Pushpak Shiva-Purana Buch 7Zurück WeiterNews

Kapitel 4 - Tripura wird in die Irre geführt

Sanatkumar sprach:
Um den Dämonen Hindernisse in den Weg zu legen, schuf der strahlende Vishnu aus sich selbst einen Lehrer. Dieser hatte den Kopf geschoren, trug schmutzige Kleider und hielt einen Korb und einen Baumwollballen in der Hand, den er bei jedem Schritt schüttelte (andere Version: Über seiner Schulter hing ein Baumwollsack, und er trug einen Besen in der Hand, mit dem er bei jedem Schritt fegte.). Seine Hände waren schwach, wenn sie an den Kleidern zupften, und sein Gesicht bleich. Mit zitternder Stimme murmelte er „Dharma, Dharma“, als er sich schwankend vor Vishnu verbeugte.

Dann fragte er den Gott:
Oh Ehrenwerter, bitte sage mir meinen Namen und wo mein Platz ist.

Freundlich sprach da Vishnu:
Du Kluger wurdest aus mir geboren, und daher gleichst du mir in Gestalt. Höre, warum du geschaffen wurdest. Du wurdest aus mir geschaffen, um mein Gebot auszuführen, und weil du aus mir kommst, bist du ehrenwert. Dein Name möge vorerst Arihat sein (oder Mayamoha). Später wirst du noch mehr Namen bekommen und einen Ort zum Leben. Doch höre erst deine Aufgabe. Oh du, der du die Illusion erhältst, erschaffe einen verwirrenden, heiligen Text von 16.000 Versen, welcher den heiligen Schriften widerspricht und die vier althergebrachten Kasten und Lebensweisen verneint. Der neue Text soll in der Apabhramsha Sprache verfaßt sein und allen Wert auf Handlungen legen. Mühe dich und erweitere den Text entsprechend. Ich werde dir dazu alle nötigen Fähigkeiten verleihen, und auch magische Künste sollen dir gehorchen.

Als der Lehrer der Illusion dies hörte, verbeugte er sich erneut und sprach:
Oh Herr, befiehl, was ich tun soll. Wenn du es wünschst, ergeben alle Taten gute Früchte.

Und dann rezitierte er die Hauptlehre der neuen Täuschungsphilosophie:
Himmel und Hölle funktionieren aus sich selbst heraus.

Vishnu gedachte der Lotusfüße Shivas und sprach zum Geschorenen:
Nun geh, du große Seele, und verwirre die Dämonen in Tripura. Initiiere sie und lehre sie eifrig die Täuschung. Auf meine Bitte hin wirst du damit keine Sünde ansammeln. Oh Enthaltsamer, zur Zeit strahlen die Veden und heiligen Texte dort, doch du wirst sie mit deiner Lehre zu Fall bringen. Geh und vernichte die Dämonen, oh du mit dem geschorenen Kopf. Enthülle ihnen die Riten der dunklen Trägheit und zerstöre die drei Städte. Und wenn dies geschehen ist, dann geh in die Wüste und lebe dort nach deinen Pflichten bis das Kali Zeitalter beginnt. Dann wirst du deine Lehre mit vielen Schülern verbreiten. Auf mein Gebot hin wird dein Kult stark werden, und du wirst mich als dein Ziel erreichen.

Und so übertrug Vishnu dem Lehrer Shivas Willen und verschwand. Der Lehrer folgte seinem Wort und erschuf aus sich selbst vier Schüler, die ihm in Gestalt glichen, und er lehrte sie sein Verständnis vom Dharma. Auch die Schüler waren Vishnu ehrfürchtig ergeben und verbeugten sich vor dem Gott. Und Vishnu sprach freudig zu ihnen:
Genau wie euer Lehrer werdet ihr von mir gesegnet werden. Es gibt keinen Zweifel daran, daß ihr ein gutes Ziel erreicht.

