Pushpak Shiva-Purana Buch 1Zurück WeiterNews

Kapitel 5 - Bindugas Erlösung

Saunaka sprach:
Oh Suta, du Glückseliger, du bist gesegnet mit einem in Shiva vertieften Geist. Die Geschichte, die du uns eben erzählt hast, ist wundervoll und steigert die Hingabe. Was tat Cancula, nachdem sie Erlösung erlangt hatte? Und erzähl mir auch ganz genau, wie es ihrem Ehemann erging, oh Kluger.

Suta gab zur Antwort:
Einmal trat Cancula vor die Göttin Parvati hin. Sie verbeugte sich und sprach mit gefalteten Händen und in wahrem Entzücken folgende Gebete.

Cancula sprach:
Oh Mutter von Skanda, Tochter des Berges, dir dienen alle Menschen. Oh Geliebte von Shiva, diesem Gewährer aller Freuden mit der Gestalt des Höchsten Brahman. Du bist würdig, von Vishnu, Brahma und anderen verehrt zu werden. Du bist mit und ohne Eigenschaften. Du bist die subtile, ursprüngliche Prakriti (Natur), und deine Formen sind die Existenz, das Wissen und die Glückseligkeit. Du schöpfst, erhältst und vernichtest. In dir sind die drei Gunas (Sattwa, Rajas, Tamas). Du bist die Zuflucht der drei Arten von himmlischen Wesen. Du erhältst Brahma, Vishnu und Shiva.

So richtete Cancula ihre Gebete an die Göttin mit geneigtem Haupt und Tränen der Liebe in den Augen. Parvati, die Geliebte Shivas, ist ihren Anhängern immer zugetan, und von Mitgefühl bewegt sprach sie liebevoll zu Cancula:
Oh meine Freundin Cancula, mich erfreuen deine Gebete. Nun, schöne Frau, welchen Segen erbittest du von mir? Sag es, es gibt nichts, was ich dir nicht geben könnte.

Cancula verbeugte sich erneut, und von der Göttin ermutigt sprach sie mit gefalteten Händen und in tiefer Demut:
Oh himmlische Parvati, ich weiß nicht, wo mein Ehemann ist oder wohin ihn sein Weg führte. Oh gütige Wohlwollerin aller Gepeinigten, bitte füge es, daß wir wieder vereint sein mögen. Oh große Göttin Maheshani, mein Gatte hatte eine Shudra Frau als Geliebte. Er starb vor mir, und ich weiß nicht, was mit diesem Sünder geschah.

Voller Zuneigung antwortete ihr die Tochter des Himalaya, welche Gerechtigkeit immer liebt:
Nun meine Tochter, dein sündiger Ehemann Binduga, der töricht sein Leben mit einer Konkubine verbrachte, kam nach seinem Tod in die Hölle. Er durchlief für lange Jahre viele Qualen und ist nun ein Gespenst, das in den Vindhya Bergen seinen sündigen Weg weitergeht. Der immer noch hinterhältige Mann hat nur den Wind als Nahrung und fühlt alle Arten von Elend.

Nach diesen Worten der Göttin überwältigte Cancula großer Schmerz, da sie nun wußte, wie sehr ihr Gatte litt. Doch mit glücksbringenden Riten beruhigte sie ihren Geist, verbeugte sich vor der Göttin und bat mit wundem Herzen.

Cancula sprach:
Oh Maheshvari, große Göttin, sei mir gnädig gestimmt. Bitte erlöse meinen Ehemann, auch wenn er ein übler Sünder ist, der böse Taten begeht. Wie kann mein sündiger und gemeiner Mann Erlösung erlangen? Bitte erkläre mir die Mittel und Wege. Oh Göttin, Verehrung sei dir.

Parvati erwiderte freundlich und mit Liebe im Herzen:
Wenn dein Ehemann die heilige Geschichte von Shiva vernehmen würde, kann er all sein Elend überwinden und zur Erlösung gelangen.

Da verneigte sich Cancula erneut, freute sich über die nektargleichen Worte der Göttin, legte ihre Hände zusammen und fragte demütig, nach einer Gelegenheit für ihren Mann, damit er die Geschichte hören und seine Sünden auslöschen könne. Und Parvati, die geliebte Gefährtin Shivas, hegte Mitgefühl für die beharrlich bittende Frau, die ihr so demütig ergeben war. Freundlich sandte sie nach Tumburu, einem Gandharva König, der gern Lieder und Gedichte zum Lobe Shivas sang.

