Pushpak Ramayana Buch 3Zurück WeiterNews

Canto 9 - Sitas Rede

Als sich Raghus Sohn mit den Segnungen des Weisen auf den Weg gemacht hatte, begann Sita bescheiden, mit sanfter Stimme und in aufrechter Sorge zu sprechen: "Ein kleines Versehen kann selbst Großen Schande bringen, die auf unrechte Taten folgt. Solch Schande, mein Herr, muß immer den Fehlern anhaften, die niederem Begehren entspringen. Drei verschiedene Sünden besudeln die Seele. Aus Begierde geboren verwehren sie die Beherrschung: Zum Ersten, das Murmeln eines Lügenwortes. Schlimmer noch sind die folgenden Zwei: Die unrechte Liebe zu eines anderen Weib und der Durst nach Blut ohne zwingenden Konflikt. Das Erste, oh Raghus Sohn, ist nicht in dir zu finden, und es wird auch niemand je erblicken. Die Liebe zu eines anderen Weib zerstört allen Verdienst. Er geht verloren wegen schuldbeladener Freuden. Rama, auch solch ein Verbrechen ward niemals in dir gefunden, so denke ich, und wird es niemals werden. Denn schon der Gedanke daran ist dir in deiner tiefsten Seele verhaßt, mein prinzlicher Herr. Du warst immer derselbe zärtlich Liebende deiner eigenen verehrten Dame und hast zufrieden mit treuem Herzen den Willen deines Vaters befolgt, höchst angemessen und treu. Gerechtigkeit und Vertrauen und viele andere gute Eigenschaften fanden in dir einen Ruheplatz. Solche Tugenden, mein Prinz, mögen die Guten erlangen, welche die Herrschaft über jeden Sinn bewahren. Und du kannst wohl, mit liebendem Blick für alle, deine Sinne besiegen.

Aber das Dritte, die noch ungesättigte Lust auf Kampf für das Leben anderer, der drängende Durst auf Blut, wo kein gerechter Zorn ist - dies oh mein Herr, meidest du nicht. Du hast ein Versprechen abgegeben, den Heiligen im Dandaka Wald zu helfen. Und um ihr Leben vor Bösem zu beschützen, willst du unbeirrbar das Blut der Giganten fließen lassen, damit der anhaltende Ruhm für dein Versprechen den Namen des Waldes erstrahlen läßt. Mit Bogen und Pfeilen bewaffnet führst du deine Reise mit deinem Bruder fort, während ich daran denke, wie wahrhaft du bist, und Angst um dein Glück bestürmt mein Herz. Und mein Geist ist verwirrt mit seltsamen Schrecken. Ich mag es nicht, es scheint nicht gut, auf solche Art durch den Dandaka Wald zu gehen. Und damit du mich wohl verstehst, werde ich dir den Grund für meine Angst erklären:

Du wirst mit deinem Bruder und dem Bogen in der Hand unter diesen alten Bäumen stehen, und deine kühnen Pfeile werden keinen Waldbewohner verschonen, der sich dir zeigt. So wie das Öl der schlafenden Flamme Nahrung bietet und sie bittet, sich zu erheben, so füllt sich die Brust des Kriegers mit leidenschaftlicher Glut, wenn er den Bogen ergreift.

Einst vor langer Zeit, tief im heiligen Wäldchen, wo Vögel und Tiere sich der Jagd enthielten, da übte sich unter den schattigen Zweigen ein treuer Eremit in seinen Gelübden. Da erschien Indra, Sachis himmlischer Herr, wie ein Krieger mit dem Schwert bewaffnet in der ruhigen Einsiedelei, um die heilige Mühe des Eremiten zu stören. Er ließ die strahlende Waffe in der Obhut des Einsiedlers zurück als Pfand, damit er, der allem leidenschaftlichen Eifer entsagt hatte, sie bewahre. Der nahm das Eisen an, und mit größter Achtung bewahrte er es für den Krieger. Er behielt immerfort das ihm Anvertraute bei sich, wenn er durch die benachbarten Wälder streifte. Wenn er nach Wurzeln und Früchten suchte, trug er die Klinge an seiner Seite. Oder wenn er seine heiligen Pflichten besorgte, immer nahm er den Schatz mit sich, wohin er auch ging. Als er Tag für Tag das Eisen trug, da zog der an Verdienst reiche Eremit nach und nach seine Gedanken von den Bußeübungen ab, und sein Geist wurde schrecklich und wild. Mit achtloser Seele verbannte er das Rechte und fand Gefallen an grausamen Taten. So fiel er, mit dem Schwerte lebend, als zerstörter Eremit hinunter in die Hölle. Diese Geschichte ist für alle, die zu dicht am Stahl der Krieger leben. Die Waffe ist für Kämpfer dasselbe wie Öl für die glimmende Flamme.

Der Grund für meine Rede ist ehrliche Zuneigung. Ich verehre, anstelle zu belehren. Mögest du, mit Pfeil und Bogen bewaffnet, ein solch schreckliches Verlangen nie kennen, daß ohne zornerfüllte Schlacht die Dämonen des Waldes vernichtet werden. Denn der, der tötet, ohne angegriffen zu werden, wird nur wenig Ruhm gewinnen. Der Bogen, den der Krieger freudig spannt, ist ihm für edlere Ziele gegeben. Denn er soll jene sichern und beschützen, die im Wald wachen und von Feinden angegriffen werden. Was, im Vergleich zum Waldleben, ist Bogen oder Klinge? Was ist der Arm des Kriegers im Vergleich zum Eifer eines Eremiten? Wir haben mit solcher Macht nichts zu tun. Die Gesetze des Waldes sollten auch uns leiten. Aber wenn Ayodhya dich als Herren preist, dann stell dein Kriegerleben wieder her. Dann erfreuen sich dein Herr und deine Mutter an einem Glück, das nicht zerstört werden kann. Das Imperium ablehnend wähltest du die Einsiedlergelübde. Der edelste Gewinn kommt von Tugend, und Tugend bringt unendliche Freude. Tugend verbreitet allen weltlichen Segen, und auf Tugend stützt sich diese Welt. Diejenigen, die Geist und Körper mit rechten Gelübden und Fasten zähmen, erringen sich edel und weise durch ihre Mühen die höchste Tugend zum Preis. Sie bleiben in der Einsiedelei rein, bei der Pflicht und damit unbefleckt.

Die drei Welten liegen offen vor dir, denn dir sind alle Dinge bekannt. Wer gab mir die Kraft, daß ich es wagen würde, meinem Herrn seine Pflicht zu erklären? Es ist die Grille einer Frau, so leicht wie Luft, die meine törichte Brust bewegt. Berate dich nun mit deinem Bruder, denke nach, entscheide dich und tu, was dir das Beste scheint."


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