Pushpak Mahabharata Buch 8Zurück WeiterNews

Kapitel 89 – Der Zweikampf mit himmlischen Waffen

Sanjaya erzählte:
So kämpften also die beiden Helden mit ihren weißen Pferden unter dem Dröhnen von Trommeln und Muschelhörnern gegeneinander, weil die üble Politik deines Sohnes ihren Lauf nahm, oh König. Heftig war der Zusammenprall von Arjuna und Karna, als ob zwei rasende Himalaya Elefanten mit voll ausgewachsenen Stoßzähnen um eine Kuh kämpften, zwei Felsenklippen aufeinanderstießen, oder zwei Wolkenmassive gegeneinanderprallten. Beider Bogensehnen sirrten laut, wenn sie ihre Massen an Pfeilen entließen. Beider Wagenräder ratterten noch lauter, und das Klatschen ihrer Handflächen betäubte alle in der Nähe. Wie zwei voll bewachsene Berge mit Pflanzen und Tieren sich aufeinander zu bewegen, versuchten sie sich gegenseitig, mit ihren gewaltigen Waffen zu zermalmen. Rasend war der Zweikampf zwischen ihnen, wie damals zwischen Indra und Virochanas Sohn. Kein anderer Krieger hätte diese Ströme von Blut ertragen, die an ihren verwundeten Gliedern hinabrannen. Auch die beiden Wagenlenker und die Pferde wurden schwer getroffen. Und doch waren die beiden sich Schritt für Schritt näher kommenden Wagen mit ihren Standarten so schön, wie zwei große Seen mit Lotusblüten, Fischen und Schildkröten, vom sanften Wind leicht gekräuselt und von den Stimmen der Vögel belebt. So stark wie Indra waren die beiden Krieger und beide benutzten so mächtige Waffen wie Indras Blitz und Donner. Und beide prachtvoll und reich ausgestatteten Armeen mit ihren Elefanten, Wagen und Pferden, den Ornamenten, Waffen und Rüstungen und auch die Zuschauer im Himmel staunten und fürchteten die Schlacht zwischen Arjuna und Karna. Manche der Zuschauer spürten große Euphorie. Sie lachten und brüllten laut, warfen die Arme hoch in die Luft und schwenkten ihre Kleider, wenn einer der Krieger einen neuen Angriff startete.

Die Somakas brüllten laut:
Schnell, Arjuna, durchbohre den Karna! Hau ihm den Kopf ab, ohne zu zögern! Töte mit ihm die Begierde Duryodhanas nach dem Königreich!

Und unsere Krieger riefen Karna zu:
Stürme, stürme, greif Arjuna an und töte ihn mit deinen Pfeilen! Sollen die Söhne der Kunti für immer im Wald verschwinden!

Zuerst landete Karna zehn Treffer bei Arjuna, welche dieser mit zehn spitzen und tief eindringenden Pfeilen in Karnas Brust quittierte. So ging es weiter, und die schönen Pfeile mit ihren schnellen Federn trafen schmerzend. Jeder versuchte, die Lücke im Kampf des anderen zu finden und daraus Vorteile zu ziehen. Arjuna rieb sich erst die Arme, dann die Bogensehne von Gandiva und entließ dann ganze Schauer von meterlangen Pfeilen, Nalikas, Pfeile mit Eberohrenköpfen, rasiermesserscharfe Pfeile, Anjalikas und halbmondförmige Pfeile auf seinen Gegner. Wie ein Vogelschwarm drangen die Geschosse in Karnas Wagen ein, als ob die Vögel mit nach unten gebeugten Köpfen zur Nacht in einen Baum einfallen. Und all diese meisterhaft geschossenen Waffen wurden von Karna abgewehrt, was Arjuna mit gerunzelter Stirn und ärgerlichen Blicken zur Kenntnis nahm. Als nächstes schickte Arjuna eine gräßliche, alles vernichtende Waffe, welche die Erde, die Sonne und den Himmel in allen Richtungen verdunkelte, doch dafür selbst erstrahlte. Die Kleider der Krieger fingen alle Feuer, was die Männer zurückweichen ließ. Und lautes Prasseln und Knistern ertönte, als ob ein Bambuswald in Flammen aufginge. Mit großer Energie rief da Karna die Varuna Waffe herbei, um das Feuer zu löschen, was ihm schnell gelang. Große, dunkle Regenwolken erschienen plötzlich und tränkten die Erde mit Wasser, was die Feuersbrunst sofort löschte. Doch die Wolken verdunkelten jede Sicht, so daß Arjuna schnell die Windwaffe Vayavya zückte, mit der er die Wolken vertrieb. Unübertroffen erfüllte Arjuna als nächstes Gandiva, die Sehne und die Pfeile mit Mantras und rief eine andere Waffe herbei, welche die Lieblingswaffe von Indra war und dem Donner in Energie und Macht glich. Und wieder strömten tausende Pfeile aller Arten von Gandiva mit rasender Heftigkeit auf den Feind. Sie durchdrangen alle Glieder von Pferden und Menschen, auch den Bogen Karnas, seinen Wagen und die Standarte und verschwanden blitzschnell und blutgetränkt in der Erde wie ängstliche Schlangen, die sich vor Garuda fürchten. Überall getroffen und blutend rollte der hochbeseelte Karna zornig mit den Augen, spannte seinen Bogen mit lautem Knall und rief die Bhargava Waffe ins Leben. Mit ihr wehrte er alle Pfeile von Arjuna ab und vernichtete noch unzählige Krieger und Tiere der Pandava Armee. Und die beiden Krishnas auslachend beschoß er die Panchalas mit der Energie der Bhargava Waffe. Doch zornig ob der schweren Verluste griffen die Panchalas und Somakas vereint Karna an und beschossen ihn von allen Seiten mit scharfen Waffen. Doch schnell zerschoß Karna alle Geschosse noch in der Luft und traf noch Wagen, Tiere und Männer der gegnerischen Seite. Und die vom agilen Karna getroffenen Männer fielen mit lautem Stöhnen und Geschrei sterbend zu Boden. Immer wieder hatten sie Karna angegriffen, doch diesmal mußten sie sich vor dem strahlenden Helden geschlagen geben. Deine Krieger, oh König, meinten schon, Karna hätte auch über Krishna und Arjuna gesiegt. Sie klatschten laut Beifall und jubelten freudig beim Anblick des Heldenmutes, den Karna eben gezeigt hatte.

Bhima spricht zu Arjuna

Doch Bhima, der zornige Sohn des Windgottes, wandte sich händeringend und schwer atmend an Arjuna, als er sah, wie Karna die Waffen des Bruder abgewehrt hatte:
Wie konnte es geschehen, oh Arjuna, daß dieser von der Tugend abgefallene Lump, dieser Sohn eines Suta, seine Macht voll und ganz ausüben und so viele Panchalas direkt vor deinen Augen schlagen konnte? Bis eben war es nicht einmal den Göttern vergönnt, dich zu besiegen. Du hast die Berührung von Shiva selbst empfangen. Wie, oh Bruder, konnte dich Karna zuerst mit zehn langen Pfeilen treffen, wie es gewöhnliche Wagenkrieger tun? Daß er deine Waffen alle abwehren konnte, scheint mir sehr verwunderlich. Oh, denke an das Leid von Draupadi, und an die schneidenden und unflätigen Worte Karnas: „Taube Sesamsamen ohne Kern!“ Ruf dir all dies ins Gedächtnis, oh Arjuna, und töte ihn schnell. Warum bist du nur so gelassen? Es ist nicht der rechte Augenblick, mitten in der Schlacht mit Karna Mittelmäßigkeit zu zeigen. Mit der Ausdauer, mit der du die Geschöpfe im Khandava Wald für Agni getötet hast, schlage mit dieser Ausdauer nun Karna. Ich werde ihn sonst mir meiner Keule zermalmen.

Krishna ermutigt Arjuna

Auch Krishna sprach zu Arjuna, als dessen Waffen alle abgewehrt waren:
Wie kommt es, daß Karna erfolgreich deine Waffen zermalmt? Warum verlierst du deinen klaren Kopf, oh Held? Merkst du denn nicht, daß die Kauravas schon vor Freude jubeln? Sie alle wissen jetzt, daß Karna deine Waffen schlug. Ruf deine Ausdauer und Geduld herbei, mit der du Yuga für Yuga in vielen, vielen Schlachten Wesen der dunklen Art geschlagen hast, sowie grausame Kshatriyas und hochmütige Asuras. Töte nun Karna mit dieser Ausdauer. Sammle deine Kräfte, zeige deine Macht und schlag deinem Feind mit diesem scharfen Sudarsana (der Diskus von Krishna), welchen ich dir übergebe, den Kopf ab, wie Indra mit seinem Donnerblitz den Namuchi köpfte. Rufe diese Ausdauer herbei, mit der du den ruhmreichen Shiva in seiner Verkleidung als Jäger erfreutest. Und töte den Sohn des Suta mit all seinem Gefolge. Dann kannst du König Yudhishthira die Erde mit ihrem Gürtel aus Meeren, den Städten, Dörfern und all ihrem Reichtum frei von Feinden auf ihrer Oberfläche übergeben. Mit dieser Tat gewinnst du dir unvergleichlichen Ruhm, oh Arjuna.

