Pushpak Shiva-Purana Buch 1Zurück WeiterNews

Kapitel 6 - Regeln zum Anhören des Shiva Puranas

Saunaka sprach:
Oh Suta, du kluger Schüler von Vyasa, ich verehre dich voller Hochachtung. Du bist gesegnet und ein wahrhaft Ergebener Shivas. Deine Eigenschaften sind sehr lobenswert. Bitte sage mir, unter Beachtung welcher Regeln man das Shiva Purana hören sollte, damit der Zuhörer auch die besten Früchte erntet.

Suta antwortete:
Oh weiser Saunaka, ich werde dir die Regeln erläutern und die Früchte, die man ernten kann, wenn man alles beachtet. Der Hausvater sollte einen Astrologen einladen und ihn bitten, einen glücksverheißenden Tag für den Anfang zu finden, damit es während des Hörens keine Hindernisse gibt. Die Nachricht soll überall verbreitet werden, damit jeder an der heiligen Belehrung teilnehmen kann, der sich Wohlstand wünscht. Frauen, Shudras und andere, die sonst von heiligen Belehrungen oder dem Singen von der Herrlichkeit Shivas fern zu bleiben haben, sollten teilnehmen, damit ihnen Erleuchtung zuteil werden kann. Wenn es in der Nachbarschaft irgendwelche Anhänger Shivas gibt, die gern Loblieder zu Ehren Shivas hören möchte, sollten sie in allen Ehren eingeladen werden. Es soll eine festliche Versammlung von Weisen sein, die der Belehrung ihren wunderbaren Rahmen gibt.

Seid auch ihr in aller Demut und Freude eingeladen, mit uns den süßen Nektar des Shiva Puranas in allen Ehren zu trinken. Wenn ihr nicht genügend Zeit habt, dann ziert unsere Versammlung wenigstens für einen Tag. Bitte kommt unter allen Umständen und bleibt zumindest eine kleine Weile.

So sollten alle demütig eingeladen werden, und wer auch immer kommt, sollte in allen Ehren als Gast willkommen geheißen werden. Als Ort wähle man einen vorzüglichen Platz in einem Shiva Tempel, einem heiligen Zentrum, im Park oder eigenen Haus. Der Boden sollte sauber gewischt und mit Kuhdung geheiligt und der Platz mit roten Ornamenten verziert werden. Als Schmuck dienen alle schönen, glänzenden Dinge, damit der Ort himmlisch erscheint und jedem Geschmack entspricht. Jeglicher Müll und alle unnötigen Dinge müssen entfernt oder zumindest vor den Augen der Öffentlichkeit versteckt werden. Dann wird eine Bühne auf Stumpen aus Platanenbäumen errichtet und reich verziert. Über ihr wird ein Sonnendach aufgespannt, und überall sollten viele Früchte und Blumen angeboten werden. Flaggen und Banner sollten in allen vier Himmelsrichtungen gehißt und schön arrangiert werden. Dann wird Shiva ein trefflicher Sitz zugewiesen, dieser Höchsten Seele. Und auch der Sprecher bekommt einen bequemen Sitz. Für die dauerhaften Zuhörer reserviert man Plätze je nach ihrem Rang, und auch für die gelegentlichen Zuhörer sollte genügend Platz vorhanden sein. Die Menschen sollten in guter Stimmung sein, wie bei einem Fest, und weltliche Sorgen oder Probleme meiden. Der Erzähler sitzt gen Norden, und die Zuhörer schauen gen Osten. So gibt es keine Gefahr, daß sich die Füße überkreuzen. Es ist auch möglich, daß Erzähler und Zuhörer gen Osten schauen oder sich gegenüber sitzen.

So lange der Erzähler auf seinem Sitz Platz genommen hat, verbeugt er sich nicht bis die Belehrung beendet ist. Ihm gebühren alle Ehren von denen, die Verdienst suchen, sei er ein junger oder alter Mann, ein Schwächling oder Mittelloser, ein Gelehrter oder Knabe. Niemals sollte ihn jemand erniedrigen oder mißachten, denn der Mund eines Purana Gelehrten ist wie die göttliche Kuh Kamadhenu (die alles nährende Surabhi) für alle Menschen. Aufgrund ihrer Eigenschaften oder Geburt werden viele Menschen Lehrer oder Guru, genannt. Doch unter diesen sind die Purana Gelehrten die besten Gurus. Denn wer könnte ein größerer Guru sein, als die Person, welche für von vielen Millionen Geburten verzagten Menschen die höchste Erlösung ermöglicht? Die Person, welche diese heiligende Geschichte des Shiva Puranas anderen erzählt, sollte auch wohl gebildet in den anderen Puranas sein, rein, geschickt, ruhig, ohne Bosheit, heilig, sympathisch und redegewandt. Der kluge Erzähler des Shiva Puranas startet bei Sonnenaufgang und redet konzentriert für siebeneinhalb Stunden. Dabei sollte die Geschichte nicht vor rüdem Volk, hinterhältigen Menschen mit zweifelhaften Berufen, Dieben oder Raufbolden dargebracht werden. Zu Mittag sollte der Erzähler eine Pause von einer Dreiviertelstunde einlegen, damit dem Ruf der Natur gefolgt werden kann. Am Tag des Erzählens sollte er seine Gebete und täglichen Rituale kurz halten. Ein zweiter, wohlgelehrter Mann sollte neben ihm sitzen, damit er helfen kann. Er sollte Zweifel ausräumen können und Menschen gern belehren.

