Doch in der Herbstnacht stand Rama nachdenklich auf der Bergeshöhe, und Kummer und Liebe schüttelten mit wilden, unkontrollierten Stürmen des Helden Seele. Klar war der Himmel und ohne eine Wolke, die den Glanz des Mondes verschleiert hätte. In hellstem Silberglanze schimmerten die Berge, auf denen die sanften Strahlen weilten. Er wußte, daß Sugrivas Herz sich fröhlich und nachlässig ans Vergnügen gebunden hatte. Auch dachte er an das einsame Kind Janaks, welches für immer seinen zärtlichen Armen entrissen war. Er beklagte die verstreichende Gelegenheit und quälte sich ohnmächtig seufzend. Er saß, wo viele verschiedene Streifen reichen Erzes den Bergesgipfel zeichneten, erhob seine Augen zum Himmel, und seine traurigen Gedanken flohen zu seiner Liebsten. Er hörte die Saras rufen und schwach strömte seine Liebesklage mit Schmerzen aus ihm heraus: "Sie, die jede leiseste Stimme der wilden Vögel mit ihrer eigenen nachmachte, wo ist sie nun, meine Liebe, die so glücklich in unserem Einsiedlerschatten spielte? Wie kann meine mir fehlende Liebe die schönen Bäume mit ihren goldenen Blumen betrachten und deren leuchtende Anmut mit Augen sehen, die vergebens nach mir ausschauen? Wie steht es um meinen Liebling, wenn aus den verschlungenen Tiefen der Höhlen die Lieder der Vögel klingen, die begeistert und entzückt ihren Partner ansingen? Vergebens schweifen meine Blicke von See zu Berg, von Fluß zu Wald - ich finde kein Vergnügen bei dem Anblick und schmachte nach meiner rehäugigen Königin. Weh, rührt starke, dem Herbst entsprungene Liebe mit Unruhe an ihre Brust? Oder vergeht die zarte Dame vor Gram bis ihre hellen Augen wieder in die meinen schauen?"
So klagte Raghus Sohn mit mitleidvoller Stimme und von Kummer überwältigt, gerade wie der regentrinkende Vogel(1) sich bei Indra, dem Tausendäugigen, beklagt. Da kehrte Lakshmana aus dem Dickicht zurück, wo die Beeren wuchsen, und fand seinen prinzlichen Bruder in der Höhle tief im Gram versunken. Und er sprach aus Mitgefühl mit dem Leiden, welches den Geist des Helden zerbrach: "Warum wirfst du die Stärke deiner Seele fort und ergibst dich schwach der Regentschaft der Leidenschaft? Erhebe dich, mein Bruder, wage und handle bevor deine Taten in Verzweiflung untergehen. Erneuere die Festigkeit deines Herzens und bereite dich auf die Rolle eines Helden vor. Wessen ist die Hand, die unverletzt die rote Flamme halten kann, die von der Brise aufgefrischt wurde? Wer ist der Feind, der es wagen kann, Unrechtes zu tun und die Maithili Dame noch länger festzuhalten?"
(Ergänzung von Dutt:
Da antwortete Rama dem mit allen königlichen Zeichen gesegneten Lakshmana mit natürlichen und entschlossenen Worten: "Was du gesagt hast, ist klug, wohlmeinend, mit Höflichkeit gebildet und spricht von Frömmigkeit, Wohlstand und Vergebung. Ohne irgendeinen Zweifel sollte ich deinen Worten folgen. Ich sollte mich unverzüglich in Kontemplation über die ewige Wahrheit der Gottheit und in Askese begeben. Denn, oh Prinz, es ist nicht recht, an die Früchte einer schwierigen, höchst anspruchsvollen und kraftvollen Unternehmung zu denken." Dann schweiften seine Gedanken zur Maithili Dame mit den Lotusaugen.)
