Pushpak Ramayana Buch 3Zurück WeiterNews

Canto 55 - Sita im Gefängnis

So erteilte Ravana seine Befehle den acht starken und mutigen Giganten, denn er dachte in seinem törichten Stolz, sich so vor allen Gefahren zu bewahren. Dann wandte er seine Gedanken mit verwundetem, in Liebe entflammtem Herzen wieder der Dame zu und eilte mit hastigen Schritten in die schöne Kammer, wo sie lag. Dort erblickte er die sanfte Dame von Kummer niedergedrückt, der zu schwer war, ihn zu ertragen, inmitten der Schar der Dämoninnen, die ihre Wache hielten, während sie weinte. Sie war wie eine Pinasse, die in den Wellen versinkt, wenn die mächtigen Winde um sie herum toben; oder wie ein einsames Reh ohne Herde, dem sich die hungrigen Hunde nähern. Als der Gigant ins Gemach trat, da waren ihre klagenden Blicke gesenkt, und sie lag mit strömenden Augen. Der Dämon bat sie, sich zu erheben, und zeigte der erschrockenen Gefangenen die Herrlichkeiten seiner reichen Wohnstatt, wo tausend Frauen ihre Tage im goldig flammenden Palast verbrachten. Wo vielerlei Vögel sich tummelten und Edelsteine in den Hallen und Höfen blitzten. Wo noble Pfeiler die Sicht verzauberten mit Diamanten und Lapislazuli, andere waren aus Elfenbein, Kristall, Silber oder Gold erschaffen. Der Klang der Trommeln schwoll laut und hoch, und poliertes Erz strahlte überall. Er führte die trauernde Dame zur goldverzierten Treppe und zeigte ihr jedes schöne Gitterwerk aus Silber und Elfenbein gearbeitet. Dann sah sie die herrlichen Gemächer in einer langen Reihe, die mit Netzen aus goldenen Schnüren geschmückt waren. Auch zeigte er der Maithili Dame seine hellen und wie blitzende Flammen strahlenden Gärten mit den vielen Teichen und Seen, wo die Blumen in den fröhlichsten Farben blühten. Er ging mit der im Leid versunkenen Dame durch sein ganzes Heim mit allen schönen Ansichten. Dann sprach er im Vertrauen darauf, in ihrem Herzen Begehren für alles Gesehene zu wecken:

"Dreihundert Millionen Dämonen, alle dem Ruf ihres Meisters gehorsam, und nicht die Jungen, Schwachen und Alten mitgezählt, dienen mir mit furchtbarem und tapferem Geist. Von all jenen warten tausend Auserwählte auf den Herrn, seine Wünsche zu erfüllen. Diese prächtige Macht, den Pomp und die Herrschaft, liebe Dame, lege ich dir zu Füßen. Ja, mit meinem Leben gebe ich dir, die mir lieber ist als mein Leben und meine Seele, das Ganze. Tausend Schönheiten füllen meine Hallen, sei du mein Weib und herrsche über sie alle. Oh höre meine flehende Bitte! Warum dieses günstige Angebot ablehnen? Zeige etwas Mitleid mit deinem Freier, denn der Liebe heiße Flammen glühen in mir. Die Insel mißt dreihundert Meilen in der Länge und ist von den Kräften des Ozeans umgeben. Sie könnte allen Göttern und Dämonen trotzen, selbst wenn sie der anführt, der den Himmel regiert. Keinen Gott im Himmel, keinen Weisen auf Erden, keinen Barden von himmlischer Geburt oder Geist von dieser Welt sehe ich, der sich mir in Macht und Kraft vergleichen kann. Was willst du mit Rama, dessen Tage kurz und dessen Licht schwach ist, der von seinem königlichen Heim und der Herrschaft verstoßen wurde und nun zu Fuß seinen ermüdenden Weg nimmt? Überlaß den armen Sterblichen seinem Schicksal und verheirate dich mit einem würdigeren Gemahl. Meine furchtsame Liebste, erfreue dich mit mir deiner Jugend, bevor sie vergeht. Kehre keine einzige Stunde der Hoffnung zu, Ramas Gesicht je wiederzusehen. Denn wem würde dieser wildeste Gedanke kommen, dich auf der Dämoneninsel zu suchen? Sag, wer hat die Kraft, mit Netzen den stürmischen Wind mühsam zu fangen? Wessen mächtige Hand könnte den Glanz der Flamme zähmen und halten? In allen Welten hoch droben oder drunten gibt es nicht einen, oh du mit der schönen Figur, der von dieser Insel im Kampfe die Dame entführen könnte, die diese Arme beschützen. Schöne Königin, herrsche über die Insel Lanka als einzige Herrin über das weite Land. Götter, Wanderer der Nacht wie ich und alle Welten werden deine Sklaven sein. Laß über der schönen Stirn und dem königlichen Haupt die Weihetropfen ausschütten, und das Leid wird von deiner Brust weichen. Erfreue dich meiner Liebe und ruhe dich aus. Hier soll deine Seele niemals mehr von der Erinnerung an frühere Sorgen wissen, und hier sollst du dich am Lohn freuen, den dir jede tugendhafte Handlung einbrachte. Hier glänzen Girlanden aus Blumengebinden in prachtvollen Farben und göttlichem Duft. Nimm Gold und Juwelen und reiche Kleidung. Erfreue dich mit mir an deinen Herzenswünschen. Hier steht der weitaus beste Streitwagen, den mein Bruder einst besaß. Als Sieger im Kampfgetümmel zwang ich den Gott des Goldes, ihn mir zu überlassen. Er ist groß und hoch und edel gebaut, hell wie die Sonne und schnell wie der Gedanke. Darin sollst du entzückt ausfahren, Sita, an der Seite deines Liebhabers. Doch Sorgen verunstalten mit schleichenden Spuren die Pracht deines Lotusgesichts. Eine Wolke von Kummer ist darübergebreitet und alles freudige Licht geflohen."

Die Dame drückte in ihrem Kummer einen Zipfel ihres Kleides an die traurige, wie Mondlicht klare Wange und wischte eine tropfende Träne ab. Der Wanderer der Nacht erneuerte sein eifriges Bitten, als er dies sah, während die Dame stand und ihre tobenden Gedanken zu beruhigen suchte, wie jemand der ganz und gar verwirrt ist. "Denke nicht an die Schande gebrochener Eide, süße Dame, und fürchte nicht die Schuld. Die Heiligen billigen mit wohlwollenden Augen die Vereinigung, welche aus Heiratsbanden gewirkt ist. Oh Schönheit, auf deine glänzenden Füße lege ich meine Häupter und flehe inständig. Ich sehne mich nach einem Wort der Gunst, einem süßen Blick. Habe Mitleid mit deinem hingestreckten Sklaven. Doch diese nutzlosen Worte, die ich spreche, sind eitel und dem verzehrenden Schmerz der Liebe abgenötigt. Denn niemals soll man von Ravana sagen, er warb um eine Dame mit gesenktem Haupt." So flehte der Monarch der Dämonen vor der Maithili Dame und dachte dabei: 'Sie ist nun mein.' und war doch bereits in den schrecklichen Schlingen des Todes gefangen.


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