Damit es keine Hindernisse während der Belehrung gibt, sollte Ganesha verehrt werden, ebenso Lord Shiva und das Buch des Shiva Puranas. Die Zuhörer sollten achtsam lauschen, klug sein, rein im Geist, in den Traditionen fest gegründet und Freude im Herzen haben. Wenn sich Erzähler und Zuhörer in zu viele unwichtige Dinge verlieren, Opfer von Lust, Zorn, Habgier, Arroganz, Verblendung und Bosheit sind, nur an Frauen denken oder ungläubig sind, dann können sie keinen Verdienst aus dem Shiva Purana schöpfen. Doch wer seine Sorgen um Haus und Reichtum, Familie und weltliche Dinge abwirft, und sich mit reinem Geist ganz auf die Belehrung konzentriert, der wird reiche Früchte ernten. Voller Verdienst ist das Zuhören für einen Menschen, der mit Vertrauen und Frömmigkeit lauscht, seine Zunge zügelt, unerschütterlich aufmerksam ist und sich nicht in eifriger Unruhe verliert. Gemeine Menschen mit ungläubiger Einstellung können keinen besonderen Verdienst aus der Geschichte erlangen. Ihnen folgt das Elend in jeder Geburt. Und nur Narren ehren das Purana nicht mit Geschenken, die ihren Lebensumständen angemessen sind. Wenn solche Geizhälse der Geschichte lauschen, werden sie nicht geheiligt und irgendwann verarmen. Und wer aus nichtigen Gründen den Ort inmitten der Belehrung verläßt, wird erfahren, was Verlust ist. Denn er wird im nächsten Leben Familie und Reichtum verlieren. Wer seine Kopfbedeckung während der Belehrung nicht abnimmt, wird sündige Söhne und Enkelsöhne bekommen, die ihre Familie besudeln. Wer während der Belehrung Bethel kaut, wird von den Dienern Yamas gezwungen, seinen eigenen Kot zu essen. Wer sich auf einen höheren Stuhl setzt, fällt in die Hölle und wird nach vielen Qualen als Krähe wiedergeboren. Wer der glücksverheißenden Geschichte zuhört und dabei in der Vira Haltung Platz nimmt (Virasana, auch Heldenpose im Yoga), fällt ebenfalls in die Hölle und wird nach den dortigen Leiden als Giftpflanze wiedergeboren. Wer dem Vortrag beiwohnt, sich aber nicht zuerst vorm Vortragenden verbeugt, fällt in die Hölle und wird nach deren Qualen als Arjuna Baum wiedergeboren. Wer gesund ist und sich während der Belehrung hinlegt, fällt in die Hölle und wird als Schlange wiedergeboren. Wer sich ebenso hoch setzt wie der Redner, lädt dieselbe Sünde auf sich, als wenn er das Bett seines Lehrers beschmutzt hätte, und geht in die Hölle ein. Wer schlecht vom Redner oder Shiva Purana spricht, wird als Hund wiedergeboren und leidet für vielen hundert üble Leben. Wer während der Belehrung anfängt, zu argumentieren und diskutieren, der fällt in die Hölle und wird nach den dortigen Qualen als Esel wiedergeboren. Die Lumpen, die mit Absicht die Belehrung stören, gehen in die Hölle ein. Für Millionen Jahre müssen sie dort leiden und werden dann als Hausschweine wiedergeboren.

All dies beachtend sollte der Zuhörer rein sein, dem Redner gegenüber respektvoll und klug genug, der Belehrung mit Hingabe zu lauschen. Wie bereits erwähnt, sollte Lord Ganesha als erstes verehrt werden, damit keine Störungen erscheinen. Jeden Tag nach dem Ende der Belehrung sollte ein kurzer Versöhnungsritus durchgeführt werden. Die neun Planeten sollten geehrt werden wie auch die Götter und das Buch des Shiva Puranas. Zum Ende des Ritus sollte das Buch mit Shiva identifiziert und mit gefalteten Händen demütig wie folgt verehrt werden:
Du bist der sichtbare Maheshvara Shrimat Shiva Purana. Ich habe dich angenommen, um dir zu lauschen. Sei mir gnädig. Möge mein Wunsch von dir erfüllt und die Geschichte ohne Hindernisse erzählt werden. Ich schwimme inmitten des Ozeans der weltlichen Existenz. Bitte, erhebe mich daraus, denn ich elender Narr werde von den Krokodilen des Karma festgehalten. Oh Shankara, ich bin dir ergeben.

So sollte ein Hausvater mit frommen Worten das Buch als Shiva selbst anbeten. Danach sollte er den Erzähler verehren mit denselben Riten wie bei Shiva und ihn mit Blumen, Kleidern, Schmuck, Duftlampen und ähnlichem erfreuen. Vor dem Erzähler sollte er ein Gelübde nehmen, was seinen Lebensumständen angemessen ist, und mit reinem Geist alles einhalten bis zum Ende der Belehrung.

Oh du, Bester aller Erzähler, du Vyasa Ebenbürtiger, wohl erfahren in den heiligen Erzählungen über Shiva, bitte erleuchte meine Unkenntnis durch das Licht dieser Geschichte.

Dann sollte er einen, besser fünf Brahmanen einladen, wenn es möglich ist, die das Shiva Pancharna Mantra singen: Om Namah Shivaya. Nun, oh Weiser, jetzt habe ich dir die Regeln erzählt, die beim Hören des Shiva Puranas demütig beachtet und auf die Zuhörer angewandt werden sollten. Was möchtest du sonst noch wissen?


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