den Zorn, der aus deinen Augen sprüht. Sei wieder beruhigt, großer Herr, und hilf Indra, der bei dir Zuflucht sucht. Oh bitte stille das Feuer, welches das Auge auf deiner Stirn lodern läßt.

Doch Shiva sprach mit donnernder Stimme:
Oh Vrihaspati, wie kann ich den Zorn wieder in mich aufnehmen, der schon aus meinem Auge trat? Eine Schlange kann auch nicht die Haut wieder anziehen, die sie schon einmal abgestreift hat.

Mit furchtbewegtem Geist antwortete Vrihaspati niedergeschlagen:
Oh heiliger Lord, mit Untertaten sollte man immer Mitgefühl haben. Oh Shiva, bitte mach es wahr, wie alle dich nennen: Deinen Verehrern immer gnädig gesinnt. Oh Herr der Götter, es ist für dich möglich, deinen schrecklichen Zorn woanders abzuwerfen. Und bitte erhebe Indra, du Erheber deiner Verehrer.

Da gab Shiva, der immer den Kummer von Bittstellern zerstreut, freudig zurück:
Mein Lieber, ich bin mit deinem Gebet zufrieden. Ich werde dir einen vorzüglichen Segen gewähren. Von nun an sollst du der Lebensspendende heißen, denn du hast Indra das Leben zurückgegeben. Und den Zorn aus meinem Auge in der Stirn werde ich abwerfen, damit er Indra nicht schadet.

Sprach's und warf das lodernde Feuer in den salzigen Ozean. Dann verschwand Lord Shiva vor den Augen der beiden, die erleichtert waren und froh. Dann gingen die beiden wieder in ihre Reiche zurück, denn sie hatten die Sicht auf Shiva erlangt, wegen der sie gekommen waren.


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