Pushpak Ramayana Buch 2Zurück WeiterNews

Canto 9 - Die Verschwörung

Da flammte Zorn in Kaikeyis Augen auf, und sie sprach mit langen und brennenden Seufzern: "Dieser Tag soll meinen Sohn auf dem Throne sehen, und Rama wird in die Wälder fliehen. Aber sage mir, Manthara, wenn du kannst, den Weg dahin, einen geschickten Plan, so daß Bharata sich das Reich gewinnen mag und Ramas Hoffnungen umsonst genährt wurden."

Die Dame schwieg. Und die hinterhältige Zofe befolgte den Befehl ihrer Königin und eröffnete Kaikeyi die dunkle Verschwörung, mit der Rama zu Fall gebracht werden sollte. "Ich werde es dir erklären, beachte wohl, wie Bharata diesen Thron ersteigen mag. Hast du vergessen, was einst geschah? Oder täuschst du mich nur und weißt es längst? Oder möchtest du meine Zunge die Geschichte wiederholen hören, welche deiner Lage entgegenkommt? Glückliche Dame, wenn es dein Wille ist, dann höre nun die Geschichte von einst. Und wenn meine Zunge ihren Teil beigetragen hat, dann überlege es dir in deinem Herzen.

Als einst die Götter und Dämonen fochten, da eilte dein Herr im Kreise der königlichen Heiligen und mit dir an seiner Seite in die Schlacht, um mit seiner Kraft dem König der Unsterblichen beizustehen. Weit in das südliche Land begab er sich, wo Dandaks große Wildnis sich ausbreitete, und wo der Dämon Sambara über die Stadt Vaijayanta herrschte, deren Flagge das riesige Meeresungeheuer zeigt. Er war der Herr der hundert Schliche mit einer Kraft, die kein Gott je tadelte, und er focht gegen den König des Himmels. Die Schlacht tobte wild und fürchterlich, und die sterblichen Krieger fochten und bluteten. Die Dämonen erneuerten des Nachts ihre Stärke und überfielen das schlafende Heer. Dein Herr, König Dasaratha, hatte lange gegen das Dämonenheer gekämpft, mit starkem Arm und unvergleichlicher Kraft, bevor er schließlich doch von ihren Pfeilen verwundet wurde. Durch deine Hilfe wurde dein bewußtloser Gatte vom Schlachtfeld geschafft, und durch deine Pflege ward der tödlich Verwundete wieder geheilt. Hoch zufrieden schwor der dankbare Monarch, dir zwei Wünsche zu erfüllen. Doch du wolltest damals keine Gunst von ihm und spartest dir die Gaben für später auf. Und er, dein hochbeseelter Herr, stimmte zu, dir die Wünsche zu erfüllen, wenn du sie benötigen würdest. Ich selbst weiß nicht, was damals geschah, aber ich hörte dich die Geschichte oft erzählen. Und da ich dir in Freundschaft verbunden bin, bewahrte ich sie tief in meinem Herzen.

Erinnere deinen Gatten an seinen Schwur, berufe dich auf die Wünsche und fordere sie beide ein: Bharata soll auf den Thron gesetzt und mit Weiheriten geehrt werden, und Rama soll für zweimal sieben Jahre in die Wälder verbannt werden. Geh, Königin, und such die Trauerkammer auf. Liege dort hingestreckt auf dem kalten Boden mit zornigen Augen und brennenden Wangen, die Kleidung und das Haar zerwühlt. Wenn der König kommt, bleibe klagend liegen, sprich kein Wort, noch sieh ihn an, aber laß deine Tränen in Strömen fließen und liege gefesselt von deinem Leid. Ich weiß sehr wohl, daß du schon lange seine Lieblingskönigin warst und es immer sein wirst. Um deinetwillen, oh geliebte Dame, wird der mächtige König der Flamme trotzen, dir niemals zornig sein oder es ertragen, den wütenden Blick seines Lieblings zu kreuzen. Dein liebender Gemahl würde eher für die Erfüllung deiner Wünsche sterben, oh Königin. Und niemals könnte er seine Brust bewaffnen und mit einem "nein" deinem Wunsch begegnen. Höre und lerne, oh du mit den milden Sinnen, von deinem Einfluß, der ohne Widerstand ist. Er wird dir Juwelen anbieten, Perlen und Gold - weise seine Geschenke zurück, sei standhaft und kalt. Erinnere ihn an die einst angebotenen Wünsche und fordere sie ein, bis er sie dir gewährt. Und, oh meine Dame von hohem Glück, mit achtsamen Gedanken vergiß niemals: Wenn er dich, seine Königin, vom Boden aufhebt und dir erneut die Wünsche von einst gewährt, dann binde ihn mit neuen Schwüren, die er nicht brechen kann, und benenne deine Forderungen ohne Zögern: Daß Rama vierzehn Jahre sein Heim verläßt und in die Wälder ins Exil geht, und daß Bharata, der Beste von allen, die regieren, die Herrschaft über das Reich erhält.

Denn wenn diese vierzehn Jahre über das Haupt des verbannten Rama hinweggezogen sind, hat dein königlicher Sohn an Kraft gewonnen und wird fest verwurzelt für sich selbst stehen können. Der König, das weiß ich, ist dir geneigt, und dies ist die Stunde, seinen Geist zu bewegen. Sei stark! Verhindere das drohende Ritual und zwinge den König, sich von seinem Beschluß abzuwenden."

