Pushpak Shiva-Purana Buch 4Zurück WeiterNews

Kapitel 32 - Die Geburt von Virabhadra

Narada fragte:
Was taten nun Daksha und die anderen, nachdem die himmlische Stimme sie gewarnt hatte? Oh bitte erzähl, was weiter geschah. Und berichte mir auch, du Kluger, was die von Bhrigus Mantras besiegten Gefolgsleute von Shiva unternahmen.

Brahma antwortete:
Nun, nachdem die Stimme aus dem Himmel schwieg, standen die Götter starr und verwirrt. Sie waren wie betäubt und sagten kein Wort. Die Gefolgsleute von Shiva, welche den Kampf überlebt hatten, eilten zu ihrem Herrn und suchten Zuflucht bei ihm. Sie verbeugten sich mit großem Respekt vor dem strahlenden Shiva und erzählten ihm das Vorgefallene.

Die Ganas sprachen:
Oh Herr der Götter, rette uns, denn wir suchen Hilfe bei dir. Neige uns dein Ohr, damit wir dir genau berichten können, was mit Sati geschah. Oh Herr, Daksha zeigte seiner Tochter leider keinen Respekt, und auch die Götter hielten sich zurück. Daksha erlaubte dir keinen Anteil am Opfer, sondern gab alles den anderen Göttern. Und zu Sati sprach er so grobe und gemeine Worte, daß Sati sehr ärgerlich wurde. Erst tadelte sie ihren Vater viele Male, dann verbrannte sie ihren Körper im Feuer des Yoga. Viele Tausende von uns waren so beschämt darüber, daß sie mit ihren Waffen ihrem Leben selbst ein Ende setzten. Wir, der Rest, waren so zornig, daß wir das Opfer vernichten wollten. Doch wir wurden von Bhrigus Macht zurückgeschlagen. Oh Herr, du Erhalter der Welten, jetzt bitten wir um deinen Beistand. Wir sind traurig, mutlos und gelähmt von Kummer. Bitte zerstreu unsere Angst. Daksha und seine Gäste sind wohl sehr gemein, denn sie zeigten keinerlei Ehrfurcht. Oh du Ehrenvoller, wir haben dir alles über Sati und uns erzählt. Bitte walte mit diesen verblendeten Narren, wie du es für richtig hältst.

Brahma fuhr fort:
Da gedachte der Herr deiner, oh Narada, denn er wollte alles wissen. Du, mein lieber Weiser mit der himmlischen Sicht, erreichtest sofort den Ort, verbeugtest dich vor Shiva mit Hingabe und standest still mit ehrfürchtig gefalteten Händen. Erst grüßte dich der Herr, und dann erkundigte er sich nach Sati und Dakshas Opfer. Nach seiner Frage erzähltest du ihm alle Details, denn du bist mit ihm identisch. Da wurde Shiva zornig, und als mächtiger Rudra, der Vernichter der Welten, riß er sich einen verfilzten Zopf aus seiner Haarpracht und schlug ihn auf die Bergesspitze. Der Zopf spaltete sich unter einem lauten und gräßlichen Knall in zwei Teile. Aus einem der Teile entstand der mächtige Virabhadra als schrecklicher Anführer der kriegerischen Ganas. Hochaufgerichtet stand er mit tausend Köpfen, zweitausend Händen, bluttriefender Keule und anderen Waffen, und in ein Tigerfell gehüllt bedeckte er die ganze Erde und überragte alle. Gleichzeitig kamen aus Rudras heißem Atem hunderte Fieber in die Welt. Die schonungslosen Fieber nahmen entsprechende Körper an und ließen die Welten in Angst vor ihrem versengenden Glanz erbeben. Aus dem zweiten Teil der gespaltenen Locke entstand die große Kali. Sie sah furchterregend aus und war von gräßlichen Kobolden umgeben.