Zu ihm sprach die Tochter des Himalaya:
Oh Tumburu, du Liebling Shivas, du bist immer bereit, meine Wünsche zu erfüllen. Sei gesegnet. Geh mit dieser Dame in die Vindhya Berge. Dort lebt ein gräßliches Gespenst, ein Pisasha, dessen Sünden ich dir aufzählen will, denn es wird dich interessieren. Er war in seiner vorherigen Geburt ein Brahmane und der Ehemann dieser Frau, die nun meine Begleiterin ist. Er war sehr gemein und hatte eine Shudra Frau zur Geliebten. Er war unrein, kümmerte sich nicht um seine täglichen Waschungen und Gebete, und sein Geist war von Wut verdorben. Er aß alle Arten unreiner Nahrung, stritt mit guten Menschen, und alles, was er tat, war schlecht. Er übte oft Gewalt, trug Waffen und unterdrückte grausam die Armen. Er steckte anderer Leute Häuser in Brand, und pflegte freundschaftlichen Umgang mit Chandalas. Jeden Tag vergnügte er sich mit seiner Dirne und beachtete seine angetraute Ehefrau gar nicht. Mit Freude gab sich der grobe Sünder mit üblem Pack ab. All seinen Verdienst verschwendete er an Prostituierte, und da er gierig war, ließ er sogar seine ahnungslose Ehefrau für Geld mit anderen Männern schlafen. Bis zum letzten Atemzug lebte er so niederträchtig, und nachdem er gestorben war, kam er in Yamas Reich an diesen gräßlichen Ort, an dem Sünder die Früchte ihrer Missetaten ernten. Er mußte viele Qualen in vielen Höllen ertragen, und nun lebt er als unflätiges und sündiges Gespenst in den Vindhya Bergen. Erzähle dieser Quelle von Sünde die heilige und reinigende Geschichte des Shiva Puranas. Stell dich direkt vor ihm auf. Wenn er die große Geschichte vernommen hat, wird seine Seele gereinigt sein, und er kann sein gespenstisches Wesen abstreifen. Ich bitte dich, Binduga von seinem elenden Gespensterdasein zu befreien, und ihn gereinigt in einem himmlischen Wagen vor Lord Shiva zu bringen.

Suta fuhr fort:
Nach diesem Gebot der Göttin freute sich Tumburu, der Herr der Gandharvas, sehr und dachte bei sich, wie glücklich doch sein Schicksal sei. Mit der sündenlosen Cancula an seiner Seite begab sich der Freund Naradas in einem himmlischen Wagen in die Vindhya Berge und entdeckte den Geist, wie er abwechselnd lachte, schrie oder weinte. Sein Körper war riesig, sein Kiefer massig, und alles an ihm war krumm. Als erstes fing der mächtige Tumburu, dieser vorzügliche Sänger aller Loblieder auf Shiva, den tobenden Geist mit Schlingen ein. Dann bereitete er die Belehrung vor, indem der den Ort prächtig schmückte. Zur gleichen Zeit wurde in allen Welten schon viel darüber gesprochen, daß Tumburu auf Geheiß der Göttin in den Vindhya Bergen einem Gespenst das Shiva Purana erzählen würde. So eilten die göttlichen Weisen aus allen Richtungen herbei, um dieser trefflichen Belehrung beizuwohnen. Und die Menge, die sich zu dieser Gelegenheit im Gebirge versammelte, war wunderbar und äußerst glücksverheißend in ihrem Wunsch, das Shiva Purana zu hören. Das Gespenst ward gebunden und gezwungen, still zu sitzen. Und mit der Laute in der Hand begann Tumburu, die Geschichte von Shiva zu singen. Vom ersten bis zum letzten Vers sang er laut und deutlich und führte jedem die Herrlichkeit und Größe dieser Dichtung klar vor Augen. Alle Zuhörer lauschten mit großer Ehrfurcht und hielten sich für höchst gesegnet. Auch das Gespenst hörte genau zu und streifte seine Sünden und auch seinen Gespensterkörper ab. Er nahm eine himmlische Gestalt an, die dem dreiäugigen Gott mit der Mondsichel glich, hell von Angesicht, in weiße Kleider gehüllt und mit einem von glänzenden Ornamenten leuchtenden Körper. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Cancula sang nun der glorreiche Binduga das Lob von Shiva. Und alle göttlichen Weisen staunten beim Anblick der beiden himmlischen Gestalten und freuten sich sehr. Noch ganz entzückt vom Hören des Shiva Puranas kehrten sie in ihre Heimstätten zurück. Binduga unterdessen bestieg in seiner himmlischen Gestalt einen prachtvollen Wagen der Lüfte und strahlte herrlich mit seiner Frau an seiner Seite. Während er die göttlichen Eigenschaften Shivas pries, eilte er mit Tumburu und Cancula zu Shiva, und wurde von ihm und seiner Gefährtin wohlwollend empfangen. In der Stätte von unablässigem Glück und höchstem Glanz war nun sein Platz an der Seite von Shiva in ungestörter Freude.

So habe ich dir die heilige Geschichte erzählt, welche Sünden bereinigt und Shiva und Parvati angenehm ist in ihrer reinen Hingabe. Wer ihr demütig lauscht und sie fromm vor anderen wiederholt, der wird in wunderbare Freude eintauchen und Befreiung erlangen.


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