Pushpak Shiva-Purana Buch 6Zurück WeiterNews

Kapitel 4 - Die Suche nach Kartikeya

Narada bat:
Oh Brahma, du Herr der Menschen, erzähl nur immer weiter, was als nächstes geschah.

Und Brahma fuhr fort:
Es verging eine ganze Weile. Der Sohn Shivas lebte bei den Krittikas, doch Parvati wußte nichts davon. Eines Tages fragte sie ihren Gatten mit leuchtendem Gesicht:
Oh Herr der Götter, höre meine Worte. Dank meines Verdienstes bin ich dein geworden, oh Herr. Und obwohl du der größte Yogi bist, warst du geneigt, mich zu liebkosen. Doch unser Liebesspiel wurde von den Göttern unterbrochen, und dein Samen fiel auf die Erde und nicht in meinen Schoß. Wohin ist er nun gegangen? Wer unter den Göttern könnte ihn verbergen? Oh Herr, dein Samen ist unfehlbar, wie kann es sein, daß keine Früchte erkennbar sind? Oder ist irgendwo ein Kind entstanden?

Nach diesen Fragen Parvatis rief Shiva die Götter und Weisen herbei und sprach lächelnd zu ihnen:
Oh Götter, habt ihr Parvatis Fragen vernommen? Wohin ist mein unfehlbarer Samen verschwunden? Wer verbirgt ihn? Wenn jener mir sogleich zu Füßen fällt, werde ich ihn nicht strafen. Denn wenn ein König nicht streng regiert, werden ihn die Untertanen schikanieren, und er kann kein Beschützer sein.

Die Götter berieten sich erst und meldeten sich dann nacheinander furchtsam zu Wort. Zuerst sprach Vishnu:
Möge über den, der deinen Samen verbirgt, die Sünde der Lüge kommen sowie die Sünde, den Lehrer zu kränken und die Sittsamkeit seiner Gattin zu verleumden.

Ich, Brahma, sprach:
Möge der, der deinen Samen verbirgt, überall an den heiligen Orten von der Gunst ausgeschlossen sein, dich verehren und dir dienen zu dürfen.

Die Wächter der Himmelsrichtungen sprachen:
Möge der, der deinen Samen verbirgt, immerfort Schmerzen leiden.

Die Götter sprachen:
Möge über den, der deinen Samen verbirgt, die Sünde des Narren kommen, der sein Versprechen bricht.

Die Ehefrauen der Götter sprachen:
Möge diejenige, die deinen Samen verbirgt, ohne Mutter und Familie sein und unter der Sünde leiden, ihren Ehemann zu hassen und mit anderen Männern Affären zu haben.

Nun wandte sich Shiva, der Herr der Götter, an die kosmischen Zeugen aller Taten:
Nun, die Götter waren es nicht. Doch wer könnte meinen unfehlbaren Samen verstecken? Ihr alle bezeugt beständig jede Tat. Habt ihr den Samen? Wißt ihr etwas darüber. Bitte sagt es mir.

Unsicher schauten wir uns an und sprachen dann einer nach dem anderen.

Ich sagte:
Zornig aufgrund der Unterbrechung seiner Liebeständelei fiel der Samen Shivas zur Erde. Das sah ich.

Die Erde sprach:
Ich war nicht in der Lage, deinen brennenden Samen zu ertragen, so übergab ich ihm dem Feuer. Bitte vergib mir, oh Herr.

Agni sprach:
Als Taube nahm ich den Samen auf, oh Shiva, doch auch ich konnte ihn nicht halten. Daher ließ ich ihn sofort auf den Berg fallen.

Der Berg sagte:
Oh Herr der Welten, ich war ebenfalls unfähig, das Brennen deines Samens auszuhalten. Ich warf ihn in die Ganga.

Die Ganga sprach:
Oh Herr der Welten, mir erging es nicht besser. Völlig erschöpft vom Feuer deines Samens ließ ich ihn in einem Schilfhain zurück.

Nun sprach Vayu, der Wind:
Oh Shiva, als der Samen das Schilf erreichte, wurde er zu einem wunderschönen Jungen am heiligen Ufer des himmlischen Flusses.

Da sprach die Sonne:
Oh Herr, auch ich sah den weinenden Jungen. Doch das Rad der Zeit trieb mich weiter zu den westlichen Bergen, und ich konnte die Nacht über nicht dort bleiben.

Der Mond erzählte die Geschichte weiter:
Die Krittikas nahmen den weinenden Jungen in ihre Obhut und ihr Heim in der Badarika Einsiedelei.

Die Wasser sprachen:
Oh Herr, die Damen gaben ihm die Milch aus ihren Brüsten und sorgten für den strahlenden Jungen.

Dann sagte der Staub:
Ja, die Krittikas ziehen ihn liebevoll wie ihren Sohn im Walde auf und nennen ihn Kartikeya.

Die Nacht vermeldete:
Sie lassen den Jungen niemals aus den Augen. Er ist ihnen lieber als ihr Leben. Ja, wer ein Kind ernährt und aufzieht, dessen Kind ist es.

Und der Tag fügte hinzu:
Nun geben sie ihm die leckerste Nahrung und die schönsten Kleider und Ornamente.

Nach diesen Neuigkeiten wurden Shiva und Parvati sehr froh und beschenkten die Geschöpfe Brahmas mit Kostbarkeiten, was ihnen die Götter freudig nachahmten. Dann sandte Shiva seine Geisterschar als Boten an den Ort, an dem sein Sohn lebte. Es stürmten Virabhadra, Visalaksha, Shankukarna, Parakrama, Nandishwara, Mahakala, Vajradamstra, Mahonmada, Gokarnasya, der feurige Dadhimuka, 100.000 Kshetrapalas, 300.000 Bhutas, Rudras, Bhairavas und unzählige andere, die alle Arten von Gesichtern und Gestalten trugen und äußerst mächtig waren. Eifrig umringten sie die Einsiedelei und schwenkten ihre glänzenden und furchterregenden Waffen, so daß die Krittikas große Angst bekamen.

Und zitternd sprachen sie zum strahlenden Jungen Kartikeya:
Lieber Junge, zahllose Krieger haben uns umzingelt. Was soll jetzt geschehen? Wohin können wir flüchten? Uns droht große Gefahr!

Doch Kartikeya sprach beruhigend:
Liebe Mütter, habt keine Angst. Solange ich hier bin, braucht ihr keine Furcht zu haben. Auch wenn ich nur als Junge erscheine, so bin ich doch unbesiegbar. Wer könnte mir die Stirn bieten?

Nun trat Nandi, der Oberkommandeur der Truppen, vor den Jungen und sprach höflich:
Oh Bruder und Mütter, hört meine glücksverheißenden Worte. Ich wurde vom großen Shiva gesandt, dem Vernichter der Welten. Mein Lieber, alle Götter mit Vishnu, Brahma und Shiva feiern ein großes Fest auf dem Kailash. Höre, wie es dazu kam: Parvati bat Shiva, den großen Segenspender, dich zu suchen. Und Shiva befragte die Götter- und Weisenschar, denn auch er wollte dich wiederhaben. Die kosmischen Zeugen enthüllten ihm, daß du in der Einsiedelei der Krittikas weilst. Denn wisse, einst wurden Shiva und Parvati in ihrem Liebesspiel unterbrochen, und Shivas Samen fiel zur Erde. Die Erde gab ihn weiter an Agni, das Feuer an den Berg, der Berg an die Ganga und die Ganga ans Schilf. Dort wurdest du zum Knaben, denn der Herr hat die Aufgabe, das Werk der Götter zu tun. Die Krittikas fanden dich und nahmen dich auf. Doch nun ist es Zeit, auf die Erde zurückzukehren. Shiva wird dich krönen und dir wunderbare Waffen verleihen, um den Dämonen Taraka zu schlagen. Du bist der strahlende und mächtige Sohn vom Vernichter des Universums. Die Krittikas, deine Mütter, möchten dich zwar gern hierbehalten, doch sie gleichen dem trockenen Baum, der das Feuer zwar in seiner Höhlung halten möchte, doch nicht lange ertragen kann. Du bist so strahlend, daß du die drei Welten erleuchten kannst. Hier ist nicht dein Platz, so wie es einem königlichen Elefanten nicht ansteht, in einem dunklen Loch zu hausen. Dein Glanz sollte nicht länger verborgen bleiben, so wie die Sonne nur leuchten kann, wenn keine Wolke sie verdeckt. In Allgegenwärtigkeit gleichst du dem Vishnu, du Sohn von Shiva, denn der alles bedeckende Himmel wird von niemandem anderen durchdrungen. Ein Yogi verstrickt sich nicht darin, sich selbst zu hegen, und die große Seele versinkt nicht in körperliches Handeln. Du bist der Schöpfer des Universums. Du bist der Herr. Hier ist nicht dein Platz. Du gleichst der strahlenden Seele eines Yogis. Oh Bruder, wer dich nicht erkennt, ist wahrlich verblendet. Auch wenn sich Kröten und Lotusblumen denselben Teich teilen, werden doch die Kröten nicht ebenso geehrt.

Da gab ihm Kartikeya zur Antwort:
Du weißt alles, oh Bruder. Du bist vollkommen weise und erkennst alles in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, denn du bist ein Gefährte Shivas. Das sagt alles und bedarf keines weiteren Lobes. Oh Bruder, die Wesen finden immer wieder zu dem zurück, aus dem sie geboren werden. Für ihre Geburt sind ihre eigenen Taten verantwortlich, bis sie im Frieden sind. Die Krittikas sind weise Frauen mit Güte und Yoga Praxis. Sie sind Teile der Natur und nährten mich mit ihrer Milch. So bin ich ihr Pflegesohn, und sie sind mit mir verbunden. Ich wurde von der Natur geboren und vom Samen des Herrn der Natur gezeugt. Oh Nandi, ich bin nicht von Parvati getrennt, die auch meine Mutter ist wie diese Damen hier aufgrund ihrer Tugend. Du wurdest von Shiva gesandt und bist für ihn wie ein Sohn. Ich komme mit dir, mein Bruder, und werde die Götter schauen.

So nahm der Junge eilig Abschied von den Krittikas und machte sich bereit, mit der Geisterschar Shivas abzureisen.


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