Pushpak Shiva-Purana Buch 5Zurück WeiterNews

Kapitel 13 - Gespräch zwischen Shiva und Parvati

Parvati sprach:
Oh großer Herr, du weiser und kluger Yogi, bitte höre die Antwort auf das, was du als Asket meinem Vater, dem Herrn der Berge gesagt hast. Oh Shiva, du führst diese große Askese aus, weil du die Macht dazu hast und deine edle Seele dich dazu drängt. Die Natur (Prakriti) ist die Energie, welche die Ursache für jede Aktivität ist. Durch sie wird alles erschaffen, erhalten und zerstört. Bitte, oh Herr, denk daran, wer du bist und wer diese subtile Energie, die Natur, ist. Wie kann die große Gottheit in Form eines Linga ohne die Natur existieren? Du bist aller Ehren, jeglicher Meditation und allen Respekts von jedem Wesen für immer würdig, dank der Natur. Bitte bedenke dies in deinem Herzen und antworte.

Hocherfreut und schmunzelnd antwortete Shiva, diese Quelle von Wohlstand und Schutz in der Welt:
Durch meine Askese vernichte ich die Natur und verweile in Wahrheit ohne sie. Gute Menschen sollten wahrlich nicht an der Natur hängen, sondern das weltliche Betragen meiden und unbeeindruckt davon sein.

Das war Shivas weltliche Antwort. Doch auch Parvati lächelte nun in sich hinein und sprach folgende, süße Worte:
Oh Yogi Shiva, wie kann dann die Natur aufhören zu sein, und wie kannst du annehmen, jenseits von der Natur zu stehen? Bitte bedenke dies und sprich zu uns. Das ganze Universum wird immerzu durch die Natur gebunden. Sonst könntest du gar nicht sprechen oder handeln, denn das ist Bewegung, also Natur. Was du hörst, ißt, siehst oder tust - dies alles ist nun mal Ausdruck der Natur. Es hat keinen Sinn zu sagen, dies ist nicht real. Oh Herr, wenn du größer als die Natur bist, warum übst du dann Askese hier in den Bergen des Himavat? Ich glaube, die Natur hat dich ganz verschlungen, und du erkennst deine Situation nicht. Oh Herr, wenn du aber deine Situation nicht erkennst, warum übst du dann Askese? Großer Yogi, ich sollte nicht mit dir diskutieren, denn die Gelehrten sagen, ohne Erkenntnis hat eine Schlußfolgerung keinen Wert. Solange die verkörperten Wesen den Sinnesorganen untertan sind, ist alles Natur. Das sagen die Weisen. Oh Herr der Asketen, ich möchte keine langen Reden halten. Höre meine Überzeugung. Ich selbst bin die Natur und du der höchste Geist. Daran gibt es keinen Zweifel, das ist die Wahrheit. Mit meinem Segen wirst du verkörpert und hast Eigenschaften. Ohne meinen Segen bist du jenseits der Eigenschaften und nicht in der Lage zu handeln. Bist du mit der Natur verbunden, hast du eine Wirkung in der Welt. Doch wie könntest du wirken, wenn du zurückgezogen und ohne Verbindung zu mir bist?

Und wenn du wirklich größer als die Natur bist, und wenn es wahr ist, was du sagst, dann brauchst du meine Nähe nicht fürchten, oh Shiva.

Auf diese Worte von Parvati, die auf der Sankhya-Philosophie beruhten, antwortete Shiva als Yogi, der das Wissen überwunden hat:
Oh süß sprechende Parvati, wenn du davon wirklich überzeugt bist, dann magst du mir täglich dienen.

Und zum König der Berge sprach er:
Nun, Herr der Berge, hier auf dieser trefflichen Höhe werde ich der Askese folgen und der Welt meine wahre, glückselige Natur zeigen. So gib mir die Erlaubnis dafür, denn ohne diese ist es weder mir noch irgend jemandem möglich, hier bei dir Buße zu üben.