Dann verbeugte sich der Held Virabhadra mit gefalteten Händen vor Shiva und erkundigte sich gewandt:
Oh Rudra mit deiner angsteinflößenden Gestalt, der du Sonne, Mond und Feuer als deine Augen hast - was ist meine Aufgabe? Gebiete mir unverwandt, oh Herr. Sollen die Ozeane ausgetrocknet werden, oh Shiva, oder die Berge zu Staub zermahlen? Soll ich das Universum zu Asche verbrennen oder nur die Götter und Weisen? Oh Shiva, oder soll ich alle lebenden Wesen töten? Dank deiner Gunst ist mir nichts unmöglich, oh Lord. Es ist niemand je geboren worden, der meiner Macht ebenbürtig sein könnte. Und es wird auch niemanden geben, der mir widerstehen könnte. Oh Herr, wohin du mich auch mit welcher Aufgabe senden wirst, ich werde sie schnell ausführen und deine Gunst gewinnen. Wenn du es wünschst, können sogar Unwürdige den großen Ozean der Welt durchschwimmen. Wie sollte ich dann nicht kompetent sein, auf dein Bitten sogar den Ozean allen Ungemachs zu durcheilen? Es gibt keinen Zweifel daran, daß ein von dir geworfener Grashalm Großes leisten wird, wenn es dir, oh Herr, beliebt. Jede Aufgabe kann von dir mit leichter Hand gemeistert werden. Doch wenn du mich schickst, für dich zu wirken, dann bedarf es deines Segens und deiner Gunst, oh Shiva. Nur dein Segen erfüllt mich mit Macht, so wie alles nur von dir mit Macht und Wirkung ausgestattet wird. Daran gibt es keinen Zweifel, ja, es ist wahr, daß ohne deine Erlaubnis nicht einmal ein Staubkorn bewegt werden kann. Die Götter und ich sind unter deiner Kontrolle, und nur wenn du es willst, bin ich der Herrscher über alle Wesen. Oh Shiva, ich knie vor dir und werde immer vor dir knien. Schick mich unverzüglich los, damit ich deinen Wunsch erfülle. Schau nur, meine rechten Glieder zucken. Das bedeutet Sieg. Ich fühle glühenden Eifer und eigentümliche Euphorie, oh Shiva, denn mein Geist hängt ganz und gar an deinen Lotusfüßen. Ich sehe überall glücksverheißende Omen. Gebiete mir meine Aufgabe, denn jener muß siegreich und wohl sein, der dir hingegeben ist.

Glücklich lauschte Satis Gefährte diesen heldenhaften Worten. Segnend sprach er zu Virabhadra:
Oh Virabhadra, sei siegreich. Und höre aufmerksam zu, mein Lieber, was ich dir sage. Handle sofort nach meinem Gebot, denn das wird mich entzücken. Daksha, der hinterhältige Sohn Brahmas, hat alles für ein Opfer arrangiert. Er handelt wie ein Feind gegen mich. Und er ist unweise und eitel. Oh bester Gana, zerstöre das Opfer mit allem, was dazugehört, und kehre danach unverzüglich zu mir zurück. Und wenn sich dir Götter, Gandharvas, Yakshas oder Weise in den Weg stellen, dann verbrenne sie zu Asche. Mögen es auch Vishnu, Brahma, Indra oder Yama sein. Strecke sie hin mit ganzer Kraft. Wer den Fluch Dadhichis mißachtet und immer noch auf dem Opferplatz ist, soll von dir verbrannt werden. Falls sich die Götter dir zum Kampfe stellen, werden dich andere Ganas unterstützen. Packe sie mit Mantras und vernichte sie. Viele hochmütige Wesen lungern dort herum, die alles über mich vergessen haben. Damit werden sie zu Feinden, und du sollst sie alle verbrennen. Hat dein Feuerstrom sie selbst und ihre Habe hinweggefegt, dann komm zu mir zurück. Auch wenn die Götter dich mit Lobpreis gewinnen wollen, sollst du sie doch strafen. Meditiere über mich, deinen Beschützer, und übergib die Frevler mit ihren Frauen und Nachkommen dem reinigenden Feuer. Und wenn alles erledigt ist, sollst du kühles Wasser trinken.

Dann schwieg Shiva, der große Herr, der Beherrscher der Zeit und Beschützer der Veden, und seine Augen waren kupferrot vor Zorn.


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