Mit bleichen, von Trauer ausgetrockneten Lippen sprach der Sohn des Raghu: "Der tausendäugige Lord Indra hat süßen Regen aus dem Firmament gesandt, die reiche Aussicht an Korn gesehen und wendet sich nun wieder seiner Ruhe zu. Mit lauten und tiefen Stimmen haben die Wolken jeden Baum am Hang eingehüllt, ihre kostbare Bürde auf die durstige Erde ausgeschüttet und sind geflohen. Nun erglimmt der Ehrgeiz in den Herzen der Könige: sie stürmen zu ihren Feinden in die Schlacht(2). Doch in Sugrivas Trägheit sehe ich keine Mühe um ritterliche Taten. Sieh Lakshmana, auf jeder windigen Höhe blühen tausende Herbstblüten. Sieh, wie die Schwingen von wilden Schwänen auf jeder Insel im Strom aufblitzen. Vier Monate sind vergangen, die Regen sind vorüber. Mir, dem von Kummer und Sorge Geplagten, erscheinen es wie hundert Jahre, seit Sita von meiner Seite gerissen ward. Sie, die zärtlichste Frau, so schwach und jung, hing unermüdlich an ihrem Herrn. Sie stand an meiner Seite in den wilden Tagen des Exils im Dandaka Walde, wie ein zahmer, untröstlicher Vogel, wenn er von seinem geliebten Partner getrennt wurde. Sugriva weilt nun im Schoß der sanften Ruhe, und unberührt von Mitleid kümmert er sich nicht um meine Qual. Damit verachtet er den armen Exilanten, der von Ravanas mächtigerem Arm unterdrückt und enteignet wurde. Der Lump kam, um für sein fernes, verlorenes Königreich zu bitten und zu werben. Und auf mich, einen freundlosen und verlassenen Bittsteller, fällt die Verachtung des Vanars. Die Zeit ist gekommen. Mit achtlosen Augen sieht er zu, wie die Stunde der Tat verfliegt, ungedenk des Versprechens in der Not, da seine Hoffnungen nun erfüllt sind.
Geh, such ihn auf, den in Glückseligkeit und Trägheit Versunkenen, der seinen königlichen Eid vergaß. Mach dem Monarchen, der seine Hilfe verzögert, als mein Bote folgende bittere Vorwürfe: 'Gemein ist der Lump, der die Schuld aus früheren Zeiten nicht zurückzahlen will. Der Hoffnung in der Brust des Flehenden erweckt, und dann sein gelobtes Versprechen bricht. Edel von denen, die Frauen gebaren, ist der, der die Worte einhält, die seine Lippen schworen. Egal, ob die Worte schlecht oder gut waren, damit hält er seine Redlichkeit aufrecht. Der Mann, der vergißt, dem Freund zu helfen, welcher ihm beistand, als er darum bat, soll unehrenhaft sterben, und Hunde sollen an seinem Leichnam vorübergehen. Sicher würdest du dann meinen angespannten Arm sehen, wie er meinen kämpferischen, goldbedeckten Bogen hält. Würdest auf seine schreckliche Gestalt starren wie auf einen Blitz, der durch den Sturm zuckt. Und würdest den Klang der Bogensehne hören wie Donner aus einer schweren Wolke.'
Seinen Mut und seine Stärke kenne ich, doch die Herrschaft des Vergnügens läßt beides tief sinken. Mit dir als Verbündeten, mein Bruder, fordere ich diese versprochene Stärke und den Mut von ihm ein. Wenn die Regen enden, wollte er meinem Arm seine Hilfe leihen. Diese Monate sind vergangen, und er wagt es zu vergessen, weil er im Schoße des Vergnügens schlummert. Kein Gedanke an uns Ungeduldige und Geplagte stört seine sorglose Brust. Und während wir traurig warten und uns sehnen, trinkt er von seinen Adligen umgeben Wein. Geh, Bruder, suche seinen Palast auf und sprich kühn zu Sugriva. Gib dem lustlosen König zu erkennen, was ihn erwartet, wenn mein Ärger erglüht. Der traurige Pfad zum düsteren Gott, den Bali betrat, liegt immer noch offen. 'Sei du deinem versprochenen Wort treu, oh König, und bleibe auf dem Pfad. Ich zielte gut, ließ den Pfeil fliegen und Bali, nur Bali, fiel. Doch wenn du es wagst, dich von der Wahrheit zu entfernen, soll diese Hand dich und die deinen töten.' So sprich den Vanar König an und füge selbst hinzu, was dir am besten scheint."
(1) Vom Chatake/Cualus Melanoleucus wird angenommen, daß er nichts als Wasser aus den Wolken trinkt.
(2) Das Ende der Regenzeit ist die Zeit für kriegerische Expeditionen.