Von der zerklüfteten Flanke des Rishyamuka eilte der Vanar zum Gipfel des Malaya und kündigte seinem königlichen Oberhaupt die Ankunft des Paares an: "Sieh, hier steht Rama mit Lakshmana, berühmt in hunderten von Ländern. Sein heldenhaftes Herz wird niemals verzagen, auch wenn tausend Feinde angreifen. Er ist Dasarathas Sohn, die Zierde und Pracht des Ikshvaku Geschlechts. Seines Vaters Willen gehorsam widmet er sich den heiligen Pflichten. Mit königlichen Riten des Pomp und Stolzes befriedigte sein Vater den Feuergott, dann gab er hunderttausend Kühe frei und überschüttete die Priester mit reichem Lohn. Er beschützte sein weites Land und war berühmt für seine wahrhaften Lippen und seine gezähmten Leidenschaften. Wegen der Tücke einer Frau lebt sein Sohn in den Waldesschatten, wo er seither alle Sinne mit asketischer Abstinenz unterwarf. Der schreckliche Ravana stahl seine Frau, und nun kommt er zu dir, Herr, als Bittender. Laß nun diesen beiden großen Prinzen alle Ehre zuteil werden, die um deine Hilfe ersuchen."
So sprach der Vanarprinz, und Sugriva hörte von freundlichen Gedanken bewegt zu. Das Licht der Freude überstrahlte sein Gesicht, und er sprach zum Sohn des Raghu: "Oh Prinz, der du in den Regeln der Pflicht geübt bist und für alle sorgst, die von unverfälschter Liebe sind. Hanumans Zunge hat treulich die Tugenden aufgezeigt, welche allein dein sind. Es ist mein größter Ruhm, mein Gewinn und Glück, so glaube ich, daß Raghus Sohn sich herablassen wird, die Vanars als Freunde aufzusuchen. Wenn du mein treuer Verbündeter sein möchtest, dann akzeptiere den Pfand, den ich dir anbiete. Nimm diese Hand als Zeichen der Freundschaft und binde dich in einem Bund, den wir niemals brechen werden." Er sprach, und Freude wallte durch Ramas Brust. Er ergriff Sugrivas Hand, drückte sie und freudige Erregung strahlte aus seinen Augen, als er seinen neuen Verbündeten an sein Herz zog.
Nicht länger in des Wanderers Hülle verkleidet, trug Hanuman seine rechte Gestalt. Dann entstand, von Holz zu Holz entspringend, unter seinen geschickten Händen die züngelnde Flamme(1). Er trug das Feuer zwischen die beiden Anführer und schmückte es mit Blumen und Verehrung. Die Freunde umschritten seine lodernde Pracht mit ehrfürchtigen und langsamen Schritten. So einander verpflichtet und im feierlichen Bündnis geeint fand ein jeder neue Zuversicht und richtete seine unstillbaren Blicke auf den lieben Verbündeten. "Du bist der Freund meiner Seele; wir teilen des anderen Freuden und Sorgen.", so sprach Sugriva zum Sohn des Raghu mit Glückseligkeit in der bewegten Brust. Von einem hohen Salbaum, der viele Blätter und Blüten trug, riß er einen Ast ab und machte aus den feinen Zweigen einen Sitz für Rama und sich. Dann gab Hanuman, Sohn des Gottes, der den Wind regiert, mit freudigem Geist den bunten Ast eines Sandel Baumes, damit Lakshmana einen Sitz bekäme. Und Sugriva rief mit großer Freude, die er nicht verstecken konnte, und mit Augen, die immer noch von der lieblichen Überraschung zitterten, zum edelsten Nachfahren des Raghu: "Oh Rama, gequält von Leid und Angst wandere ich hier, von meinen Feinden verschmäht. Verloren und von meiner Gemahlin getrennt lebe ich hier in dieser waldigen Zitadelle oder streife wild vor Angst und Not durch die ferne Wildnis. Von meinem Bruder Bali schikaniert erträgt meine Seele seit langem schon die Demütigung und das Übel. Befreie mich von meinem Kummer und meiner Furcht, du, dessen Tugend alle verehren. Seinen Freund von schlimmer Not zu befreien, ist eine hohe Aufgabe und deiner würdig."
Er sprach, und Raghus Sohn, der um die heiligen Pflichten wußte, die Männern obliegen, der Freund der Gerechtigkeit und ohne alle Arglist, gab seine Antwort mit einem Lächeln: "Großer Vanar, Freunde, die meine Hilfe ersuchen, werden ihr Vertrauen immer mit Früchten vergolten finden. Diese rächende Hand soll Bali schlagen, deinen Feind, der dir die Frau stahl. Diese Pfeile, die sonnengleich blitzen und brennen, mit Federn des Kanka beflügelt, jeder flink im Fluge, sicher und tödlich, sogar mit Knoten und spitzem Kopf, furchtbar wie der zermalmende Blitzstrahl, den Er aussendet, der das Firmament regiert (Indra), sie sollen deinen verschlagenen Feind erreichen und wie wütende Schlangen zischen und einschlagen. Du, Vanar König, sollst an diesem Tag deinen dich seit langem verletzenden Feind am Boden liegen sehen, wie einen zerschmetterten Berg, vom Sturm meines Bogens erschlagen." So sprach Rama, und Sugriva hörte ihm zu. Und während gewaltige Freude seine Brust bewegte, sprach er zum Helden: "Durch deine Gunst, oh Erster und Bester der Heroen, soll dein Freund sein Reich und seine liebe Gemahlin wiederbekommen, zurückgewonnen aus der Hand des Feindes. Zerstöre du meines älteren Bruders Macht, so daß niemals wieder seine tödliche Boshaftigkeit mich meines uralten Rechtes berauben oder meine Seele Kummer erleiden möge."
Das Bündnis war beschlossen. Ein Bündnis, welches Sita Freude, den Unholden und dem Vanar König Bali aber Verderben bringen sollte. Durch ihr linkes Auge schoß ein schnelles Pochen, und die Dame zweifelte nicht an diesem glücklichen Zeichen, welches auf hoffnungsvolle Ereignisse deutet. Das helle linke Auge von Bali fühlte dagegen ein ungünstiges Hämmern, welches von einem tödlichen Schlag kündete. Auch die furchtbaren linken Augen der Dämonentruppen fühlten einen Schmerz, und sie wußten um den Vorboten der Bestürzung.(2)
(1) Feuer ist der heilige Zeuge von Vereinbarungen.
(2) In Indien und bei den alten Griechen war das Pochen im linken Auge eines Mannes ein ungünstiges Zeichen, im rechten Auge bedeutete es etwas Günstiges. Und bei Frauen war es umgekehrt.