Und so waren die vier Schüler mit den ebenfalls geschorenen Häuptern die ersten, die der neuen Lehre folgten. Auch sie trugen einen Korb und bedeckten ihren Mund mit einem Tuch. Gewöhnlich trugen sie schmutzige Kleider und sprachen wenig. Was man von ihnen hörte, waren Sätze wie: „Dharma ist ein großer Gewinn, die wahre Essenz.“, und ähnliches. Sie hatten immer einen Besen aus Lumpen dabei und schritten ganz langsam, Schritt für Schritt aus, denn sie fürchteten, kleine Lebewesen zu zertreten. Mit großer Freude standen sie vor Vishnu, welcher sie mit gleicher Freude an die Hand nahm und förmlich ihrem Lehrer übergab. Auch ihre Namen gab er ihnen bekannt.

Und so sprach Vishnu:
Wie euer Lehrer gehört auch ihr zu mir. Vor eurem Namen soll die Silbe „Pujya“ (verehrungswürdig) stehen, denn ihr verdient allen Respekt. Euch sollen die Namen Rshi, Yati, Acarya und Upadhyaya angehören. Und auch meine Namen sollen mit euch verbunden sein. Von nun an weist „Arihat“ auf die Vernichtung von Sünde hin. Ihr werdet alle Handlungen ausführen, die zum Wohle der Welten führen. Und wie bei allen, die zum Wohle der Welten wirken, wird euer Ziel vorzüglich sein.

Sanatkumar fuhr fort:
Und so gingen der Lehrer und seine Schüler freudig über Vishnus Segen nach Tripura. Sie ließen sich in einem Garten am Rande der Stadt nieder und entfalteten einen gewaltigen Zauber, dem sogar Meister nicht widerstehen konnten. Und doch war von diesem Zauber keine Wirkung zu spüren, denn Tripura wurde durch Shivas Verehrung beschützt. Da fühlte sich der Lehrer niedergeschlagen und schwach und dachte mit schmerzendem Herzen an Vishnu. Als er an Vishnu dachte, konzentrierte sich Vishnu auf Shiva und erinnerte sich an Narada. Sofort erschien dieser vor Vishnu, verbeugte sich und grüßte ehrend den Gott. Und um den Welten Hilfe und Schutz angedeihen zu lassen, sprach Vishnu zu Narada:
Mein Lieber, ich spreche zu dir auf Bitten Shivas. Geh nach Tripura und hilf dem weisen Lehrer, der schon dort ist, um die Bewohner der drei Städte zu verlocken.

Narada eilte schnell zum Lehrer, ließ sich einweihen und ging zum Herrscher der Stadt. Erst erkundigte er sich höflich nach Gesundheit und Wohlbefinden, und dann sprach er zum König:
Es ist ein Meister von Recht und Gesetz hier eingetroffen, der tugendhaft ist und die Veden vollkommen gemeistert hat. Ich bin schon vielen Lehren gefolgt, doch keine ist wie seine. Ich sah darin die ewige Tugend und ließ mich initiieren. Oh großer König und ihr trefflichen Dämonen, wenn ihr Interesse an dieser Lehre habt, dann solltet ihr euch auch einweihen lassen.

Diese bedeutenden Worte verwunderten den König bis ins Herz, und bereits in die Irre geführt sprach er zu sich:
Wenn sogar Narada die Initiation absolviert hat, dann sollten wir das auch tun.

Und so ging der Dämon zum Lehrer, verbeugte sich und sprach:
Oh Weiser mit dem reinen Geist, bitte weihe mich. Ich werde dein Schüler werden, daran gibt es keinen Zweifel.

Die Antwort auf diese klaren Worte war mitfühlend:
Oh vorzüglicher Dämon, wenn du bereit bist, nach meinem Gebot zu handeln, werde ich dich einweihen. Das ist die Bedingung, wie lange du auch bittest.

Das Neue lockte, und geblendet gab der König mit gefalteten Händen seine Zustimmung:
Ich werde alles tun, was du mir befiehlst. Ich werde deine Anordnungen nicht übertreten. Das ist die Wahrheit.

Da nahm der Lehrer das Tuch von seinem Mund und sprach:
Oh Herr der Dämonen, nimm also deine Initiation in dieser hervorragenden Lehre. Sie wird dich zufrieden machen.

Und sogleich führte der Lehrer die Weihe mit allen Riten und Regeln für die drei herrschenden Brüder durch, und auch die Bewohner der drei Städte wurden Anhänger der neuen Lehre. So war Tripura mit Schülern des neuen Lehrers gefüllt, dieses Meisters in der großen Kunst der Illusion.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter