Pushpak Ramayana Buch 3Zurück WeiterNews

Canto 43 - Der wundersame Hirsch

Sie beugte sich nieder, um ihre Hände mit Blumen zu füllen, doch starrte immer weiter auf das Wunder. Sie schaute auf seinen Rücken und die funkelnden Flanken, wo silberne Töne mit goldenen wetteiferten. Sie erfreute sich an der makellosen Gestalt mit schimmerndem Fell wie poliertes Gold. Laut rief sie zu ihrem Ehemann und dem bogenbewaffneten Lakshmana an seiner Seite, wieder und wieder rief sie voller Freude: "O komm und sieh diese wunderbare Kreatur. Schnell, schnell, mein Herr, sieh dir diesen Hirsch an und bring deinen Bruder Lakshmana mit." Als ihre klare Stimme durch den Wald schallte, sprangen die Brüder schnell an ihre Seite. Mit eifrigen Augen untersuchten sie den Wald und erblickten den Hirsch, der in der Nähe stand. Doch großer Zweifel erhob sich in Lakshmanas Brust, und folgendermaßen drückte er seine Gedanken und Ängste aus: "Wartet, denn der wundersame Hirsch, den wir sehen, könnte der Unhold Maricha selbst sein. Vor uns haben viele Könige an diesem Ort ihren Zeitvertreib in der Jagd gesucht. Von seiner hintertriebenen Kunst besiegt fielen sie erschlagen durch ähnliche Täuschung. Er trägt für eine Weile, wohlgeübt in magischer Tücke, die Gestalt eines Hirsches, so strahlend wie die Sonne oder die Gärten, in denen die fröhlichen Gandharvas lustwandeln. Kein Hirsch, oh Rama, ward je gesehen, der solchermaßen in den Glanz von Gold und Edelsteinen gehüllt war. Das ist Magie, Herr der Welten, denn die Welt hat niemals etwas so Schönes erblickt."

Doch Sita mit dem lieblichen Lächeln, eine Gefangene der Dämonenschliche, wandte sich von Lakshmanas kluger Rede ab und erwiderte mit begierigen Worten: "Mein verehrter Herr, von diesem Hirsch, den ich sehe, so reich an seltener Schönheit, bin ich völlig hingerissen. Geh, Herr des starken Armes, und bring mir dieses kostbare Wesen für mein Vergnügen. Schöne Wesen des Waldes wandern ungestört in der Nähe unseres Einsiedlerheimes. Waldkuh und Hirsch sind hier, Damwild, Affen und Bären, wo gefleckte Rehe gerne spielen und starke, schöne Kinnaras(1) umherstreifen. Doch niemals, wenn sie vorüberkamen, hat solche Schönheit mein Auge verzaubert. So elegante und schlanke Glieder hat er, so sanft und wunderbar und strahlend ist er. Oh schau nur, wie schön er anzusehen ist mit all den verschiedenfarbigen Juwelen. Er strahlt so prachtvoll wie der aufgehende Mond und erleuchtet den Wald, wo auch immer er geht. Ach, welch Form und Grazie sind dort! Seine Glieder sind so fein, die Farben so wunderbar! Er hat alles, was Worte ausdrücken können, und erfüllt meine Seele mit Liebreiz. Oh, wenn du dich nur mir zuliebe bemühen würdest, dieses wunderschöne Wesen lebend zu fangen! Wie würdest du mit verwunderten Augen entzückt auf den lieblichen Fang starren! Und wenn unser Leben im Walde vorüber ist, und wir uns wieder unseres Reiches erfreuen, dann wird das wundersame Tier die Gemächer meines Wohnortes zieren. Und es wird ein teurer Schatz für Bharata, die Königinnen und mich sein. Alle werden mit Entzücken und Bewunderung auf seine himmlische Gestalt schauen. Doch wenn der verfolgte, wunderschöne Hirsch sich deinen Einfangkünsten entzieht, dann töte ihn, oh Prinz, und sein Fell wird ein Schatz sein für drinnen. Oh, wie sehne ich mich danach, meine Zeit auf dem zarten Gras sitzend zu verbringen, unter mir das weiche Fell ausgebreitet, welches vor goldenen Haaren nur so strahlt. Dieser starke Wunsch und der gierige Wille stehen einer zarten Dame nur schlecht. Doch als ich ihn das erste Mal sah, da füllte sein Anblick meine Brust mit Faszination. Schau, wie goldenes Fell seine Weichen schmückt, und Saphire sind die Spitzen seiner verzweigten Hörner. Glänzend wie die Mondbahn oder die erste Morgenröte und mit anmutiger Figur und strahlendem Fell verzauberte er auch dein Herz, mein Prinz."

Er hörte ihre Worte mit willigem Ohr und schaute erneut auf den Hirsch. Dessen liebliche Gestalt bestrickte sein Herz und bewegt von der Bitte von Janaks Kind, lag ihm ihr Vergnügen am Herzen. So wandte sich Rama an Lakshmana und sprach: "Sieh, Lakshmana, sieh wie Sitas Brust von begierigem Sehnen besessen ist. Heute muß dieser Hirsch von wundersamer Rasse wegen seiner flüchtigen Schönheit bluten. Er ist strahlender als alle, die je Nandan oder die himmlischen Schatten von Chaitraratha durchstreiften. Wie können die Wälder der Erde solch alles übertreffende Lieblichkeit besitzen? Das Haar liegt sanft und hell und fein oder wellt sich über jeder geschwungenen Linie. Tropfen von lebendigem Gold schmücken die Schönheit von Flanke und Hals. Oh schau, seine puterrote Zunge ist zwischen seinen Zähnen wie flammendes Feuer zu sehen. Es funkelt, wann immer sich seine Lippen öffnen, als ob sich ein Blitz aus einer Wolke löst. Sieh nur, wie seine sonnenhelle Stirn aufglänzt im Schein von smaragdenen Tönen und Almandin, während perlendes Licht und das rosenfarbene Glühen der Muscheln die Unterseite seines Halses zieren. Kein Auge kann auf diesem Hirsch ruhen, ohne daß eine sanfte Verzauberung die Brust erfüllt. Kein Mensch hat je ein so schönes Wesen erblickt, das im Licht von funkelndem Gold dermaßen erstrahlt. Göttlich, hell im Juwelenglanze - kein ebenbürtiges Wunder haben die Augen eines Königs je gesehen, wenn er mit Bogen und Pfeil bewaffnet und mit Entzücken das Handwerk des Waldes ausübend durch den grenzenlosen Wald streift, um die Beute für Wildbret zu erlegen. Wenn er dort mit seinem Gefolge wandert, mag er sich oft einen reichen Vorrat gewinnen. Sein ist das kostbare Erz durch Gesetz. Sein ist der glitzernde Schatz an Juwelen. Solch Gewinn ist in seinen Augen viel wertvoller, als der Reichtum, der in seiner Kammer liegt. Diese liebsten Dinge kennt sein Geist, so kostbar wie die Glückseligkeit, die Sukra wählte. Aber der reichste zu erwartende Gewinn wird von achtlosen Männern vergebens verfolgt. Der Weise, der kluge Ratschläge kennt, erklärt und zeigt dies in jedem Augenblick.

Dieser Beste der Hirsche, dieses Juwel unter allen, muß fallen und uns die kostbare Beute überlassen. Und die schöne Sita an meiner Seite soll auf seinem goldenen Fell sitzen. Noch nie fand ich solch reichen Pelz an einem gefleckten Reh oder einem Schaf oder einer Ziege. Weder Bock noch Antilope haben so etwas Strahlendes zum Anschauen oder Weiches zum Streicheln. Dieser funkelnde Hirsch ist dem an himmlischer Schönheit gleich, der oben in Herrlichkeit durch die Himmel wandert; einer auf Erden und einer unter den Sternen.

Aber Bruder, wenn deine Ängste sich bewahrheiten sollten, und diese herrliche Kreatur, die wir sehen, der Unhold Maricha in verwandelter Gestalt ist, dann soll er durch diese Hand sicher sterben. Denn der schreckliche Dämon, welcher mit blutiger Hand und grausamer Seele die Kontrolle verschmäht, hat diesen Wald durchwandert und die heiligsten Heiligen in Erschrecken gestürzt, welche hier leben. Auch große Bogenschützen von königlicher Abstammung verfolgten im Wald das Wild und fielen durch seine tückischen Künste. Doch nun soll mein Pfeil sein Herz treffen. Vatapi ließ durch seine magischen Kräfte ahnungslose Heilige sein Fleisch verdauen, und dann zerriß er ihre Körper, als er aus seinem Gefängnis herausbrach. Doch einmal versuchte er seine Kunst in sinnlosem Stolz am mächtigsten Weisen, an Agastya selbst. Er ließ ihn vom fleischigen Köder kosten, den er vor ihm ausgebreitet hatte. Vatapi wollte seine Gigantengestalt wieder annehmen, wenn der Ritus vorüber war, doch der Heilige Agastya wußte um seine Tücke und hielt den Dämonen mit einem Lächeln auf: 'Vatapi, mit grausamer Gehässigkeit hast du viele Einsiedler besiegt, die edelsten der Brahmanenkaste. Doch nun kommt endlich dein Ruin.' Nun, wenn er meine Kraft solchermaßen herausfordert, dann stirbt dieser Dämon wie Vatapi, wenn er es wagt, einen Mann wie mich zu verachten, einen Anhänger, der sein Selbst kontrolliert. Meine Hand soll Maricha zu Boden werfen. Du sollst in deine Waffen gehüllt und mit dem Bogen in der Hand hier stehen, um die Maithili Dame mit wachsamen Augen und achtsamer Brust zu beschützen. Bewahre jedes meiner befehlenden Worte. Ich gehe, und auf meinem Weg durch das Dickicht jagend, werde ich den Hirsch fangen oder erlegen. Ja, ich werde die Beute sicher von meinem Jagdausflug heimbringen. Sieh Lakshmana, wie die Augen meiner Gemahlin sich nach dem lieblichen Preis sehnen. Heute wird er fallen, und ich mag den Schatz eines solch schönen Fells gewinnen. Sei du mit Sita achtsam, damit keine Gefahr euch überraschen möge. Schnell wird von meinem Bogen nur ein Pfeil fliegen, und der getroffene Hirsch wird fallen und sterben. Dann werde ich dem Wild schnell ein Ende bereiten und die Trophäe meiner Dame bringen. Jatayu, der gute und weise Wächter, unser alter und treuer Freund, der schnellste und stärkste der fliegenden Vögel, wird uns gern seine willige Hilfe anbieten, um die Maithili Dame gut zu beschützen. Bereite dich auf jede Möglichkeit vor, und erwarte in deiner zarten Fürsorge den Feind von allen Seiten."



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(1) Wesen mit menschlichem Körper und Pferdeköpfen