Und Arjuna sammelte neue Kräfte für den Kampf gegen Karna. Von Bhima und Krishna angetrieben erinnerte er sich, horchte in sich hinein, und wußte wieder, warum er in diese Welt gekommen war.

Dann sprach er zu Krishna:
Ich werde eine gräßliche und mächtige Waffe ins Leben rufen, um der Welt Gutes zu tun und Karna zu vernichten. Gewähre mir die Erlaubnis, und mögen auch Brahma, Shiva und alle die einverstanden sein, die um Brahma wissen.

Nach diesen Worten verbeugte sich Arjuna mit der unermeßlichen Seele, und rief die vorzügliche und unwiderstehliche Brahma Waffe ins Leben, die nur durch den Geist allein angewendet werden kann. Doch Karna wehrte die Waffe kurzerhand ab und fuhr fort, strahlend und vernichtend zu kämpfen.

Da loderte in Bhima der Zorn grell auf, und er sprach zum zielsicheren Arjuna:
Die Leute sagen, daß du ein Meister im Gebrauch der hohen Brahma Waffe bist. Nimm lieber eine andere Waffe, die ebenso mächtig ist.

Was Arjuna mit großer Energie tat, und mit ihr alle Himmelsrichtungen mit Pfeilen verdunkelte, die zischenden Schlangen glichen und so schnell wie Sonnenstrahlen waren. In einem Moment war Karnas Wagen von hunderten über hunderten goldgeflügelter Pfeile umhüllt, die so grell glänzten wie das Yuga Feuer. Auch Langpfeile, Streitäxte, Diskusse und eiserne Pfeile in gräßlichster Gestalt flogen davon und raubten vielen feindlichen Kriegern das Leben. Viele Köpfe rollten da am Boden, bei deren Anblick mancher starke Mann aus Furcht zusammenbrach. Der eine verlor seinen rechten Arm mit dem Schwert in der Hand, der andere den linken mitsamt Schild. So wütete Arjuna unter deinen Heerscharen, oh König, während Karna ebenfalls tausende Pfeile entließ. Mit lautem Zischen fielen sie wie Regentropfen über Arjuna herab. Auch Bhima, Krishna und Arjuna traf der laut brüllende Karna mit je drei Pfeilen. Nun konnte Arjuna diesen Anblick nicht mehr ertragen. Er war selbst getroffen und die Pfeile in Bhima und Krishna ließen ihn achtzehn furchtbare Pfeile absenden: Mit einem traf er die schöne Standarte Karnas, mit vier Shalya und mit drei Karna selbst. Mit den anderen zehn tötete er den Kaurava Krieger Sabhapati in seiner goldenen Rüstung. Er fiel tot vom Wagen, ohne Arme und Kopf, Pferde und Wagenlenker, Bogen und Standarte. Gleich wieder traf Arjuna den Karna erst mit drei, acht, zwölf, vier und dann zehn Pfeilen. Danach schlug er vierhundert wohl gerüstete Elefanten und achttausend tapfere Fußsoldaten. Sodann umhüllte er Karnas Wagen mit Pferden, Shalya und Standarte mit so vielen, geraden Pfeilen, daß alles hinter einer Wolke verschwand.

Da riefen die schwer angeschlagenen Kuru Krieger Karna zu:
Oh schieß deine Pfeile ab und töte den Sohn des Pandu. Er hat uns schon beinahe ausgelöscht.

Und Karna entließ unablässig nach besten Kräften seine Pfeile. Bluttrinkend und tief in die lebenswichtigen Organe eindringend verschlangen sie viele Panchala Krieger. So kämpften die beiden Helden von großer Kraft sowohl gegeneinander als auch gegen die feindlichen Truppen und benutzten die höchsten Waffen. Auch Yudhishthira kam heran, um sich die Schlacht mit anzusehen. Die besten Ärzte hatten ihm die Wunden versorgt und ihn mit Mantras und stärkenden Tränken geheilt. Nun erschien er in seiner goldenen Rüstung strahlend wie der Vollmond, der dem Rachen Rahus entronnen sich prachtvoll am Firmament erhebt, und schon sein Anblick erfüllte alle Geschöpfe mit Entzücken. Die irdischen und himmlischen Zuschauer des Kampfes der beiden Helden waren mittlerweile still geworden. Ihre Reit- und Zugtiere hatten sie gezügelt, und alle standen völlig bewegungslos.

Arjunas Bogensehne löst sich

Das Geräusch der Bögen, Sehnen und Hände von Arjuna und Karna wurde extrem laut, und auch ihre sicher treffenden Pfeile zischten ohrenbetäubend durch die Luft. Doch plötzlich löste sich Arjunas mit gewaltiger Kraft gezogene Bogensehne mit lautem Knall. In dieser Unterbrechung, die sich nun bot, traf Karna den Arjuna mit hundert kurzen Pfeilen, ölgetränkt und sehr spitz, mit Vogelfedern beschwingt und so glänzend wie frisch gehäutete Schlangen. Auch Krishna bekam sechzig Pfeile ab und Arjuna gleich noch einmal acht. Bhima beschoß er mit tausenden Pfeilen, und es fielen zahllose Somakas, die sich tapfer mit Schauern an geraden Pfeilen wehrten. Doch mit den höchsten Waffen vertraut, verwirrte Karna die angreifenden Somakas, wehrte ihre Geschosse ab und zerstörte Wagen, Tiere und Männer. Viele von ihnen krachten mit lautem Geräusch leblos zu Boden, und sie vergingen wie ein Rudel Hunde, wenn es sich mit dem starken und wütenden Löwen anlegt. In diesem Moment beherrschte Karna das Schlachtfeld, und deine Krieger freuten sich schon über den Sieg mit Löwengebrüll und Händeklatschen. Viele wähnten schon Krishna und Arjuna in Karnas Gewalt. Doch Arjuna hakte die Bogensehne wieder ein und wehrte alle weiteren Pfeile ab, die Karna abschoß. Und mit schmerzenden Gliedern von Karnas Treffern und voller Zorn griff Arjuna wieder an. Erst wurde es dunkel von seinen Pfeilen, dann traf Arjuna Shalya und Karna und alle Kurus. Zwar konnten die Vögel nicht mehr über das Schlachtfeld fliegen, weil es voller mächtiger Waffen war, doch eine köstliche Brise erhob sich und brachte erfrischenden Duft herbei. Lachend durchbrach Arjuna Shalyas Rüstung mit zehn Pfeilen und traf Karna selbst mit zwölf und gleich noch sieben. Tief getroffen von den energiereichen Pfeilen floß an Karnas Gliedern das Blut herab, so daß er Rudra zur universalen Auflösung glich, wenn dieser sich zu unheilvoller, nächtlicher Stunde auf einem Begräbnisplatz vergnügt. Karna antwortete mit drei Pfeilen auf Arjuna und fünf strahlenden und schlangengleichen Pfeilen auf Krishna. Mit großer Kraft abgeschossen drangen die goldenen Pfeile durch Krishnas Rüstung und Körper und verschwanden mit großer Energie im Boden. Dort badeten sie (im Wasser der Bhogavati in den niederen Bereichen) und kehrten zu Karna zurück. Es waren fünf Schlangen, welche auf der Seite von Takshakas Sohn standen (Aswasena, dessen Mutter hatte Arjuna im Khandava Wald getötet). Doch mit zehn breiten Pfeilen zerschnitt Arjuna jede der Schlangen in drei Teile, welche zur Erde fielen. Beim Anblick des verwundeten und blutenden Krishna loderte in Arjuna der Zorn grell auf. Er spannte seinen Bogen bis zum Ohr und traf Karna mit vielen, tief eindringenden Pfeilen, so daß Karna vor Schmerzen bebte. Mit größter Not blieb er auf den Beinen und mußte alle Duldsamkeit zu Hilfe rufen, während Arjuna den Himmel, den Glanz der Sonne, die Erde und Karnas Wagen mit Pfeilen verdunkelte. Das Himmelsgewölbe schien wie mit Reif überzogen. Und Arjuna schlug zweitausend Kuru Krieger mit Pferden und Wagenlenkern, welche Karnas Flanken, Rücken und Front energisch beschützt hatten. Sie waren von Duryodhana selbst ausgesandt worden und hatten die vorderste Spitze deines Heeres gebildet, oh König. Alle deine Söhne und Kuru Krieger, die diesen Angriff Arjunas überlebten, flohen nun davon, Karna verlassend, tief verwundet und ihre gefallenen Brüder und Söhne beweinend. Nur Karna war keineswegs verwirrt, als er den leeren Raum um sich erkannte, sondern griff mit euphorischem Herzen Arjuna an.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter