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82.1 – Wie Kurukshetra ein Pilgerort wurde

Sri Shukadeva Ji sagte: − Raja! Ich werde nun die Geschichte von Sri Krischnas Reise in das Land um Hastinapura erzählen; höre aufmerksam zu, wie Sri Krishna Chandra und Balarama nach Kurukshetra gingen, um dort während einer Sonnenfinsternis zu baden, wobei sie von allen Nachkommen Yadus begleitet wurden. Der Raja antwortete: „Oh großer Weiser! Bitte sei so gut, die Geschichte zu erzählen; ich werde genau zuhören.“

Shukadeva Ji, sagte: − Oh großer König! Bei einer bestimmten Gelegenheit, als sie gehört hatten, dass eine Sonnenfinsternis stattfinden sollte, gingen Sri Krishna Chandra und Baladeva Ji zu dem Raja Ugrasena und sagten: „Raja! Eine Sonnenfinsternis wird stattfinden, die erste nach langer Zeit, und deswegen wird es eine besonders tugendhafte Handlung sein, wenn Sie nach Kurukshetra gehen und dort ein Fest veranstalten. In den Shastras steht nämlich, dass jeder, der in Kurukshetra Geschenke darbringt oder dort moralische oder religiöse Handlungen vollbringt, dafür tausendfach und vortrefflich belohnt werden wird.“ − Nachdem sie das gehört hatten, erkundigten sich die Nachkommen des Yadu bei Sri Krishna: „Maharaja! Wie kam es dazu, dass Kurukshetra eine solch hoch angesehene Pilgerstätte wurde; würdest Du uns das bitte erklären?“

Sri Krishna Ji antwortete: − Hört gut zu! Jamadagni war ein Heiliger, er war sehr weise, er bevorzugte die religiösen Meditationen, er war ein eifriger Vollzieher von Entsagungen, und er hatte zudem einen glänzenden Ruf. Er hatte eine liebenswürdige und gutaussehende Ehefrau und drei Söhne. Der Älteste von ihnen hieß Parashurama. Er wohnte in Chitrakuta, nachdem er die Vergnügungen des weltlichen Lebens aufgegeben hatte, um dort Bußen zu Ehren Shivas zu vollziehen.

Nachdem seine drei Kinder geboren worden waren, gab Jamadagni, der Heilige, zusammen mit seiner Ehefrau das häusliche Leben auf und entsagte der Welt. Die beiden gingen in den Wald und begannen, fromme Entsagungen auszuführen. Seine Frau hieß Renuka; sie ging eines Tages, um ihre Schwester zu einem Essen einzuladen. Ihre Schwester war die Ehefrau von Raja Sahasra-Arjuna. Als Renuka die Einladung ausgesprochen hatte, wurde die Frau Sahasra-Arjunas plötzlich sehr stolz und sagte lachend: „Wenn du, liebe Schwester, meine Armee bewirten kannst, dann magst du mir deine Einladung geben, ansonsten gibst du sie besser nicht.“

Oh großer König! als sie das gehört hatte, war Renuka sehr verärgert; sie stand auf, ohne ein Wort zu sagen, und ging wieder nach Hause in den Wald. Als Jamadagni der Heilige sah, wie niedergeschlagen sie war, erkundigte er sich: „Liebe Frau, was ist heute passiert, dass du so missgelaunt bist?“ Bei dieser Frage brach Renuka in Tränen aus und berichtete, was sie erlebt hatte. Als Jamadagni der Heilige die Geschichte gehört hatte, beugte er sich vor und sagte zu seiner Frau: „Gut! Geh’ du nun zu deiner Schwester und lade sie und ihre Armee ein.“ Renuka nahm die Anweisung ihres Ehemannes mit Erleichterung entgegen, sie ging zu dem Haus ihrer Schwester und lud sie und ihre Armee ein. − Die Schwester ging und sagte zu ihrem Ehemann: „Du und ich sollen morgen in Begleitung unserer Armee zum Hause Jamadagnis des Weisen gehen, weil seine Frau uns zu einem Essen eingeladen hat.“ Sahasra-Arjuna nahm die Einladung an, von der seine Frau ihm berichtete; er lachte, sagte aber weiter nichts dazu.

Jamadagni stand am nächsten Morgen sehr früh auf und ging zum Raja Indra, um ihn zu bitten, ihm die Wunschkuh Kamadhenu leihweise zu überlassen. Er durfte die Kuh mitnehmen und ging mit ihr nach Hause. Kurz danach traf Raja Sahasra-Arjuna mit seiner Ehefrau und seiner Armee bei ihm ein, und Jamadagni Ji gelang es, sie und ihre Soldaten mit allen Speisen und Köstlichkeiten zu verwöhnen, die sie sich wünschten. Nachdem er und seine Armee ausgiebig gespeist hatten, war Raja Sahasra-Arjuna sehr beschämt und fragte sich: „Wie ist es möglich, dass dieser einfache Mann bis in den Abend hinein solch eine große Anzahl von Soldaten mit Speisen versorgen kann; woher hat er das Essen und wo hat er es zubereitet; dies Geheimnis verstehe ich nicht.“

Nachdem er sich das überlegt hatte, verabschiedete sich der Raja und ging zusammen mit seiner Ehefrau zurück zu seinem Haus. Dort ließ er einen Brahmanen kommen, und zu diesem sagte er: „Oh göttlicher Herr! Ich erkläre dich hiermit zu meinem Kundschafter. Bitte geh’ zu dem Hause Jamadagnis und erkunde, durch welche Kräfte dieser Weise in der Lage war, mich und meine Armee mehr als ausreichend mit köstlichen Speisen zu bewirten.“ – Als er das gehört hatte, machte sich der Brahmane ohne zu Zögern auf den Weg.

Er sah sich von allen Seiten Jamadagnis Haus an, und als er seine Beobachtungen gemacht hatte, kehrte er zurück. Er sagte zu Sahasra-Arjuna: „Oh großer König! Die Wunschkuh Kamadhenu befindet sich in seinem Hause; durch ihre Kraft war er in der Lage, Sie und all ihre Soldaten einen ganzen Tag lang zu bewirten.“ – Als Antwort auf diese Auskunft sagte Sahasra-Arjuna zu dem Brahmanen: „Brahmane! Geh’ zu Jamadagni dem Weisen, und frage ihn, unter welchen Umständen er bereit ist, mir seine Kuh zu überlassen.“

Der Brahmane begab sich, als er diese Anweisung gehört hatte, erneut auf den Weg zu Jamadagnis Haus, um die Botschaft zu überbringen und einen Preis zu erfahren. Der Weise antwortete ihm: „Brahmane! Diese Kuh gehört mir nicht, sodass ich sie auch nicht weggeben kann; sie gehört dem Raja Indra, darum kann ich sie dir nicht mitgeben; bitte berichte dies deinem Raja.“ – Der Brahmane kehrte zu Sahasra-Arjuna zurück und erzählte ihm: „Oh großer König! Der Weise sagt, die Kuh gehöre nicht ihm, sondern dem Raja Indra, deswegen kann er sie Ihnen nicht überlassen.“

Nachdem der Brahmane das erzählt hatte, ließ Sahasra-Arjuna einige seiner Krieger kommen und befahl ihnen: „Geht zum Hause Jamadagnis, des Weisen, und bindet die Kuh Kamadhenu los, um sie hierher zu bringen.“ – Die Soldaten nahmen diese Anweisung ihres Herrn entgegen und machten sich auf den Weg zum Haus des Weisen; dort banden sie die Kuh los, ohne sich um Jamadagni zu kümmern, der dazu kam und sie beobachtete. Jamadagni lief hinter den Soldaten her; auf einem Feldweg holte er sie ein und hielt Kamadhenu fest. Den Kriegern erzählte er, die Kuh gehöre Indra, und sie seien dabei, einen Diebstahl zu begehen und sich deswegen eine harte Bestrafung durch Indra-Deva einzuhandeln. Die verdutzten Soldaten wurden ängstlich und blieben stehen, nur einer von ihnen ging, um Sahasra-Arjuna Bericht zu erstatten.

Nachdem Sahasra-Arjuna den Bericht seines Soldaten gehört hatte, wurde er sehr zornig. Er griff nach seinem Schwert, befahl seinem Soldaten mitzukommen, und kurz darauf erreichten sie die Stelle, wo die Soldaten, der Weise und Kamadhenu auf der Wiese standen. Sahasra-Arjuna ging auf Jamadagni zu, hob sein Schwert und schlug ihm ohne Weiteres den Kopf ab. Die Kuh brüllte auf und lief fort; sie lief zurück zu Indras Hof; dorthin konnten ihr weder Sahasra-Arjuna noch seine Soldaten folgen. − Der Raja befahl seinen Soldaten, mit ihm zusammen den Rückweg zu seinem Heim anzutreten.

Renuka, die Frau des Weisen, war aus dem Haus gekommen und sah ihren erschlagenen Ehemann auf dem Weg liegen. Sie fiel neben dem Toten auf die Knie und begann zu klagen; sie weinte laut und raufte sich die Haare; Tränen schossen ihr aus den Augen; sie ergriff seine Füße und schlug sich gegen die Brust, dabei rief sie unaufhörlich seinen Namen, und ihre Klagen fanden kein Ende. Die Schutzgötter in allen zehn Himmelsrichtungen begannen zu zittern, als sie Renuka weinen und schreien hörten. Sogar der Sitz des Parashurama begann zu zittern, während er mit einer Bußübung beschäftigt war, und seine Meditation wurde unterbrochen.

Parashurama sah sich um und überlegte, warum seine Meditation unterbrochen worden war. Danach ergriff er seine Axt und lief zu der Stelle auf dem Feld, wo der Leichnam seines Vaters lag, und wo seine Mutter kniete und sich auf die Brust schlug. Als er diesen Anblick sah, wurde Parashurama ungeheuer zornig, und Renuka begann unter Tränen, ihrem Sohn zu erzählen, was sich zugetragen hatte und wie es dazu kam, dass sein Vater erschlagen wurde.

Parashurama erklärte mit Donnerstimme: „Mutter! Ich werde jetzt gehen und den Feind meines Vaters erschlagen, danach komme ich zurück, um meinen Vater zu bestatten.“ − Parashurama ging zum Hofe Sahasra-Arjunas und brüllte zornig: „Du unbarmherziger, feiger, bösartiger Feind deiner Familie! Du hast meinen Vater getötet und darum große Trauer über mich gebracht!“ Als er das gerufen hatte, schwang Parashurama seine Axt und stürzte wutentbrannt auf den Raja zu, doch der hob seinen Bogen hoch, spannte gleichzeitig einen Pfeil ein und zielte auf Parashurama. Die beiden starken Männer begannen einen wilden Kampf, der sich stundenlang hinzog. Keiner der Soldaten getraute sich, dazwischen zu gehen, da niemand sein Leben riskieren wollte.

Schließlich gelang es Parashurama Ji, Sahasra-Arjuna zu überwältigen und zu töten; der Raja fiel durch einen tödlichen Axthieb; doch in dem Augenblick wurde Parashurama von einigen Soldaten angegriffen. Er hatte jedoch in dem Augenblick genug Kraft für eine wilde Attacke, bei der er all die Soldaten auf einmal erschlug. Den Zuschauern erschien es so, als hätten mehrere Parashuramas gleichzeitig ihre Äxte kreisen lassen.

Er ging dorthin zurück, wo seine Mutter Renuka auf ihn wartete, und vollzog die Bestattungs-Zeremonien für seinen Vater Jamadagni, dem Sahasra-Arjuna den Kopf abgeschlagen hatte. Nachdem er seine Mutter getröstet hatte, vollzog Parashurama Ji zusätzlich eine Opfer-Zeremonie für Rudra-Deva. Seit dieser Zeit wurde diese Stelle ein berühmter Pilgerort, und jeder, der dort während einer Sonnenfinsternis Geschenke darbringt, oder ein Bad nimmt, oder ein Opfer vollzieht, wird tausendfach belohnt werden.

Nachdem er soweit erzählt hatte, sagte Sri Shukadeva Ji zu dem Raja Parikshit: − Oh großer König! Als sie diese Geschichte aus Krishnas Mund gehört hatten, waren all die Nachkommen des Yadu sehr erfreut und sagten zu Sri Krishna Ji: „Maharaja! Sei so gut und geh’ schnell nach Kurukshetra; lass’ Dich nicht aufhalten, denn es ist notwendig, zu dem Fest rechtzeitig zu kommen.“ – Als sie das hörten, wandten sich Sri Krishna Chandra und Sri Balarama Ji an Raja Ugrasena und erkundigten sich: „Wer, oh Maharaja! wird hierbleiben, um die Stadt und die Bürger zu beschützen, da wir uns nun auf den Weg nach Kurukshetra machen?“ Raja Ugrasena antwortete: „Lasst Aniruddha Ji hierbleiben, während wir unterwegs sind.“ Sie ließen Aniruddha kommen und Krishna erklärte ihm das Folgende: „Sohn! Bleibe du hier in der Stadt, um die Kühe, die Brahmanas und die Bürger zu beschützen. Ich und der Raja Ji, und auch all die anderen Nachkommen des Yadu, werden jetzt nach Kurukshetra gehen um dort zu baden; erst nachdem wir das getan haben, werden wir zurückkommen.“ Aniruddha bestätigte: „Ich werde tun, was Du befohlen hast.“


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