Pushpak Shiva-Purana Buch 4Zurück WeiterNews

Kapitel 15 - Die heiligen Riten von Nanda

Brahma sprach weiter zu Narada:
Eines Tages sahen wir Sati an der Seite ihres Vaters Daksha, und wir beide erkannten in ihr die Essenz der drei Welten. Als sie sah, wie ihr Vater uns beide ehrte und grüßte, da machte sie es ihm nach und grüßte uns freudig und ehrerbietig. Dann setzten wir uns auf den feinen Sitz, den Daksha uns bot, und als sich Sati demütig vor uns verbeugte, da sprach ich zu ihr:
Oh Sati, gewinne dir als Ehemann den Herrn des Universums, den allmächtigen Shiva, der nur dich begehrt, und den auch du dir wünschst. Oh verheißungsvolle Maid, gewinne dir den Ehemann, der niemals eine andere Gattin nahm und niemals eine andere nehmen wird. Denn er ist nicht gewöhnlich.

Nach diesen Worten blieben wir noch eine Weile in Dakshas Heim, bevor wir respektvoll verabschiedet wieder in unsere Heimstätten zurückkehrten. Daksha war sehr erfreut, als er meine Worte vernommen hatte. Ihn verließen alle Sorgen, und er gedachte seiner Tochter als die Große Göttin. Es verbrachte also das schöne Mädchen ihre Jugend mit bezaubernden Spielen, und war doch die Göttin, welche zum Wohle ihrer Verehrer eine menschliche Gestalt angenommen hatte. Als sie älter wurde, strahlte jedes ihrer Glieder Anmut und Schönheit aus. Daksha sah sie erblühen und dachte bei sich: „Wie soll ich meine Tochter dem Shiva geben?“ Und auch sie wünschte sich, Shiva zu erlangen. Ihr Wunsch wuchs jeden Tag, und da sie um die Gedanken ihres Vaters wußte, trat sie vor ihre Mutter hin und bat um die Erlaubnis, Shiva verehren zu dürfen. Die Mutter war erfreut und einverstanden, und so verehrte die Große Göttin mit dem weiten Intellekt Shiva in ihrem Haus mit standhaftem Betragen.

Im Monat Ashvin an den Nanda Tagen (erster, sechster und elfter Tag der Monatshälften, Sept./Okt.) ehrte sie Shiva mit großer Hingabe und opferte gekochten Reis mit Palmzucker und Salz. Am 14. Tag (Chaturdashi) im Monat Kartika (Okt./Nov.) ehrte sie und meditierte über Shiva, wobei sie süße Kuchen und Puddings opferte. Am 8. Tag der dunklen Hälfte des Monats Margasirsha (Nov./Dez.) opferte sie ihm gekochte Gerste und Sesam und verbrachte die anderen Tage in tiefer Hingabe. Am 7. Tag in der hellen Hälfte von Pausha (Dez./Jan.) verbrachte sie die Nacht wachend und ehrte Shiva am Morgen mit gekochtem Reis, Palmzucker und Sesam (Krishara). Nachdem sie Shiva am 3. Tag der hellen Hälfte im Monat Magha mit Gerste und Sesam geehrt hatte, ernährte sie sich den Rest des Monats nur von Milchprodukten der Kuh. Auch in der Vollmondnacht des Monats Magha (Jan./Febr.) blieb sie wach und ehrte Shiva am Ufer des Flusses, wobei sie feuchte Kleider trug. Am 14. Tag der dunklen Hälfte von Phalguna (Febr./März) durchwachte sie die Nacht und führte einen besonderen Ritus für Shiva mit Bilvafrüchten und -blättern aller drei Stunden aus. Am 14. Tag der hellen Hälfte von Chaitra (März/April) ehrte sie Shiva mit Palasa und Damana Blumen den ganzen Tag und die Nacht. Den Rest des Monats meditierte sie über ihn. In der Vollmondnacht des Monats Jaishthya (Mai/Juni) ehrte sie Shiva mit Kleidern und Brihrati Blüten (Aubergine) und beachtete den ganzen Monat ein Fastengelübde. Am 14. Tag der hellen Hälfte von Ashadha (Juni/Juli) trug sie schwarze Kleidung und ehrte Shiva ebenfalls mit Brihati Blumen. Am 8. und 14. Tag der hellen Hälfte von Sravana (Juli/Aug.) ehrte sie Shiva mit heiligen Schnüren und Kleidern. Nachdem sie Shiva mit diversen Früchten und Blumen am 13. Tag der dunklen Hälfte von Bhadrapada (Aug./Sept.) geehrt hatte, nahm sie am 14. Tag nur Wasser zu sich.

