Pushpak Mahabharata Buch 8Zurück WeiterNews

Kapitel 49 – Karna gegen Yudhishthira

Sanjaya fuhr fort:
Von tausenden Wagen, Kriegern, Elefanten und Pferden bedrängt, wühlte sich Karna furchtlos durch das feindliche Heer und kam vor König Yudhishthira, den Gerechten. Dabei zerschnitt er hunderte von gräßlichen Geschossen, die auf ihn zielten und trennte zahllose Arme, Köpfe und Beine von Feinden ab. Viele sanken leblos zu Boden und andere, die ihre Einheiten vernichtet sahen, flohen davon. Satyaki befahl den Dravida-, Andhaka- und Nishada- Fußsoldaten den Angriff, und diese stürmten entschlossen gegen Karna. Doch beinahe zur gleichen Zeit fielen sie von Karnas Pfeilen getroffen zerfetzt und zerstückelt nieder, als ob ein Sturm einen ganzen Wald niedergemäht hätte. Es waren hunderte, tausende, ja zehntausende Männer, die so ihr Leben ließen und das ganze Himmelsgewölbe mit ihrem Ruhm erfüllten. Die Pandus und Panchalas versuchten alles, ihm den Weg zu versperren, mit der Verzweiflung eines Kranken, der mit Mantras und Kräutern sich zu heilen versucht. Karna sprengte zuerst die Truppen wie eine unaufhaltsame Krankheit, doch dann waren es zu viele Krieger, die zur Rettung König Yudhishthiras geeilt kamen. Karna konnte diese Massen nicht durchqueren, wie der Tod keinen besiegen kann, der Brahma kennt.

Aus einiger Entfernung rief Yudhishthira mit roten Augen dem eingekeilten Helden zu:
Oh Karna, Karna, du mit der dunklen Sicht, oh Sohn eines Suta, höre meine Worte. Du hast immer den aktiven Arjuna im Kampf herausgefordert. Den Befehlen Duryodhanas gehorsam hast du uns immer beleidigt. Ruf all deinen Heldenmut zusammen, all deine Macht und Energie und all deinen Haß, den du gegen die Söhne des Pandu hegst. Heute werde ich dich in tödlicher Schlacht von deinem Begehren nach Kampf erlösen!

