Narada sprach:
Oh Brahma, du Glücklicher, du Erster aller Verehrer von Shiva, das war eine wunderbare Geschichte! Erzähle mir mehr über den Mondsichelbekränzten, denn dies vernichtet alle Sünden. Was geschah danach?
Brahma sprach:
Als Shiva seine Absicht, mich zu töten, aufgegeben hatte, wurde die Welt wieder glücklich und heiter, und alle Angst war verschwunden. Jeder verbeugte sich tief vor Shiva mit gefalteten Händen, lobte den Gott, und Jubelrufe erklangen. Auch ich pries und dankte der Gottheit mit Hingabe, Freude und Erleichterung.
Und Shiva sprach zu mir mit heiterem Geist, so daß alle es hören konnten:
Ich bin froh, lieber Brahma. Du kannst nun wieder frei von Angst sein. Berühre deinen Kopf mit deiner Hand und führe ohne Zögern aus, was ich dir gebiete.
Das tat ich und verbeugte mich vor Shiva. Doch als ich meinen Kopf berührte, nahm ich die Gestalt seines Reittieres, des Stiers, an. Da schämte ich mich sehr und sank in mich zusammen. Die Götter sahen meine Pein und umringten mich. Voller Schande beugte ich mich tief und tiefer vor dem Gott, sprach einige Gebete und murmelte viele Male:
Ich bitte um Vergebung, Vergebung, Vergebung. Oh Herr, nenne mir die Buße für meine Sünde, und sei es auch die härteste. Nur möge sie meine Sünde auslöschen.
Freundlich sprach daraufhin Shiva zu mir:
In dieser Form eines Bullen, der mein Reittier ist, sollst du Buße üben mit Freude im Herzen und dem Wunsch, mich zufrieden zu stellen. Du wirst dabei in der Welt den Ruhm erlangen, das „Shivaköpfiger“ genannt zu werden (Rudrashira). Und du wirst ruhmreichen Brahmanen dabei helfen, ihre Riten auszuführen.
Das Ausstoßen des Samens - so wie du es getan hast - ist eine Handlung der Menschen, und so wirst du als Mensch geboren werden und über die Erde wandern. Und wenn du in dieser Gestalt über die Erde schreitest, werden dich die Menschen fragen: „Was ist das am Kopf Brahmas?“. Und du wirst antworten: „Shiva!“. Wer auch immer die Sittsamkeit der Frau eines anderen verletzt, wird von dieser Sünde gereinigt, wenn er reuevoll und achtsam deine Geschichte hört. Und wenn die Menschen deine Geschichte wieder und wieder erzählen, wird deine Sünde bei jedem Mal ein wenig schwinden, und du wirst rein werden. Oh Brahma, das ist die Sühne, die ich dir auferlege - daß die Menschen lächeln und sich über dich wundern.
Die Samentropfen, die inmitten des Hochzeitsritus zu Boden fielen, als dich die Wollust überwältigt hatte, werden unfruchtbar für die Welt sein. Aus ihnen sollen die vier Wolken entstehen, die sich zur universalen Auflösung im Himmel erheben.
Und noch während Lord Shiva diese Worte sprach, erschienen aus dem Samen direkt vor uns die vier Wolken Samvartaka, Avarta, Pushkara und Drona. Sie grummelten und brummelten leise, bereit, auf jeden Wink Shivas in laut brüllendes Donnern auszubrechen. Doch Shiva und Sati waren ruhig.
So beendete ich auf Bitten des Gottes mit heiterem Geist die Hochzeitsriten für Sati und Shiva. Die Götter ließen Blumen auf das Brautpaar regnen, und die Gemahlinnen der Götter führten die herrlichsten Feierlichkeiten an. Es wurde musiziert, gesungen, vedische Hymnen rezitiert, und die himmlischen Nymphen tanzten leidenschaftlich.
Und Shiva folgte weiterhin den weltlichen Traditionen und fragte mich, der ich nahebei mit aneinandergelegten Händen bereit stand:
Oh Brahma, alle Hochzeitsriten wurden vorzüglich ausgeführt, und das freut mich sehr. Du warst der führende Priester. Was soll ich dir geben für deine Dienste? Du Ältester der Götter, du kannst alles einfordern, auch wenn es schwierig scheint. Sag mir schnell deinen Wunsch, oh Glückseliger. Denn es gibt nichts, was ich nicht gewähren könnte.
Demütig verbeugte ich mich vor Shiva und gab ehrfürchtig zur Antwort:
Oh Herr der Götter, wenn du zufrieden bist und ich deinen Segen verdiene, dann komm meinem Wunsch mit Freude nach. Oh Shiva, um die Menschen von Sünde zu reinigen, verweile für immer in diesem Altar (der Ehe) in deiner eigenen Form. Oh Gott mit der schmückenden Mondsichel, ich werde meine Einsiedelei hier in der Nähe aufschlagen und Buße üben, um meine Sünden zu verbrennen. Und wenn jemand am 13. Tag der hellen Monatshälfte von Chaitra diesen heiligen Ort unter der Konstellation Uttara Phalguni besucht, und es wie heute ein Sonntag ist, dann mögen all seine Sünden bereinigt sein. Mögen sich sein Verdienst vermehren und seine Krankheiten schwinden. Und wenn eine Frau hierherkommt, die unfruchtbar, einäugig, häßlich oder unselig ist, dann möge sie von all diesen Übeln befreit sein.
Zufrieden stimmte Shiva zu:
So sei es. Zum Wohle der Menschen bleibe ich mit meiner Gattin Sati für immer in diesem Altar, wie es deine Worte erbeten haben.
Und Brahma fuhr fort:
Die Versöhnung mit Ihm machte mich sehr glücklich. Shiva schuf ein Symbol seiner Selbst in diesem Altar (der Ehe), und wünschte dann, mit seiner Sati abzureisen. Er nahm Abschied von Daksha, der sich preisend und ehrend vor ihm verbeugte, und auch die Götter und Weisen erwiesen dem Scheidenden mit lauten Jubelrufen alle Ehre. Shiva setzte Sati vor sich auf den Bullen und ritt zum Himalaya. Sati strahlte mit lieblichem Lächeln an seiner Seite, und die Götter und Weisen nebst Vishnu waren in einem Zustand der angenehmsten Euphorie. Und für eine Weile folgte die ganze Schar singend, musizierend und tanzend dem himmlischen Brautpaar. Daksha und seine Ebenbürtigen kehrten dann in seine Einsiedelei zurück, während die Götter sich nicht von Shiva und Sati trennen mochten. So kamen sie alle im schönen Reich Shivas inmitten der Berge des Himalaya an, wo Shiva schließlich die Götter und Weisen bat, in ihre Regionen heimzukehren. Mit vielen Verbeugungen und Lobpreisungen verabschiedeten sich die Götter und himmlischen Weisen, und Shiva widmete sich seiner Gattin, wie es die weltlichen Traditionen gebieten. Er führte sie in grenzenloser Freude und mit all seinem Gefolge in sein schönes Heim auf dem Kailash ein.
Ja, oh Narada, nun habe ich dir alles über die Heirat von Shiva und Sati erzählt, wie es damals geschah im Zeitalter des Swayambhuva Manu. Wer nach konzentrierter Verehrung Shivas diese Geschichte zu Hochzeiten, Opferfeiern oder besonderen Ereignissen hört, wird alle nötigen Riten ohne Hindernisse ausführen können. Die Braut wird mit Glück, einem guten Schicksal und hervorragenden Eigenschaften gesegnet sein. Sie wird immer tugendhaft sein und viele Kinder bekommen.