Pushpak Ramayana Buch 1Zurück WeiterNews

Canto 76 - Vom Himmel ausgeschlossen

Unerschrocken hörte der Sohn des Dasaratha die hochmütige Herausforderung an und antwortete, während die Achtung vor seinem Vater den reißenden Strom seines Zorns in Grenzen hielt: "Lang vor diesem Tag erzählte man mir, welche Tat deine Hände damals befleckte. Aber Mitleid findest du nicht in meiner Seele. Dein ermordeter Vater forderte die Schuld. Meine Stärke, oh Großer, scheint dir gering, zu schwächlich für eines Kriegers Macht. Doch ich werde deinen verwunderten Augen die Heldentat schon zeigen, die du nicht wagen wirst zu verachten."

Und so eilte Rama mit anmutiger Leichtigkeit, um den mächtigen Bogen samt Pfeil zu packen. Seine Hand spannte die Waffe, hob sie hoch, und schnell ward der Pfeil auf die Sehne gelegt. Dann blickte er Jamadagnis Sohn in die Augen und rief mit zornigen Worten: "Du bist ein Brahmane, von mir immer noch hoch verehrt, du Großer. Um Vishvamitras Willen soll wahre Achtung niemals verleugnet werden. Obwohl ich die Kraft dazu habe, werde ich den Pfeil nicht auf dich richten und dein Leben beenden. Deine große Kraft, die dir deine asketische Buße gegeben hat, läßt dich frei wandern. Dir die ruhmreichen Welten zu entreißen, ist die feste Absicht in meiner Brust. Vishnus Pfeil, den ich gerade gespannt halte, kann niemals umsonst abgeschossen werden. Er schlägt die Mächtigen und vertreibt den Wahnsinn der Hochmütigen."

Da versammelten sich die Götter, Heiligen und der himmlische Chor, allen voran der Große Vater. Sie trafen sich in luftiger Höhe und blickten hinab auf Rama mit dem wunderbaren Bogen. Nymphen, Musiker, Engel, alle waren da, der Schlangengott und die Geister der Lüfte, Riesen, Sänger und Dichter fanden sich ein und hefteten ihre Blicke auf das Wunder. In besinnungslosem Schweigen war die Welt gefangen, während Ramas Hand den Bogen hielt. Auch Jamadagnis Sohn war verblüfft und starrte kraftlos auf den Helden. Da schrumpfte sein geschwollenes Herz, seine stolze Kraft versank in Trägheit, und seine Stimme wagte nur knapp, ein paar sanfte Worte an Rama, den Lotusäugigen, zu richten: "Als ich vor langer Zeit das ganze Land der Herrschaft Kasyapas übergab, schärfte er mir ein, nimmer mehr innerhalb seines Herrschaftsgebietes zu weilen. Ihm gehorchend ruhe ich keine Nacht mehr auf Erden. Mein Entschluß ist getan. Ich werde meine Ehre nicht schmälern und ihn betrügen. Deshalb, oh Sohn des Raghu, laß mir die Macht zu wandern, wo immer ich es will, und schneller als der Gedanke wird mich mein Flug zurück zu Mahendras Gipfel tragen. Meine Heimstatt aus ewiger Freude, die ich durch Buße gewann, und den Pfad dahin, magst du zerstören. Auf ans Werk! Kein Aufschub mehr! Ich erkenne dich nun, Herr der Götter. Ich weiß um deine unvergängliche Macht, die schon Madhu tötete. Jede andere Hand würde sicher versagen, diesen Bogen zu spannen. Heil dir, all Heil! Sieh nur, alle Götter haben den Himmel verlassen, um dich mit gespannten Blicken zu verfolgen. Denn du bist der, mit dessen Erfolgen sich niemand messen kann und dessen Arm im Kampfe kein Gott begegnen will. Mich trifft keine Schande. Denn ich weiß, daß du selbst, der Herr der Welten, meine Stirn verdunkelt hast. Nun, frommer Rama, es ist an dir, den herrlichen Pfeil in die Ferne abzuschießen. Wenn der verhängnisvolle Pfeil in der Luft ist, werde ich meinen Berg aufsuchen und nicht zögern."

Er verstummte. Der wunderbare Pfeil flog davon und Jamadagnis Nachkomme wußte, daß die herrlichen Welten, durch lange und harte Buße einst gewonnen, ihm nun versperrt waren. Da klärten sich geradewegs die luftigen Bereiche und die mittleren Regionen erschienen wieder hell und strahlend, während die zahllosen Götter und Heiligen den Rama priesen, der den mächtigen Bogen gemeistert hatte. Und Jamadagnis bezwungener Sohn rühmte Ramas Namen mit höchstem Lob, umrundete ihn mit demütigen Schritten und eilte davon auf seinem luftigen Pfad. Schnell verschwand er allen Blicken, um auf Mahendras Haupt zu ruhen.


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