Himavat beugte sein Haupt und gab zurück:
Das gesamte Universum mit Göttern, Dämonen und Menschen ist dein. Oh großer Gott, vor dir sind meine Worte nur unbedeutendes Gerede.

Brahma fuhr fort:
Und lächelnd entließ Shiva seine Besucher. Himavat und Parvati kehrten heim, und wollten ihn nun täglich besuchen. Bald ging Parvati auch ohne ihren Vater zu Shiva, von zwei ihrer Dienerinnen begleitet, um ihm demütig zu dienen. Keiner aus dem Gefolge Shivas hielt sie davon ab. Das Gespräch, welches die beiden über Geist und Natur geführt hatten, war höchst lehrreich und wunderbar. Vor allem, weil ihre Ansichten gar keinen Unterschied machen, wenn man es gründlich bedenkt.

So erlaubte Shiva dem Mädchen mit ihren beiden Dienerinnen, in seiner Nähe zu sein:
Du kannst furchtlos kommen und gehen, wie es dir beliebt, um mir zu dienen.

Der große Yogi, der ohne Anhaftung oder Verwirrung ist, akzeptierte das Wirken der Göttin und handelte somit in der Welt. Ja, das ist der hohe und kraftvolle Geist der großen Asketen, die, auch wenn sie von Versuchungen umgeben sind, dennoch nicht von ihnen überwältigt werden. Der Herr der Berge lebte glücklich in seiner Stadt in Gesellschaft seiner Ehefrau, den Weisen und Gefolgsleuten. Shiva demonstrierte den Yoga der Meditation über die Höchste Seele mit einem reinen Geist, frei von allen Hindernissen. Und Parvati kam jeden Tag und verbrachte viele Stunden beim meditierenden Gott. Sie wusch seine Füße, trank das heilige Wasser, und rieb seinen Körper mit warmen Tüchern ab. Manchmal sammelte sie Kusha Gras, Blumen und Zweige oder sang süße Lieder, welche die Liebe in die Einsiedelei brachten. Ab und zu säuberte sie den ganzen Ort, und ihre Mägde halfen ihr. Und immer schaute sie auf den mondbekränzten Gott mit Staunen und Liebe. Jeden Tag führte sie alle 16 Arten der Verehrung aus, verbeugte sich vor ihm und kehrte mit ihren Mädchen in ihres Vaters Heim zurück. Lange Zeit verging auf diese Weise, während Shiva in Meditation versunken war.

Gelegentlich bemerkte der Herr der Geisterscharen, daß sie frei von Anhaftung war. Und doch nahm er sie in ihrer körperlichen Form nicht zu seiner Frau, trotzdem sie alle Zeichen der Schönheit trug, äußerst reizvoll und immer in seiner Nähe war. Er sah wohl, wie sie ihre Sinne zügelte und ihm hingebungsvoll diente, und dachte mitfühlend bei sich:
Ich werde sie erst annehmen, wenn sie selbst Askese übt und das letzte Quentchen von Ego in ihr erloschen ist.

Und so verweilte der Herr der Geister in stiller Meditation, die Höchste Seele, die kein Gedanke stören kann. Völlig gelassen sah er sie direkt vor sich, und er sah sie auch nicht. Und Parvati diente ihm all die Zeit, wobei sie immer an ihn als die Höchste Seele dachte.

Nur die Götter und Weisen verloren anscheinend die Geduld und sandten Kama, den Liebesgott, auf meine Bitte herbei. Sie wurden nämlich in der Zwischenzeit vom starken Dämonen Taraka zutiefst gequält und wollten Shiva und Parvati endlich in Liebe vereinen. Kama kam, versuchte alle seine Tricks und Zauber, doch Shivas Geist wurde nicht im mindesten bewegt. Tatsächlich verbrannte er Kama zu Asche. Und Parvati übte auf Bitten Shivas Buße, gab jeden Egoismus auf und gewann ihn als Ehemann. Die beiden wurden sehr glücklich miteinander. Immerzu halfen sie und führten das göttliche Werk aus.


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