Sprach`s und schoß zehn eiserne Pfeile mit goldenen Flügeln auf Karna ab. Karna, der große Bogenschütze, schmunzelte spöttisch, zielte mit größter Sorgfalt und traf mit zehn Pfeilen, welche Spitzen in der Form von Kalbszähnen hatten. Da loderte Zorn im starkarmigen Yudhishthira auf, als ob Öl ins Feuer gegossen worden wäre, denn Karna hatte mit Verachtung geschossen. Er spannte seinen formidablen, goldglänzenden Bogen und legte einen scharfen Pfeil auf, der in der Lage war, einen Berg zu durchbohren. Mit voll gespanntem Bogen ging der Pfeil schnell auf Reisen, so gefährlich wie die Schlinge des Vernichters. Der König hatte mit großer Macht geschossen und mit lautem Zischen bohrte sich der Pfeil in Karnas linke Seite. Und der große Bogenkrieger fühlte starke Schmerzen durch die Gewalt des Aufschlags, wankte und sank mit geschwächten Gliedern in Ohnmacht. Der Bogen entglitt seiner Hand, und die ganze Armee Dhritarashtras schrie klagend und mit schreckensbleichen Gesichtern laut auf. Währenddessen die Pandava Krieger die Macht ihres Königs mit Löwengebrüll bejubelten. Doch schon bald kamen Karna die Sinne wieder, und er entschloß sich, König Yudhishthira zu schlagen. Er spannte seinen goldenen Bogen Vijaya und schoß mit unermeßlicher Seele seine spitzen Pfeile auf den Sohn des Pandu ab. Mit zwei messerscharfen Pfeilen schlug er Chandradeva und Dandadhara, die beiden Panchala Prinzen, welche die Wagenräder des hochbeseelten Yudhishthira beschützten und eben noch so strahlend neben dem König standen wie die Sternkonstellation Punarvasu neben dem Mond. Doch Yudhishthira beschoß Karna unentwegt mit dreißig Pfeilen, und auch Sushena, Satyasena und alle Beschützer Karnas mit je drei geraden Pfeilen. Da lachte Karna, schwenkte seinen Bogen und fügte Yudhishthira erst eine klaffende Wunde mit einem breitköpfigen Pfeil zu, um ihn dann mit weiteren sechzig Pfeilen unter lautem Löwengebrüll zu beschießen. Wieder warfen sich zahllose Helden unter den Pandavas dazwischen, um den König zu schützen, und entließen zornig ihre Schauer an Waffen über Karna. Sie alle versuchten, Karna aufzureiben: Satyaki, Chekitana, Yuyutsu, Sikhandin, die Söhne der Draupadi, die Prabhadrakas, die Zwillinge Nakula und Sahadeva, Bhimasena, Sisupala, die Karushas, Matsyas, Suras, Kekayas, Kasis und Kosalas, alles tapfere und aktive Helden. Der Panchala Prinz Janamejaya traf Karna schon mit vielen Geschossen, während sich der Ring aus Wagen, Pandava Helden, Elefantenkriegern und Reitern dicht um ihn schloß. Nun rief Karna die Brahma Waffe zu Hilfe und erfüllte alle Himmelsrichtungen mit seinen Pfeilen. Seine Waffen loderten wie Flammen und verbrannten das anrückende Pandava Heer wie einen Wald. Lachend kämpfte Karna, der große und heldenhafte Bogenkrieger, weiter, zielte mit mächtigen Waffen auf diesen besten aller Männer, Yudhishthira, und zertrümmerte ihm den Bogen. Im nächsten Augenblick sandte er neunzig gerade Pfeile ab und schälte Yudhishthira aus seiner schützenden Rüstung. Wie eine windzerzauste Wolke, durch welche die Sonnenstrahlen blinken, fiel die mit kostbaren Juwelen, Brillanten und Gold verzierte Rüstung vom Körper des Königs, und jeder meinte, die Sterne fielen aus dem Himmel. Mit blutendem Körper wirbelte Yudhishthira zornig einen eisernen Speer auf Karna, welchen dieser jedoch noch in der Luft mit sieben Pfeilen zerstückelte, so daß sie wirkungslos zu Boden fielen. Als nächstes traf der brüllende Yudhishthira seinen Gegner mit vier Lanzen in beide Arme, Brust und Stirn, so daß nun auch Karna stark blutete, schwer atmend vor Zorn Yudhishthiras Standarte fällte und Yudhishthira selbst mit drei breitköpfigen Pfeilen beschoß. Dann zertrümmerte er des Königs Köcher und seinen Wagen in kleine Teile. Schnell sprang der König auf einen anderen Wagen auf mit elfenbeinfarbenen Pferden mit schwarzen Schwänzen und begann, sich vom Kampf zurückzuziehen. In der Zwischenzeit waren seine beiden Parshni Wagenlenker gefallen, und niedergeschlagen konnte er nicht mehr vor Karna bestehen. Karna verfolgte ihn, und reinigte sich, indem er ihm mit seiner Handfläche an der Schulter berührte, dieser schönen Handfläche, welche die glücksverheißenden Zeichen von Blitz, Muschel, Haken, Fisch, Flagge, Schildkröte und Schirm trug. Erst wollte Karna den König gefangennehmen, doch dann erinnerte er sich an Kuntis Worte.

Auch Shalya sprach zu ihm:
Ergreife nicht diesen Besten der Könige, oh Karna. Denn wenn du ihm Gewalt antust, wird er dich und mich zu Asche verbrennen.

So lachte Karna spöttisch und sprach herablassend zum Sohn des Pandu:
Wie kannst du nur dem Kampf den Rücken kehren, wo du doch in einer edlen Familie geboren bist und die Kshatriya Pflichten so gut kennst? Woher die Furcht, dein Leben zu retten? Du kennst wohl die Kshatriya Gepflogenheiten nicht besonders gut, denn deine Brahma Kraft läßt dich eher die Veden studieren und Opfer durchführen. Laß das Kämpfen lieber sein, oh Sohn der Kunti, und stell dich nie mehr vor einen tapferen Krieger. Beleidige auch keinen Helden und meide große Schlachten. Du magst wohl kühne Worte an andere richten, doch nicht an Leute wie uns, oh Herr. Denn dann mußt du dieses und noch ganz anderes Betragen im Kampf erdulden. Geh zurück in dein Quartier, oh Sohn der Kunti, oder dahin, wo Krishna und Arjuna sind. Und sei dir sicher, Karna würde niemanden wie dich töten.

Nach diesen Worten ließ der mächtige Karna Yudhishthira ziehen, und kämpfte wieder verheerend gegen die Pandava Heerscharen wie der Träger des Donners gegen die Asuras. Und Yudhishthira, dieser Herrscher der Menschen, zog sich schnell zurück. Ihm, dem König des niemals endenden Ruhmes, folgten die Chedis, Pandavas und Panchalas wie auch der große Wagenkrieger Satyaki. Auch die Söhne der Draupadi, seine Brüder Nakula und Sahadeva blieben an seiner Seite. Und Karna freute dies sehr. Mit anderen Kurus verfolgte er die abziehende Abteilung Yudhishthiras unter den Paukenschlägen, dem Kriegsgebrüll und Muschelblasen der eigenen Truppen.

