Nachdem Raghus Sohn seine Meinung geäußert hatte, kam Vibhishan herab und beugte sich mit seinen vier Begleitern höchst ehrfürchtig zu Ramas Füßen. "Oh Rama," rief er, "erblicke in mir Vibhishan, Ravanas Bruder. Von ihm entehrt suche ich deine Hilfe, denn du bist die sichere Zuflucht aller Armen und Schwachen. Ich verließ Lanka, und aller Freunde und Habe beraubt vertraue ich mich dir an. Von dir, dem sichersten Freund der Verlassenen, hängen mein Königreich, meine Freuden und mein Leben ab." Mit wohlwollendem Blick schaute Rama auf den Rakshasa Anführer und erwiderte: "Erst möchte ich von deinen Lippen jede strahlende Hoffnung und jede dunkle Furcht hören. Sprich, Fremder, damit ich von den Stärken und Schwächen meines Feindes erfahre." Er schwieg, der Rakshasa Prinz gehorchte und gab nun seinerseits die Antwort: "Oh Prinz, der Selbstexistente gewährte Ravana diesen Wunsch, daß er allen Feinden im Kampf trotzen möge. Kein Unhold oder Schlange, Gandharva oder Gott kann sein Leben nehmen. Sein Bruder Kumbhakarna wetteifert in Macht mit dem, der den Himmel regiert. Der Kapitän seiner Armeen, vielleicht hat sein Ruhm dir den Namen des Kriegers gelehrt, ist der schreckliche Prahasta, der König Manibhadra selbst (Kuvera) besiegte. Und wo ist der Krieger, der von Angesicht zu Angesicht dem jungen Indrajit begegnen könnte, wenn er gerüstet mit Gurten(1) und Bogen bewaffnet steht und über Speere und Pfeilehagel lacht? Innerhalb der Stadt Lanka leben zehn Millionen furchtbare und schreckliche Giganten, die nach Belieben jede Gestalt annehmen können und das Fleisch derer essen, welche sie töten. Dieses Heer führte er gegen die Götter und verwirrte die himmlischen Mächte."
Da rief Rama: "Ich achte wenig auf Gigantenkraft oder übermütige Tat. Trotz aller ihrer bewiesenen Macht sollen der König, die Anführer und der Sohn unter meinem Zorn fallen, und du sollst anstelle von Ravana regieren. Er soll niemals sein verwirktes Leben freikaufen können, auch wenn er in den Tiefen der Erde lebte, drunten in der Hölle Schutz suchte oder vor dem Höchsten Herrn knien würde. Ja, bei dem Leben meines Bruders schwöre ich, ich werde nicht eher nach Hause zurückkehren, bis Ravana und seine Familie mit ihrem Tod den Preis für Sünde bezahlt haben." Vibhishan verbeugte sich und sprach: "Ich werde deine siegende Armee im Sturm auf die feindliche Stadt anführen und beim Sturz des Tyrannen helfen." So sprach Vibhishan und Rama drückte den Rakshasa Anführer an seine Brust. Dann rief er zu Lakshmana: "Eile und bring Meereswasser für den neu ernannten König." Sprachs und die Weihetropfen wurden über Vibhishans Haupt ausgeschüttet mit Rufen, die einstimmig den Gigantenkönig und Lankas Herrn priesen.
Dann fragte Hanuman: "Gibt es keinen Weg, keine Passage über die stürmischen Wellen? Wie sollen wir die Vanar Heere im Triumph zur fernen Küste führen?" Und Vibhishan sagte: "Folgendes rate ich: Laßt Raghus Sohn in demütiger Haltung inständig die mächtige See bitten, ihm ihre Hilfe zu leihen und seiner Absicht geneigt zu sein. Wie die Weisen uns erzählten, wurden von Sagars Söhnen Kanäle in die See gegraben, und nie wird der hochbeseelte Ozean einen Prinzen der Sagar Linie verachten." Er verstummte, und sein kluger Rat gewann die frohe Zustimmung von Raghus Sohn. So wurde am Meeresstrande ein Bett aus zartem, heiligen Gras ausgestreut, wo Rama am Ende des Tages lag wie das Feuer auf dem Altar.
(1) zum Schutz des linken Arms vor der Bogensehne und der rechten Finger