Die ganze Zeit hielt sie sich strikt an ihre Diät und wiederholte einige Mantras zu Ehren Shivas. Die Früchte, Blumen und Blätter, welche sie Shiva opferte, waren frisch und der Jahreszeit entsprechend. Jeden Tag des Monats widmete die Große Göttin in irdischem Gewand standhaft dem Großen Gott. Und als alle heiligen Nanda Riten abgeschlossen waren, meditierte sie über Shiva mit konzentrierter Hingabe. Sie war standhaft und dachte an niemand anderen.

Zu jener Zeit kamen die Götter und Weisen nebst Vishnu und mir herbei, um die Askese von Sati zu bezeugen. Sati schien uns wie der verkörperte Erfolg. Sie war völlig in die Meditation über Shiva vertieft und hatte den Status eines erleuchteten Sehers erreicht. Mit aneinandergelegten Händen erwiesen die freudigen Götter der Sati ihren Respekt, und die Weisen verbeugten sich tief. Wir alle waren entzückt und erstaunt über ihre Enthaltsamkeit und lobten sie sehr. Mit einer erneuten Verbeugung begaben sich die Göttin, die Weisen und die Götter unverzüglich zum Kailash, dem großen Berg, welcher Shiva lieb ist. Mit großer Erregung näherten sich Lord Vishnu, Lakshmi, ich und Sarasvati, die Göttin der Rede.

Und wir grüßten und priesen den Herrn aufs Höchste:
Verehrung sei dir, oh Lord, aus dem alle belebten und unbelebten Geschöpfe stammen. Verehrung dir, dem Höchsten Geist, dem Gott der Götter, dem Höchsten Herrn und der Höchsten Seele. Verehrung dem Ursamen eines jeden von uns, dem reinen Bewußtsein und Höchsten Geist jenseits der Natur. Verehrung dir, der du die Welten schufst, erleuchtetest, der die Ursache für alles ist, der alles erhält, dem alles zugehört, und der alles unter Kontrolle hält. Wir verbeugen uns vor der selbstgeborenen Gottheit, die jenseits von uns und allem Großen ist, dem reinen, großen Herrn, der alles in sich sieht. Wir suchen Zuflucht zu deinen Füßen, du höchstes Brahman, du Seele von allem, du großer Zeuge mit unverfälschter Sicht, du mit den vielen Gestalten. Verehrung ihm, den weder die Götter noch die Weisen vollkommen erkennen. Wie könnten je andere seine Region wahrnehmen? Er ist unser höchstes Ziel, sein Bereich befreit große Heilige von allen Anhaftungen und gewährt Erleichterung. Du kennst keine Veränderung wie Geburt oder Tod, welche Leiden bringt, und doch durchlebst du in deiner Illusion alles. Verehrung dem großen Herrn und Vollbringer von Wundern. Verehrung dem Brahman, der großen Seele, die von der Welt weit entfernt ist. Verehrung dem formlosen Wesen mit den zahlreichen Formen, der unbegrenzten Macht, dem Herrn der drei Welten und dem alldurchdringenden Zeugen. Verehrung dem Licht der Seele, welches mit der Glückseligkeit der Befreiung reichlich versehen ist. Verehrung dir, du Verkörperung von Erkenntnis. Verehrung dem Herrn der Erlösung, welcher nur erkennbar ist, wenn alle weltlichen Aktivitäten aufhören. Verehrung dir, dem großen Geist, der allen Segen erteilt. Verehrung dem Prinzip der Bewußtheit in den äußeren Körpern, das mit der Ursache aller Wahrnehmung, mit der Höchsten Seele identisch ist. Verehrung dir, der ursprünglichen Natur, der alles beherrschenden Gottheit. Verehrung dir, dem Dreiäugigen, Fünfgesichtigen und immer Strahlenden. Verehrung dir, der keine Ursache hat und alle Eigenschaften der Sinnesorgane erkennt. Verehrung dir, der Ursache der drei Welten und jeglicher Erlösung. Verehrung dir, dem eifrigen Verleiher von Erkenntnis und Helfer der Zufluchtsuchenden. Verehrung dir, dem Ozean des vedischen Wissens, dem einzigen Ziel aller Verehrer, in dem die drei Eigenschaften wohnen. Verehrung dir, dem großen Herrn, dessen brennende Hitze der Erkenntnis in jeder Opferschnur zu finden ist, damit das Feuer der drei Eigenschaften entzündet werden kann. Verehrung dir, dessen Gestalt außerhalb der Reichweite von Unwissenden liegt, und der du für immer in den Herzen der Weisen wohnst. Verehrung dem Verleiher von Befreiung für die individuelle Seele von der bindenden Schlinge, dem Verleiher von Erlösung für den hingebungsvollen Anhänger, dem aus sich selbst Strahlenden, dem Ewigen, dem nie Schwindenden und dem immerzu Erkennenden. Verehrung dir, dem Meditierenden, dem Unveränderlichen, deiner Oberhoheit, Pracht und Herrlichkeit. Sei niemals grob zu denen, die in den vier Lebenszielen Zuflucht suchen und nach dem Höchsten streben.

Verehrung dir, oh Shiva. Deine Anhänger begehren nichts für sich selbst. Sie besingen immerzu die glücksbringende Herrlichkeit deines Lebens. Wir preisen dich, du unvergängliches Brahman, du Allgegenwärtiger, dessen Züge nicht offenbar sind. Durch den Yoga der Seele kannst du erreicht werden, du Vollkommener. Oh Herr über alles, wir verneigen uns vor dir. Du bist jenseits der Sinneswahrnehmung, du bist die Zuflucht für alles und jeden, doch du selbst benötigst keine Hilfe. Du hast weder Ursache noch Ende und bist das Ur-Erste und Subtilste. Wir Götter und alle Wesen des Universums wurden geschaffen und sind voller Mängel mit vielen Namen und Gestalten. Wie die Flammen aus dem Feuer und die Strahlen aus der Sonne aus- und wieder eintreten, so geschieht es den geschaffenen Wesen in Schöpfung und Auflösung. Doch du bist weder Gott, Dämon, Mensch noch Brahmane. Du bist weder Mann noch Frau. Du bist weder das Existierende noch das Nichtexistierende. Und was nach allen Verneinungen der Gegensätze noch übrigbleibt, das bist du. Du bist der Schöpfer, Erhalter und Vernichter des Universums. Du bist die Seele des Universums. Wir verbeugen uns vor Lord Shiva. Wir verbeugen uns vor dem Herrn des Yoga, den die Yogis realisieren können, welche durch Yoga das Anhaften ans Handeln vernichtet und ihren Geist gereinigt haben. Verehrung dir, dessen Schnelligkeit unerträglich ist und in dem die drei Shaktis wohnen (personifiziert als Sarasvati, Lakshmi und Uma), die mit den drei Veden identisch sind. Verehrung dir, dem wonnevollen Beschützer mit immenser Macht. Oh Herr, die niederen Sinnesorgane können dich nicht durchdringen und weltliche Herrscher dich nicht erreichen, denn du bist jenseits aller Pfade. Verehrung dir, dessen Glanz mystisch verborgen ist und der immerzu seine Anhänger erhebt. Wir verbeugen uns vor dir, du großer Herr, dessen Größe niemand übertreffen und dessen Kraft der verwirrte Narr mit selbstsüchtigem Geist niemals realisieren kann.

Nach dieser Hymne standen wir Götter still und schweigend vor dem großen Herrn, die Köpfe tief geneigt in völliger Hingabe.


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