Pushpak Ramayana Buch 2Zurück WeiterNews

Canto 69 - Bharatas Traum

In der Nacht, welche die Staatsboten schon innerhalb der Stadttore verbrachten, hatte der schlummernde Bharata einen Traum, der seine Seele vor Furcht schaudern ließ. Der Traum, der böse Dinge ahnen ließ, erfüllte Bharatas Herz mit kaltem Grausen, und er begann zunehmend besorgt an seinen bejahrten Vater zu denken. Seine lieben Kameraden hatten schnell die Zeichen von Besorgnis auf seinem Gesicht erkannt und nahten sich, seinen Kummer zu vertreiben und ihm nette Geschichten zu erzählen. Manche spielten liebliche und erfreuliche Musik, andere tanzten in lebhaftem Kreise. Mit Spaß und Scherz suchten sie, seinen Geist zu erheben, und zitierten alte Sagen. Doch der hochbeseelte Bharata schien allen entzückenden Geschichten gegenüber taub zu sein, die seine Begleiter erzählten. Die Musik, der Tanz und die Scherze ließen ihn unbewegt. Er saß traurig und von Kummer bedrückt. So umringten ihn die Kameraden und ein Freund, der ihm der Teuerste war, sprach zu ihm: "Warum bist du, von deinen Freunden umgeben, so still und traurig heute?"

"Höre," sprach Bharata zur Antwort, "was mein Herz frösteln läßt und meine Augen trübt. Ich träumte und sah den König, meinen Vater, mit dem Kopf nach unten von einem hohen Berg in den Wolken niedersinken in einen See voller Schlamm. Sein Körper war beschmutzt und sein Haar lose. Auf dem schlammigen See schien er zu liegen und sich zu wälzen, so träumte mir, und mit hohlen Händen schöpfte er viele Schlucke Öl und lachte laut. Mit dem Kopf nach unten sah ich ihn ein Mahl einnehmen von Sesam und Gebäck (Dutt: Reis). Das Öl tropfte überall, und er tauchte in die klamme Flut. Dann sah ich das Bett des Ozeans leer und ausgetrocknet, der Mond war vom Himmel gefallen, und die ganze Welt lag still und tot und mit verhüllender Dunkelheit zugedeckt. Die Erde war zerrissen und weit geöffnet, die belaubten Bäume waren versengt und starben. Ich sah die gesetzten Berge sich spalten und Wolken von aufsteigendem Rauch ausstoßen. Der Monarch ritt auf seinem Staatselefanten, und dessen lange Stoßzähne waren zermalmt und zersplittert. Gelöschte Flammen und bereits Erkaltetes entzündeten sich erneut und loderten wieder auf. Ich schaute, und viele hübsche Damen in braunen Zobel gekleidet kamen und bedrängten den Monarchen, der eine Zobelweste trug und auf einem Eisenstuhl saß. Dann wand der König mit tugendhaftem Sinn einen blutroten Kranz um sich und fuhr auf einem von Eseln gezogenen Wagen davon, sein Haupt immer gen Süden beugend. Danach erschien eine karmesinrot gekleidete Dame, lachte und verhöhnte den Monarchen, und ein gräßlich anzusehendes, weibliches Monster legte seine Hand auf seinen Leib. Das war der Traum, den ich nächtens träumte, und der mich mit wilder Angst erfüllt. Entweder der König oder Rama, oder ich oder Lakshmana müssen sicher sterben. Denn wenn ein von Eseln gezogener Wagen einen Mann im Traum davonträgt, dann wird sicher bald Rauch von seinem Scheiterhaufen aufsteigen. Das läßt meinen Geist tief sinken und schwach werden, meine Zunge ist langsam und quält sich beim Sprechen. Meine Lippen und Kehle sind trocken vor Furcht. Meine ganze Seele ist durcheinander. Meine schlaffen Lippen können kaum reden, und kalte Angst färbt meine Wangen. Ich beschuldige mich mit ziellosen Sorgen und sehe keinen Grund dafür. Ich brüte über diesem bösen Traum, dessen wechselnde Szenen ich sah, und von dem erschreckenden Horror kommen meine verstörten Gedanken nicht los. Die Qual hat sich an meine Seele gehangen und weigert sich zu gehen. Und die seltsame Vision vom König wiegt schwer auf meinem Herzen."


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