Erneutes Aufbranden der Schlacht

Doch Yudhishthira, der auf dem Wagen von Srutakirti fuhr, bemerkte wohl, wie Karna seine Truppen in Windeseile schlachtete und befahl zornig seinen Kriegern:
Geht und kämpft gegen den Feind! Warum steht ihr so teilnahmslos herum?

Und die großen Pandava Krieger unter Bhima kehrten zur Schlacht zurück und kämpften gegen deine Söhne, oh Bharata. Nun wurde das Getöse der Waffen, Tiere und Krieger gewaltig. Die Männer riefen einander zu: „Greif an! Schlag zu! Stürz dich auf den Feind!“, und kämpften furchtlos gegeneinander in dieser gräßlichen Schlacht. Die Waffen, die sie abschossen, warfen einen Schatten, als ob eine Wolke über dem Schlachtfeld schwebte. Die Anführer verloren unter dem Geschoßhagel ihre Banner und Standarten, Schirme und Pferde, Wagenlenker und Waffen. Viele, viele ließen auch ihr Leben und sanken mit verstümmelten Gliedern zu Boden. Die Elefanten lagen mit all ihren Aufbauten auf dem Rücken und ihren Reitern auf der Erde wie zerklüftete Felsen. Tausende edle Rosse starben mit zerrissenem Zaumzeug, zerbrochenen Waffen und ohne ihre schönen Ornamente unter den bereits leblosen Helden, die sie einst ritten. Den sterbenden Wagenkriegern waren ihre Waffen aus den Händen geglitten, und die Fußsoldaten fielen zu Tausenden leblos zu Boden. Was für ein tödlicher Zusammenprall der beiden Armeen! Die Erde bedeckte sich mit Köpfen von heldenhaften Kriegern, welche berauscht gekämpft hatten und immer noch die großen, kupferfarbenen und weitgeöffneten Augen und schönen mondgleichen Gesichter zeigten. Die Menschen auf Erden hörten überall laute Geräusche aus dem Himmel, denn die Apsaras tanzten zu Musik und Gesang der Chöre und Musiker im Himmel, welche die ständig ankommenden Helden freudig begrüßten, nachdem sie tapfer in der Schlacht gefallen waren. Nun wurden sie in himmlische Wagen gesetzt und in die Regionen Indras geschafft. Mit eigenen Augen sahen die Helden auf Erden den wunderbaren Anblick und ein Sehnen nach den himmlischen Bereichen erfüllte sie. Mit freudigen Herzen und schönen Bewegungen kämpften und töteten die Helden einander, Wagenkrieger gegen Wagenkrieger, Fußsoldaten gegen Fußsoldaten, Elefanten gegen Elefanten und Kavallerie gegen Kavallerie. Dichter Staub erhob sich in dem Getümmel, welches so vernichtend für Mensch und Tier war. Und schon bald schlugen sich sowohl Feinde als auch Freunde. Die Krieger zerrten sich an ihren Locken, bissen sich gegenseitig, kratzten sich mit den Nägeln, schlugen mit den Fäusten aufeinander ein und kämpften auch mit bloßen Händen in dieser Schlacht, die viele Leben und Sünden auflöste. Es bildete sich ein Strom von Blut, der auf seinen Wellen tote Körper von Mensch und Tier schaukelnd davontrug. Gräßlich war der Anblick vor allem für die Ängstlichen, wie sich Fleisch und Blut zu Schlamm vermischten. Die Siegeseifrigen durchwateten diesen Strom, andere schreckten an seinem Ufer zurück. Manche tauchten in seine Tiefen ein, andere versanken, und wieder andere erhoben sich an die Oberfläche und durchschwammen ihn. Überall waren die Krieger mit Blut beschmiert: ihre Rüstungen, Kleider, Leiber und Waffen. Und manche badeten in diesem Strom und tranken daraus. Und manche verloren alle Stärke. Oh Bulle der Bharatas, Wagen, Menschen, Pferde und Elefanten wurden geschlagen und Erde, Himmel, Firmament und alle Himmelsrichtungen färbten sich blutrot. Für alle Krieger waren der Geruch, die Berührung, der Geschmack, das Rauschen und der rote Anblick des Blutes schwer zu ertragen.

Und doch stürmten Bhima, Satyaki und die anderen Pandava Helden entschlossen gegen deine bereits geschlagenen Truppen. Ihr Angriff war so heftig, daß deine Einheiten brachen, dem Kampf den Rücken zukehrten und vom Schlachtfeld flohen. Die kompakte Schlachtordnung war dahin, und mit losen Rüstungen und leeren Händen ließen die Krieger ihre Reittiere und Waffen im Stich und rannten panisch davon.


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