Pushpak Ramayana Buch 1Zurück WeiterNews

Canto 67 - Das Zerbrechen des Bogens

Erneut ergriff der große Einsiedler das Wort: "Zeige uns, oh König, den mächtigen Bogen." Auf die Worte des Heiligen hin befahl König Janak seinem Gefolge: "Laßt den großen Bogen mit Blumenkränzen geschmückt und Düften verziert herbringen." Sobald der Monarch die Worte ausgesprochen hatte, eilte die Dienerschaft in die Stadt. Fünftausend Jünglinge an der Zahl, alle von männlicher Kraft und hochgewachsener Statur, schoben mit Mühe den schweren achträdrigen Wagen, auf dem die Truhe mit dem himmlischen Bogen lag. Endlich brachten sie die eiserne Truhe und sprachen zum göttergleichen König: "Wir bringen dir den Besten aller Bögen, oh Herr, den von allen Häuptlingen und Königen zutiefst respektierten, und legen ihn vor diese Jünglinge, damit sie ihn betrachten können, da dies, oh Herrscher, dein Wunsch ist." Mit ehrfurchtsvoll gefalteten Händen sprach König Janak zu seinen Gästen: "Dieses Juwel unter den Bögen, oh brahmanischer Heiliger, hat unsere Familie geschmückt seit alters her. Obwohl sie mit großer Kraft einen jeden Nerv stählten, war er doch zu stark für alle, die hier regierten. Selbst Titanen und Dämonen, Götter, Geister und die Sänger des Himmels hat seine Kraft herausgefordert. Der Barde von droben und die Schlange aus dem Untergrunde staunen über diesen ruhmreichen Bogen. Wie kann dann menschlicher Heldenmut darauf hoffen, es mit solch einem Bogen aufnehmen zu können? Welcher Mann, mit auserlesener Tapferkeit beschenkt, kann diesen Bogen spannen, ziehen oder heben? Laß nun die Prinzen den Bogen beschauen, heiliger Herr, er steht euch zur Verfügung."

Da sprach der Brahmane mit der frommen Seele: "Rama, lieber Sohn, betrachte den Bogen." Schon bevor die Worte gesprochen waren, hatte Rama, in dessen Brust ruhige Stärke wohnte, den Beschluß gefaßt: "Siehe, ich lege meine Hand an den Bogen. Möge Glück meine Hoffnung begleiten und seine himmlische Stärke heben und beugen."

"Das Glück sei mit dir!" rief der Eremit. "Versuche die Tat!" stimmte der König zu. Da ergriff Rama, wie im Spiele und vor den Augen der tausend Höflinge den Bogen in der Mitte, so daß die Menge verwundert starrte. Mit festem Arm spannte er die Sehne bis der mächtige Bogen in zwei Teile zersprang. Als der Bogen zerbrach, entlud sich ein fürchterlicher Knall, so laut wie ein Kreischen im Sturm. Die Erde bebte vor Angst, als wenn ein Berg auseinandergerissen würde. Und die Menschen fielen ob des schrecklichen Tones bewußtlos zu Boden. Niemand konnte den großen Schock ertragen, außer dem König, dem Prinzenpaar und dem großen Heiligen.

Als die leidgeprüfte Menge langsam zu Sinnen kam, und des Königs Seele sich wieder beruhigt hatte, sprach der Monarch mit gefalteten Händen, gebeugtem Haupt und voller Ehrerbietung: "Oh Heiliger, Prinz Rama ist einzigartig. Seine unvergleichliche Kraft hat er uns allen bewiesen. Ein Wunder hat der Held vollbracht, jenseits allen Glaubens und aller überragenden Gedanken. Meine Tochter dem königlichen Rama anvermählt - das wird neuen Ruhm auf unser Geschlecht ausschütten. Denn ich werde mein Versprechen halten, daß der würdige Held sich die Braut gewinnt. Sie ist mir lieber als Licht und Leben; und doch soll Sita Ramas Eheweib sein. Mit deiner Zustimmung, oh Brahmane, werden meine Boten mit eifrigem Tempo in ihren fliegenden Wagen die Neuigkeiten in das schöne Ayodhya tragen, um dem König die höfliche Botschaft zu überbringen, welche meinen königlichen Thron zieren wird. Dies werden sie dem König ausrichten, daß die Braut dem gehört, der sie rechtens gewonnen hat. Und daß seine beiden Söhne sich hier ausruhen, vom heiligen Brahmanen beschützt. Und laß sie den Herrscher, zu seiner Zufriedenheit, schnell zu meiner Stadt begleiten."

Der Einsiedler stimmte der Bitte zu, und Janak, Herr eines tugendhaften Geistes, sandte seine Minister mit dem Auftrag nach Ayodhya, und sofort eilten sie von dannen.



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