Sie küßte das Gesicht ihres leblosen Ehemannes, hielt ihn in enger Umarmung und legte ihre weichen Lippen auf sein Haupt. Dabei sprach die Klagende: "Keins meiner Worte wolltest du beachten, und nun ist dein Bett kalt und hart, auf dem bloßen, rauhen Grund ausgebreitet, und unter dir liegen nichts als Sand und Steine. Dir ist die Erde nun weit lieber als ich es bin und meine Liebkosungen, denn du liegst an ihrer Brust und antwortest nicht auf meine Worte. Oh mein Geliebter, du Guter und Tapferer, kühn in der Attacke und stark im Beschützen. Das Schicksal ist Sugrivas Knecht, und wir sehen in ihm nun unseren Herrn und Meister. Sieh, an deinem Lager steht das klagende Gefolge, deine trauernden Vanargeneräle. Horch auf das Stöhnen und Rufen der Edlen und schau in deines Angad weinende Augen. Oh höre auf meine flehenden Bitten. Zerbrich die Ketten des Schlummers und erwache. Weh mir, mein Herr, dieses niedrige Bett, auf dem deine Glieder und dein gefallenes Haupt ruhen, ist das kalte Lager, auf dem sonst deine erschlagenen Feinde in blutiger Schlacht lagen. Oh edles Herz, frei von Schande, Freund des Krieges, und von mir geliebt, warum bist du gegangen und hast deine Tara aller Hoffnung beraubt zurückgelassen? Der Vater ist unweise, der gestattet, daß sein Kind die Gemahlin eines Kriegers wird. Denn schau, oh Held, auf das Schicksal deiner Gefährtin: eine höchst einsame Witwe ist sie nun! Mein Stolz ist für immer zerbrochen und meine Hoffnung auf anhaltendes Glück gestorben. Ich sinke in die tiefsten Tiefen der See des Kummers. Ich vergehe vor Gram und weine. Oh, sicher ist dieses steinharte, feste und kalte Herz nicht von irdischer Art, denn sonst würde es in tausend Stücke bersten und nicht in Klagen verweilen. Tot ist mein Gemahl, tot der Freund und Herr, in dem meine liebende Hoffnung lebte. Der erste im Felde, die Furcht seiner Feinde, mein eigener siegreicher Bali - tot! Auch wenn viele Kinder an ihrer Seite gedeihen oder Schätze an Gold ihre Truhen füllen, wird eine Frau doch immer eine arme und einsame Witwe genannt, wenn ihr Gatte gestorben ist. Nun, deine blutenden Wunden füllen einen purpurnen See um deine Glieder. Das war der Schlummer, den du wolltest, auf Kissen mit blutroter Färbung liegend. Dunkle Ströme quellenden Blutes fließen über deinen Körper, an dem Staub und Schmutz kleben. Vom Leid niedergedrückt habe ich nicht einmal die Kraft, meine Arme um deine Gestalt zu schlingen. Der Verlauf dieses Tages hat Sugriva die Erfüllung all seiner Wünsche gebracht, denn Rama schoß nur einen Pfeil, und nun ist er befreit von Furcht und Gefahr. Ach Lieber, ich kann mein Haupt nicht auf deine geschundene Brust legen, denn der schwere, dir tief im blutenden Herzen steckende Pfeil ist im Wege."
Da zog Nila den tödlichen Pfeil aus seiner Brust wie eine gewaltige, schlafende Schlange aus einer Bergeshöhle. Als sich der Pfeil aus des Helden Wunde löste, da schoß vom Schaft der Glanz einer Flamme, wie die letzten Blitze der Sonne, wenn sie untergeht am Ende ihres Tageslaufs. Aus dem weiten Riß strömte in vollem, rotem Fluß Balis Blut, wie Regengüsse einen Berg hinunterrauschen mit goldenem Erz und Kupfer getönt. Dann wischte Tara mit zärtlicher Sorge den Staub aus seinem Haar, während aus ihren traurigen Augen die Tränen auf ihren verfrüht erschlagenen Herrn strömten. Noch einmal schaute sie auf den Toten und sprach dann zu ihrem helläugigen Kind: "Schau hierher, wende deine weinenden Augen dahin, wo dein Vater im Tode liegt. Wegen sündiger Tat und bitterem Haß ist unser Herr seinem beklagenswerten Schicksal begegnet. So strahlend wie die Sonne am frühen Morgen wurde Bali in die Hallen Yamas getragen. Nun geh, mein Kind, grüße den König, von dem Glück und Ehre auf uns kommen." Dem Befehl seiner Mutter gehorsam berührte er sanft die Füße seines Vaters, Arme und Hände um ihn gewunden und rief: "Vater, hier steht Angad."
Und Tara klagte weiter: "Bleibst du fest und still und achtlos beim Gruß deines Kindes? Hast du keinen Segen für deinen Sohn, kein Wort für den kleinen Angad, nichts? Oh Held, mit meinem Jungen nehme ich an deinen leblosen Füßen Platz, wie eine trauernde Mutter in der Herde ohne Angst vor dem schrecklichen Löwen klagend im grasigen Tal liegt, wo ihr Herr und Führer fiel. Du hast diesen furchtbaren Ritus begangen, dies Opfer des tödlichen Kampfes, bei dem der Pfeil, den Rama absandte, den Platz des zu vergießenden Wassers einnahm. Wie konntest du nur dein abschließendes Bad nehmen ohne die Hilfe deiner Ehefrau?(1) Warum sehen meine Augen nicht mehr deine geliebte, strahlende Kette aus Gold, welche der König der Unsterblichen geruhte, dir als Zeichen seiner Zufriedenheit um den Hals zu schlingen? Auf deinem leblosen Gesicht sehe ich immer noch den Stolz deines königlichen Geschlechts liegen, als ob die Sonne nach ihrem Untergang immer noch auf dem Herrn des Schnees ruhen würde. Ach mein Held, unerschrocken hast du nicht auf meine Worte gehört. Mit Tränen und Bitten klagte ich vergebens, du wolltest nicht hören und wurdest geschlagen. Meine Zierde und mein Glück sind vergangen. Mein Angad und ich werden hier mit dir sterben."
(1) Opfer und alle religiösen Zeremonien beginnen und enden mit Waschungen, und die Ehefrau des opfernden Brahmanen spielt dabei eine große Rolle.