Pushpak Ramayana Buch 6Zurück WeiterNews

Canto 116 - Das Treffen

Er schaute auf den Bogenkrieger, dessen volles Auge das Lotusblatt verspottete, und kurz angebunden sprach der edle Vanar: "Begegne nun der Königin, für deren liebes Wohl die mächtige Aufgabe zuerst begonnen wurde und für die nun die prächtige Frucht gewonnen ist. Die Dame liegt von Kummer überwältigt, und die heißen Tränen strömen ihr aus den Augen. Denn immer muß die Dame sich sehnen und grämen, bis ihre Augen wieder in den deinen ruhen können." Doch Rama stand in trübseliger Stimmung, und in seinen Augen sammelten sich die Tränen. Seine traurigen Blicke suchten den Boden ab, er seufzte und sprach zu König Vibhishan: "Laß Sita baden und ihr Haupt schmücken, und führt sie zu mir in lieblicher Kleidung mit kostbaren Düften und farbenfrohen, goldenen Ornamenten." Der Rakshasa König ging in den Palast, und Sita wurde in einem Gemach zurechtgemacht. Dann wurden große und starke Rakshasa Träger ausgesucht aus dem niederen Gefolge, und diese beförderten die in herrliche Kleidung und Juwelen gehüllte Königin durch Lankas Tore. Hinter einem seidenen Schirm verborgen trugen sie die Königin schnell zum Schlachtfeld, während dicht von allen Seiten Vanars mit neugierigen Augen die Sänfte betrachteten. Auf Vibhishans Befehl drängten die Wächter die sich zusammenziehende Schar zurück. Mittlerweile erhob sich aus der Menge ein wildes Gemurmel, als ob der Ozean laut brüllte. Dies sah der Sohn des Raghu, und von Ärger bewegt tadelte er den König: "Warum beunruhigst du mit Schlägen und Drohungen die Vanars und vergißt meine Rechte? Beende den zur Unzeit gezeigten Eifer. Ich betrachte dieses Volk als mein eigen. Die Wächter einer Frau sind nicht ihre Gemächer, die hohen Mauern oder der eingezäunte Turm. Ihr Betragen ist ihr bester Schutz und nicht die Hoheit eines Königs. Bei heiligen Riten, im Krieg und in Leid kann eine Dame ihr Gesicht unverhüllt zeigen, bei der Gattenwahl, oder wenn die Hochzeitsparaden die Straßen entlang marschieren. Und sie, meine Königin, die lange im Gefängnis von Sorge und Schmerz gepeinigt lag, mag nun für eine Weile aufhören, ihr Gesicht zu verstecken, denn ist nicht Rama wieder an ihrer Seite? Stell die Sänfte ab. Laß Sita auf ihren eigenen Füßen herkommen, ihren Herrn zu grüßen. Und laß das Heer des Waldvolkes von nahem ihr Gesicht schauen."

Da wurden Lakshmana und alle Vanar Anführer traurig, als sie seine Worte hörten. Der zarte Geist der Dame sank, und furchtvoll schreckte sie vor jedem Blick zurück. Langsam trat sie vor ihren Herrn, während ihre lieblichen Augenlider sich vor Scham verschleierten. Und während Entzücken mit Überraschung kämpfte, blickte sie mit wehmütigen Augen zu den seinen auf. Erst mühte sie sich mit Zweifel und Furcht, doch dann entließ sie alle Sorgen aus ihrer Brust. Die versammelte Menge nicht achtend, richtete sie ihre Augen, welche nicht länger trüb waren und so hell wie der Mond ohne eine Wolke, in Freude und vertrauender Liebe auf ihn.


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