Pushpak Ramayana Buch 6Zurück WeiterNews

Canto 113 - Mandodaris Klage

Während die Damen so weinten, näherte sich allein und abseits die Höchste von ihnen und die Lieblichste an Gestalt und Angesicht. Mandodari schaute auf ihren Herrn und klagte nun ihrerseits: "Ach Monarch, Indra fürchtete sich im Kampf vor deiner siegreichen Hand zu erscheinen. Vor deinem grauenhaften Speer rannten die Unsterblichen davon. Und du wurdest von einem Menschen getötet? Nein, das war kein Kind der Erde, der dich mit tödlicher Wucht schlug, das weiß ich. Es war der Tod selbst in Ramas Gestalt, der dich dahinraffte. Denn dem Tod entkommt niemand. Oder traf dich jener, welcher die Himmel regiert, in menschliche Gestalt gehüllt? Weh, mein Herr, es war nicht Indra, der konnte dich in der Schlacht nicht einmal anschauen. Ich denke, es kann sich nur ein Gott mit dir vergleichen: Es war Vishnu selbst, der Höchste Herr, dessen Tage sich durch endlose Zeiten erstrecken, die niemals begannen und niemals enden werden. Er brachte mit Diskus, Muschelhorn und Keule den Ruin über das Gigantengeschlecht. Von den Göttern des Himmels wie mit Vanars umgeben, die seine Stärke fördern, so nahm er Ramas Gestalt und Waffen an und schlug den König, den das Schicksal dazu verdammt hatte. Als Khara mit seinen Gigantenlegionen in Janasthan starb, war der unbesiegte Feind in Ramas Form kein Sterblicher, der den Kampf ausführte. Und als Hanuman, der Vanar, kam, und deine Stadt mit feindlichen Flammen niederbrannte, da riet ich in ängstlicher Furcht Frieden. Ich riet dir, doch du wolltest nicht hören. Deine Vorliebe für die fremde Dame hat dir Tod und endlose Schande gebracht. Warum ließest du deine närrische Laune wandern? Hattest du nicht ebenso schöne Ehefrauen zu Haus? Konnte sie sich in Schönheit, Gestalt und Anmut mit mir vergleichen oder mich überbieten, lieber Herr? Nun werden die Tage für Sita in ruhiger Freude an Ramas Seite vorübergleiten. Und ich? Weh mir! Um mich tobt eine See von Elend mit überwältigenden Wogen. Mit dir durchschritt ich einst jeden von Nymphen und Göttern geliebten Ort. Mit dir stand ich in stolzem Entzücken an Mandars Hang und auf Merus Höhe. Mit dir, mein Herr, schlenderte ich verzaubert in Chaitrarathas lieblichen Schatten (der Garten Kuveras). Wir schauten auf jede schöne Landschaft in der Ferne, während wir in deinem strahlenden Wagen fuhren. Die Quelle jeder meiner Freuden warst du, und nun ist all mein Glück zu Ende."

Da sagte Rama zu Vibhishan: "Was immer die Rituale erfordern, bereite es vor. Richte die Begräbnisriten aus und erleichtere diesen traurig Klagenden ihre Pein." Doch der weise und gerechte Vibhishan, der die unveränderlichen Gesetze der Pflicht kannte, antwortete ihm: "Nein, ich kann niemanden mit den Begräbnisriten ehren, der alle heiligen Gelübde verachtete, der es wagte, die Gemahlinnen anderer zu berühren und welcher als Tyrann der menschlichen Rasse fiel." Ihm antwortete Raghus königlicher Sohn, der Beste von denen, die das Gesetz liebten: "Ja, falsch war der Wanderer der Nacht. Er liebte das Unrecht und verschmähte das Recht. Doch für den gefallenen Krieger spricht das unerschrockene Herz und die heldenhafte Tat. Laß ihn, der niemals Niederlage ertragen mußte, diesen Anführer, den Indra fürchtete zu bekämpfen und den immer siegreichen Herrn, die Ehren erhalten, welche die Erschlagenen zieren."

Da bat Vibhishan seine Freunde, die Begräbnisriten mit achtsamer Sorge vorzubereiten. Er selbst suchte den königlichen Palast auf, aus dem flugs das heilige Feuer gebracht wurde mit Sandelholz und kostbaren Düften, auch Perlen, Korallen und Schmuck. Weise Brahmanen zeigten mit ihren tränenüberfluteten Wangen ihren Kummer. Dann legten sie den in feinste Roben gehüllten Leichnam auf eine goldene Sänfte, auf der Blumen und Fähnchen hingen, und sangen laut das Lob des Monarchen. Dann wurde die goldene Trage aufgehoben, während das heilige Feuer loderte. Als Erster führte Vibhishan die langsame Prozession für den Toten an. Dahinter kamen die trauernden Witwen mit ihren tränenfeuchten Wangen. Auf einem auf Befehl der Brahmanen aufgeschichteten Haufen Sandelholz und parfümierten Holzes wurde der Körper des Königs auf ein Hirschfell gelegt. Dann wurden die angemessen Opfer für den Schatten des Monarchen dargebracht. Es wurde in südlicher Richtung der östlichen Seite ein Altar gebaut und das Feuer gezündet. Über die Schultern des Toten wurden Öl und geronnene Milch geschüttet, und alle Riten wurden nach den Regeln ausgeführt. Auch die Opferziege wurde geschlachtet. Als nächstes besprenkelte man den Leichnam mit Parfümen und legte viele Blumenkränze aus. Mit Vibhishans aufmerksamer Hilfe wurden reiche Kleider auf den König gelegt und getrocknetes Getreide ausgestreut. Als letztes, wie es die Regeln erfordern, zündete Vibhishan das Holz an. Nachdem das ganze Gefolge gebadet hatte, wie es die Texte erfordern, kehrte der Trauerzug nach Lanka zurück. Nachdem Vibhishan seine Pflichten erledigt hatte, stand er wieder an der Seite Ramas. Und Rama, von allen Feinden befreit, löste endlich die Sehne seines tödlichen Bogens und legte seine glitzernden Pfeile und die Rüstung beiseite, mit der ihn Indras Liebe versorgt hatte.


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