Sie verstummte. So ward der Königin zu ihrem Verderben geraten unter dem Deckmantel des Gewinns. Kaikeyi, in ihrer Freude und ihrem Stolz, erwiderte Manthara: "Ich beneide dich um deinen Verstand, du besonnene Maid, deine Lippen überzeugen mit dem weisesten Geschick. Keine bucklige Magd in der ganzen Welt kann dir in deinen weisen Ratschlägen das Wasser reichen. Du bist einzigartig in deinem beständigen Eifer und in deiner Hingabe an das Wohl deiner Herrin. Liebes Mädchen, ohne deine treue Hilfe hätte ich nie die Verschwörung erkannt, die er plante.

Voller List, Sünde und Boshaftigkeit empören mißgestaltete Bucklige unseren Blick: Doch du bist schön und angenehm geformt, wie eine Lilie, die sich der Brise beugt. Ich betrachte dich nun mit aufmerksamem Auge, und ich kann keinen Fehler in deiner Gestalt erkennen; die Brust so tief, die Taille schmal, so rund die Linien von Brüsten und Gliedern.

Deine Wangen glänzen mit silberheller Schönheit, und der warme Reichtum der Jugend haftet an dir. Deine Beine, mein Mädchen, sind lang und rein und deine schmalen Füße reizend. Wenn du vor mein Antlitz trittst, dann scheinst du wie ein Kranich zu schreiten. Die tausend Schliche, die der Dämon Sambara beherrschte, sind in deiner Brust nebst zahllosen anderen, die alle dir, oh du weise Dame, bekannt sind. Dein Buckel steht dir gut, denn du, deren Gesicht so lieblich anzusehen ist, bewahrst in ihm einen endlosen Vorrat an Plänen, Zauberschlichen und Kriegslisten. Ich werde um ihn eine goldene Kette schlingen, wenn Ramas Flucht den Bharata zum König macht. Ja, eine Kette mit polierten Gliedern aus feinstem Gold wird deinen Buckel zieren, liebe Maid, wenn ich den gewünschten Preis in meinen Händen halte und nichts mehr befürchten noch jemanden hassen muß. Du sollst ein schön gewirktes, goldenes Stirnband und kostbare Juwelen tragen. Zwei liebliche Kleider werden dich umschlingen. Du wirst wie eine Göttin wandeln und den Mond selbst bitten, seine Schönheit mit deinem hübschen Gesicht zu vergleichen. Bis zu den Zehennägeln wirst du nach kostbarem, süßen Sandel duften, als erste dem Haushalt vorstehen und jeden besiegten Feind mit Verachtung strafen."

Die Zofe hörte der Kaikeyi Lob und wiegelte ihre Herrin noch mehr auf, ganz wie man das Feuer für den Altar schürt, während jene auf ihrem schönen Bette lag: "Liebe Königin, man baut umsonst die Brücke, wenn der reißende Strom trocken liegt. Erhebe dich, vollende die glorreiche Tat und zieh den König in dein Gemach." Die großäugige Dame verließ frohlockend und stolz auf ihre Macht ihr Ruhelager und suchte mit der Buckligen die dunkle und stille Trauerkammer auf. Sie warf die Kette mit den unschätzbaren Perlen, die sich um ihren Nacken wand, zu Boden mit all ihrem Reichtum und Glanz, den kostbare Juwelen und Ornamente verleihen. Dann, auf den Rat ihrer Sklavin hörend, legte sie sich nieder wie eine aus dem Paradies gefallene Nymphe.

Als sie ihre Glieder auf dem Boden ausstreckte, rief sie noch mal ihrer Magd zu: "Schon bald mußt du dem Monarchen sagen, daß Kaikeyis Seele dahingeschieden ist, oder Rama ist verbannt, wie wir es geplant haben, und mein Sohn regiert als König das Land. Ich sorge mich nicht mehr um Gold und Juwelen, um stattliche Kleidung oder leckere Kost. Wenn Rama den Thron besteigen sollte, dann wird mein Leben in dieser Stunde enden." Und immer wieder rief die königliche Dame in wildem Zorn ein ums andere mal, die Brust tief verwundet von den Pfeilen, die von der Zunge der Buckligen ausgestoßen worden waren, und beide Hände in die Seite gepreßt: "Ja, es soll deine Aufgabe sein zu erzählen, daß ich mich hierher begab, im leidvollen Reiche Yamas zu wohnen (der Todesgott), wenn nicht der glückliche Bharata König und Kausalyas Sohn zu Jahren der Wanderschaft verurteilt wird. Ich achte der reichen Nahrung nicht mehr, will keine entzückenden Blumenkränze mehr um meine Stirne winden, noch sanften Balsam oder kostbares Parfüm: Mein eigenes Leben zählt nichts mehr, und nichts auf Erden kann meine Gedanken in Anspruch nehmen, außer der Verbannung Ramas."

Sie sprach die Worte mit grausamem Zorn, streifte ihre bunte Kleidung ab und drückte sich auf den kalten, blanken Boden. So mag eine liebliche Tochter des Himmels von ihrem Heim in der Höhe niederfallen und auf der Erde ruhen. Mit dunkler Stirn und ärgerlicher Miene warf die Königin ihren Schmuck und die Kränze ab und lag in unbefleckter Schönheit da wie der wolkenverhangene Himmel, wenn die Schatten der mitternächtlichen Dunkelheit die erlöschenden Strahlen der Sterne verschleiern.


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